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achtung, indem fte alle im Aufbewahren und sorgfältigen Ver schließen von Eigenthumsobjelten auf den Haus- Bodenverfchlägen ziemlich fahrlässigen Leute zu größerer Vorsicht mahnen dürfien. Ein bestimmter Verdacht liegt hinsichtlich der Persön lichkeit des oder der Diebe und Einbrecher nicht vor, boch läßt fich mit stemlicher Sicherheit annehmen, daß es fich dabei um eine oder mehrere, mit den betreffenden Lolalverhältnissen ges nau vertraute Personen gehandelt haben wird. Mehrere Thüren der Bodenverschläge, von denen, beispielsweise einer berselben eine mit Winterkleidungsstüden angefüllte große Rifte enthielt, wurden zum Theil in zwar nicht erbrochenem, doch ersichtlich so verlegtem Bustande vorges funden, der darauf schließen läßt, daß der oder die Tpäter in einzelnen Fällen fich fruchtlos mit gewaltsamen Deffnungs versuchen der Vorhängschlöffer" bemüht haben mußten. Die Haupteingangsihür zu den Speicherräumen( zum Boden"), welche nur mit einem gewöhnlichen, menig Sicherheit garan trenden Schloffe verfeben war, scheint mit einem einfachen Werkzeuge, einem Halen oder Stemmeisen, erbrochen worden zu sein. Sie fand sich am Donnerstag Morgens um 8 Uhr, als eine im Hause wohnende Frau die Bodenräume öffnen und betreten wollte, in weit geöffnetem Zustande vor. Allem Anscheine nach find die gestohlenen bezw. geraubten Betten ver mittelst eines im daneben liegenden Bodenverschlage befindlich gewefenen größeren Sades, der jest gleichfalls vermist wird, fortgeschafft worden. Die Revierpolizei hat bereits an Ort und Stelle den Befund und Sachverhalt auf Grund der Mitthei lungen der geschädigten und anderer Miether des Hauses zu Brotofoll genommen, um hiernach weitere Recherchen anzustellen. Jedermann, der darauf bezügliche Angaben zu machen im Stande sein sollte, die geeignet sein könnten, auf die Spur des oder der Einbrecher und Diebe oder der gestohlenen Sachen zu führen, wird im Interesse der öffentlichen Sicherheit um fo fortige Mittheilung des in Rede Stehenden bei der Revier polizei des betreffenden Bezitts Berlin O, oder beim fönigl. Boitzeipräfidium gebeten.
In dem Wenndorfer Graben bei Baumgartenbrüd wurde Dienstag Morgen um 1/6 Uhr von Capusher Arbeitern eine männliche Leiche, welche in gebüdter Stellung in dem Waffer stand, entdeckt, die an's Ufer herangezogen wurde. In dem Leichnam wurde ein Arbeiter, der wenige Tage auf einer Biegelet in Schmergow bet Br. Kreuz gearbeitet und dort durch fein verstörtes Aussehen die Aufmerfiamfeit feiner Umgebung erregt hatte und welcher seit einigen Tagen von da verschwun Den war, vermuthet. Schon auf der Biegelet glaubte man nach dem Verschwinden des Mannes, daß derselbe der Raubmörder Keller gewesen und rief man nun nach Auffindung des Leich. nams von Berlin Kriminalbeamte, sowie Frau Kaifer, welche in dem Hause der Mödernstraße mit den Schiffling'schen Che leuten zusammengewohnt bat und den Mörder genau fennt, weil derfelbe unter den Fenstern ihrer Wohnung häufig die Bierfäffer scheuerte, telegraphisch herbei, welche au am Diens. tag Abend gegen 7 Uhr an Ort und Stelle eintrafen. Bald Darauf traf auch eine Gerichtefommission aus Potsdam ein. Der Leichmann lag mit dem Geficht nach unten und ber hauptete Frau Raifer, daß nach Figur und Kleidung derselbe mit dem Raubmörder Keller identisch set. Als jedoch später der Leichnam umgedreht wurde, verneinte Frau Kaiser die Jdentität und zwar, weil dem Leichnam die Tätovirung auf Den Armer, die Reller bekanntlich bat, sowie einige Bäbne fehlten, während Reller sämmtliche Bäbne befigen foll. Auch Die Haare des Leichnams bat Frau Kaifer als nicht autreffend erachtet. Der Leichnam ist der eines ungefähr 25-26 Jahre alten Mannes und mißt 160 Ctm., mogegen Keller nur 150 Etm. groß sein soll. Die Kleidungsstüde, außer der Weste, wurden von der Gerichtslommi flon mitgenommen.
Gemäß den Veröffentlichungen des kaiserlichen Gefundheitsamts find in der Beit vom 13. bis 19. Juni cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als geftorben gemeldet: in Berlin 27,1, in Breslau 36,8, in Königs berg 25,8, in Köln 26,1, in Frankfurt a. M. 148, in Wies baden 14,1, in Hannover 19,0, in Raffel 17.9, in Magdeburg 23,2, in Stettin 26,6, in Altona 17,9, in Straßburg 29,7, in Meg 15,4, in München 28,4, in Nürnberg 34,5, in Augsburg 30,8, in Dresden 22,0, in Leipzig 18,7, in Stuttgart 18,7, in Karlsruhe 23,0, in Braunschweig 22,6, in Hamburg 26,1, in Wien in Budapest 38,1, in Prag 30,8, in Triest Kratau 27,5, in Basel 12,5, in Brüffel 24,1, in Amsterdam 19,0, in Paris 21,4, in London 14,9, in Glasgow 24,5, in Liverpool 18,2, in Dublin 22.9, in Edinburg 20,8, in Kopenhagen 21,1, in Stocholm 20,0, in Chriftiania 18,7, in St. Petersburg 29,2, in Warschau 32,8, in Ddeffa 40,1, in Rom 23,4, in Turin 28,9, in Venedig 46,5, in Butarest, in Alerandiia 51,2. Ferner in der Zeit vom 22. bis 29. Mal cr.: in New York 24,1, in Philadelphia 16,3, in Baltimore 20,0, in San Franzisto in Bombay 24,3, in Raltutta-, in Madras 31,9.
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Markthallen Bericht von J. Sandmann, städtischem Verkaufsvermittler, Berlin , den 1. Jull. Wild und Geflügel. Die Bufuhr war heute sehr gering, so daß, um den Bedarf zu Deden, höhere Preise bewilligt wurden. Rehe wurden mit 50 bis 8C Bf. per Pfund bezabit. Wildschweine 35 bis 45 Bf., junge Gänse 3-4,50 M. per Stüd, junge Hübner 55-90 Bf., junge Enten 1-1,50 M., Tauben 30-45 Bf. per Stüd, Bou latben 450-7 Dt. Der Bedarf an Wild und Geflügel ist in fortdauernder Steigerung begriffen, die Bufuhr aber eine unregelmäßige, dementsprechend treten fleine Preisswa fungen cin, die aber bei regelmäßiger Lieferung nicht ins Gewicht fallen. Bei Geflügel ist das Sortiren der Qualitäten in be fondere Käfige oder Abtheilungen nöthig, um einen beferen Breis zu erreichen. Gemüse und Dbft bei der großen Zufuhr im Preise weichend. Butter. Die Bufuhr ift bedeutend. Käse größere Nachfrage, im Breise fest. Geräucherte Fische sind fehr Inapp, besonders große Nachfrage um Näucheraal, der im Breise erbeblich geftiegen ist.
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Polizei Bericht. m 30. v. M. Mittags fiel der Kutscher Starpe am Blanufer von dem von ihm geführten, mit Steinen beladenen Wagen und wurde von demselben überfahren. Er erlitt schwere innere Beilegungen und mußte auf seinen Wunsch nach dem Krankenhause Bethanien gebracht werden. Bu der felben Belt fil der Schlächtermeister Grir in der Bapenftraße in Folge eines Radbruchs vom Bod auf das Straßenpflaster und erlitt eine nicht unbedeutende Verlegung am linten Fuß. Er wurde mittelst Riantenwagen nach ber Charité gebracht. Un demselben Tage Nachmittags wurde ein Mann in den Anlagen an der Ulanen Raserne in Moabit erhängt vorgefunden. - Bu derselben Belt wurde ein Mädchen beim Ueberschreiten des Fahrdammes an der Potsdamer und Stegligerstraßen Ede berfahren. An demfelben Tage Abends wurde ein nicht genügend beaufsichtigtes 2 Jahre altes Rind auf dem Rüftriner play von einem Arbeitswagen überfahren, jedoch anscheinend nur unbedeutend verlegt. Bu berseiben Zeit wurde ein Mann in seiner in der Noftiziraße belegenen Wohnung er bängt aufgefunden. In der Nacht zum 1. b. M. fiel der Rutscher Heider, wahrscheinlich im Schlafe, in der Friedenstraße pom Bod bes von ihm geführten Wiebwagens und wurde über fahren. Er mußte mitteist Droschle nach dem Krankenhause im Friedrichshain gebracht werden.
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Gerichts- Zeitung.
Die auf Mord lautende Anklage gegen den Mufilus Wohlers, welcher befanntlich beschuldigt ist, feinen eigenen fünffährigen Eohn im bumboldhafen ertränft zu haben, lam geftern vor dem Schwurgericht beim biesigen Landgericht I sur Berhandlung. Den Vosis führte Landgerichtsrath Gart, die Antlagebehörde vertritt Staatsanwalt Dr. Stephan, als Ver theidiger stand dem Angeklagten der Rechtsanwalt Wronter
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zur Seite. Der 36 Jahre alte Angellagte Richard Wohlers, welcher bisher noch nicht bestraft ift, ftammt aus Berlin , hat fich schon in früher Jugend zum Mufiler ausgebildet, war fteben Jahre beim Militär und ernährt fich seit 1875 als Privatmufitus. Er unterhielt seit mehreren Jahren mit der in amischen verstorbenen Weichelt ein Verhältniß, aus welchem amet Kinder entsproffen. Das ältere brachte er feiner Mutter unter, während das jüngere anfangs bei einer Frau Saul in der Rheinsbergerstraße ein Unterlommen gefunden batte; im April d. J. nahm der Angeklagte das Kind zu fib und bezog mit demselben eine Schlafftelle bei einem gewiffen Sparmann. Am britten Diter feiertage begab er fich um 3 Uhr Nachmittags mit dem fünf jährigen Knaben, welcher den Namen Johannes trug, nach dem Polizeibureau, obin er wegen seiner mangelhaften Anmeldung bestellt war. Dann machte er mit dem Kleinen einen Spaziers gang und da Sparmann denselben nicht mehr bei fich behalten wollte, suchte er bei einer befreundeten Familie in der Röslinerstraße ein anderweitiges Unterkommen für den Knaben nach, ohne damit zu reufftren. Dann ging er aum Spielplat an der Ede der Müller und Gerichtsfiraße, ließ daselbst den Snaben spielen und suchte selbst eine benachbarte Reftauration auf, wo er ein Glas Bier trant. Von dort aus begab er fich nach dem Gartenplas, wo der Knabe wieder mit anderen Jungen spielte. Da Sparmann dem Angeklagten untersagt hatte, mit dem Knaben die Schlafftelle wieder zu beziehen, so scheute fich Wohlers, vor Eintritt der Dunkelheit sich nach Hause zu begeben, er schlenderte vielmehr die Invaliden ftraße entlang bis zum Hamburger Bahnhof . Hier hat, nach seiner Behauptung, seine große Nothlage ihm den Gedanten aufgedrängt, fich das Leben zu nehmen. Auf die Vorhaltung des Präsidenten, daß für Mufiler doch gerade im April gute Gelegenheit zum Verdienst geboten werde, antwortete der Angeklagte, daß es ihm unmöglich gewesen sei, das zum Unterhalt nothwendige Geld zu erwerben, ja er habe felbft während der Feiertage nichts verdienen fön nen und das Kind habe ihn sehr am Fortlommen gehindert. Den Gedanken zum Selbstmord habe er schon mehrere Tage mit fich herumgetragen und weil er eben in den Feiertagen nichts verdient hatte, sei ihm am Abend des dritten Feiertages der feste Entschluß gekommen, den Plan zur Ausführung zu bringen. Er sei deshalb mit dem Kinde auf die andere Seite des Humboldthafens nach der Seite der Charitee zu gegangen.
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Vors.: Zwischen 9 und 10 Uhr sah man Sie den Kanal entlang geben. An den Seiten des Kanals ist ein Geländer, so daß man nicht ohne Weiteres ins Wasser fallen oder sprin gen tann. Blöglich war aber der Knabe im Kanal; wie tam er denn dorthin? Angell.: Ich fann darüber nichts sagen, denn ich bin damals ganz von Sinnen gewesen. Vors.: haben Sie den Knaben nicht in das Waffer geworfen?- Angetl.: Nein. Bras.: Was thaten Sie dann, als nun der Knabe im Waffer lag?- Angell.: Ich bin dem Knaben nachgesprungen, um ihn zu retten. Bräs.: Sie verfolgten alio in dem Moment, wo Sie selbst in den Kanal sprangen, nicht den Bwed, fich das Leben zu nehmen, sondern den Knaben zu retten? Angell.: Ja.- Präs.: Ihnen selbst wurde noch rechtzeitig Rettung gebracht und Sie wurden von Schiffern aus dem Waffer gezogen? Sie find dann nochmals ins Wasser aefprungen, wurden wieder herausgezogen, haben fich aber gegen Shre Rettung gefträubt. Endlich wurden Sie in die Charitee gebracht? Angell.: Ja.- Präs.: Die vorliegenden Ums stände deuten aber doch darauf hin, daß der Knabe nicht ins Waffer gefallen, sondern gewaltsam ins Waffer geftürst worden ift, denn die Beschaffenheit des Drtes läßt darauf schließen, daß Der Knabe bei dem Sturze einen größeren Bogen beschrieben baben muß. Angel.: Das weiß ich nicht. Vorf.: Es ist auch auffällig, daß Sie bet Shren polizeilichen Vernehmungen widersprechende Angaben gemacht haben. Buerft baben Sie angegeben, daß Sie aus Versehen in das Waffer gefallen seien, bann erst traten Sie mit der Behauptung hervor, daß Sie die Abficht hatten, fich zu ertränken. Angell.: Ich fann
nur sagen, daß ich den Knaben nicht ins Waffer ge worfen habe; das hätte ich gar nicht fertig bekommen. Präs.: Sie haben uns aber noch immer leine Erklärung dafür gegeben, wie der Knabe nun eigentlich ins Waffer gefommen ist. Es tingt doch sehr unwahrscheinlich, daß er hineingefallen, denn es ist ein Geländer am Kanal. Haben ste ben Knaben nicht etwa bei der hand genommen und in's Waffer gezogen?- Angell.: Nein, das habe ich nicht gethan.
Präs. Es ist auch auffällig, daß Sie an einem Zaae, wo Sie sich das Leben nehmen wollen, den Knaben mit fich führen und ihn gerade mit an den Drt nehmen, wo fte den Selbst. mord ausführen wollten. Da bätten Sie doch einen Beobachter fortwährend in Shrer nächsten Nähe gehabt.- Angell.: Ich fonnte das Kind nicht zu Hause laffen. Weitere Momente ergab das Inquifitorium nicht. Die gerichtlichen Sachver ständigen, G: h. Rath Dr. Wolff und Sanitätsrath Dr. Long ftimmten darin überein, daß der Knabe im Schlamm des Ka nals erftidt set, denn bei der Obduktion der Leiche wurde im Munde, in den Dhren, in der Luftröhre und sogar in den Lungen Schlamm gefunden. Im Geficht hatte die Leiche eine Verlegung, doch fonnte nicht feftgeftellt werden, ob dieselbe von einem Schlag berrührte, oder davon, daß das Kind etwa beim Sturze mit dem Kopf auf den unten entlang führenden Treibelweg geschlagen ist. Der Beuge Former Betsche hat den Angeflagten mit dem Rinbe an jenem Abende am Ranal gesehen und es fiel ihm auf, weil der Angeklagte um diese Abendzeit ganz langsam hin und her ging. is fich die beiden Personen eine Strede von ihm entfernt hatten, hörte er plöglich einen Rinderschrei und einen Klatsch, als ob Jemand ins Waffer gefallen wäre. Ob nun der Fall ein ge waltsamer oder die Folge eines unglücklichen Bufalls mar, barüber lann der Beuge nichts angeben. Als er näher gefommen war, bemerkte er einen schwarzen Gegenstand auf dem Wasserspiegel und in einiger Entfernung davon den Angellag ten, welcher aber auch plötzlich verschwunden war. Auch die Beobachtungen bes Beugen Herrmann reichen nicht viel weiter. Der Beuge hat einige Schiffer alarmirt und mit deren Hilfe wurde der Angeklagte aus dem Waffer gezogen. Nachdem er eben erft zum Bewußtsein gebracht worden war, stürzte er fich nochmals in bas Waffer, und als man ihn herausholen wollte, widerfeste er fich heftig und bielt den Ropf immer wieder unter Waffer. Der Vorftzende hält dem Angeklagten vor, daß, wenn er den Knaben hätte retten wollen, er fich doch hätte bewegen und sich nicht so rubla hätte verhalten müffen. Der Vertheidiger be ftritt feinerseits, daß es möglich sei, bei dem Scheine der ein zigen in der Nähe fiehenden Laterne die Vorgänge im Waffer sigen in der Nähe fiehenden Laterne die Vorgänge im Waffer fo genau zu beobachten, wie es die Beugen behaupteten. Der Bertheidiger hält diesen Umftand für einen sehr wichtigen, wünscht überhaupt eine genaue örtliche Bezeichnung der Stellen, wo das Kind ins Waffer gekommen, wo der Angetlagte felbft ins Waffer stürzte und erklärte, daß er eventuell in der Lage fein würde, eine Berlagung des Termins und Abhaltung eines Lolaltermind zur Besichtigung des Thatortes und der Be leuchtungsverhältnisse au beantragen. Mehrere Schiffer be ftätigten die Art der Rettung des Angeklagten. Ste hörten plöglich einen Kinderschrei, sahen dann zwet Hüte und einen Duntien Rörper auf dem Waffer schwimmen und reiteten den Angellagten dann in der angegebenen Welse. Derselbe habe fehr start nach Schnaps gerechen, babe auf die Frage, was aus dem Kinde geworden sei, nichts geantwortet, sondern sich sofort wieder ins Waffer gestürzt.- Der Kriminalfommiffarius Sühne deponirt, daß der Angeklagte bei seiner ersten Vernehmung in der Charitee ganz andere Aussagen gemacht habe, als später. Damals hatte er angegeben, daß er mit dem Knaben an jenem Cute gespielt und denselben aus Versehen ins Wasser geftoßen habe! Er selbst habe nicht schwimmen fönnen und habe sich nur ins Waffer geftürzt, damit etwaige Beugen des babe fich nur ins Waffer gestürzt, damit etwaige Beugen des
Vorfalls später nicht etwa einen Vorwurf und falsche Schlußfolgerungen darans ziehen sollten, wenn er nicht selbst auch ins Waffer ging. Der Beamte belundete auch noch, daß der Angellagte Aussicht hatte, eine Beschäftigung außerhalb Ber lins zu erhalten und daß ihm dabei die Exiftens des Kindes, welches er nicht unterzubringen wußte, wohl hinderlich war. - Die beiden Frauen, bei denen das Rind untergebracht war. ebenso der Wirth des Angeklagten find darin einig, daß ber felbe ein im Ganzen ruhiger und ordentlicher Mann sei, ber in legter Belt mit Nabrungsforgen zu lämpfen hatte und fich Deshalb wohl zu derselben Beit einige Male betrunken hat. Bu dem Kinde war er stets freundlich und aufmerksam und hat sich um dasselbe immer befümmert. Der Präfident präzis firt ble legten Aussagen des Angeklagten nochmals dahin: Er fet an jenem Abend mit seinem Sohn spazieren gegangen; fein Kopf sei ihm sehr voll gewesen, weil er Nahrung sorgen hatte und nicht wußte, wo er den Jungen unterbringen sollte. Er habe sich allerdings schon mehrmals mit Selbstmordgebanken getragen, doch nicht an jenem Abend. Wie der Knabe ins Waffer gefallen, wisse er nicht zu sagen, er selbst sei ihm in bem dunklen Drange, ihn zu retten, nachgesprungen. Ans Inüpfend an die Bemerfungen eines vernommenen Schuß mannes über die Leuchttraft der qu. Laterne, wiederholt Rechtsanwalt Wronter nochmals feinen Antrag auf ne fegung eines Termines zur Lokalbefichtigung, und da der Staatsanwalt fich diesem Antrage anschließt, feßt der Gerichtshof einen solchen Termin sofort an und vertagt die weitere Verhandlung auf Nachmittag.
Nach Wiederaufnahme der Verhandlung beginnen alsbald die Plaidoyers. Staatsanwalt Dr. Wagner bemerkt: Es sei nicht au verkennen, daß der Angeklagte Mitleid verdiene, daß er strafbar gehandelt sei jedoch nicht zu leugnen. Allein er ( Staatsanwalt) wolle nur auf vorfägliche Tödtung unter Nusschließung des Kriteriums der Ueberlegung plaidiren. Eventuell beantrage er: Das Schuldig wegen fahrlässiger Tödtung auszusprechen. Der Bertheidiger plaiditt für volle Freisprechung, Da die ganze Sache unaufgeflärt sei. Die Geschworenen ers achten den Angeklagten der fahrlässigen Tödtung für schuldig. Der Gerichtshof verurtheilte demnach den Angeklagten, dem Antrage des Staatsanwalts entsprechend zu 1 Jahr Gefängnis.
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+ Ein Rowdy, der schon viele Gefängnißftrafen erlitten und wegen Diebstahls bereits zweimal im Buchthaus gesessen bat, stand in der Person des Arbeiters" Rosengarten geftern vor dem hiesigen Schöffengericht. Er selber nennt fich Ar beiter", es ist aber viel wahrscheinlicher, daß er als Beschüßer gewiffer Damen" fungirt und fich von ihnen ernähren lägt. Der Vorfall, welcher ihn wegen groben Unfugs und Beamten beleidigung auf die Anklagebank geführt hat, trug sich in der fünften Morgenstunde des 10. Mai d. J. am Rosenthaler Thor in der Nähe des Roth'schen Restaurants, einer Nachtkneipe legten Ranges, zu. Dort hatte der Angeklagte geseffen und sich, wie er jagt, orbentlich angeschment". Mit einem Freunde verließ er das Lotal und auf der Straße will er von zwei Baffanten ohne Grund geschimpft und geohrfeigt worden sein. Diese Angaben tragen den Stempel der Erfindung an der Stirn, benn Rosengarten ist schon dem Aeußern nach ein wahrer Riese und muß über toloffale Körperkräfte ver fügen. Er prahlte auch vor Gericht mit seiner Etärke, ohne zu bedenten, daß er fich dadurch felber Lügen firafe. Als ich gefchlagen wurde," erzählt er, schlug ich wieder, und meine Herren vom Gericht, sie würden auch gefchlagen haben, denn ohrfeigen laffen wir uns doch nicht! Nun ging's los dem einen gab ich einen Rippenstoß, daß er in den Rinnftein trudelte, der andere fiel eine Rellertreppe binab." Die Gemishandelten riefen Schußleute herbet und Rosengarten wurde zur nächsten Polizeiwache gebracht. Dort benahm er fich im höchsten Grade ungeberdig, so daß er gefefelt werden mußte. Er prahlt nun weiter: Mit vier Hanfftriden. wollten mich die Herren Beamten Inebeln, aber damit tamen fie doch nicht an. I fagte: Kindertens, damit kommt ihr mir boch nicht und riß die Stride entzwei." Er sagte aber nicht nur bas, sondern er schimpfte in ist wiederzugebender Weise auf die Herren Beamten ". Seine gewaltthätige Robbeit tam auch auf dem Gericht zum Borsadein. Auf dem Korridor hatte er Lärm gemacht und mit den Gesichtsdienern Krawall ange fangen; fein ungebührliches Benehmen segte er auch vor den Richtern fort. Er fiel dem Vorfißenden fortwährend ins Wort, überschrie den Staatsanwalt und erreichte, daß ihm aur Beruhigung eine 48stündige Haftstrafe zubittirt wurde. Das Urtheil gegen ihn lautete megen des groben Unfugs auf 3 Wochen Haft und wegen der Beamtenbeleidigung auf einen Monat Gefängniß. Als Rosengarten abgeführt werden follie, um sofort seine Haftstrafe anzutreten, schien er nicht übel Lust zu haben, im Gerichtsraum Widerstand zu leisten. Er wollte abfolut nicht von der Stelle und erft den energischen Bugreifen von vier Gerichtsbienern und Schußleuten gelang es, ibn aus bem Saale zu entfernen. Sein Wuthgebrüll hallte noch ge= raume Zeit im Korridor wider.
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+ Ein leichtsinniger Streich führte einen jungen Mann, den Bureauvorsteher Emil G. ,, vor die Straffammer hiesigen Landgerichts. Seine Beschäftiguna batte ihn dazu gebracht, als Rechtskonsulent noch nebenbei Geld zu verdienen. So be forgte er seit einigen Jahren für den Bierverleger H. die juristischen Arbeiten. Im vorigen Jahre erhielt er von H. einen Wechsel von 60 t.. den er gegen den Schwager des felben eintlagen solte. Die Klage hatte auch Erfolg: der Schuldner eitlärte sich bereit, in Ratenzahlungen allmälig feine Schuld zu begleichen. Nun ist es zweifelhaft, ob G. die bes stimmte Anweifung von b. erhalten bat, die Ratenbeträge fo fort an ihn abzuführen. G. behauptet, daß er erft, wenn alles abgezahlt fei, die volle Summe abzuliefern gehabt habe. Eines Tages fragte ihn nun. beiläufig, ob denn sein Schwager noch gar nichts gezahlt habe, und da meinte denn G., er habe noch feinen Bfennig erhalten. Diese Lüge tug üble Früchte. Eines Tages traf der Bicroetleger zufällig seinen Schwager und dieser gab ihm 20 M. als legten Betrag ber Wechselschuld. Natürlich war h. sehr betroffen; vor wenigen Tagen hatte ihm der Bureauvorsteher erst versichert, daß sein Schwager noch gar nicht ans zahlen bente und hier war von vollständiger Tilgung der Schuld die Rede. H. ließ G. zu fich rufen und verlangte nun dringend, daß er ihm alle Beträge, die er eingezogen habe, fofort ausliefere, und nur so viel zurück behalte, als er für sein Honorar und für die Kostens auslagen zu beanspruchen habe. Jm Gangen hatte so G. ant b. 20 M. zu zahlen. Er zahlte aber nicht und nun brachte . die Sache zur Anzeige. Der Gerichtshof hielt die Untreue für erwiesen und verurtheilte nach dem Antrage des Staats. anroalis ben G. zu 4 Wochen Gefängniß.
Die bekannte Privattlagefache des Schriftstellers Simon May gegen den Profeffor der Theologie, Hermann 2. Strad, gelangte gestern in vierter Jnfianz vor der sechsten Straflammer biefigen Landgerichts I zur Verbandlung. Im gegenwärtigen Verfahren handelt es sich ausschließlich noch um die Widers flage des Beklagten gegen den Kläger , da ersterer auf die Klage rechtsträftig freigesprochen worden ist. Die Widerflage, welche Profeffor Etrad lediglich zur Abwehr gegen den wider ihn gerichteten ganz ungerechtfertigten Angriff erhob, stüßte fich auf bie im Antisemitenbund gehaltene Rede des lay und auf deffen Publikation in der Boft". Bet erfterer Gelegenheit war behauptet, daß Strack in Folge seiner Vertheidigung des Judenthums bezüglich des Kolnidreigebetes tein Briefter der chriftlichen Kirche mehr sei und daß er aus Furcht vor der jüdischen Preffe zum Ignoranten des Kolnidreigebetes berabe gefunten set. In dem Inserat in der Poft" war gefagt, daß die Angaben des Sirad und seiner Gewährsmänner ein Gewebe von Berleumbungen set. Das Schöffengericht hatte nur in der legteren Reußerung eine Beleidigung gefunden und daher den
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