Beilage zum Berliner Volksblatt.

Nr. 155.

Das Verfahren bei Unfällen nach dem

Unfallversicherungsgesek.

Die Unfallversicherungs. Gesetzgebung hat nicht nur einen neuen, bisher ganz unbekannten Instanzenzug geschaffen, son bern auch Friften feftgefest, innerhalb welcher die Ansprüche bei Vermeidung des Berluftes derselben geltend zu machen find.

Die Neuheit der Sache und noch mehr die Wichtigkeit Derselben laffen es bringend erforderlich erscheinen, den In Stannenzug des Unfallgefeßes fich recht flar zu machen. Daß an Untlarheit hierüber nicht blos Privatleute, sondern selbst Behörden und Vertreter,( wie Anwälte und dergl.) der Ver legten leiden, erklärt das Reichsversicherungsamt aus freien Stüden.

Gewöhnlich wenden fich dieselben in ihrer Rathlosigkeit sofort an die legte Instanz, das Reichtversicherungsamt in Berlin , bebenten jedoch nicht, daß dieses gar nicht befugt ist, thre Angelegenheit zu crdnen und zu führen, daß fie fich viel mehr durch die Verzögerung des Beschreitens des richtigen Inftanzenweges empfindliche Nachtheile( wie Versäumung der Frift) ausleben tönnen.

Um diesem Uebelstande vorzubeugen, hat das Reichsver ficherungsamt zu Berlin diejenigen allgemeinen Ausführungen zur Nachachtung publisirt, welche es auf die falsch angebrachten Eingaben bisher au erwidern pflegte. Da in ihnen eine über fichtliche und außerdem amtliche Belehrung über das Verfahren bei eingetretenen Unfällen enthalten ist, so wollen wir ihnen burch Abbrud eine größere Verbreitung geben. Behörden wie Versicherte finden darin die nöthige Anleitung, um die Sache nicht durch Formfehler zu schädigen.

I. Allgemeines.

1. Gegen die Berufsgenossenschaften können Entschädi gungsansprüche nur erhoben werden, wenn durch einen Be friebsunfall eine auf Grund des Unfallversicherungsgefeges vom 6. Juli 1884 beziehungsweise des Ausdehnungsgefeßes vom 28. Mai 1885 verficherte Person getödtet ist oder eine Körperverlegung erlitten hat, die den Tod oder eine Erwerbs unfähigkeit von mehr als dreizehn Wochen zur Folge hat. Bei einer Erwerbsunfähigkeit von fürzerer Duer hat sich Der Berlegte an die Krantenlaffe, welcher er angehört, zu balten(§ 5 Abiat 2 Biffer 1 und 2 des Unfallversicherungs gefeges,§§ 1 ff. des Krantenversicherungsgefeßes).

2. Die Feststellung der Entschädigungen foll ohne Antrag ber Berechtigten durch die dazu berufenen Drgane der Ge noffenschaften(§ 57 a. a. D.) von Amtswegen bewirkt werden, sobald die Thatsachen, welche den Entschädigungsanspruch und feinen Umfang bedingen, fefifteben(§ 58 a. a. D.), wofür meistens schon durch die nach§§ 53 bis 56 a. a. D. vorge nommene amtliche Untersuchung die erforderliche Grundlage gewonnen sein wird.

3. Entschädigungsberechtigte, für welche die Entschädigung nicht von Amts wegen festgestellt ist, haben ihren Entschädigungs anspruch bei Vermeidung des Ausschlusses vor Ablauf von wei Jahren nach dem Eintritt des Unfalls anzumelden(§ 59 Abs. 1 a. a. D.).

-

II. Anmeldeftellen.

a. Betriebe mit Mitgliedsschein.

-

4. Bezüglich der Stelle, an welche solche Anmeldungen ( Biffer 3) zu richten find, fommt es zunächst darauf an, ob fich der Unfall, in Folge deffen der Entschädigungsanspruch erhoben wird, in einem Betriebe ereignete, für welchen ein Mitglied schein von einer Berufsgenossenschaft ertheilt worden war. Ift Dieses der Fall worüber der Betriebsunternehmer Auskunft geben tann so hat nach§ 59 Abfat 1 a. a. D. die An meldung des Entschädigungsanspruchs bei dem nach Maßgabe Des Gefeßes(§ 57) oder Statuts zuständiger Genossenschafts­organe( Genossenschaftsvorstand, Sektionsvorstand, Vertrauens mann) zu erfolgen. Welches Organ im einzelnen Falle zu­ständig ist, wird zunächst bei dem Betriebsunternehmer zu er forschen, eventuell durch Nachfrage entweder bei dem Genoffen schafts. oder Sektionsvorstand oder bei dem zuständigen Ver trauensmann oder bei der Drts- beziehungsweise Polizeibehörde au ermitteln sein.

Sollten diese Wege zu feinem Ergebniß führen, so em pfiehlt das Reichsversicherungsamt den Entschädigungsberech

Die Kundreise.

Bon Emile Zola .

Acht Tage waren verflossen, seit Lucien Berard und Hortense Lariviere ihre Hochzeit gefeiert. Seit breißig Jahren betrieb Madame Lariviere ein Spielwaarengeschäft in der Rue de la Chaussee d'Antin in Paris . Sie war eine übers mäßig fchlante Frau von nicht sehr angenehmem Charakter, aber sie hatte, trotz ihres despotischen Charakters, die Hand ihrer Tochter Lucien, bem einzigen Sohne eines Kurzwaaren handlers, nicht verweigern können; doch war es ihre Abficht, bas junge Paar fcharf zu überwachen. Laut Heirathsvertrag follte sie das Geschäft ihrer Tochter abtreten und ein 3immer in der Wohnung des jungen Ehepaares bewohnen, aber fte blieb boch die Seele des Geschäftes und führte es unter bem Vorwande fort, die Kinder in den Gang desselben ein­führen zu müssen.

So lam ber Monat Auguft. Die Geschäfte gingen sehr schlecht, die Hige war brüdend, und Madame Lariviere unangenehmer denn je. Sie duldete es nicht, daß Lucien fich auch nur einen Augenblick in Hortensens Nähe gehen ließ. Hatte sie nicht erst kürzlich bie jungen Leute im Laben ertappt, wie fie fich füssen wollten? Und das acht Tage nach der Hochzeit! Eine nette Wirthschaft! Das giebt bem Hause balb einen schönen Ruf! 3u ihrer Zeit war's anbers. Nie hat Madame Lariviere ihrem Manne erlaubt, fie im Laben auch nur mit den Fingerspißen zu berühren. Uebrigens wäre ihm so etwas gar nie in den Sinn ge Tommen. Auf solche Weise und nicht anders gründet man ben guten Ruf eines Hauses.

Mittwoch, den 7. Juli 1886.

tigten, bei ber Drtsbehörde die Einholung einer amtlichen Aus­funft seitens der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde über Namen und Wohnort des Vorftgenden des Genossenschafts­vorstandes zu erbitten.

Die unteren Verwaltungsbehörden find diesseits durch Zu fendung einer Nachweisung der Namen, Sise und Bezirke der Berufsgenossenschaften, der Sektionen und der Schiedsgerichte, ferner der Namen und Wohnorte der Vorsitzenden der Ge ferner der Namen und Wohnorte der Vorfizenden der Ge noffenschafts- und Sektionsvorstände, sowie der Schiedsgerichte in den Stand gesezt, eine solche Auskunft zu ertheilen.

Der Entschädigungsanspruch ist sodann bei dem in vor stehender Weise ermittelten Genossenschaftsvorstand anzumelden stehender Weise ermittelten Genossenschaftsvorstand anzumelden und legterer aleichzeitig zu ersuchen, die an ihn gerichtete Ent schädigungs Anmeldung, falls er nach dem Statut zur Ent scheidung darüber nicht berufen sel, an den zuständigen Gel­tionsvorstand eventuell Vertrauensmann zur weiteren Veran anlaffung abzugeben.

5. Gegen den vom Genoffenschafts. beziehungsweise Sektionsvorstand oder Vertrauensmann zu erlaffenden Be scheid, durch welchen die Entschädigung abgelehnt oder in einer der Anficht des Entschädigungsberechtigten nicht ent fprechenden Höhe feftgestellt wird, steht dem legieren bie Berufung auf schiedsrichterliche Entscheidung zu(§ 62 b. faz 2 a. a. D.)

Diese Berufung ist bei Vermeidung des Ausschlusses binnen vier Wochen nach der Buftellung des Bescheides bei dem Vorfizenden desjenigen Schiebsgerichtes au erheben, in deffen Bezirk der Betrieb, in welchem der Unfall fich ereignet bat, belegen ist. Wer diefer Vorstzende ist, muß in dem Be fcheide angegeben sein.(§ 62 Abfas 3 a. a. D.)

b. Betriebe ohne Mitgliedsschein.

6. Ereignete fich der Unfall, in Folge deffen der Entschädigungsanspruch erhoben wird, in einem Betriebe, für welchen ein Mitgliedsschein Don einer Berufs genossenschaft nicht ertheilt worden war, so hat bie anmeldung des Entschädigungsanspruchs bei der unteren Vers waltungsbehörde( gewöhnlich Bolizeibehörde, Landrath) au er folgen, in deren Bezit der Betrieb belegen ist. Diefelbe bat folgen, in deren Bezit der Betrieb belegen ist. Dieselbe hat den Entschädigungsanspruch mittelft Bescheides zurückzuweisen, wenn sie den Betrieb, in welchem der Unfall sich ereignet hat, für nicht unter den§ 1 a. a. D. beziehungsweise§ 1 des Aus­behnungsgeseßes fallend erachtet; anderenfalls bat fie die eft. ftellung der Genoffenschaft, welcher der Betrieb angehört, nach Maßgabe der§§ 34-37 bes Unfallversicherungsgefeßes herbei zuführen und, nachdem diese Feststellung erfolgt ist, den ange meldeten Entschädigungsanspruch dem zuständigen Vorftande zur weiteren Veranlassung zu überweisen, auch dem Entschädi gungsberechten hiervon schriftlich Nachricht zu geben(§ 59 b. ſatz 4 a. a. D.)

7. Gegen den Bescheid der unteren Verwaltungs behörde( 3 ffer 6), durch welchen der Entschädigungsan spruch aus dem Grunde abgelehnt wird, weil der Be trieb, in welchem fich der Unfall ereignet bat, für nicht versicherungspflichtig erachtet wird, steht dem Berlegten und feinen Hinterbliebenen die Beschwerde an das Reichsverfiches rungs- Amt zu. Dieselbe ist binnen 4 Wochen nach der Bu ftellung des ablehnenden Bescheides bei der unteren Verwal tungsbehörde einzulegen(§ 62 Abfas 1 a. a. D.)

c. Das Ausdehnungsgefet vom 28. Mai 1885. 8. Das Gefeß über die Ausdehnung der Unfall und Krankenversicherung vom 28. Mai 1885 ist bisher nur für die im§ 1 Biffer 1 deffelben bezeichneten Betriebe,

ben gesammten Betrieb der Post, Telegraphen und Eisenbahnverwaltungen, sowie sämmtliche Betriebe der Marine und Heeresverwaltungen und zwar einschließlich der Bauten, welche von diesen Verwaltungen für eigene Rechnung ausgeführt werden,

seinem vollen Umfange nach in Kraft getreten.

Auf Unfälle, welche fich in ben vorgenannten Betrieben vom 1. Oktober 1885 an ereignet haben, finden die oben unter Nr. 1-7 wiedergegebenen Bestimmungen des Unfallversiche rungsgefeges vom 6. Juli 1884 mit der Maßgabe Anwendung, Daß die Feststellung der Entschädigungen bei den Reichs- und Staatsbetrieben aunächst durch die ben unteren Ber waltungsbehörden diesseits gleichfalls bekannt gegebenen- Ausführungsbehörden erfolgt, bet denen der Entschädigungs anspruch anzumelden ist(§ 1,§ 2 Abfat 3,§§ 3, 7, 8 und 10 des Ausdehnungsgesetes vom 28. Mat 1885).

-

Die jungen Eheleute saben sich bestürzt an. Hortense fand ihre Mutter lächerlich. Nicht einmal Nachts ließ fie fie mit ihrem Mann allein. Beim geringften Ge räusch eilte Mama barfuß herbei, flopfte an und er tundigte sich, ob sie frant feien. Antworteten fie: nein, so rief fie:

Dann wäre es gefcheidter, wenn ihr schlafen würdet. Morgen schlummert ihr mir sicher am Laden­tisch ein."

Kurz, es war nicht mehr zum aushalten! Lucien zählte alle Labenbefizer des Viertels auf, die sich eine kleine läffige Angestellte ihre Stelle vertraten. Der Handschuh Erholungsreise gönnten, während ihre Eltern oder zuver fabrilant aus der Rue Lafayette ist in Dieppe , ber Messer schmied aus der Rue St. Nicolas in Luchon und der Gold. fchmied am Boulevard mit feiner Frau in der Schweiz . Jawohl, alle beffer fituirten Leute gönnen sich einen Monat Ferien.

,, Dabei geht das Geschäft zu Grunde, mein Herr," schrie Jahre einmal am Pfingstmontag ins Bois de Vincennes, Madame Lariviere entfeßt. 3u meiner 3eit ging man alle und wir haben uns dabei nicht schlechter befunden als jetzt. Ich wiederhole Ihnen, daß Sie mit solchen Landstreichereien unser Haus noch zu Grunde richten werden."

,, Aber es war ja ausgemacht, daß wir uns eine Reise gönnen sollten," wagte Sortense einzuwenden. finne bich nur, Mama, bu selbst hattest Deine Zustimmung gegeben."

Lokales.

III. Jaleg

Ein charakteristisches Kennzeichen unserer augenblic. lichen gesammten wirthschaftlichen Verhältnisse ist bekanntlich der niedrige Binsfuß, au dem bei genügender Sicherheit des Schuldners Kapitalten zu haben find. Auch für unseren Bers Itner Häuserbefis machen fich diese Verhältnisse bemerkbar, aller dings nicht in der Wetfe, daß die Allgemeinheit daraus Nugen söge. Nachdem unsere Städtische Spartaffe füglich die Bes leihungsgrenze für erfte Cypotheken zu Gunsten der darlehns fuchenden Hausbefizer erweitert und die Gewährung eines niedrigen 3nsfußes von der mehr oder minder günstigen Lage ber Grundstüde abhängig gemacht hat, folgen auch andere Kreditinstitute diesem Beispiel, und das Angebot erster Hypo­thefen zu niedrigem Binsfuß ist ein großes. Aber einmal find die gerichtlichen Formalitäten bei Löschung der alten und Ein­tragung einer neuen Hypothet mit soviel Notariats Gerichts foften und Stempelabgaben behaftet, daß durch diese ber Unterschied im Binsfuß aleich auf Jahre hinaus vorweg aufgezehrt wird und die Hausbefizer meist nur gezwungen au dieser umständlichen und loftspieligen Hypotheten Konver ftrung schreiten, und sodann befigt auch nur selten der Haus­befizer das nöthige Maß der Selbstverleugnung, um bei billigeren Hypothelen auch die Miethen billiger zu bemeffen; in den weitaus meisten Fällen wird der Herr Hausbefizer die billige Sypothel fich gefallen laffen und gemeinsam mit seinen Nachbaren für weitere Erhöhung der Miethen agitiren, also Bortbeile nach zwei Richtungen zugleich au erreichen fuchen, obne daß die große Menge der Miether von den Vortheilen Des niedrigeren Binsfuges etwas merkte. Ein hiesiger, in der Köpeniderfirage wohnender Grundbefizer, der bei solcher Hypo thefen- Umwandlung zugleich nach einer dritten Richtung Vor theile suchte, indem er von den gerichtlichen Formalitäten ab fab, um die Kosten zu sparen, ist dadurch in arge Verlegenheit gelommen. Er veranlaßte den Befißer seiner ersten Hypothet bie zu 5 pet. eingetragen ftand, diese einem anderen Gläubiger abzutreten und traf bann mit dem letteren das Ablommen, ftatt der 5 pet. nur 4 pet. Binsen zu zahlen. Im gerichtlichen Grundbuche wurde von dem ganzen Geschäft, ebenfalls der Roftenersparniß wegen, nichts vermerkt. Vor Kurzem ist nun ber neue Gläubiger gestorben und der Vormund der minorennen Kinder läßt zwar die Beffton der Hypothek gelten, will aber von der Abmachung eines billigeren Binsfuses nichts miffen. Der sparsüchtige Hauswirth wird also einen loftspieligen Brozeß au führen haben und im günstigsten Falle die Kosten für die Umschreibung der Hypothet nachträglich bezahlen.

-

"

Das Wohnungsuchen in Berlin ist infolge der sich mehrenden Ansprüche, welche die Berliner Hauswirthe mit wenigen Ausnahmen sowohl betreffs der Wohnungsmiethen, als auch in Bezug auf die Personalien der event. Miether heute stellen, eine der schwierigsten und undankbarsten Arbeiten und eine Arbeit ist es auf alle Fälle geworden, die ein Mensch zu vollführen gezwungen ist, welche nicht allein Des müthigungen aller Art, Merger, Verdruß und gesundheitliche Schäden, hervorgerufene Ueberanstrengung, sondern auch finans sielle Nachtbeile im Gefolge bat. Wo in aller Welt eine caffende" Wohnung finden? Wer ergründet die Räthsel, bie fich geheimnisvoll hinter den fünf Wörtern: Hier find Wohnungen zu vermiethen" verbergen? Etliche Bermiethr haben wenigftens einen, wenn auch dürftigen An­balt bierzu gegeben durch den Busap: Bu erfragen dort und bort!" die Meisten balten indeffen auch bieses geringe Entgegenkommen für überflüssig und glauben ihrer Hausherrnwürde etwas zu vergeben, überlaffen es demnach den Miethern, auf irgend eine Weise den Weg zu ihnen zu erforschen. hat man nun glücklich den Wohnfte des Hauswirths entdeckt, so wird man, obgleich man mit ausgesuchtefter Höflich teit bemfelben entgegentritt, von diesem doch mit mißtrauischen Bliden empfangen. Auf die bescheidene Frage nach den zu vermiethenden Räumlichteiten erfolgt die barsche Gegenfrage: Was suchen Sie?" Sind beide Theile genügend orientirt, so erbittet man fich die gütige Erlaubniß, fich die betreffenden Räumlichkeiten ansehen zu dürfen und macht nun die erforder lichen Entdeckungsreisen durch die Border und hinterhäuser bis in die höchften Etagen binauf, um mit der Ueberzeugung wieder fortzugeben, daß leine der valanten Wohnungen, paßt" und, mit demselben Erfolge, anderwärts sein Heil au versuchen. Sind schließlich durch die gemachten Erfahrungen die zu stellen­

"

" Du weißt ja wohl," erwiderte Hortense, daß ich nie weiter gekommen bin, als bis ins Bois de Vincennes."

Tags darauf brach ein Gewitter los im Spielwaaren schäfte rasch zu Ende zu führen weiß, machte feinen Rindern laben. Papa Berard, der als Bonvivant gilt und alle Ges cinen Besuch und lub sich zum Frühstück ein. Beim Kaffee verkündete er, daß er ein Gefchent mitgebracht habe, und zoo triumpbirend zwei Eisenbahnbillets hervor.

H

Was soll das?" fragte Madame Lariviere mit wuth­erstickter Stimme. 3wei Billets erfter Klasse für eine Rundreise in die frischen Luft, und ihr kehrt munter und rothwangig zurüd." Normandie ! Wie gefällt Euch das? Einen Monat in der

Madame Lariviere war starr vor Entsetzen. Sie hatte Luft, zu protestiren, aber mit Papa Berard, der immer bas legte Wort haben will, mochte fie fich nicht in einen Streit einlassen. Um das Maß des Entfehens voll zu machen, bes ftand der Kurzwaarenhändler darauf, daß die Reisenden den nächsten Zug benügen sollten, und er wollte sie nicht eher aus den Augen laffen, als bis sie im Roupee fißen würden. Wohlan," schrie Madame Lariviere wüthend, so

nehmt meine Tochter fort; bas ist mir am Ende lieber, als wenn fie fich im Laden füffen. Ich werde unterbeffen für die Ehre des Hauses sorgen."

Paar an den Bahnhof, nachdem er ihnen kaum Beit ge Und so geschah's. Der Schwiegervater begleitete bas Belaffen, das Nothwenbigfte in einen Roffer au stopfen, und zu verabschiebete sich mit schallenben Küffen. Auch empfahl er ihnen, alles genau zu betrachten, um ihm nachher mit Era zählen die Stunden verkürzen zu können. Das werde ihm Spaß machen.

Mag sein, aber das war vor der Hochzeit. Vor ber Hochzeit kommt man leicht bazu, folche Dumm Lucien wagte auch gar nicht, sich gegen die Schwieger- heiten zu versprechen. Jetzt ist es an der 3eit, ernsthaft mutter aufzulehnen, sondern begnügte fich damit, hinter ihrem zu fein." Rüden feiner jungen Frau Rußhändchen zuzuwerfen. Eines Tages jedoch war er so frei, baran zu erinnern, daß die beiben Familien vor der Hochzeit versprochen hatten, ihnen eine Hochzeitsreise zu bezahlen. Madame Lariviere biß sich auf die Lippen und sagte:

Gut, so Spazieren, fo geht einen Nachmittag im Bois de Bincennes

Um einen Wortwechsel zu vermeiben, ging Lucien aus. Er wäre im Stande gewesen, feine Schwiegermutter zu er würgen. Nach zwei Stunden lehrte er ganz verändert zu rüd, sprach freundlich mit Madame Lariviere und ein Lächeln spielte um seine Lippen.

Hast du die Normandie schon gesehen?" fragte er Abends seine Frau.

Auf dem Perron beeilten fich Hortense und Lucien, ein leeres Roupee zu besetzen. Richtig hatten sie auch das Glück, ein solches zu fiaben; doch taum hatten fie fich drinnen bequem zu einem tête à tête eingerichtet, so sahen fie mit Bebauern einen Herrn einsteigen, ber fie durch große Brillen gläser streng musterte. Der 3ug feste fich in Bewegung. Traurig lehnte fich Hortense aus Fenster und stellte sich, als ob fie die Landschaft betrachtete, aber Thränen traten ihr in die Augen und verhüllten ihrem Blicke die Landschaft.