Nr. 156Do»merAag, de« 8. I«1i 1886.IH. Jahrg.SnlwerVMlMKrgsn für die Inleresftn der Arbeiter.4Die DedeilZmtIrl>lmsr.E» ist eine»«leugbare Thatsach«, daß die Leben»«mittelpreise i« der letzten Zeit gesunken sind. Nach de«sorgsamen Ermittelungen, welche die„Statistische Rone-spondenz" angestellt hat, find seit Mai 1885 billiger geworden die Rartoffel» um 13,7 pCt., die Gerste um 10,0,der Roggen um 9,3, Erbse» um 6.9, Weizenmehl um 6.0,inländische» Schweineschmalz um 4,8, Roggenmehl um 4 0,Speisebohne« u« 2,8, Hammelfleisch um 2,8, Rindfleischum 2 5, mittlerer roher Zavakaffe um 2,2, Ralbfleisch um1,8, Eier um 1,5. Eßbutter um 1,4, Schweinefleisch um 0,8,Speck um 0,6 pCt. u. s. w. Sine Preissteigerung wurdenur bei Linse», Heu, Stroh wahrgenommen.Ueber diese allerding» merkwürdige Erscheinung z°r«breche» fich die Herren„Volkiwirthe" aller Schattirungenden Ropf. Die Agrarier benutze« fie, um über den Roth«stand in der Landwirthschast zu klage«. Die Schutz«Zöllner jammern, daß die Schutzzölle nicht hoch genugseien und die Freihändler behaupte«, e» sei nunerwiesen, daß Schutzzölle gänzlich nutzlos seien. Ander«wieder behaupten, die niedrigere« Preise seien ei» Glück fürdie Arbetter.,,. jWer da wohl Recht habe» mag?Man steht, die ökonomische« Zustände gestalte» fich«ach ganz dgenen Gesetzen und nicht«ach den Theorie«der Gelehrte«. Und jene Gesetze bleibe« unsere« HerrenGelehrte» sehr häufig verborgen, so klug und weise undscharsfinnig sich die Herren auf dem Ratheder im Professoren«frack auch dünken mögen.E» gab eine Zeit, da die Preise der Lebentmittel fichsteigerte»; da» war im Ansang de» vorige« Zahrzehnt».I« den wenige« Jahren der Prosperität nach dem Rriege stiegenauch die Arbeitslöhne. Aber die Steigerung der Löhne hieltnicht Schritt mtt der Steigerung derLebentmittelpreise;«» bliebhier immer«in starke» Mißverhältuiß bestehen, da« in derLebenshaltung der Arbeiter zu« Ausdruck gelangt.Dan« kam die entgegengesetzte Tendenz; die Löhne be«ganne» zu staken und staken therlmeise immer«och. Nu»fiake» auch die LrbenSmittelpreise. Aber ist da« ei« Zeicheneiner Besserung? Mit«ichte».Sinken der Löhne und Sinke» der Lebensmittelpreisestehe» allerdings im Zusammenhaag. Mit dem Sinke« derLöhne mußten die Arbetter fich einschränken; fie begnügte«fich mit dem Aeußersten. Qualität und Quantität ihrerNahrung mußte» abnehme«. Fleisch kam seltener auf idenTisch; Brod ward vielfach durch Rartoffeln ersetzt;Gemüse besserer Qualität verschwanden. Die Nach«frage«ach einer ganzen Reihe von Artikel««ahmab und damit mußte« diese Artikel im Preise sinken. Es» rtotm.)Ieuilleton.M«e Mutter.Roman von Friedrich Gerftäck'e».(Fortsetzung.)Geh'.Schloßes noch mit mit dauert."„Aber ich kann doch jetzt nicht fort, bis die Roste wiederherauf kommt."„Geh' nur, Riad, ich braucht jetzt nicht»; ich schlafe solange, und da ist's besser, wenn ich Ruhe habe."Du Kleine zögert« noch einen Augenblick. E» war ihr»tcht recht, daß sie ihr« Pflicht versäume« solle— aber derKranke bat fie so sehr..„2ch wtll der Rofie sagen, daß fie dann und wanneinmal heraufguckt, und der Großvater muß auch gleichheimkommen," nickte sie, band den Ring dann in ihr kleinesTaschentuch, daß fie ihn ja nicht verlor, und stieg die Treppeh'nab, um de« Austrag auszuführe«.3« ihrem Zimmer am offene» Fenfi« stand die GräfinMonford in Trauer gekleidet und sah gedankenvoll auf da»Wundlich« Landschastbild hinaus, da» fich. jetzt steilich un«hwä' unbewundert, vor ihr entfaltete. Aber wie auchi» tL«kbroche» sei« mochte, ihr Stolz war ei nicht,ÄÄt' Ä?unzugängllcher diese Brust einem wärmeren Gefühl ge-macht habe.Während ihre« Gatte« Krankhett waren»och zweiBriefe an diese« eingelaufen, und zwar von Handor selberu r**�4 ohne nur eine« Aufenthalte»an de» Grafen adri«.zugebe», und so stech und' unverschämt nur Geld,Summe« für fich fordernd, ja, sogar mtt Drohungen«« Falle der Wetgerung gefüllt, daß die Gräfinff? ,m auflodernde« Zorn zerstörte. Und diese«kam vor, daß man große Rornmasse« nicht einmal zuSchleuderpreisen lo« werde» konnte und daß fie ver«darbe«.E« ist begreiflich, daß bei dem sinkende« Verbrauch vonLebensmitteln, den die geringere RonsumlionSfähigkeit derMasse»«ach fich zog, der Gewerbetreibende, der Kaufmann,der Bauer ganz empfindlich leide» mußte«; sie leiden auchnoch darunter. 3» diese» Klasse» dominirt jene« Philister«thum, welche« es von jeher für eine„freche Anmaßung"erklärte, wenn die Arbeiter höhere Löhn« begehrte». Nu«wird die« Philisterthum für seine Bornirtheit hart gestraft;die niedrige« Löhne äußern ihre Wirkung, der Rückschlagfür Handel und Gewerbe tritt ein und e» tritt de»Herren Philistern sehr fühlbar vor Augen, daß fie selbst nicht»verdiene«, wenn der Arbetter nicht» verdient. Ob fie frei-lich de» ganze« Zusammenhang dieser Schiebungen in derökonomische« Welt begreifen werden, da» steht dahin. AnUeberfluß von Einsicht hat unser Philiflerthum«och niemalsgelitten.Da» ist eine harte Lehre für unsere mittlere» und auchfür die„höheren" Klasse», den» die letzteren werde« wiederdurch die Mtttelklaffe» in Mitleidenschaft gezogen. Alleinandere Lehren al« solche find nicht eindringlich genug. Dakonnte man zehnmal Haarklei» beweise», daß da» stetigeSinke« der Arbeitslöhne seine» Rückschlag auf alleanderen Verhältnisse ausübe» müffe; man warund blieb ei« Prediger in der Wüste. Nun aber, da manam Geldbeutel verspürt, daß etwas faul ist, glaubt manleichter. Man wird nun wohl bald begreife«, was e» be«deutet, wen« die Masse der Arbeiter in Stadt und Land zuwenig verdient, um davon erträglich leben zu könne«.Schlechte Löhne rächen fich immer an der ganzen Gesell-schaft. Da» ist dem heutigen System eigenthümlich undauch erklärlich. Wen» ein Glied eine« Körpers benachthei»ligt wird, so leide« die andere« Glieder und Körpertheileauch darunter. Und wen» die zahlreichste Klasse der heuti-gen Gesellschaft, die Arbeiterklasse, wirthschaftlich leidet, somüssen die» die anderen Erwerbsklasse» mitempfinde». Daszu begreifen sollte wirklich nicht so schwer sei».Man sieht, wie die Arbeiterftage keine bloße Magen«frage, sonder« eine Kulturfrage im allgemeinsten Ein«, de»Worte» ist. Leider wird fie nicht überall so aufgefaßt, so»«der»«ach veraltete«, schablonenhafte» Gesichtspunkte« beut»theilt und das ist ei« Unglück für unsere Zeit.Politische Urberstcht.Die„Rordd. Allg. Ztg." hat wieder einmal einen Be«wei» für die Unmöglichkeit de» Sozialismusgefunden, und zwar diesmal nicht bei dem im Stillen von ihrso hochverehrten Schulz». Delitzsch, sondern in der„Voss. Ztg."Mensche« wegen hatte die eigene Tochter ihre Elter« ver«lassen IKein Schmerz lag auch jetzt in de» Züge» der finstere«Frau; das war Trotz allein, starrer, unbeugsamer Trotz demSchicksal gegenüber,«od während ihr thränenlose» Augeunter de« zusammengezogene« Braue» heroorblitzte, balltesich unwillkürlich die weiße, mtt Ringe» bedeckte Hand, al«ob fie einem Feind begegne— und doch stand ihr keinFeind gegenüber; nur in der eigene» Brust wohnte er,und klopfte und bohrte und mußte gewaltsam niedergehaltenwerde«.Ueber de« Gartenplatz kam die kleine Bärbel mit ihrenBlumen, sah die Gräfin am Fenster stehe» und machte ihre»Rnix. Aber die Gräfin bemerkt« fie gar nicht, wen» auchihr Blick fie streifte, bis das Kind endlich, da» von derDienerschaft immer unbelästigt hinaufgelassen wurde, draußenschüchtern anklopfte.Niemand antwortete; Bärbel klopfte«och einmal, undda«och immer keine Antwort erfolgte, öffnet« fie die Thür.E« war schon oft vorgekommen, daß fich die Frau Gräfinnicht in ihrem Zimmer befand; dann ging fie doch hineinund legte ihr die Blume» auf de« Tisch. Heute aber mußtefie ja drin sei», Bärbel hatte fie selber am Fenster ge-sehe». Wie fich die Thür öffnete, drehte fich die Gräfinum und erblickte da» Kind; Bärbel war ihr Pathche«, undsie hatte die Klein« immer gern gehabt.„Grüß' Gott, Frau Gräfin!" sagte da« Kind mtt einemtiefe« Rnix, indem fie ihr de» Strauß entgegenhielt;„hierbring' ich die Blumen."„Ach danke Dir, Bärbel; lege fie nur aufTisch, ich werde fie selber in die Vase stellen."Die Kleine gehorchte und blieb dann zögernd stehe«.„Willst Du«och etwa», Bärbel?"Bärbel drehte da» Tuch verlege« in der Hand herumund knüpfte dann de» Ring herau».„3a, Frau Gräfin,"flüsterte fie:„bei uns liegt der arme Mensch krank, derMaulwurstsänger..." ri„.„3fl, ich weiß, er ist vom Förster geschossen..3a, sehr, und da— da hat er mich heute ge-bete»...'de»ES handelt fich dabei um ein Bergwerk im ArUge. Departe-ment, daS von einer Genoffenschaft von Bergleuten betriebenwird, da» aber den Ai.theilhadern nur ein kümmerliches Da»fein gewährt. Wir wollen heute hierzu nur folgendes bemerken:Die geringe Rentabilität der geschilderten franzöfischen Gruberührt nach den eigenen Angaben de» KavzlerdlatteS offenbardavon her, daß fie im hilflosesten Kleinbetrieb, ohne giößereMaschinen und technische Anlagen, bewirthschaftet wird. Untersolchen Verhältniffen gehen, wie die„Nordd. Allg." selberwissen wird, nicht nur GenoffenschaftSunternehmungen, sondernerst reckt dir„Privatgeschäfte" zu Grunde. Unsere ganze mo»Verne WirthschastSentwicklung ist ja ein großer, eindrucksvollerBeweis dafür, daß die kleine Privat Unternehmung ebenfallsdahinfiecht und schließlich ganz erlischt; der einen Assoziation»welche man glücklich in Frankreich entdeckt hat, können wirhunderttausende von gleich bedrängten Kleinbetriebenentgegenstellen, die unter privater Leitung stehen. Be-säßen wir also die allzu ungebundene Logik der Herren vomPreßbureau, so müßten wir zu höchst bedenkliiben Schlüssengrade für die Privat wirthschaft kommen.— Im Uedriaenist e» noch nicht lange her, daß uns da» Kanzlerdtatt bei Ge«legenheit de» TabakSmonopolS auf da» eingehendste de«wiesen hat, welche enormen Vortheile ein Volk durch B e sei»t i g u n g der Rente der Privatdefitzer erzielen könnte. Wennda» alle» heute schon vergessen sein sollte, so find wir gernebereit, nochmals mit den offiziösen Zahlen aufzuwarten.Die Bedeutung der Unfallversicherung kann sonstvon der gouvernementalen Presse nicht genug in den Himmelerhoben werden. Nunmehr machen die„Verl. Pol. Nachr."selbst darauf aufmerksam, daß in der norddeutschenTextilberufSgenossenschaft nach den gemachtenErfahrungen die Gesammtziffer von Entschädigungen undRenten aller Art in den ersten fünf Vierteljahren, welche fürdie G-sammtziffer von 93 972 Arbestern zu leisten find, imganzen die Summe von 15 000 Mark nicht übersteigen wird,sodaß auf den Ardeiter durchschnittlich 16 Pfennig für fünfViertel Jahre kommen.Die Berliner Ausstellung. Am Schluß einer längerenAusführung per Erklärung dt« ablehnenden Beschlusses de»BundeSrathS bezüglich der ReichSdeihilfe für die Berliner Au».st-llung von 183S sagen die inspirirten„Verl. Pol. Nachr.":Sicherlich wird, wenn die witthschastlichen Verhältnisse fichwieder bestem und über den Plan einer deutsch-nationalenAusstellung Einverständniß auch zwischen den maßgebendenKreisen der Industrie erzielt ist, dem Unternehmen die Unter-stützung de« Reichs nicht fehlen; daß dieses Wohlwollen keinrein platonisches sein, sondern auch die materielle Veiteder Sache in fich schließen wird» zweifeln wir keinen Lugen-blick..Ueber die Abreise Singer'« machen einige Zeitungenmißliebige Bemerkungen dahin, daß der Abgeordnete anstattam FliediichSbahnhof am Schlefischen eingestiegen sei,„um sodie ganze Fahrt durch Berlin zu machen," und somit seinenGefinnungSgenoffen Gelegenheit zu einer ganz eigenartigenDemonstration zu geben.— Wie wir genau wissen, ist derAbg. Singer deshalb am Schlcstschm Bahnhofe eingestiegen,„Nun, um wa«, Bärbel? Braucht er etwa»?"„Nein, Frau Gräfin," sagte die Kleine ängstlich, den»«< kam ihr jetzt gar so entsetzlich vor, daß sie bestelle»sollte, der alte, schmutzige Maulwurfsfänger wolle die FrauGräfin sprechen;„nein, er hat Alle« und die alte Rofiepflegt ihn."„Und wa» will er sonst? Was hast Du da, Bärbel?"„Den Ring hat er mir gegeben," sagte da« Kind, jetztgewaltsam Muth fassend, den» e« hatte ja versprochen, denAuftrag auszurichten;„ich— ich sollte ihn Euch bringe»,Frau Gräfin?"„Mtt?" rief die Gräfin erstaunt.„Von wem?"„Von dem alte« Fritz, und er möchte— er meinte, er— er wäre recht krank— und er möchte die Frau Gräfingern sprechen." Da« Kind seufzte recht au» voller Brustauf— jetzt mar'« herau«.Di« Gräfin schüttelte»och immer erstaunt mtt dem Kopf;e» mußte da jedenfalls ei»3rrthum obwalte», und die Kleinehatte irgend eine» Auftrag verkehrt ausgerichtet.„Und zumir solltest Du den Ring bringen?"„3a. zu Euch, Frau Gräfin, und ihn Euch selber in dieHand geben."Dre Gräfin streckte den Arm au», und da» Kind reichteihr den kleinen Goldreif, de« fie mit zwei Finger««ahmund gleichgtltig einen Moment betrachtete; aber plötzlichwurde ihr Blick stier und haftete wie entsetzt auf dem ein-fache« Schmuck.„Wer gab Dir de« Ring, Bärbel?" ftagte fie und faßtede» Kinde» Schulter.„Wer? Wo kommt er her?"„Ach, Frau Gräfin, ich kann ja nicht» dafür!" bat dieerschreckte Kleine;„der kranke Mann gab ihn mir."„Der Geschossene?"„3a, Frau Gräfin."„Und wie heißt er?"„3a, da« weiß ich nicht," sagte Bärbel, immer schüchternerwerdend f„Fritz heißt er, de» alte» Fritz nennen fie ihn im�„Wo hat er de« Ring her?" ftagte die Gräfin, abermehr mtt fich selber, als mtt dem Kinde sprechend.,3a, da» kann ich Euch auch nicht sagen," rief die