nach beleidigend angesehen werden konnte. Wenn das Gericht meine, daß die Preffe ftets zur Wahrnehmung berechtigter Intereffen diene, so sei es ein Rechtsirrthum. Der Reichsan malt fagte sur Begründung seines Antrages auf Aufhebung bes Urtheils folgendes: In einer früheren Entscheidung dieses Senates wurde ausgesprochen, daß ein Redakteur der zufällig Ratholit war, fich nicht auf den§ 193 berujen tönne, weil er Den Ratholizismus habe vertheidigen wollen. Wenn der jezige Angetlagte ein Blatt redigirte, welches ausschließlich dem Inter effe der Juden diente, so wäre über die Zulässigkeit des§ 193 au diskutiren, aber das ist hier nicht der Fall, und der Hin weis auf die Konfeffion allein fann den Angeklagten nicht ftraflos machen, weil die Preffe nicht dazu da ist, um jedem Ronfeffionsangehörigen eine berechtigte Instanz für seine tons feffionellen Bedürfnisse zu geben. Der Richter findet in dem Artikel einen doppelten Vorwurf, nämlich daß den Lehrern Förderung resp. Duldung antisemitischer Bestrebungen schuld, gegeben find, und den Vergleich des Kreisschulinspektors mit Söder. Nun sagt aber der Richter nicht, daß der Angellagte
Baters. W. tam auf B. zu und stellte ihn wegen seiner Zbat aur Rede. Es tam zu einer heftigen Auseinandersegung, im Verlauf welcher W. dem B. einen Stoß gab, so daß er in eine Ede fiel. Nun tamen awei andere Anwesende hinzu und suchten den Streit zu zu schlichten. Es ist aber möglich, daß bei dieser Gelegenheit der Vater Don einem oder dem andern der Friedensstifter noch einige Büffe erhalten hat, jedenfalls blutete seine Nase heftig und fein Ge ficht war verschwollen, als er das Bimmer verließ. In der Verhandlung gab B. an, seine Tochter deshalb geohrfeigt zu haben, weil sie einige Nächte nicht nach Hause gekommen set. Es wurde aber festgestellt, daß Martha B. sehr oft des Nachts bei der Familie F. geschlafen hat, weil ihr Vater ein sehr in times Verhältniß mit einer Wittwe unterhält. Der Gerichtshof beurtheilt die Sache sehr milde. Er nahm an, daß B. durch feine Ungebührlichkeit die eigentliche Veranlassung zu der Szene gegeben habe, sprach den M. frei und verurtheilte den W. zu einer Geldstrafe von 5 M.
Hälfte. Es find nun noch 10 Mann, welche weiter streilen. 4 haben die Arbeit wieder aufnehmen müssen. Es sind noch einege Werkstellen ohne Gesellen. Wir ersuchen die Kollegen Bujug fern zu halten. Mit tollegialischem Gruß: Die Lohn Kommission.
Der Streit der Lurus- Papier Präger bei hain u. Mosler ist nun auf Grund Vereinbarung beider Theile be endet, indem den Streifenden 5 pet. mehr bewilligt worden find, jedoch unter der Bedingung, daß die Leiter des Streils ( Caspar und Effer) nicht mehr beschäftigt werden. Wenn auch am Anfang des Streits seitens der Arbeiter beschlossen wurde, nur dann die Arbeit aufzunehmen. wenn Alle wieder in das Geschäft eintreten tönnten, ließ sich dieser Beschluß insofern nicht durchführen, als mit Bestimmtheit angenommen werden fonnte, daß der Brinsipal unter allen Umständen an seiner Bes bingung festhalten würde und somit den andern acht die Ar beitsstelle ebenfalls verloren ginge. Selbst die zwei Gemak regelten leifteten auf ein Wiederanfangen Verzicht im Interesse der andern Kollegen. Alle Diejenigen, welche noch Liften in
des ebrentränkenden Charakters des ersten Borwurfes nicht be: Soziales und Arbeiterbewegung. bänden baben, werden hiermit ersucht, diefelben fo bald als
wußt gewesen sei, sondern er stellt dies nur bezüglich des zweiten feft. Das genügt aber nicht, um das Bewußtsein be aüglich des ganzen Artikels auszuschließen. Es wird also in der neuen Verhandlung au prüfen sein, ob dem Angetlagten auch das Bewußtsein gefehlt habe, daß er die Lehrer beleidige." Das Reichsgericht schloß fich diesen Ausführungen durchweg an und bob das Urtheil unter Burückverweisung der Sache in Die erfte Instanz auf.
Mannheim , 7. Juli. Gestern wurde hier abermals ein Sozialistenprozeß verhandelt. Friedrich Traub war angeklagt, den Sozialdemokrat" verbreitet zu haben. Die Anklage flügte fich namentlich auf den Angeber und früheren Kompagnon des Traub, Fahrbach ehrlichen Angebentens. Dieser tam jedoch vor dem Gerichtshof sehr schlecht an. Selbst der Staatsanwalt hegte Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit. Herr Polizei tommiffär Gugenbühler richtete seine Aussage gegen den An getlagten, indem er mit Nachdruck betonte, das Traub schon längst Sozialdemokrat set. Der Gerichtshof gewann die Ueber zeugung, daß Traub nicht verbreitet habe, sondern daß Fabr bach in der Behausung des Traub deffen Sachen durchschnüffelt und gelesen hat und in recht durchfichtiger Abficht denunzirte. Es war dies der zweite Prozeß, welchen Traub dem Herrn Fabrbach zu verdanten hatte und es ist bei der gegenwärtigen Strömung dieser Ausgang des Projefes doppelt freudig au begrüßen. Der Vorsitzende richtete zum Schluß einige sehr be herzigenswerthe Worte an den Beugen" Fahrbach.
+ Unter der Anklage der Störung des öffentlichen Gottesdienstes stand gestern der Tischlergeselle Ernst Heimlich vor der ersten Straflammer des Landgerichts I Am 7. März d. J., einem Sonntage, hatte H. eine längere Bierreise unter nommen und große Mengen von Schnaps und Bier vertilgt. In seiner Truntenheit gerieth er in die Interimskirche der St. Thomas- Gemeinde, wo gerade der Nachmittagsgottesdienst stattfand. Er letterte auf den Chor empor und nahm in einem Kirchenstuhl Play. Der Gesang der Gemeinde war zu Ende, bie Stimmen einiger alter Frauen, die etwas außer den Talt gerathen waren, wurde durch das mächtige Finale der Drgel überbröhnt und der Prediger begann seine Rede über eine Stelle aus den Baulinischen Briefen: Der Apostel Paulus fagt..." Da wurde er durch eine heifere Stimme unterbrochen, die von der Empore herablam: Ja woll der Apostel Paulus, den lenne ic folgte eine Fluth von Bemerfuugen, wie fie die Trunkenbeit eingiebt. Der Prediger brach ab, die Gemeinde erhob fich, der Gottesdienst war geftört und mußte unterbrochen werden. Nun versuchte man durch freundliche Ermahnungen, den Stören fried aus der Kirche zu entfernen. Heimlich war aber hatt nädig und wollte durchaus nicht gehen. Schließlich wurde ein Schußmann geholt, ber den Eruntenen zur Wache brachte. In der Verhandlung fand sich die oft vorkommende Erschei nung, daß über die Frage, ob ein Mensch betrunken und von welchem Grade seine Trunkenbelt sei, die Anfichten sehr getheilt waren. Während der Angeklagte behauptete, fich an die Vorgänge an jenem Tage durchaus nicht mehr er innern zu tönnen, waren einige Beugen der Mei
nung,
.
" Und nun
Daß Der Störenfried nicht einmal angetrunken gewesen sei. Der Gerichtshof nahm jedoch zu Gunsten des Angeklagten an, daß er in der That angetrunten gewesen sei. Erschwerend fiel dagegen der Umstand in's Sewicht, daß Heimlich als Katholit den Unfug tu einer protestantischen Kirche verübt habe. Hierin erblidt das Gericht einen frivolen Exzeß und ging über den Antrag des Staatsanwalts, der einen Monat Gefängniß beantragt hatte, noch hinaus, Heimlich wurde zu einer Gefängnißftrafe von 2 Monaten verurtheilt.
+ Ein Revolver- Stribent. Der Bürgermeister a. D. Laser verfaßte vor einigen Jabren eine Flugschrift, in welcher er den Geh. Kommerstenrath Gerson von Bleichröder bezichtigte, einen Meineid geleistet und Ehebruch begangen zu haben. Mit Dieser Brochure unternahm er nun einen Erpressungsversuch; er forderte den Beh. Kommerztenrath auf, thm fämmtliche Exemplare, das Manuskript und die Belege für das Sümmchen von nur 15 000 Mart abzulaufen. Herr von Bleichröder that bas Klügfte und denunzirte den Revolver- Stribenten wegen Erpressung. Die Sache zog fich einige Jahre hin und be schäftigte wiederholt die Gerichte. Gestern tam fte vor der erften Straflammer des hiesigen Landgerichts endlich aur Erledigung. In der der Verhandlung, die unter Aus schluß Der Deffentlichkeit ftattfand, geftand Laser, baß seine Behauptungen, die v. Bleichröder begangen haben foll, beweislos selen. Er wurde der verleumderischen Beleidi gung und der versuchten Erpressung für schuldig befunden und zu einer Gesammtstrafe von 1 Jahr und 1 Monat Gefängniß, wovon 1 Monat als durch die Untersuchungshaft verbüßt gilt, und zum Verluft der bürgerlichen Ehrenrechte auf 2 Jahr ver urtheilt. Die Vernichtung der Broschüre wurde ausgesprochen. + Sehr ungemuthlich wurde der penfionirte Boftbeamte B., als er aus einem Schläfchen, das er auf einer Promenaden bant im Friedrichshain in den Abendstunden des 5. Mal d. 3. abbielt, durch die hand des Promenadenwächters M. gewedt wurde. V. hatte eine schlimme Hand und hatte am Nachmittag Das Krankenhaus am Friedrichshain aufgesucht, war aber abge wiesen und aufgefordert worden, fich am Abend wieder einzu finden. Er hatte fich auf einer Bank niedergelassen und war fchließlich eingeschlafen. Im Schlaf hatte er den Kopf weit nach vorn finlen lassen und das Blut war ihm in's Geficht geschoffen, so daß seine Ohren fich blau färbten und die Gefabr nahe lag, daß er vornüber von der Bank stürzte. Aus dieser Lebensgefährlichen Haltung wollte ihn der menschenfreundliche Wächter aufrütteln, er hatte aber taum begonnen, so sprang B. auf und gab ihm einen tüchtigen Stoß. Unter lautem Schimpfen drang er noch einige Male auf den Beamten ein, so daß er schließlich aur Wache gebracht werden mußte. Auch bei seiner Verhaftung leiftete er Widerstand und fließ grobe Beleidigungen aus. Das Schöffengericht verurtheilte ihn geftern au einer Gesammtftrafe von 8 Tagen Gefängniß.
+ Wegen gemeinschaftlicher Körperverlegung standen geftern vor der 93. Abtheilung des Schöffengerichts ein ge wiffer M. und W. Jm Februar d. J. feierte der Grünfram händler F. seinen Geburtstag. Er hatte einige Freunde zu fich geladen und man war fröhlich und guter Dinge. Die Luftigfte mit war ein junges Mädchen, Martha B., welche bei F. arbeitete und mit zur Geburtstagsfeier eingeladen war. Eine Drehorgel wurde gespielt, man sang und trant und sprach davon, ein Tänzchen zu veranstalten. Mitten in diese allgemeine Luft plagte plötzlich der Vater der B., der sofort auf feine Tochter losging und fie ohne weiteres mehrmals ohr. feigte. Alle Anwesenden geriethen in Entrüftung über diese unmotivirte Büchtigung und über das robe Benehmen des B.rantwortlicher Redakteur R.
Die Rechtsgiltigtett von Fabrikordnungen. Von Interesse ist eine Entscheidung, welche das Kölner Gewerbegericht dieser Tage in Betreff der Rechtsgiltigkeit von Fabril ordnungen getroffen hat, welche gegen die Moral ordnungen getroffen hat, welche gegen die Moral verstoßen. Die Fr. Br." schreibt: Möge jeder Arbeiter mit Aufmerksamkeit diesen Bericht lesen und ihn seinen Kame raben zur Beachtung empfehlen, damit er wiffe, baß unmora lische Verpflichtungen tein auch noch so mächtiger Fabrilant in sein Fabrifftatut aufnehmen und dem Arbeiter mit Hilfe nichts, würdiger Fallstride den verdienten Lohn vorenthalten darf! Möge man die verschiedenen Fabritftatuten einer gründlichen Brüfung unterwerfen und gefeßwidrige Fabrikordnungen der Deffentlichkeit preisgeben. Mögen aber in erster Linie die Großindustriellen felbft Hand anlegen und aus ihren Fabrilordnungen alle Rechtsverdrehereien außmerzen. Herr Ronstantin Effer, Besitzer einer mechanischen Weberet in der Schaafenstraße in Röln, hat sein gesetzgeberisches Talent an seinen Arbeitern versucht und die sog. Fabritordnung dieses Mannes enthält horrende Bestimmungen; man lese den§ 10. Dieser lautet ungefähr so:
Jeder Arbeiter hat fich bei eintretender Krant heit sofort zu entschuldigen und zur Bekräftigung ein ärztliches Beugniß vorzulegen. Kommt er binnen drei Tagen dieser Bestimmung nicht nach, so verliert er seinen Anspruch auf den noch guthabenden bereits ver bienten Lohn."
Durch diesen famosen Paragraphen glaubte fich der Weberei befizer seiner Verpflichtung enthoben, dem Weber B. den ver. dienten Lohn in Höhe von 27 M. zu bezahlen. Mit demselben Weber hatte der Fabrikant Effer bereits vor einigen Monaten vor dem Gewerbegericht geftanden. Effer war verurtheilt worden, den grundlos entlassenen Weber sechs Wochen lang zu beschäftigen oder ihm eine entsprechende Entschädigung zu sablen. Der Weber trat ein, um feine gefeßlichen sechs Wochen abzuarbeiten, erkrankte in der Brit vom 10. Februar bis 16. März und arbeitete bis 12. Mai. Is seine sechs Wochen um waren, verlangte er von Herrn Effer seinen Lohn und den Entlassungsschein. Effer verweigerte beibes. Berklagen Sie mich," entgegnete er dem Manne. Immer flagen, Herr Effer!" entgegnete der Weber. Und ich geb' Ihnen das Geld nicht!" Der Weber, des Streites müde, arbeitete weiter und erkrankte, wie er fagt, aus Aerger und Gram über die schmachvolle Behandlung am 12. Mai um 7 Uhr; um 9 Uhr macht die Fabrit Feierabend. Am 18. Mat meldet et fich gesund und will weiter arbeiten, damit er endlich das verdiente Gelb in die Finger bekäme. Profit Mahlzeit! Jezt erklärt Effer: Ste belommen gar nichts!" Warum?"
Darum."- Der Entlassungsschein wurde auch verweigert. Der Weber bätte inzwischen als Meister in der Bayenfabrik anfangen fönnen. Die Stelle ging ihm verloren, weil er fein Entlaffungszeugniß vorzeigen fonnte. Nun tiagt er auch auf Entschädigung. Effer soll ihm, weil er drei Wochen beswegen ohne Arbeit blieb, 36 M. zahlen. Vor dem Gewerbegericht erklärte der Vertreter des beklagten Fabrikanten: Die Höhe des zurückgehaltenen Lohnes betrage 24,25 M. Dieses Gelb verweigere Herr Effer laut§ 10 feiner famosen Fabrit ordnung. Im Uebrigen ftelle der Fabrikant in Abrebe, daß der Weber schon vor dieser Belt das Geld und einen Ent. laffungsschein gefordert habe, also teinen Anspruch auf bret Wochen Lohnentschädigung stellen tönne. Das Gewerbegericht entschied, daß dem Weber der vorenthaltene Lohn gezahlt mer den soll, well( im Hinblick auf§ 10 ber angeführten Fabrit ordnung) der Bellagte nichts vorgebracht, was bie Nichtzah. lung rechtfertigen fönne. In Betreff der Entschädigung von 36 M. giebt das Gewerbegericht dem Herrn Effer auf, den vom Kläger zugeschobenen Eid zu schwören, daß es nicht wahr sei, daß der Kläger zur rechten Beit Lohn und Entlassung gefordert babe und verlagt die Ausschwörung auf 14 Tage.
Zunahme der Großproduktion. Im Jahre 1858 pro duzirten die 32 in Schleften vorhandenen Koals Hochöfen im Bangen 987 268 Bentner oder rund 1 Million Bentner. Die Produktion der 34 im Jahre 1885 vorhandenen Defen hat 8 250 450 Bentner betragen. Der Werth bezifferte fich im ersteren Falle auf rund 5 Mill. Mart dagegen im anderen auf nur 21 M. Mart.
Die Starrköpfigkeit der Unternehmer bet Streits führt zuweilen eigenthümliche Verhältnisse herbei. So in Bauzen, wo die Maurer streiten, um eine Lohnerhöhung burchzusetzen. Sie haben einen Ausschuß gebildet, welcher sich den Bürgern zur Uebernahme jeder Maurerarbeit billiger als die Meister anbietet. Während die Meister 28 Bf. pro Stunde verlangen, beansprucht der Ausschuß der Maurer nur 25 Pf. Durch dieses Ronkurrens Unternehmen eröffnen fich den Streitenden ganz neue Aussichten. Es wird inter. effant sein, au erfahren, ob die Gesellen mit ihren Anerbietungen Erfolg baben.
Niedergelegte Arbeit. Einige 25-30 auf der Veddel in Hamburg beschäftigte Arbeiter stelten am Dienstag Morgen Die Arbeit ein, da fie für den ausbedungenen Lohn von 2 M. 50 Bf. pro Tag nicht weiter arbeiten wollten. Alle Versuche ber Arbeitgeber, die Arbeit unter den alten Bedingungen wieder aufzunehmen, blieben erfolglos. Recht erfreulich ist, nach der Hamb . Baratg.", daß die Arbeiter in vollkommen rubiger Weise mit den Arbeitgebern verhandelten und daß diefelben fich durch das für fte ungünstige Resultat dieser Unterredungen nicht zu Störungen der Ruhe und der öffentlichen Ordnung hinreißen ließen.
möglich an Caspar, Schönholzerstraße 8, einzufenden. Da eine spezielle Abrechnung den Kollegen in nächster Beit zugehen wird, ist es dringend nöthig, mit der Ablieferung der Liften nicht zu zögern, denn nur dadurch ist es möglich, baldigft über Einnahme und Ausgabe Rechenschaft abzulegen.
Kleine Mittheilungen.
Würzburg , 7. Juli. Ueber die Eisenbahntatastrophe bel Würzburg wird folgender offizielle Bericht veröffentlicht: Der Betrieb zwischen Rottendorf und Würzburg , welcher ausschließ lich unter Aufsicht der Station Würzburg steht, ist so geregelt, daß das eine Geleise von den Bügen von und nach Nürnberg , das andere dagegen von den Bügen von und nach Nürnberg benugt wird, so daß die Kreuzungen der Büge jeder Route fahrplanmäßig in Rottendorf oder Würzburg selbst stattzufinden haben. Nur bei erheblichen Verspätungen wird zur Vermet dung größerer Berzögerungen der Anschlußzüge ausnahmsweise das Geleise der Parallelroute, sofern dasselbe nicht durch Büge der eigenen Linie belegt ist, für Büge der anderen Strede be nugt und die Begegnung der Büge auf der Strede angeordnet. In einem solchen Fall wird folgendes Verfahren beobachtet. Station Würzburg verständigt Station Rottendorf telegraphisch, auf welchem Gelelse jeder der beiden Büge zu verlehren hat, worauf Station Rottendorf zum Nachweise richtigen Verständ niffes das Telegramm nach seinem Wortlaute zurüdgiebt Die Betriebsbeamten in Würzburg und Rottendorf verständigen sodann die betheiligten Wechselwärter durch einen Dienstbefehl schriftlich von der getroffenen Verfügung gegen Unterschrift. Ferner werden die Oberlondukteure der betr. Büge durch fach gemäßen deutlichen Vortrag auf dem Stundenpaffe und die Lokomotivführer durch gleichlautenden schriftlichen Befehl in Renntniß gefest, sowie die Wagenwärter durch ihre Dber fondutteure mündlich verständigt. Endlich hat jeder Bug, welcher das Geleise der anderen Strecke befährt, vorn an der Lokomotive ein 1othes Signal zu tragen, welches den Bahn wärtern die Berechtigung zur Fahrt auf dem sogenannten fal schen Geleise anzeigt.
Genau diesen seit einer langen Reihe von Jahren an ftandslos in Anwendung gelommenen Vorschriften entsprechend, wurde am 1. Juli von dem Betriebsbeamten in Würzburg be ftimmt, daß der von Bamberg lommende, um 16 Minuten verspätete Poftaug Nr. 49, welcher mit dem auf der nämlichen Strede verlehrenden Kurierzuge Nr. 53 fahrplanmäßig in Würzburg zu freuzen bat, auf dem um diese Belt freien Nürn berger Geleifeftrange von Rottendorf nach Würzburg zu fahren und deshalb dem Kurierzuge 53 auf der Strede zu begegnen habe. Von dieser Verfügung, welche in Rottendorf dem ge fammten betheiligten Bersonale vorschriftsmäßig bekannt gegeben und von dieſem auch vollständig richtig vollzogen wurde, er hielt in Würzburg das Personal des Buges 53 durch den Betriebsbeamten die vorgeschriebene Mittheilung durch Stunden paßvortrag, schriftlichen Befehl für den Lokomotivführer und mündliche Verständigung des Wagenwärters. Außerdem wurde schriftlicher Dienftbefehl bei den betheiligten Wechselwärtern burch einen Boten in Umlauf gefeßt, wobei jedoch in der Berständigung der Wärter eine Verzögerung eingetreten sein foll. Von dem Signalwärter wurde aus bis jetzt noch nicht aufgellärter Ursache das von ihm ursprünglich richtig gezogene Signal ,, Ausfahrt nach Bamberg frei" nach Ingangsegung des Buges 53 noch vor deffen Eintreffen am Signalbaume zurüdgezogen und durch das Signal Ausfahrt nach Nürn berg frei" erfest. Dies bestimmte den Wärter der Ausfahrts weiche, welcher nach seiner übrigens noch nicht erwiesenen Behauptung zur Beit der Vorüberfahrt des Buges 53 noch nicht verständigt gewesen sein will, den ausfahrenden Bug ftatt in das Bamberger , in das Nürnberger Geletse einlaufen zu laffen, auf welch letterem Führer, Oberkondukteur und Wagenwärter ungeachtet des ihnen ertheilten ausdrüd lichen gegentheiligen Befehls den Bug unbegreiflicherweise weiterlaufen ließen. Auch von den betheiligten Bahnwärtern wurde demselben das baltzeichen nicht gegeben, obwohl Poft aug 49, als auf dem Geleise der Nürnberger Strede tommend, von Rottendorf durch das Läutwert dieser Strede chon ge raume Belt abgeläutet war, und obgleich Bug 53 fein Signal trug. Hiernach wurden ganz bestimmte und flare Sicherheits vorschriften nicht beachtet.
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Die Wirkungen des Busammenstoßes waren so folgenschwer weil an der Stelle des Zusammenstoßes der Ausblid nach beiden Richtungen ein äußerst beschränkter ift, und die Büge fich wegen des tiefen Einschnittes und der starken Krümmung faum auf eine Entfernung von 200 Metern in Sicht bekommen fonnten. Bei dem Busammenstoße blieben sofort 10 Bersonen todt: 6 weitere find bis jetzt ihren schweren Verlegungen erlegen Die beiden Bugmaschinen find sehr stark beschädigt. Boll ftändig zertrümmert sind drei Personenwagen, ein Bahnpoft wagen, ein Dienstwagen und zwei Güterwagen; weniger er heblich beschädigt acht Bersonenwagen, ein Bahnpoftwagen und ein Dienftwagen. Die strafrechtliche und administrative Unter fuchung ist in vollem Gange."
Das Bamberger Journal" macht dazu folgende Be merkungen:
Also unter etwa 6 Bugbeamten auf einer wegen ihre Gefährlichkeit und komplizirten Fahrdispofition bekannten Strede und zubem nach empfangener schriftlicher und münb licher Anweisung wußte fein einziger, welches Geleise überhaupt befahren werden sollte, resp. daß fte fich auf dem falschen be fanden! Das ist uns- offen geftanden ein Räthsel, beffer Lösung in den kommenden Verhandlungen wir mit Spannung entgegensehen.
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Das eine wird man aber schon jest fagen tönnen, daß mag der Anlaß zum Unglüd im Besonderen gewesen sein welcher er will, die Ratastrophe der Grundursache nach burd eine wirklich schwer verständliche- Sparsamkeit bei der Her ftellung der Bahnanlagen verschuldet ist. Wir haben in Bayern gewiß manchen überflüssigen Kilometer Bahn gebaut aber auf einer nur 8 Kilometer langen Strede, welche el Glied von zugleich zwei großen Adern( Berlin Stuttgart un London Köln Wien ) bildet, fich mit awei Beleisen und einer ihrer Umständlichkeit zu Srthümern fast herausfordernden triebsanweisung zu behelfen, ist wirklich eine Sparsamte welche über das zu billigende Maß hinausgeht. Jezt, da da
Zum Tischlerstreit in Rottbus. Werthe Kollegen! Nach 10wöchentlichem Andauern des Streits müssen wir zu unserem Bebanern lonftatiren, daß wir von unseren niedrigen For berungen noch nicht mal alles bewilligt erhalten haben. Wir luden die Meifter vorige Woche zu einer Verhandlung ein, ste schrieben uns aber zurück, daß fie teinen von den Streifenden zu beschäftigen beabsichtigen, und verbitten sich jede weitere Beläftigung. Der Lohn ist ja in den schlechten Werkstätten etwas geftiegen, aber nur um die Hälfte dessen, was unsere Forderungen waren. Wir sahen uns nun nach obigem veranlaßt, eine Versammlung einzuberufen, in welcher beschloffen werden sollte, ob wir den Streit beenden, oder weiter streifen. Die Bersammlung beschloß, daß weiter gestreift werden soll. Nun waren auch 4 unserer Kollegen wegen 14tägiger Kündigung verklagt, also nach 9wöchentlichem Streit fühlen sich die Herren Meifter veranlagt, ihre Gesellen zu verklagen. Durch die unsauberen Mittel der Meifter, welche fie gegen uns anwendeten, war es uns nicht möglich, das zu erzielen, was wir eigentlich erzielen wollten. 9 Meifter, welche unterschrieben haben, geben ben von uns verlangten Lohn und die übrigen geben nur die Der Klugheit übernimmt. Cronheim in Berlin . Drud und Verlag von Max Bading in Berlin SW., Beuthstraße 2.
Be
Kind im Brunnen liegt", wird ja wohl die unerschwinglich Summe für eine Beleisverboppelung auf 8 Kilometer aufge trieben werden; bebauerlich ist aber, daß in folchen Fällen immer und immer erst der Schaden die Rolle des Lehrmeisters
Sieran eine Beilag