Beilage zum Berliner Bolksblatt. Ar. 163 Freitag, den 16. Juli 1886. 111° Ichööc Lokales. Soziale Lügen.Lprick die W-Hcheit unier allen U,i» ständen, und wenn selbst die Welt darüber auS ihren Angeln gehen sollte 1" Da» ist ein alter Grundsatz, der schon den Kindern gelehrt wird, und den zu befolgen die meisten Men- schen fest überzeugt find, vorzugsweise wohl dies nigen, welche in einer AuwlilASstellung, sei es nun al« Familienoberhaupt, Staa�baamter oder Lehrer, diesen Grundsatz, daß Wahrheit vor R-«ficht gehe, durch ihre Thaten und Hanvlungiweise Praltts» zur Aus'ühruna bringen sollen. Und doch ist daS Lagen in der sozialen Welt, in der Gesellschaft, in der Familie, in der Politik, so allgemein an der Tagesordnung, alt - durch Gesetz uno Herkommen direkt piivtlegirt wäre. Flr den ehrenwerthesten Menschen, sowohl Mann wie Frau, wird selten ein Tag vergehen, an welchem er nicht ohne Be- denken eine Lüge ausspeicht. Würde man die Behauptung:Sie find ein Lügn.r!" sp-ziell an«inen Einzelnen richten, so würde dieS in den meisten Fällen eine Jnsurienklage nach fich ziehen, während doch tür eine solche Beschuldigung der Beweis der Wahrheit leicht zu erbringen wäre. Betrachten wir die v«r> Jcdtedenen E-entualiiäten beim Aussprechen dieser gesellschaftlichen lügen einmal näher. E« klingelt an der Koriidorthür. Der Ton di-ser Klingel dringt die furchtbarste Unruhe in der Häus' lichkeit hervor. Der Hausherr springt vom Schreibtisch auf. die Frau vom Hause, die Töchter, Alle stürzen aihemloS dem Diener, welcher öffnen witll entgegen und raunen diesem halb- laut zu:Ist*, ich bin nicht Hause!" Sollte Fräulein V drautzrn klingeln, so bin ich vor zehn Mi< nuten auigtgangen!Ich habe auch das HauS verlaff-n. ich hatte einen nothwendigen Geschäftsgang!"-Sagen Sie ich würde es gewitz sehr bedauern, nicht dagewesen zu sein!" So flüstern alle zugleich durcheinander, indem ihre Bestchts. züge vor Aufregung fich dabei verzerren. Keiner hat den Much , einfach die Wahrheit zu sagen, der Mann, daß er nicht bei der Arbeit gestön sein will, die Damen, weil fie ein einfaches Hauikletd tragen, in welchem fie fich nicht vor Fremden sehen saffen«ollen. Mit solchen Unwahrheiten wird der draußen Stehende abgewiesen. Aber damit ist es keineswegs genug. die Lüoe wird noch verschärft. Wenn man einige Tage darauf Herrn X oder Fräulein N begegnet, werden dieselben mit heuch. lerischem Bedauern angesprochen, mit Händedrücken, Umarmun. gen, wohl gar mit Küffen regalirt:Sic waren vorgestern bei mir, ach, wie leid hat es mir gethan, daß dies vergebens geschah. Kaum fünf Minuten kann ich fort gewesen sein: ich Uundere mich nur, daß wir uns damals nicht noch in unserer Straße begegnet find!" Da, verbindliche Lächeln de» Ange- redeten ist auch eine gesellschaftliche Lüge. Er weiß, daß alle», was ihm gesagt wird, unw ihr ist, aber Gebrauch und Sitte erheischen, auf diese unwahren Verficherungen in gleicher Weise einzugehen und so belügen fich Beide in wahrhast rührender Uederein- stimmung. Dieselbe Lügenhaftigkeit kommt bei den meisten fest» lichen Einladungen vor. Viele derselben werden nicht ernsthaft gemeint, sondern nur auS Zwang und gesellschaftlicher Rück- fichtnahme erlaffen. Der Gastgeber athmet auf, wenn gewiffe Personen absagen, und anderseits find viele abschlägliche Ant- «orten durchaus unwahr motivirt. Der Eine fürchtet fich, zu langwellen, der Zweite scheut die Kosten einer Revanche, noch Andere besttzen nach ihrer Anficht nicht hinreichend elegante Toilette, um nach Wunsch glänzen zu können. Aber Nie- mand entschuldigt sein« Absage mit wahren Gründen. Alle schützen Unwohlsein, heftige Körperleiden vor, um ihre ab- schlägliche Antwort tu motiviren und gesellschaftlich nicht anzu- stoßen. Und wieviel, und waS Alle», wird nun erst von jenen zusammengefabelt, welche in solchm Gesellschaften erscheinen! Einer überbietet den Anderen im Renommiren. Alle er» gehen fich in unwahren Schmeicheleien gegen den Gastgeber und Alles,«aS zu dessen Familie gehört. Die Kinder deS Hauses gleichen kleinen Pavianen, find vorlaut und zudring­lich, aber fie werden reizend gefunden, auf den Sckooß ge­nommen, geliedkost, für Wunderkinder erklärt. Die Schwester der Hausfrau, eine mondscheinschwärmende Jungfrau, welche die Rosen mindesten« schon vierzig Mal blühen sah, glaubt Nicht oft genug verblümt darauf anspielen zu tönnen, daß fie noch halbe Anwartschaft auf Flügelkleider habe. Die karmin- gefärbten Lippen lieblich spitzend, frägt fie ihren Nachbar:Das Aussehen täuscht recht oft! Wie alt z. B. hatten Sie mich, mein Hin?" In Anbetracht ihrer schön angemattm Wangen Irr«sie schrislsiellmsche Urrsuch eil« UMKiad«. Von Elise Grimpe. Mit rasender Schvelligkest fliegt da» Schiffchen, geworfen '' von kundiger Hand. Fieberhaft glänzen die große« blauen le% Augen de« Weber», und fieberhaft arbeitet und gährt es rastlos hinter seiner hohen fteien Stirn. Kühn rrngt sei« Geist mit großartige« Stoffe«, die ihm sei» warmes, tiefe« Gemüth in Füll« bietet. Kaum kann er die ans ihn ei». stürmend-» Gedanken bewältige«. Da« Her, klopft, die Pulse fliege», aufgeregter glänzt sei« Auge und jetzt formen fich im Geiste schöne Sätze. Er kann nicht ander«, er ver- läßt de» Webstuhl, eilt an ei« Trschche«, greift«ach Feder und Tinte und schreibt. Er schreibt und finnt dann schreibt er wieder; wa« fragt er dabei nach Grammatik, wa« «ach Satzbau? Zn leidenschaftlichen Worte« giebt er seine« ungestüme« Gefühle» Ausdruck. Nu« find sein« Gedanke« in beredte« Buchstaben auf dem Papier gefeffelt, und seine Augen überfliegt»«och einmal da« Geschriebene. Aber er kann fich«och nicht zu­frieden gebe», er muß auch wiffe», wie sei» Werk auf Andere wirkt. Die Andere« find zwar nur sei» gute« treue« Mütterchen, wtlche« ledoch seinen Sohn wohl »ersteht._. Und er liest ihr mit erregter Stimm« vor. Zetzt ist er an«in« Stelle angelangt, wo er in hinreißenden Worten da« tief empfundene Leid der Armuth malt. Sei« warme« Herz fühlt da« Geschilderte doppelt--- die Stimme zittert--- Shtänen fallen auf da» Blatt. Beschämt bedeckt er sei» Antl'tz. Leise fährt die Hand der tteuen, verfländvißvollcn Mutter liebkosend durch seine blonde« Haare und streichelt die brennende« Wange«, während ei» freudiger Stolz au« ihre» Auge» leuchtet.»Du mußt da« drucken laffe«, mein Sohn," sagte fie dabei halblaut mit be- wegter Stimme. Die arme Frau hatte»och«« eine solche Sprache gehört. Z» solch lebendiger wahrheitSgetteuer Weise hatte wohl«och Niemand die Roth und da« Elend der Nach» und der trügerischen Kerzenbeleuchtung glaubt fie diese Frage ruhig stellin zu können. Wa« würde wobl nun darau» werden, wenn der Gefragte die Wahrheit sagen wollte ¥ Alle Welt würde Z-ter schreien, raß er nicht die gesellschaftlichen Lügen, die erwartet wurden, mir einem beschicken Anstrich von wahrer Uedcrzeugung vorbrachte!Wie alt meine Gnädigste? und derjenige, welcher gesellschaftlich zu lügen nicht verschmähi. wird erwidern.rathe ich nicht zu hoch, wenn ich detnahe die Mitte der Zwanzig annehme?"Sie find al» Physsognom ein Meist«", lächelt die vterzigjährtae Schöne,im nächsten Herbst werde ich fünfundzwanzig Jahr!" Der galante Münchhausen verneigt fich und dentt dabei im Stillen: Fünfundzwanzig Jahre! Da« find Kilojahre, die rechnen doppelt, da gehen immer zwei auf eins! Beim Verlaffen ein« solchen GeseUschast regnet e« soziale Lügen, denn jeder sucht nach DanleSworten im Supnlatio für den so genußreich ver- brachten Abend, wenn er auch Angstschweiß geschwitzt hat bei d«n genossenen Klavierkonzerten drr Familienmitglieder de« Gastgeber», und seine Kehle zusammengezogen wurde bei dem Genuß de» kredenzten DreimanneiweinS, weicher seinen Namen mit Ehren trägt, weil drei Männer eigentlich dazu gehören, um dm zu halten, der trinken muß. Und nun erst die sozialen kleinen und großen Lügen im Staatsdienst!AuS G-sundheitSrückstchten wird der Herr Gene- ral v. Ä. zur DiSpostlion gestellt, au« Gesundheitsrücksichten wird der Hnr Wirtliche Geheimrcth T. v« fionirt, aus Gesund­heitsrücksichten wird der Herr Oderlehr'i R. au« der Restdenz in ein« Provinzialstadt versetzt. Kein Arzt der Welt würde die Störungen dieser betreffenden Gesundheiten wohl je lmiren können, denn die Entfernung au« GesundheitSrückstchten dies« Herren markirt nur, daß fie an maßgebender Stelle mißliebig geworden find. Ei ist nichtopportun", die Wahrheit zuzu- gestehen, man spricht lieberdurch die Blume", da« duftet besser. Von den Erlassen im Altenstyl führt eine Gedanken- drücke zu den Briefen. Wie wenig aufrichtig und ernst find die Ueberschriften und Anreden in den Briefen gemeint!Mein Hochvnehrt«!" wird an Jemand geschrieben, d« auch nicht die leiseste Verehrung verdient, undMeine Gnädigste" wird eine F au brieflich angeredet, die al« äußerst ungnädig bekannt ist. Und nun erst die unfinnigen, unwahren Unterschriften d« Briefe!Ihr ganz«geben««, Ihr unterthäntgst«, Ew. Hoch- wohlgeboren in äußerst« Devotion ersterbender", ist da« etwa« Ändere« al« geschriebene Lüge? D« Briefschreib« würde fich bedanken, wenn er diese in einem Briefe einem Anderen, oder fich selbst beigelegten Prädikate tbatsächlich vertreten und nach dem lügnerischen Wortlaut dieser Prädikate handeln sollte. Er würde e« höchlichst übel nehmen, wenn der Brtefempjäng« von ihm einen Beweis sein« Ergebenheit oder gar eine unter- tbänige Haltung beanspruchen würde, trotzdem er dieS Alle« ihm brieflich, schwarz auf weiß, klar nnd deutlich oerstch«t hatte. Lügen, nichts wie soziale Lügen l Auch die rothen Zettel mit d« Aufschrift:Ausverkauf", an den Schaufenstern viel« Läden in großen und kleinen Städten find Lügen, nur gemacht, um einfältige und vertrauensselige Käufer in den Laden zu locken, ein Gebahren, ebenso lügnerisch wie die in die Augen fallende große Zwei, welche als scheinbarer Kaufpreis an die Waare ge- heftet ist, um bei dem Publikum die fälschliche Voraussetzung zu er- wecken, daß d« det, essende Artikel nur zwei Thaler koste. Betritt Jemand den Laden und wünscht die bezeichnete Waare für zwei Thaler zu kaufen, so wird ihm jetzt die Marke mit d« großen 2 nahe vor die Augen gebracht. Er ficht nun hinter der 2 noch ein verschwindend kleine», kaum fichtbares»/ stkh-n. Für die scheinbar mit 2 Thalern verkäufiich fignirte Waare wird jetzt 2'/, Thaler verlangt. ES war eine lügne- rische Machination, um den Käufer in den Laden zu locken, in der Vorauksetzung, daß, wenn d«selbe fich erst in dem V« kaufsgewölde befände, er fich durch falschen Ehrgeizund durch Furcht vor Aufsehen verletten lassen würde, eine Waare über ihren Preis zu kaufm, oder doch mindestens mehr Geld auizu- geben, ali er fich ursprünglich vorgenommen hatte. Die heutige gesellschaftliche wie geschäftliche Welt huldigt in Allem dem Grundsa»«, daß die Sprache nur vorhanden ist und gebraucht wird, um die Gedanken zu««hüllen. Die Wahrheit will Niemand hören, weil fie Fehler, schwache Seiten, Last« auf- deckt, und da alle Menschen, mehr oder weniger, mit Fehlern und schwachen Seiten behaftet find, so scheuen fie fich, die Wahrheit zu vernehmen, weil fie fürchten, durch dieselbe kam- bar», ja, da« eigene Weh geschaut und in Worte zu faffe« gesucht, wie ihr Sohn jetzt that.-- So schriftstellerte der Weber lange und beschrieb Blatt auf Blatt. Mochte darum da« dürftige Mahl täglich«och kärglicher ausfalle«,« und fein Mütterchen klagte« doch niemals.Es ist seine Bestimmung," betet« oft mit gefaltete» Hände» und stiller Ergebung die gute, alte Frau, wev« die Noth sie zu fühlbar drückte.»Seine Bestimmung", flüsterte ste traumumfange«, wenn sie mitte» in d« Nacht erwachte und ihre» Sohn noch wach üb« da» Tischchen gebeugt, od« tn da» flackernde Flämmche« d« kleine« Oellampe starre« sah. War e« wirklich Bestimmung, die den junge» Web« trieb, seine Gefühle und Anschauungen zu Papier zu bringen? Bestimmung, die ihn trieb, tief hinemzubltcken in da« Weh und Leid, da« ihn umgab, welche« au« jeder kleinen Nachbarhütte laut und klagend, wen« auch wortlo«, in fein H«z drang. Ha, wie da« wühtte und kochte, bohrte und schm«zte, wen» « an seinem geistigen Auge die Bilder de« Glend« vorüber ziehen ließ. Wen» fich nicht» regte und bewegte und nur au« snner gefolterten Brust sich schwer d« Athem rang, dann dann dachte«, wie er wohl helfe«, wie« eine« Weg au« diesem unendliche« Zammer finden oder wenig- sten« suche« könne.Et muß eine Rettung, eine Erlösung kommen, die ua« von dies« Qual, von diesem Druck be­freit, d« auf un» lastet," rief e« unaufhörlich in seinem Jnnttv. Und plötzlich fällt e« wie ein Lichtstrahl in sein gemartertes Hirn, ein« edle Begeisterung flammt au« feine» klare«, ausdrucksvolle» Auge«; et glaubte den richtigen Weg, auf dem Hilfe kommen kann, gefunden zu habe». Voller Feuereifer ergrefft« die Fed«, und langsam, mit ungeübt« Hand schreibt et oft bis der Morgen graut. So treibt et ei Wochen, Monate lang, feiner eigenen Sorge« nicht achtend, seitdem ihn die trostlose Lage d« Gesammt- heil«amenlo» tief ergriffe« hat.-- Endlich hat« da« ansehnliche Manuskript f«ttg,«ach seiner Meinung da« Mittel, welche« Rettung au« Roth und Elend enthält. Vor allen Dingen will er damit seine LeidevSgenoffen aufrütteln, die durch täglich« Entbehrungen geschwächt, in dumpfer Lethargie v«sunke« und widerstand«- lo» da« Elend üb« sich«gehe« lasse«. Voll stolz« Freude promittirt zu werden. Die Unglücklichen ad« welche in ihr« urp attischen Ehrlichkeit und ihrem stolzen RechtlichkeitSgefühl die Wahrheit rücksichtslos zu sagen wagen, werden zu Lügnern gestempelt, um davurch für die wurmstichigen Seelen, welche etwa« zu ondergen haben, unschädlich gemacht zu werden. In engst« Verbindung mit der Gesellschaft steht die Mode, und welche Abweichung von der Wahrheit der Natur haben wir hier bei den Kleiderformen zu regtstriren l Die watttrten Schultern und die gefärbten Bärte der Herren, die Frisuren und die angeschnallten Sattettournü''en der Damen, wa« find fie? Nichts al« eineVo fpiegelung falsch« Thatsachen, nicht« al« Lügen, soziale Lügen," und gewiß nicht die kleinsten. Ehre Demjenigen, welcher fich in dieser Welt von Lüge zu behaupten versteht und dreifache Ehre Dem, der, trotz des Bewußtsein« von dem Regiment ver Lüge, dennoch den Muth hat, die Wahr- heit zu sagen. Der Gemeindekirchenrath von Et. Georg läßt soeben im Wege der Zwangsvollstreckung einem Nachbarn 42 Fenst« eine« bewohnten Hausei zumauern. Ein Fall wie dies« ist in Berlin noch niemal« dagewesen. Der alte Georgenktrchhof am Neuen Königstbor läuft in der Friedenstraße tn einen spitzen Winkel au«. Gerade auf der Grenze de« Friedhofe « in der Richtung nach der H ineridorferstraße ist eine neue Straße projektirt, welche bereit« im Jahre 1872 mit kaiserlicher Ge­nehmigung in den Bedauungipian der Stadt Berlin aufge« nommen worden ist. Da« an dieser projeltirten Straße dezw. an der Grenze de« Friedhof« belegene Rachbargrurrdstück bildet demnach eine stumpft Ecke. Auf diesem Grundstück«baute in den Jahren 1332/83 der Etaenthümer Schwenterlry drei Häuf«, die jetzt die Nummern Fliedenstraße 97, 98 und 99 führen. Nr. 97 ist als Eckhau««baut worden, liegt genau tn der Baufluchtlinie der projeltirten Straße und»war nach dies« Sette mit 7 Fenster Front, tn 6 Etagen also 42 Fenster. Vor dies« Front liegt nun, ein« Nadelspitze ähnlich, ein Zipfel de» Kirchhof« in G'stalt eine« spitzen Dreieck», dessen beide Längtsetlen etwa 50 Fuß lang find, während die schmale Seite genau 17 Fuß mißt. Al« He« Schwenterley die Zeich- nung zu diesem Hause bei den städtischen und poltzetiichen Baubehörden einreichte, war er 17 Fuß von der Grenze de» Kirchhof« zurückgeblieben, um so die Berechtigung zu haben» Fenster nach d« KirchhofSieite anbringen zu tönnen. Die Bau» polizei gab ihm ab« den Rath, den ersten Bauplan zurück»»- ziehen, da» Hau « an die Grenze heranzurücken und eine dies­bezüglich umg arbeitete neue Zeichnung einzureichen, weil sonst die ganze Baufluchtlinie der projeltirten neuen Straße geftöit würde. He« Schwenterlcy folgte diesem Rathe, der neue Bau- plan wurde ebenso von der städtischen wie von der polizet- lichen Baudehörde genehmigt und d« Bau begann. Ohne jed« wede Störung wurde d« Bau zu Ende geführt und va« Hau « in allen Tb-ilen vermiethet Jetzt plötzlich kam der Kirchenrath mit einem Protest gegen die nach dem FrtedhofSzipfel führenden Fenst« h«au«, e« entstand ein Prozeß, der für den Besttzer de« Hause« in erster Instanz verloren ging. Natürlich wurde der ganze Instanzen, ug erschöpft, nachdem ab« der Prozeß seit dem Jahre 1883 gedauert hat, ist derselbe vor ganz kurzem de- finitto zu Ungunsten de« Besttzer« und zu Gunsten der G-orgen- gemeinde entschieden worden. Ebenso lange wie der Prozeß haben auch VngleichSoerhandlungen zwischen den Parteien ge« schwebt. Zuerst erbot fich der Besttzer de« Hause«, für die Fenster einm Kanon an die Ktrchengemeinde zu entrichten und diesen Kanon auf sein Hau» eintragen zu lasten, da« wurde abgelehnt. Dann erbot fich Herr Schwmterl.y, den vor dm MUKURZW an die armen Töchtergemeinden von St. Georg, die Et. Bot» tholomäu»- und die Markusgemeinde je 3000 Mark zu zahlen. Alle» umsonst der Kirchenrath von St. Georg bestand auf seinem Schein und besteht noch heute darauf. Al« da« Urtheil rechttkräittg wurde, kündigte He« S. wegennothwen- dig« baultcher Veränderungen" seinen sämmtlichen Mtethem zum 1 Oktober, aber der Kirchenrath lehnte ad, die Fenster dt» zu diesem Zeitpuntte zu belassen, hat vielmehr unter Zuziehung eine« G«tchtSvoll,ieher» auf Kosten de« Verurtheilten ein Ge- rüst anbringen und mit dem Vermaunn der Fenster beginnen hebt und senkt fich seine Brust beim Anblick der beschriebene» Blätt«.ES ist mir gelungen," jauchzt« triumphirend in 'hm.Ich habe de» Weg, der un« Alle zum Glück führe» kann, gefunden I--- Doch jetzt, al«« fich mit dem Manuskript, an welche« « die kühnsten Hoffaunge» knüpft, auf dem Wege zur Stadt befindet, beschleicht rha ein ängstlich«, nie empfunden« Klei«, muth.Werde ich auch edle Menschen finden, die meine Arbeit«»«kennen, mir hilfreiche Hand biete« werden?" fragt er sich zweifelnd. Dm» daß er wohlgeborgm unter seinem Rock ei» W«k von größter Bedeutung trägt, darüber waltet bei ihm kein Zweifel.Ab« werde« die Herren auch meine Arbeit aufnehmen?---" Von quälend« Ungewißheit gefoltert, steht« endlich «ach vielem Frage« und langem Suchen vor d« Thür de» Redakteur» de« Pcovinzialblatte«. Da« H«z klopft ihm fast hörbar, leise klopft er.... O, welch herbe Enttäuschung! Wie war er nur wird« auf die Straße in da« Mensche«, gewühl gekomme«, da« ihn jetzt wie höhnend umtost? Er weiß e« nicht. In seinen Ohre» klingt noch immer der sarkastische Spott, mit welchem man ihm die Thür gewiesen. Wie sagte doch der dunkelbärttge barsche Man» zu ihm? »Ihre Arbeit ist absolut unbrauchbar, und e« wäre gut, wen« Sie erst Unterricht in der Grammatik nehme« würde«, ehe Sie fich anmaße«, Andere zu belehrm." Unbewußt ballt« die Fäuste und knirscht mit de« Zähne».W« soll un« denn be, lehrm?»« fühlt mit un« und wer denkt daran, un« zu helfe», unsere Lage«träglicher zu mache»? Wer kann da« überhaupt besser deutlicher thun. al« wir selbst?" Und tmm« bitterer wird sei« Groll.Und demH«rn da obm" zum Trotz sollm meine Leiden«genossm lesen, wa« ich für fie geschrieben, und»a« wir zu thun haben, um da»«drückende Joch vo» un« abzuschütteln," murmelte et fiaster. Und wieder fragt und sucht er, dann tritt er endlich bei einem V«lag»buchhS»dl« ei«. Wen«« auch hi« wenig« schroff behandelt wird, so geht e» doch mit der gleichen Au«fichi «lofigkeit vo« danne», denn hi« heißt e«: Haben Sie Geld." Warum fordert der Man» vo« ihm Geld? Sein Blut, sei« Lebe« will er gerne und freudig zur Lind«u«g de» Elends hingebe«, welche««hier in diesen