bat mich als eine ganz infame, nichtswürdige Person hingestellt. So wundere mich darüber nicht, denn das muß er von seinem Standpunkt aus." In ihren weiteren Ausfüh ungen fuchte natürlich die Müller barzuthun, daß fie gar nicht nichtswürdig fei. Der Gerichtshof trat bett ffs der rechtlichen Beurtheilung ber einzelnen Anklagepunkte dem Staatsanwalt durchweg bei. Wegen der Betrügereten und wegen Wuchers in awet Fällen erfannte er auf eine Gefängnisstrafe von drei Jahren und auf eine Geldstrafe von 300 R., wegen der Uebertretung auf eine Gloftrafe von 30 M. Die Müller nahm das Erlenninis sehr gelaffen hin. Ein als Beuge geladener Wild prethändler, der nicht erschienen war und dies schriftlich durch das Bemerken begründet hatte, daß er 350 Eis- Abonnenten habe, wurde, nachdem ihn der Gerichtsbiener auf Befebl des Vorftgenden eftelli", wegen Unbotmäßigkeit zu einer Dronungsstrafe von 20 Mt. verurtheilt.
Soziales und Arbeiterbewegung.
Der Marimalarbeitstag und die Arbeiterschutzgesek gebung überhaupt wird in Desterreich noch immer sehr bäufig umgangen, was gewiß nicht au verwundern ist, da von 348 700 gewerblichen Betrieben 1885 nur 2661, also acht vom Tausend, noch nicht ein Prozent, von den Inspektoren besucht werden konnten. Da erfahren wir beispielsweise, daß in der gefammten Textilinduft: ie zwölf Stund: n gearbeitet wird, länger als elf bezw. zwölf Stunden in den Wallen, Glasschleiferelen und Flachsspinnereien Nordoftböhmens, in den Rattundrudereien, Kunfimühlen und Seldenspinnereien Tirols und Vorarlbergs , länger als breizehn und zwar bis achtzehn Stunden täglich in den Schafwollspinnereien Nordostböhmens, in Glasfabriken Nordwestböhmens, in galisischen Sägewerten ac.; länger als achtzehn Stunden täglich in Prager Mühlen( fogar 24 bis 30 Stunden!!), in den Kunfimühlen von Südböhmen , Etelermait und Krain , von den Heizern der Kallöfen und Gasanfalten( 24 Stunden!) in Defterreich ob und unter der Ens c. Nach einem anderen Berichte geben in einzelnen Fabriken Wiens nahezu ausschließlich weibliche und zwar jugendliche Hilfsarbeiter fofort nach eingenommener Mahlzeit wieder zur Arbeit, abelten sogar mitunter während tes Effens um nur so viel als möglich fertig zu bringen, und folglich mit nur furgen Unterbrechungen zwölf Stunden täglich, und es ist nicht zu verwundern, daß fie mit wenigen Musnahmen bleich und fräntlich aussehen." Sehr zahlreiche Uebertretungen gegen das Verbot ber Sonntagsarbeit tonftatirt der Inspektor für Mähren . In nicht wenigen Fällen"- fagt der nordoftböhmische Inspektor ftanden in der Textil branche, namentlich in den Spinnereien, Rinder von 11 bis 13 Jahren in sdwerer, ihren rbykichen Riäften nicht ent fprechender Arbeit." In den Glashütten der Bukowina wur ben Rinder unter zehn Jahren, in einem Etablissement fogar ein fünfjähriges beschäftigt. Die offistöse Leips. Big." be rust diese Thatsachen merkwürdigerweise, um gesen den Nor malarbeitstag und den gefeßlichen Arbeiterschutz Slimmung zu machen. Ja, glaubt denn des fäc fische Blatt etwa, die Ar beiterschußgefeßgebung Defterreichs habe die obenerwähnte Ar bei überbürbung geschaffen? Liese bestand doch vor der Ein führung des Normalarbeitstages erst recht, und wenn sie heute noch nicht in bie turch Geses beftimmten Grenzen jurudge diängt ift, so liegt dies nur in der erwähnten mangelhaften Ausführung der gefeglichen Bestimmungen. Blätter vom Schlage der Leips. Sig." finden freilich unter allen Umständen Gründe gegen die gefürchtete Einschränkung der tapitalistischen Aus nubung der Arbeitskraft. Jft die Arbeitszeit fur, tann be weisen fie uns, daß der Normalarbeitstag unnüt is, und ist fie lang, so werden wir wiederum belehrt, daß der Normalarbeitstag unmöglich sei. Der langen Rede furzer Sinn ist immer, daß das Kapital fich leine Fiffeln gefallen laffen will.
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Die englischen Gewerkschaften. In bull wurde der Sabres Kongreß der englischen Trades Unions eröffnet. Der Profident des parlamentarischen Ausscuffs, Mardsley eöffnete die Bethard: ungen mit einer Ansprache über die Nir beiterfrage, im Verlaufe welcher er die vorherrschende Ar beitslosiglett hauptsächlich dem Umstand aufchrieb, daß bie Arbeitszeit eine zu lange fet, daher zu wenig Leute be fchäftigt seien.
Italien als Weinland. In Halienischen Journalen wird auf Grund statistischer Daten die Behauptung aufgeftellt, Die Fruchtbarkeit der italienischen Reben überfteige bereits die ber franzöflichen und spanischen. Stalien, fagt man, sei be ftimmt, bas größte Produktionsgebiet Europas zu weiben, Denn die Weinfultur nehme von Tag zu Tag zu, Tausende und Zausende S.ltaren von fällbarem Wald und weite Weide gebiete werden zu Weinland umgewandet. Italien führe maff: nweise Wein und Weinmofte aus, und diese bilden einen Hauptexportartilel. Nach der der Frankf. Stg." für die ein zelnen Provinzen vorliegenden ftatistischen Daten brachte bie abfolut größte Quantität Eizilien hervor, nämlich 4% Mill. .toliter, am absolut wenigften Sardinien , 450 000 Selto. liter. In Sizilien waren 210 000 Hettaren Landes mit Wein bebaut, in Sardinien 24 000- in Sizilien entfallen demnach ungefähr 20, in Sardinien 18 hektoliter auf die Heftare. Am relativ wenigfien produsi: te Beneften, wo faum 11 hektoliter auf die: llare tamen. Am relatio meiften Piemont, mit 23 hektoliter per Heliare. Im ganzen gab es nach diesem legten Ausweise 1930 000 hektaren Weinlandes in Jtallen, Es wurden im ganzen produzitt 27% Millionen Hektoliter, Durchschnittlich lommen demnach ungefähr 14 hektoliter auf die Settare.
Arbeitsnachweis für Stellmacher in Dresden . Die Kommiffion der Dredderer Stellmachergesellen für Arbett nachweis macht jest bekannt, daß fie vom 1. Eeptember d. J. ab in Bäger's Restauration, Balmstraße 8L, einen Gesellen verkehr mit Arbeitsnachweis und Ünterfiügung reisender Kollegen eröffnet bat und an alle Durchreifenden das Ersuchen ftellt, die neue Heberge fleißig benugen zu wollen. Alle arbeiterfreundlichen Blatter werden um Abdiud dieser Bekannt machung gebeten.
Den Bildhauern Berlins zur Nachricht, daß in Folge Lohndifferenzen 13 Kollegen der Werkstatt des Herrn Küfhaber in Magdeburg die Arbeit niedergelegt haben. Es wird drin gend gebeten, den Bujug nach dort fern zu halten. Der Vors ftand des Gaunereins Berliner Bildhauer.
Vereine und Versammlungen.
Der Fachverein der Tischler bielt am Sonnabend, ben 4. September, in Jordan's Salon, Neue Grünftraße 28, eine Generalversammlung ab. Beim ersten Gegenstand der Tages ordnung: Beschlußfaffung über die Einziehung der ausge gebenen ftaliftischen Fregebogen" fand eine lebhafte Distuifion fatt, in der von verschiedenen Rednern auf die itigen sabledten Lohnverhältniffe im Berliner Tischler gewerbe binge wiesen und bedauert wurde, daß trop der gefunlenen Löhne Der größte Theil der Berliner Tischler fich fo indifferent der Drganisation gegenüber verhalte. Biele Kollegen liegen bis vom Verein vor längerer Beit ausgegebenen Fragebogen. Die einen llaren Ueberblick der Lohn- und Arbelisverhältniffe er
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und sodann mit der Feststellung des Resultats der Erhebung zu beginnen. Alsdann gelangte die abrilo: dnung der Möbelfabri! von J. C. Pfaff zur Besprechung. Dafelbft arbeiten gegen 130 Tischler, von denen ein großer Theil Fachvereinsmit glieber find. Vor kurzer Zeit war ein Kollege dafelbft in Arbeit ge freten, welchem, nad dem er dort einen halben Tag gearbeitet hatte, eine Fabrilordnung" vorgelegt wurde, die der Kollege nicht unterschrieb, weil dieselbe Rechte, welche dem Arbelter nach der Gewerbeordnung zustehen, nehmen würde. Der Kollege wurde delhalb entlassen und nach ihm ein anderes Fachvereins mitglied, weil daffelde fich für den entlaffenen Kollegen eins gelegt hatte. Dem julegt entlaffenen Mitgliede, Herrn Mains, war die Fabrilordnung" in die Hände gelommen und legte derselbe dieses Machweit der Versammlung vor. Bether theilte Redner sum befferen Verständniß noch mit, daß das System Der größtmöglichen Außnügung der Arbeitsfraft in betreffender Fabril in höchster Blüthe fiche. Jeder Werkstatt ftebe ein Meister vor, der von der gelieferten Arbeit feine Prozente siebe, ebenso, führte Redner weiter aus, erhielten die 8u idneider Brogente bewilligt. Herr Mains vetlas bierauf die Fabrikordnung". Die ersten Paragraphen derselben segen bie Arbeitszeit feft und enthalten Vorschriften für das Ber halten der Arbeiter, natürlich in der ziemlich einschränkendsten Weise. Beim§ 4 Abs. 2 beginnt jedoch der Theil, der den ganzen Widerst ind der Kollegen herausforderte. Daselbst beißt es: Wer von dem Werfmeister sein Hols und Material empfangen bat, ist voll und ganz verantwortlich und wird ihm der Kostenpreis des fehlenden Materials abgezogen." Hier sei bemerkt, daß die Fabril den ganzen Tag über gefchloffen ist, au Mittag daß die Fabrik den ganzen Tag über geschloffen ist, au Mittag und Abend aber der Portier ger au aufpaßt, ob die Arbeiter etwas mit nach Hause nehmen. Es lann somit nicht das Kleinfte Stud Holz aus der Fabrit getragen werden, weil die Kontrole aufs peinlichfte geübt wird. Welter heißt es in§ 5 Absatz 1: Koftgeld wird( wöchentlich) 18. gezahlt c. Asfat 2: Bel nicht fleißigem Arbeiten, sowie berumstehen in der WertBatt und bei unfauberer, schlechter, falscher oder langsamer Arbeit fann der Geselle jeden Tag aus dem Allord entlaffen werden und bekommt er dann nur ben Lohn von 3 M. pro Tag für Die Beit, die er gearbeitet hat. Durch diesen Baragraph ift der Gefelle dem Meister vollständig in die Hände gegeben. Ift der Geselle dem Meister misliebig und hat derfelbe us ficht, bet seinem Alford einen etwas besseren Verdienst zu er zielen, so farn die geringfte Kleinigkeit nach legerem Paragraph das Gerumstehen", vielleicht den Gesellen aus der Arbeit bringen, ohne daß er ein Recht auf Auszahlung seines Allords hätte; denn der bis dahin erzielte Mehrverbienft über 18 M. pro Woche fällt dem Meister zu. In den nachfolgenden Paragraphen Woche fällt dem Meister zu. In den nachfolgenden Paragraphen wird die vom Geset bestimmte Kündigung aufgehoben und das Rauchen in den Werkstellen verboten. Sämmtliche Redner, die zu dieser Fabrilordnung" sp: a hen, verurtheilten dieselbe ent fchieden und mit ihr das in der Fabrit herrschende Brozentsyftem, ba baffelbe nur geeignet sei, den Berdienst noch mehr zu veringern. Die Bersammlung brüdte ihre Mißbilligung über eine der artige Fabrifortnung" durch folgende, einstimmig anger om mene Resolution aus: Die beutige Bersammlung erklärt sich mit dem Bethalien des Mitgliedes, welches fich weigerte, bie neue Fabrikordnung in der Pfaff 'ichen Möbelfabrik zu unter schreiber, volllemmen einverstanden und erwartet, tak tein Sollten in anderes Vereinsmitglied dieselbe unterschreibt. Folge deffen Maßregelungen von Vereinsmitgliedern in der genannten Fabril vorlommen nnd den event. gemaßregelten Mitgliedern durch den Arbei snachweis des Vereins feine andere Arbeit nachgewiesen werden fönnen, so wird den be treffenden Mitgliedern, so lange bis ihren Arbeit nachgewiesen wird, aus der Vereinslaffe eine alsdann von der Generalver fammlung feftzufeßende Ünterflüßung gezablt."- Nach Er. lebigung einiger Fragen machte die Arbeits permittelungs tommifton noch bekannt, daß fie Sonntag, den 12 September, einen Ausflug nach Finlenirug unternehme, woju sämmtliche Vereinsmitglieder nebft Damen eingeladen find. Vereinsmitglieder nebft Damen eingeladen find. Abfahrt 9 Ubr 40 Min. vom Lehrter Bahnhof .
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Der Verein zur Wahrung der Intereffen der Kla bierarbeiter felett am Sonnabend den 11. September, im Elabliff: ment Sanssouci ", Rottbuserstr. 4a, feta IV. Stif tungsfeft. Entree:.rren 50 P, Damen 25 Pf. Anfang 8 Uhr. Billets find bei den Komilee. Mitgliedern Schaar, Reichenbergerftr. 125 of 11; Schmidt, Wrangelfir. 127 poin im Reller; Cabr, Lübbene: str. 13; Lemle, Reichenbergerstr. 171; Halfter, Arndtfit. 1, fowie bei Stramm, Stal perftr. 18; Gödi, Halfter, Arndtstr. 1, sowie bei Stramm, Stal gerfir. 18; Gördi, Admiralftr. 40a; Kabbaz, Wienerftr. 50 und C. Pfister, Wal demarstr. 61 zu haben.
Gewerkschaft der Metallarbeiter Berlins und Um gegend. Mitgliederversammlung Sonntag, den 12. September, Vormittags 10%, Ub, im Wedding Part, Mollerstraße 178. Tagekordnung: 1. Bortrag über das Unfallversicherungsgefet. Referent Herr Oslar Krohm. 2. Dislusfion. 3. Verschiedenes und Fragelaften. Der Vorstand ersucht alle Metallarbeiter, in tiefer Versammlung zu erscheinen. Neue Mitglieder werden aufgenommen.
Rauchflub Westend" Freitag, Abends 9 Uhr, im Hohenzollerngarten, Stegligerstr. 27.
Vermischtes.
Bom Rhein her bläft ein böser Wind", mödie man frei nach Scheffel fingen beim Lesen eines Berichts aus Defirich, welchen der Rhein . Rour." enthält. Der rheinische Wisper wind", deffen aufklärendes Walten einst Freiligiath gerühmt, ift wenigftens in der unglaublichen Hiftorie feineswegs zu spüren. Biebt's da ein luftiges Lied vom feligen Rheingauer Dichter Bernhard Schols, der ein braver Raibolit und ein fröhlicher Freund des Weins war, eine Vereinigung, die am Rheine ja nicht selten ift und die er d'rum auch in diesem Lied den Mönchen von Johannisberg" nachgerühmt hat.
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,, Die Mönche von Johannisberg Die liebten Glas und Teller, Des Klosters Kirchlein war nur flein, Doch groß des Rosters Keller. Sie gegen beffer'n Wein für fich Als je ein Erbenfönig Sie beteten tabel nicht viel, Doch tranten fie nicht wenig. Die Mörche von Johannisberg, Die faßen felten iroden; Die sogen an den Käfern mehr, Als wie an ihren Gloden. An ihrem Keller ging die Thür, Dhn' daß die Angeln gellten; Das Thor der Kirche Inarrte sehr Doch hörten fie's nur selten."-
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vereins( Klett ist der Name des Unglüdlichen) erhielt geflern folgendes Schreiben, das gewig in weiten Rreifen mit Interf gelesen werden wird: Bürgermeisterei Deftrich, 6. Sept. 1886. Am 2. September, Abends gegen 10%, Uhr, bat der in der Wirthschaft der Frau Winkel Wwe. tagende Männergefang Derein in ärgernigerregender Weise Lieder gesungen, welche geeignet waren, eine seither bestandene Religionsgesellschaft wie ihre Diener und ihre Einrichtungen zu beschimpfen, Berg hen gegen Paragraphen 134 des Reichsstrafgesetzbuchs. Auf Grund Deffen werden Sie aufgefordert, als Direktor und Leiter des Vereins fich in dieser Weise über die Art und Weise des Ver gebens fich innerhalb 2 Tagen bei mir zu verantworten, im entgegengesetten Falle ich unverzüglich die Sache Königlichem Landrathsamte und Königl. Staatsanwaltschaft zur Anzeige bringe, was die sofortige Auflösung des Vereins zur Folge Eat. Der Bürgermeister B." Wenn folche Dinge am Rhein Mode werden follien, dürfte die poetische Warnung„ Geb' nicht an den Rhein !" demnächst eine recht unangenehm röfliche Bedeutung bekommen.
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Unsere Geselligkeit. Jüngst bellagte fich der Dichter Björnson über die unzwadmäßigen Formen des geselligen Ver febrs in Norwegen . Dies giebt einer deutschen Dame Anlay, in der Wiener Allg. Stg." über deutsche Geselligkeit ein Mahn wort zu veröffentlichen. Wenn irgendwo Wenn irgendwo fo schreibt die Dame- so hat gerade bei uns die Unfitte Blas gegriffen, daß bei jeder geselligen Busammenkunft die weitgehendsten Ans fprüche an Küche und Keller gefiellt werden. Und diese n Sprüche wachsen von Jihr zu Jahr derart, daß Leule in bürger lichen Verhältniffen faum mehr im Stande find, thre Freunde bei fich zu sehen. Unter schn Gesellschaften zerfallen neun in zwei Hälften. In der eiften wird gegeffen und getrunken, in ber zweiten Ratten gespielt. Wer leinen Straußenmagen bat und nicht spielen lann oder mag, dem steht es meistens frei, fich vor Langeweile aufzubenten. Die furze Zeit vor dem Essen und zwischen diesem und dem Spiele who wehmüthly absolvirt wie etwas äußerst Trauriges, tas fich eben nicht vermeiden läßt. Ewaige fünftlerische Broduktionen gelten als eine Art Thies quäleret. Man beobachte nur, wie während derselben die an wesenden Herren fich langweilen, mühsam das Bähnen unter brüden, oder ironisch in fich hineinlächeln, um nach Schluß jeber Nummer wie auf Befehl au applaudiren. Ein längeres Ge spräch ift verpönt. Die Kunft des Konveficens geht verloren -wer es wagt, eine Jeee in die Versammlung zu werfen, wird angeftaunt wie eine unsivilifirte Bestie, die gezähmt wer ben muß Früher lub man etliche Belannte ein, um fich und ihnen ein Vergnügen zu bereiten. cute hat der Mittel ftand bis in seine bescheidensten Winkel den Ehrgeiz, ein Haus" zu machen( eigentlich ein Gasthaus), einen jour" abzuhalten, und je mehr Leute auf einem solchen erscheinen, für besto voller gilt der erfochtene Sleg. Man wünscht, daß Menschen, die man halbwegs tennt, möglichst viele Menschen mitbringen, bie man gar nicht fennt je mehr, desto besser. Man rühmt sich mit Bablen; die Hausfrau, die an ihrem" legten Montag neun zehn Bersonen bet fich vereinigt hat, beneldet diejenige, die an ihrem" Dienstag auf zwanzig gebracht hat. Ein jour, bei welchem ein Theil der Erschienenen aus Mangel an Bla ftehen mußte, bildet das Biel des modernen Ehrgeizes. Ein paar Freunde su sih bitten, ihnen schlecht oder recht etwas Dorfezen- pful, wer wird fo gemein sein! Man, empfänat", man bat einen Tag", man schleppt ein Kunterbunt von G ftalten zusammen, benen man aufällig irgendwo tegegnet ift, und da es nie an Menschenfreunden fehlt, welche über müßige Stunden verfügen und aus Gefälligleit einige gung au fic nehmen bereit sind, lann in der Regel den Empfangsfüchtigen geholfen werden. Der eigentliche Salon", die freunds lide Plauderftube gebt verloren. Bei Laube war noch ein solcher Salon. Der alte Theaterregent tonnte es sich ere lauben, ben Gästen eine Zaffe Kaffee, den Herren eine Bigarre und sonst nichts anzubieten und sonst nichts anzubieten er hatte eben die Autorität ba Aber das Meifte von dem, was fich„ Salon" nennt, muß fi in der Regel den herrschenden Vorurtheilen fügen. Dabei unterläuft natürlich viel ffenthum mit. Familien, die weber bie Mittel noch die Befition befizen, um fid als sozialer Falior au geberben, und die ihre Empfänge" mit gerriffenen Strümpfen büken, fie erklären, einen Tag" zu haben, das sei man seinen Belannten schuldig.- Wenn man ihnen nur sonst nichts schuldig wäre!... Uebrigens wird ein gerechter Beobachter nicht leugnen, baß auch die Männer mitfündigen: Die Sucht, sich als etwas aufsuspielen, was man nicht ist, bie Welt zu täuschen( ste fic aber faft niemals fäuschen lägi), wohnt den Männern gerate fo inne, wie uns Frauen- und Frauen vielleicht etwas mehr, weil wir außerhalb des geselligen Berlebrs nicht viel Gelegen belt baben, uns zu bethätigen. Man pflanzt uns von Jugenb auf die Jdee ein, wir seien daju gemacht, im geselligen Reife was Wunder, daß die Frauen es aulegt für ein böhes Berdier bi Organisation eines, Salons" für eine der wichtigsten Aufgab bes Daseins zu halten! Wenn Björnson seine Norweger
zu glänzen
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langelt, so sollen wir nicht, wie die Pharifäer, Bott banken. daß wir beffer find, als diese! Wir thun gut daran, vor unfert eigenen Thüre zu fehren, zumal das eine echt hauswirthschaft lice Beschäftigung ift..... Unsere Geselligkeit bedarf einer Reform, sonst wird fie immer mehr ein Privilegium der oberften Behntausend und jener nteren Fünfzigtausend, die es ihnen nachmachen auf die Gefahr hin, daß die Gäfte eines Tage von einem Stubenmädchen die Auskunft erhalten:„ beute findet lein Empfang statt; der gnädige Herr ift gestern verhaftet
worben.
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Kleine Mittheilungen.
Hien bestimmten Reichspofidampfer, der Dampfer, Hohenstaufen", Bremerhaven , 8. September. Der dritte der nach Auftra wird heute zum ersten Male diese Tour antreten. In dem Blan für die beiden Suboentionslinien ist übrigens infofern eine Henderung eingetreten, als der Dampfer Braunschweig " am 22. September statt der„ Habsburg " nach Ditaften und biese am 6. Dtober statt des Braunschweig " nach Auftralien
expedirt werden wird.
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Oppenheim , 7. September. Gestern Vormittag bat fich hier ein bebauerlicher Unglüdsfall zugetragen. Ein Laden befizer ließ fi von einem jungen Mann einige Batronen i
für
ber
deffelben eine der Patronen in den Revolver, brüdte unoot fichtiger Weise los und mit einem lauten Aufschrei stürzte junge Mann zufammen. Die Rugel war ihm in den Unterleib gebrungen. Heute Morgen ist der junge Mann seiner schweren
Berlegung erlegen.
Wien , 7. September. ( Daß Eisenbahnunglüd bei Möb ling) Der Lokomotivführer Trnta wurde, wie die N. Fr. Br. schreibt, beute vom Bezirksgerichte Mödling dem Landel gerichte eingeliefert. Seinem Ansuchen, gegen Raution auf Dem Befter LI." wird aus Wien geschrieben: Die Erhebun
Der wadere Dichter hat fich gewiß nicht träumen laffen, freten Fuß gestellt zu werden, wurde nicht flattgegeben. daß sein barmloser Schwant nach fünfzehn Jahren noch eine friminelle Bedeutung erhalten lönne. Saß da," so erzählt Der Rh. Cour.", vergangenen 2. September zu Diftrich im weinreichen Rheingau der Männergesangverein beisammen und feterte Sedan, indem er patriotische Lieder fang und endlich
ein unglüdseliges Mißverständniß die Ursache jener Ratastrophe war. Dem verunglüdten Buge wurde das Einfahrtzfignal von Der Station Mödling aus gegeben und als der Bug in bet Station stand, gab dieser dem nachfolgenden, vom Zolomotiv Trnla batte tie balt" fanalifirer.de Scheibe berseben, ba gegen unglüdlicherweise das stehengebliebene Einfabitefignal in der Station bemerkt und diesem Folge geleistet.
Bermuthung aus daß wohl ein Theil der betreffenden nämlich„ Die Mönche von Johannisberg" von Bernhard führer Einta dirigirten Zuge ein Haltefignal. Lolomotioführer
Kollegen deshalb die Fragebogen nicht ausfüllte, well dieselben fich genirten, thre niedrigen Löhne anzugeben; doch sei Scham hier am allerwenigften am Plage, vielmehr wäre, um bie trautigen Verhältnisse im Gewert zu heben, rüdbalilose Wahr beit vor allem erforderlich. Es wurde befchloffen, bis zum 1. Dltober auf die Burüdschidung der Fragebogen au warten
Schola an( bie Kompofition ist, wenn wir nicht irren, von eftrich, also gewig fo ungefährlich wie möglich); Die Buhörer gaudirten fich bis auf brei, von welchen einer gegen ben lästerlichen Tegt proteftirte und, wie es
scheint, der Obrigkeit Anzeige von dem flattachabten Frevel lefton betragt die Bahl der durch das Erdbeben umgelommenen
machte. Genug, der Präsident des Deftricher Männergesang
Bersonen 96.
Berantwortlich für den politischen Theil und Eostales Mar Schippel, für Vereine und Versammlungen 8. Tubauer, für den übrigen Theil der Beitung R. Gronheim, sämmtlich in Berlin
Hierzu eine Betlage.