»r. SSS.
DottuerSag» de« 23. September 1886.
HL Jahrg.
StlliurVMKIl Brgan für die Interessen der Arbeiter.
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Ieuilleton.
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Mn Hrillantenhalsvand. Kriminalnovelle von Ferdinand Herrmann.
„Ah, Du bist et* Hase*fuß!' murrt« der Pfandleiher, ststd seine Auge« leuchtete« in wilder Geldgier auf. während *»och einmal mit halblauter Stimme la«:.Auf die Snt« deckung und Ergreifung de« Mörder» ist eine Belohnung von tausend Mark gesetzt l— Bring' mir mein« guten Sache» I Auf der Stelle geh« ich zum Stadthause I* Der Hager« macht« kewe weitere« Bedenke« geltend; d(«« er schien zu wisse», daß dieselbe« kaum«wen Erfolg haben würde». Er öffnete wieder den mächtige» Kleider« ichrank und fördert« au» seiner schier unergründliche» Tief« swige Kleidungsstück« zu Tage, mit deren Hilfe Herr Zulw« «endeland seinem äußeren Mensche« eine elegantere Fassung SU gebe« versuchte. Einen wesentliche» Erfolg hatte diese« Bemühe« allerdina» nicht; den» die betreffende« Kleider, welche ursprünglich gewiß nicht für die winzige Gestalt ««» Pfandleiher« berechnet giwese« waren, schlotterte« s» erbarmungswürdig um sein« dürre, Glieder, daß sei« Anblick nur geeignet war,(« der Phantasie da» Beschauer» das Bild einer Bogelscheuche wachzurufen. Fehler der Eitelkeit schien indessen dem würdigen Manne �»rchau« fremd zu sein, und nachdem er seine Toilette durch **--—'- U---»» t.*.. t_..
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„All ira GtWNl ftann man Iftara"— unter dieser Ueberschrift brachten wir vor Kurzem einen Artikel, der die bekannte P.etitio» gegen de« Putt« kamer'sche« Streik er laß au den Reichstag be« sprach. Dies« Petition ist von Dresdener Zigarrenarbeitey» ausgegangen und von zahlreiche« Arbeitern, besonder» auch von de« Berliner » im richtige« Verständniß mit Wohlwolle» ««tgegivgevommen worden. Unser Artikel richtete fich«och besonder» gegen die in einer große« Arbeiterversammlung zu Neumünster in Hol« stein zu Tage getretene» Anschauungen, daß alle» Petitio « »ire» a» de« Reichstag keine» Nutze» trag«; au» diesem Grunde wurde dort die Petition abgelehnt. Wir führte« au», daß diese Gründe nicht stichhaltig seien, obwohl auch wir der Meinung find, daß ei« d i r« k« t« r Nutzen durch eine solche PttUio» an den gegenwärtige« Reichstag «icht zu erwarte« ist. Ei« direkter Nutze» wird aber auch für die Arbeiter durch die Betheiligung an de» Reichstagswahl «» überhaupt»icht erzielt. Wen» man diese« allein im Aug« hat, so lasse man da» Petitionire«, sowohl an de« Reichstag als da« Wähle« zu demselben. Wir erklärte« in de« betreffende» Artikel«och au»« drücklich, daß die Petitio» wahrscheinlich zu anregoide» Debatte« in der PetttionSkommisfio» und auch im Plenum des Reichstag » führe» würde. Und was bedeutet denn die» ander», al» A g i t a t t o» fürdieSachederArbeiter?--- Wir erhalte» nun au« Neumünster ei» längere« Schrift- stück gegen unser» Artikel zum Abdruck. Wir müsse» dar- auf verzichten, da die Zusendung viel Nebensächliche» ent« hält; auch müßte» wir dasselbe au» andere« Gründe««och einer gründlichen Korrektur unterziehe», ehe wir dasselbe zum Abdruck gelange« lasse» könnte». Um dem Einsender aber Serecht zu werde», bringen wir den Schlußsatz de« Schrift« ücke«, in w'lchem fich der ganze Unmuth gegen unser« Ar- tikel i« drastischer Weise kund giebt: „Unbegreiflich ist un»«m, daß in einer Zeitung, welch« «in Organ für die Zateresse» der Arbeite» sei» will, am Schlüsse de« Artikel« die Bemerkung gemacht wird, daß wir un» konsequenter Weise auch nicht mehr im Sinne der Ar- beiterpartet an den Wahle« zum Deutscht» Reich»tage be- theilige» dürfe«, da die dan» gleichfalls nutzlo» sei» wür« de». Wir betheilige»««» an der Wahl hauptsächlich i» agitatorischer Hinsicht, um für u»ser« Prinzipien immer«ehr Anhänger zu gewin- ne», und um einem Kandidaten unsere Stimme zu gebe», welcher ganz entschieden für unsere Forderungen eintritt, auch ohne Nachschub von Petittone». Wen» e»»och Solche
ein« Aufforderung, fich»iederzusetze», erging a« de» Pfand- leiher, obgleich ihm vom heftigen Lauf«« die dünne« Bein« che» zitterte« und obgleich er Mühe hatte, fich aufrecht zu erhalte». Aber ob nun da» Ehrgefühl keine der besonder« autgeprägte» Eigenschaften de« Herrn Zuliu» Wendeland war, oder ob der Glanz jener tausend Mark, die er im Geist bereit» vor fich auf dem Tisch gezählt sah, die UnHöflichkeit de« Polizeibeamte» erfolgreich überstrahlte, genug— der Pfandlecher zeigte fich dmchau««icht beleidigt und begann in möglichst gewählte» Worten und w ganz zusammenhän- Sender Rede die Ursache und de» Zweck seine« Erscheinen» » diese« geheiligte» Orte darzulegen. Je weiter er sprach, desto größere Aufmerksamkeit schenkt« ihm der Kommissar; aber die Darstellungsweise de« Herrn Wendeland schien ihm doch eine zu unklare und um- ständliche zu sei», den» er begann mitte» in feine schönste Periode mit einige« barschen Frage« hineinzufahre», die ihm al« schneller zum Ziel« führend erschienen. „Also Sie glaube», de« junge« Manne begegnet zu sei», der von M. au» al« der Mörder de» Fräulein v. Römer verfolgt wird?" „Zu dienen, Herr Kommissar. Und ich wollt« darauf schwöre»—' „Sparen Sie Ihre Schwüre, die hier»icht am Platze find I Er wollte et« Brillantenhaliband bei Ihne» ver- pfände»?* „Jawohl, Herr Kommissar I Ei» wunderschöne« Kollier mit Steinen wie Taubeneier. S» war unter Btüder» seine zwölftausend Thaler werth." „Daß ist vorläufig Nebensache. Stimmte da» Au»- sehe« de» Schmuckgegenstandes mit dieser Beschreibung überei»?" Er reicht« Herr» Wendeland eine» gedruckten Zettel, der auf seinem Schreibtisch lag, und der Pfandleiher be- mühte fich angelegentlich, denselben zu entziffern. „Es stimmt ganz genau, Herr Kommissar," sagte er dann.„Ts ist gar kein Zweifel, daß«» da« nämliche Hal»« band war." „Gut! Und Sie weigerte« fich, dem Mensche« etwa« darauf zu leihe»?"
giebt, die in dem Wahne befangen find, durch aller- Hand Konzesfione» von der herrschende« Klaffe etwa« für die Arbeiter erreiche» zu könne«, so find dieselben auf dem Holzwege, und zu denjenigen scheint auch der Verfasser de« Arttkel« zu gehören." Auch die Hamburger.Bürgerzeitung" hat seiner Zert de« betreffende» Artikel gebracht und auch die betreffende Zuschrift au» Neumünster gegen de« Artikel«halten. Da da« genannte Blatt den Neumünsterer Arbeiter» und auch de» Einsender« der Entgegnung näher steht al« wir, so wolle» wir demselben zunächst da« Wort gebe«. Die „Bürgerzeiwng" sagt zu obigem Schlußsatz der Einsendung folgendes: „Die Herren, welche da« geschrieben habe«, find selbst — um ihren eigene» Autdruck zu gebrauche«— ganz ent- schiede«„auf de« Holzwege", wen« sie in der Forderung einer unter gegenwärtigen Verhältnissen durchführbare» be« schränkten Reform„eine Konzession der Arbeite, an die herrschenden Klassen" zu erkenne« vermetne». Genau da» Gegentheil ist richtig! Jeder klerne Schritt vorwärts verbessert die Bedingungen zu fernerem Vordringe«. Di« erwähnt« agitatorische Bedeutung der Reichstagswahlea wohnt einer kläftt,e» P-titionSbewe- gung ebenfalls bei. Wer die letztere nicht will, weil zu- nächst nicht« Greifbares dabei herauskommt, für den haben auch die ReichStagtwahle» keine« Ein«. Ein Solcher muß die ganze bisherige deutsche Arbeiterbewegung für verfehlt erklaren, und nach«ostische» Rezepten et- wa« ganz Neue« aufzubaue» suche«. Da« ihm dabei die auftichtigen Sympathie» der Herren von der„Nordd. Allgemeine« Zeitung' u. f. w. sicher find, ist ganz in der Ordnung." Wir selbst haben»och folgende« hinzuzusetzen: Agitatorisch solle« die ReichStaatwahle« bei alle» Par- teien wirke», agitatorisch auch die Reden, welche im Reich«- tage wett über den engen Zuhörerkret« hinaus gehalten werde». Daß aber solche Rede» im Reichstage gehatte» werde» könne«, dazu muß et« passender Anlaß vor- Hand«» sein. Bi« jetzt hat allerding« die Regierung selbst durch ihr ganze« Berhalte», durch Sozialistengesetz, Belagerungszustand und Etteikerlass« dafür gesorgt, daß die agitatorische Wir- kung der Rede» der Arbetterabgeordnetia von nicht geringer Bedeutung gewesen ist. Aber weshalb solle« die Arbeiter «icht selbst gleichfall» ihre» Abgeordnete« dazu Gelegenheit geben? Und liegt«icht schon im Sammeln von Unterschriften 8« eine solche, die Maßnahme» der Regierung gegen die rbeiter bekämpfende Petitio» selbst Agitation genug? Wenn man davon redet, daß Betheiligung an der Herr Juli«» Wendeland hielt e» für angezeigt, die Miene einer beleidigte» Unschuld aufzusetzen. „Wie könne» Sie denke«, Herr Kommissar, daß ich so gegen die Polizeivorschrifte« verstoße» würde. Der Man» war mir gleich verdächtig, und da er fich nicht legttimire» konnte, so wie« ich ihn einfach zurück." „Warum hielten Sie ihn«icht fest, wen« er Ihne« verdächtig erschien, und warum sandte« Et««icht sogleich »ach«ine« Polizisten?" „Wie hätte ich ihn festhalte« könne», Herr Kommissar, da er doch jung und stark war, während ich doch nur ei« alter gebrechlicher Man» bi», de»«in Ktnd über de« Haufe» werfe« kann. Er war auch sehr eilig, wie Sie fich wohl denken können, und ich war ganz allein i» meiner Woh- »ung, so daß ich ftoh sei« muß, wen» er mich»icht eben- fall« todtgeschlage» hat." „Nun, ich muß Ihnen off»» gestehe», Wendeland, daß «ich Ihre merkwürdige Ehrl qkeit in dieser Sache einiger« maße« in Erstaune» fitzt. Man ist dergleichen a« Ihnen kaum gewöhnt!" „Aber, verehrter Herr Kommissar, ich möchte doch ganz ergebenst gebeten habe»—" „Na, lasse» wir da«!— Fraate» Sie de« Menschen den» nicht wenigstens«ach seinem Namen?" „Jawohl I— Er nannte fich Bernhard Schmidt; aber ich wußte gleich, daß er«icht die Wahrheit sagte; den« ich habe für dergleichen«in feine« Ohr.""' V »Und Sie behaupte», auch seine hiesige Wohnung zu kennen?" „Gasthof zur Stadt Lübeck— mit Ihrer Erlaubniß, Herr Kommissar! Wen« Sie da«achftagen lasse», werde» Sie schon da« weitere erfahren!" „Na, höre» Sie, Wendeland! E» ist doch eigentlich recht»»wahrscheinlich, daß Ihne» der Man« da die Wahr - ßett gesagt habe« sollte. E» verriethe jedenfalls eine» sehr jehen Grad von Dummhett, wen« er fich au« freie» Stücke« dergestalt an'« Reffer geliefert hätte!" Der Psandlciher zuckte die Achsel«. „Der Herr Kommissar wird ja sehen, ob ich Recht habe oder nicht. Jedenfalls darf ich wohl bitte«, daß ei»