eingeleitet set. Das gerichtliche Verfahren wurde jedoch nicht gegen den Rentier, der vollkommen grunblos angefchuldigt war, sondern gegen die anonyme Denunziantin eingelettet, welche man in der Person der Wittwe Hirsch vermuthete. In Der geftrigen Berhandlung beftritt die Angellagte jede Schuld. Sie gab zu, mit ihrem Bruder in Streitigkeiten zu leben, wollte aber den Brief mit dem verleumderischen Inhalt weder verfaßt noch geschrieben haben. Das Gutachten des Schreib fachverständigen, Kangleirath Seegel, lautete im hohen Grade belaftend für die Angeklagte. Dem Sachverständigen ist aus der Prüfung und Vergleichung der Schrift mit Sicherheit here sorgegangen, daß die Handschrift die der Wittwe Hirsch set. Auf Grund dieser Belundung hielt der Vertreter der Staatsanwaltschaft den Beweis der Schuld für erbracht und bean tragte eine Gefängnißftrafe von drei Monaten gegen die noch unbeschuldigte Angellagte. Der Gerichtshof gelangte jedoch zu einer anderen Auffassung. Er war der Anficht, Daß tres des Gutachtens des Sachverständigen ein Frrthum nicht ausgeschloffen set, zumal die Handschriften von Frauen belarntlich einander sehr oft ähnlich wären. Dies Beweis material fet demnach au schwankend, um eine Verurtheilung au rechtfertigen. Die Angellagte wurde von Strafe und Roften freigesprochen.
Aus dem Pfarrhause. Wiesbaden , 20. Sept. Det beut gen Sigung des Bezirks- Kusschuffes lag u. A. vor der Antrag des Regierungspräfibenten v. Wurmb auf Entziehung der der Hebeamme affelbach zu Bodenbeim ertheilten Ron aeffton zum Betriebe des Gewerbes als Hebeamme. Der An trag fügt sich auf den Umstand, daß die hebeamme Frau H. Durch Urtheil vom 1. Mata L. 3. mit 1 Monat Gefängniß be ftraft ift, weil file vor dem Standesbeamten in Bodenheim in Bezug auf Einträge in das Geburtsregifter falfche Angaben gemacht und dadurch bewirtt hat, daß die Geburt eines am 27. Februar 1885 im Pfarrhause zu Frankenthal zur Welt ge tommenen unehelichen Knäbchens als am 5. März 1885 au Bodenbeim erfolgt eingetragen wurde, sowie daß die Hebe amme für diese falschen Angabeu nachträglich ein Geschenk von 150 M. angenommen hat. Die hebeamme gab im heutigen Termin diese in dem genannten Urtheil erwähnten Umstände als richtig zu, beruft sich aber auf die Nothlage, in welcher fle fich zur Beit befunden babe, auf die Ueberrebungsfünfte, welche bet ihr angewandt worden und darauf, daß fte das später er baltene Gefchent zum Gebrauche einer nothwendigen Rur babe benußen müffen. Weiter beruft fie fich auf die fehr günftigen Beugnisse über ihre Qualifitation als hebeamme und über ihr fonftiges Betragen. Aus den zur Verlesung gelangten Atten über den Fall entnehmen wir: Am 27. Februar 1885, Abends, wurde Barbara Dhmer, Nichte des Pfarrers au Frankenthal und im dortigen Pfarrhause wohnend, von einem Knäbchen entbunden. Sofort nach erfolgter Geburt begab fich bie Haushälterin des Pfarrers, Fräulein Meister, im Auftrage der Wöchnerin zu diesem, um thm Anzeige von dem Ereignis au machen und ihn um her gabe des in seinem Verwahr befindlichen baaten Geldes zu erfuchen. Einige Tage später wurde das Kind einem Klofter in Birmasens zur Erstebung übergeben, ist aber am 6. April 1885 geftorben. Nach Eintreffen des Kindes in jenem Klofter ergab fich, daß die erforderlichen Geburtspapiere fehlten, der Herr Pfarrer in Frankenthal wurde also um Beschaffung der felben angegangen. Dieser antwortete, es würde fich do sehr schlecht außnehmen, wenn das Pharrhaus als Geburtskätte des Kindes angegeben werde, worauf ihm die Antwort wurde, er möge es doch machen, wie es der Bischof Ketteler in Mains gemacht habe. Wm 5. März 1885 erschien nun die Haus bälterin des Pfarrers, die in Bodenheim eine gute Freundin hatte, mit dieser bei der Hebeamme H. in Bodenheim und unter Darlegung der Berhältnisse ersuchte fie diese, die Ange legenheit in der bereits erwähnten Weise aus der Welt zu schaffen. Die Hebeamme wollte nicht darauf eingehen, gab aber schließlich insoweit nach, als sie die Anwesenheit der Wöchnerin in Bodenheim verlangte. Die Haushälterin tehrte beim und lam folgenden Tags zurüd mit der Meldung, die Wöchnerin fönne die Reise nicht unternehmen 2c. Nunmehr bat fie die Hebeamme Intefällig um Gewährung der bereits vorgetragenen Bitte, indem fie ihr die Handlungsweise in einem äußerst harmlosen Licht zeigte und außerdem sonstige Versprechungen machte. Schließlich hat dann die hebeamme eingewilligt und vor dem Standesbeamten wissentlich die falschen ngaben gemacht, welche Handlung fie nunmehr mit dem Verlufte ihrer Stellung büßt, denn der Bezirks ausschuß erkannte dahin, daß ihr die Rongeffion zu ent sleben fel.
Soziales und Arbeiterbewegung.
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Betreffe der vielbesagten Petition an den Reichstag , daß dem§ 152 der Reichs Gewerbeordnung eine bestimmte Faffung babin gegeben wird, daß dem männlichen sowohl auch Dem weiblichen Arbeiter das Recht zufteht, Vereine zu gründen, welde fich, wie die Vereine der Arbeitgeber, über ganz Deutsch land erftreden tönnen und in welchen die Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen angeftiebt bezw. berathen wer Den lönne, werden alle Intereffenten zur Unterzeichnung auf gefordert. Nach erfolgter Untersdriftensammlung find die Liften umgehend an Herrn Everber, Friedenfir. 75, zu verabfolgen.
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Liften lönnen dafelbft noch in Empfang genommen werden. Der Wortlaut der Betition befindet sich in Nr. 182 b. BI.Herin Sperber find übrigens bie beschlagnahaten 75 ausge füllten und 7 leeren Liften vorgeftern wieder zugeftellt worden. Die Lebensdauer der Hutmacher. Die amerifa. nische Fachzeitung The Hatter and Furrier", welche, obgleich für die Fabrilanten berechnet, dennoch feineswegs in so arbei terfeindlichem Sinne geschrieben ist, wie wir dieses von unseren Deutschen Fabrilantenblättern gewohnt find, bringt in ihrer legten Rammer eine Ausarbeitung des Dr. Stidler, welche Derselbe vor der medizinisches Gesellschaft von Effer County als Vortrag gebalten hat. Der Rorrespondent für Deutsch lands Qutmacher" bringt denselben in aufammengebrängter Form in deutscher Sprache unter Anfügurg einiger ftatistischer Bemerkungen über die Sterblichkeitsverhältnisse der Branche in Deutschland . Es heißt ba: Es war früher nicht ungewöhnlich, daß ich bei tranten Outmachern Qued filbervergiftung tonftatiren mußte, dies tommt auch jest noch vor, hat aber allein wohl noch nie den Batienten direkt den Zob gebracht. Das größte Uebel, an welchem bie Hutmacher leiden, ift die Lungentrantbeit in allen Formen. Lun genschwindsucht ist der Würgengel ber Hutmacher . Um den Bufammenhang dieses weit verbreiteten Uebels mit der Be Schäftigung far zu stellen, besuchte ich die Hutfabriken von Drange welche auf der Höhe der Beit in Bezug auf alle Hilfsmaschinen der Neuzeit stehen. In den Wallräumen fand tch, daß der Raum mit einem diden Dampf angefüllt war, ble Arbeiter athmen denselben ein und gleicht ihre Arbeit einem beständigen Dampfbab. Tritt der Arbeiter nun mit einem also überhisten Körper und besonders seiner überhigten Lunge ins Freie, so ift Erkältung mit Huften, Katarrh, Halsan fchwellungen u. f. w. febr häufig unvermeidlich. In den Fär bereien fand ich den Bustand noch schlimmer, benn wenn im Waltraum nur reine Wafferdämpfe berrschten, fo war hier der Dampf noch mit giftigen Gasen des Farbeftoffes vermischt, welche die Lungen vergifteten. Die also gefärbten Hüte tommen nun, nachdem sie wieder getrocknet find, auf die Bims maschine, b. b. fie werden auf eine Form gezogen, welche in Schnelle Umdrehung verfest wird, und auf welcher der Hut mit Schmirgelpapier abgerieben wird, um die rauben Haare der
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widelnden Staub, beflehend aus gefärbten Haaren und Schmirgel, in seiner zerstörenden Wirksamkeit der Gesundheit, insbesondere der Lunge gleich. In der Burichte( Bügelraum) wird der Hut mit Santpapier abgerieben, gebügelt und einer Napbtaflamme ausgefeßt. Die hier befchäftigten Gutmacher er zählten mir, daß die Gefahr für ihre Gesundheit nicht geringer fei, als in den andern Fabrikräumen, denn fie müßten beim Abbimsen dicht aufliegen und athmeten den ganzen Bimsstaub ein. Sierauf wird der but faffonnirt und verpackt. Ich habe überall sehr schlechte oder gar teine Ventilationsvorrichtung wahrgenommen. Noch mehr. Bei tallem Wetter fühlt sich der Wafferdampf in den Wall- und Färbereiräumen an der falten Dede des Lolales( meift bas Dach des Hauses) ab, und fällt als talter Regentropfen nieder, wodurch er die Gesundheit der Arbeiter in eine neue Gefahr bringt, des Durchzuges in manchen berartigen Lololen gar nicht zu gedenken. Nichts ist natür licher, als daß die Krankheits- und Sterbeverhältnisse der Hut macher geradezu erschreckend find. wie nachfolgende Statistit, welche den neuesten amtlichen Quellen entnommen, beweist: In Newart find von 1873 bis heute 231 Hutmacher ge ftorben, davon 118 an Lungenschwindsucht, 26 an anderen Lungenkrankheiten, macht 144. mithin find 620 St. an Lungenkrankheiten geftorben. In Orange find seit 1879 bingegen 269 Hutmacher geftorben. Hiervon 147 an Lungenschwind fucht, 39 an anderen Lungenkrankheiten, macht 186 oder 691/100 pet. Der amerikanische Hutmacherverband hat unter 551 Todesrällen feiner Mitglieber 314 derselben an Lungenschwindsucht, 53 an andern Lungenkrankheiten, mithin 367 oder von hundert Sterbe fällen 66%/ 10 pCt. durch Lungenkrankheiten festgestellt.
Es ist ein Frribum der Statistit, fährt Dr. Stidler fort, daß die Walter in Drange erst im 60. Lebensjahre arbeits unfähig werden. Nach meiner Erfahrung find Hutmacher im Allgemeinen nur selten im Stande, noch vollendetem 30. Lebens jabre noch regulär zu arbeiten; ja selbst bei Arbeitern von 18-25 Jahren habe ich den raschen Körperverfall vielfach beobachtet. Thatsache in, daß nur wenige diefer Leute des Lebens Sommer erreichen, die meisten finten frühzeitig in's Grab.
Soweit der wadere Dr. Stidler. Das, Freunde( bemerkt ber Correspondent " bierzu), find die Buftände im freien Amerita. Sind die Arbeiter dieses republitanischen Freiftaates beffer daran als wir? Jn Bezug auf Lebensalter nicht im geringften. Die Lapitalistische Produktion bleibt sich in der ganzen Welt gleich. Von den Mitgliedern unseres deutschen Verbandes starben von 100 Rollegen in den Jahren 1883-86 an Lungenkrankheiten 70. Das Durchschnittsalter betrug 35 Jahr 8 Wochen. Das 44. Lebensjahr hatten über schritten 11." Eine dringende Mahnung an alle Angehörigen Dieser Branche, mit aller Energie die Bestrebungen für einen genügenden Arbeiterschuß in der Gegenwart und für eine Be freiung aus der Lohnsllaverei in der Butunft zu unterftügen.
Hammelfleischimport von den Falklandsinfeln. Nach den neuesten englischen Berichten gewinnt, wie bie ,, N.Fr. Pr." mittheilt, der Import von gefrorenem Hammelfleisch aus diesen Gegenden in legter Beit große Bedeutung. Mitte Juli tam der Dampfer, Selembria" in den oflindischen Dods mit einer Ladung von nicht weniger als 30 000 gefrorenen Sammeln an, Die in ausgezeichnetem Buftande tonfervirt waren und zu guten Breifen willige Abnehmer fanden. Dies dürfte wohl die größte Gammellabung gewesen sein, welche jemals den Djean durch querte. Die, Faltlands Insel Fleisch Kompagnie" ließ dies Schiff eigens für ihre Swede erbauen und gedenft regelmäßige Fleisch lieferungen nach England einzufübren. Wenn man bedents, bag ein Theil dieser Inselgruppe im Jahre 1853, der fernere Theil bder Falllands Inseln erft im Jahre 1861 beftebelt wurde und nunmehr dafelbft ein Schafftand von 600 000 Stüd vorhanden ist, muß man über den raschen Aufschwung dieses Bweiges der Thierzucht ftaunen. Die übersendeten Hammel batten ein Ge wicht von 60 bis 70 englischen Pfund per Stüd, waren von ausgezeichneter, nicht zu fetter Beschaffenheit und fanden per Pfund zu 5 Bence( 30 Kreuzer. 50 Bf.) rasche Abnahme. Der Dampfer fast 3041 Tonnen Laderaum und ist ausschließlich für den Fleischimport gebaut. Bu diesem Behufe ift er mit äußerst fräftigen Maschinen versehen, von welchen vier große Dampflefsel nur für die Kälte- Erzeugung bestimmt find und die genügen, um die Fleischkücke stets in der entsprechenden trodenen Kaltluft zu erhalten, welche allein ermöglicht, das Fleisch in tabellofem Bustande auf unseren Martt au bringen.
Ortsübliche Tagelöhne. Für die neugebildeten Dris trantenlaffen für Nabrungs- und Genußmittelgewerbe, für Be fleibungs- und Reinigungsgewerbe für Buchbruder und ver wandte Gewerbe zu Mains wurden für erwachsene männliche und für erwachsene weibliche Arbeiter die Tagelöbne auf 2,70 beaw. 1,20 per Tag festgelegt, jugendliche Arbeiter auf
1.05 f.
Janungsprivilegien. Der Regierungspräfident Bring handjern hat den Magiftrat zu Landshut davon benach richtigt, daß diejenigen Bäder, Konditoren und Pfefferküchler dieser Stadt, welche der Jnnung nicht angehören, vom 1. Januar nächsten Jahres an teine Lebrlinge mehr annehmen Dürfen. Die gleiche Verfügung ist bezüglich der nicht zur Fleischer Innung gehörigen Fleischermeister erlaffen.
Ein Mufterkontratt awischen einem Unternehmer und einem Mrbeiter liegt der Elberfelder Fr. Br." im Driginal türat wieber und überlassen es unseren Lesern, fich einen Vers Dor. Wir geben bas merkwürdige Schriftftüd biermit unver
Daraus zu machen. Kontralt. Swischen dem Kaufmann Herrn Fritz Hadenberg bier einerseits und dem Arbeiter Stephan Bärens anderseitig wurde beute folgender Rontralt abgeschloffen: § 1. Bärens tritt mit dem heutigen Tage als Hausdiener in Die Dienste des Herrn badenberg, um sowohl die für's Bri vathaus, wie auch für's Geschäft notlommenden Arbeiten, Aut gänge c. pünktlich und treu zu verrichten.§ 2. Die Arbeits
eit ist von Morgens 7 Uhr bis 12 Uhr und Nachmittags von 14 Uhr bis 8 Uhr und wenn's no big, so lange, bis die 1 Uhr bis 8 Uhr und wenn's nöthig, so lange, bis die laufenden Geschäfte erledigt find.§ 3. Der wöchentliche Lohn ift auf Bebn Wart feftgelegt und wird ber wöchentliche Beitrag für die Unterẞügungstaffe mit% in
bzug gebracht.§. 4. Die Kündigung soll zu jeder Belt und ber Austritt fofort erfolgen fönnen, so daß teiner der Battelen an die ortsübliche 14tägige Rüntigung gebunden ist. Elberfeld , den 26. August 1886. Fris Hadenberg. Stephan Elberfeld, den 26. August 1886. Fris Hadenberg. Stephan Bärens. Mehr kann der Raufmann für 40 D. monatlich wohl laum verlangen.
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Stettin , 22. September. Die von der hiesigen Kriminal. polizei beschlagnahmten Gelder der Lohntommiffionen der Maurer und Zisoler find vor einigen Tagen dem Saffirer derselben wieder zurüdgegeben worden. Auch haben bie obigen Kommiftonen ihre Bücher sowie einen Theil der beschlagnahmten Papiere zurüderhalten.
Vereine und Versammlungen.
Fachberein der Former und verwandten Berufsgenoffen. Mitgliederversammlung am Montag, den 27. d. Mts., Abents ordnung: 1. Raffenbericht.
Ordnung: 1. Bericht über die Regelung des Arbeitsnachweise bureaus. 2. Wahl des Vergnügungslomitees zum Winter vergnügen. 3. Berschiedenes und Fragelaßten. Nufnahme neuer Mitglieder.
Lisaler Verein. Heute Abend 9 Uhr, Rottbuserstraße 4a, Versammlung. Tagesordnung: Vortrag des Herrn Dr. phil . Baumgart.
Fachberein sämmtlicher im Drechslergewerk beschäf tigten Arbeiter Berlins . Versammlung am Sonntag, den 26. September cr., Vormittags 10 Uhr, in Breuer's Salon, Große Frankfurterstraße 74/75. Gäfte haben Butritt. Neue Mitglieder werden aufgenommen.
Verein zur Wahrung der Jntereffen der Klavier arbeiter. Bersammlung der Muglieber am Sonnabend, Den 25. Septbr., in Gratwell's Bierhallen, Kommandanten ftraße 77/79( unterer Saal). Tagesordnung: 1. Bortrag des Herrn Prediger emer. Sendziora über: Darf die Moral nur Tugenblehre oder fann fie auch Gludseligkeitslehre( ein 2. Abrechnung vom Sommerfest. 3. Der Abzug in der Piano fabrit von Brandt. Säfte tönnen durch Mitglieder einge führt werden.
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Verein der Berliner Parquetbodenleger. Montag, 27. Sectember. Abends 8 Uhr, im Lokale des Herrn Bieper, Mauertraße Nc. 86, Mitgliederversammlung. Tagesordnung 1. Neuwahl der Revisoren. 2. Vorlage des Vorstandes über ben Antrag des Herrn Vieste , betreffend Anschluß an den Rechtsschusverein. 3. Verschiedenes und Fragelaften.
Der Fachberein der Lithographiefteinschleifer und Berufsgenossen hält nach der Sommerpause feine erfte Bereins versammlung am Montag, den 27. b. M., Abends 9 Ubr, im Lokale des Herrn Domal, Jobannisfiraße 20, ab. Laged Ordnung: Erfaswahl eines Vorstandsmitgliedes. Innere Vereinsangelegenheiten. Bäfte haben Butritt.
Dänischer Verein Freya ". Versammlung jeden Sonn abend, 9 Uhr, Rosenthalerstr. 39. Dänische Blätter find vor handen.
* Verein der Württemberger. Jeden Sonnabend Versammlung beim Landsmann Balbinger, Dorotheenftr. 84.
Verein der Taubenfreunde. Jeden Sonnabend Abends 81% Uhr, Sigung im Restaurant Kleemann, Lauftgerstraße 41. Gefangverein Harmonia". Jeden Sonnabend, Abends 8 Uhr, Uebungsftunde im Restaurant, Alte Jalobftr. 38.
Gefangverein„ Sängerluft", Ballisadenstraße 9. Jeden Sonnabend Abend 9 Uhr Uebungsstunde.
In der freireligiösen Gemeinde spricht am Sonntag, Vormittags 10 Uhr, Leipzigerstr. 48, Herr Prediger Biels aus Dresden über Kunft und Sittengeschichte der Menschheit mit Hüdficht auf die religiösen Forderungen der Gegenwart. Bus tritt steht Jedem fret.
Kleine Mittheilungen.
Barmen, 20. September. Ein biefiger Männer- Gefang verein hat gestern Abend auf tragische Weise seinen Vize- Präses verloren. Der Verein hat gestern einen fröhlichen Ausflug per Rheindampfer nach Königswinter und von dort ins Sieben gebirge gemacht. Auf der Rüdfahrt, während alles in belter fter Stimmung war, übergab der Vize- Präses plöglich seine Uhr und Börse seinem Nachbar, fpranz über Bord in den Rhein und ertrant. Alle Rettungsversuche blieben erfolglok. Der Selbstmörder, ein hiesiger Fabrilant, hinterläßt eine Frau und 5 Kinder.
Wien , 22 September. Ueber einen Antisemitenstandal im Schwurgerichtsgebäude berichtet die N. Fr. Br." folgen des: Als heute um die Mittagsstunde der Vorfigende im Bro effe beller Grünberg die Verhandlung auf furge Beit unter brach, verließ das Bublifum, wie gewöhnlich, den Saal. E befanden fich darunter Advokaten, Bertheidiger, Gerichtsbeamte und viele Offiziere; auch ein Hauptmann Auditor wohnte beute, wie man annimmt in o fisteller Eigenschaft, im reservirten Bu hörertaume der Verhandlung bei. Während dieser Baufe ent stand an der Garderobe, die fich im Beftibule vor dem Schwu perichtsfaale befindet, ein großer Standal. Ein gewiffer Dr. Peter Edler v. Oberleithner, der offenbar mit einigen anti semitischen Gesinnungsgenoffen, darunter der Gymnaftal Pro feffor und Reichsraths Abgeordnete Fiegl, der Verhandlung beigewohnt hatte, rief plöglich:" Die Juden find alle Betrüger und geboren alle bierber!" Einer der Beschädigten im Broseffe, ein Jube, ftellte Oberleithner wegen dieser Aeußerung energii Aur Rebe. Nun erhoben die Antisemiten ein großes Geschret, andere Bersonen mischten fich gleichfalls in den Streit, Juden, als ob fie im Tempel wären!" Nun wurde der Lärm und Gymnaftal Profeffor Fiegl schrie: Was frafeblen die noch ärger, man brang auf Dberleithner und Fiegl ein, unb nur dem Eingreifen der Gefangenbauswade gelang es, die Genannten vor Schlägen zu schüßen. Nun rief man ber Wacke zu, fte möge Oberleithner verhaften: Diefer aber sief:
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Was, mich wollen Sie verhaften laffen? Sh bin ein Du bruder des Herrn Landesgerichtsrathes Dr. v. Holzinger, und ich werde ihm morgen schreiben, daß er solche Leute nicht in den Saal laffen foll." Und diefer Herr," rief er, auf ben Gymnaftal Profeffor Fiegl deutend, ift der Reichsraths Abgeordnete Flegl." Nun schrien die Antisemiten, man möge eine Person, die fte im Bublifum gepackt hatten, verhaften. Der Lärm bauerte eine Weile ſo fort. Man rief den Antisemiten zu:„ Das ist eine abscheuliche Feigbeit, bas ist ein büdisches Benehmen." Inzwischen lam ein Bachmann an den von den Antisemiten bezeichneten Mann heran, um ibn zu verhaften und auf die Polizei- Wacoftube zu führen. Die Umstehenden schrien, Oberleithner und Flegl sollten mitgenom men werden, und unter fortwäbrendem Geschret und Geschimpfe strömte Alles von der Alferstraße, wo fich eine Menge Leute anschloffen, zur Widenburgstraße. An der Ede dieser Straße erklärte Gymnaftal- Profeffor Fiegl, er gebe nicht mit zur Wah ftube. Neuer Lärm und Rufe: Das ist schändliche Feigheit, nur im Reformverein haben Sie Muth!" Die Antisemiten geordneten zu beleidigen!" Und so ftrömte der Haufe Menschen fich immer vergrößernd, unter tobendem Lärm in die Widen burgstraße. Nur mit Mühe vermochte der Wachmann eine
Schlägerei zu verhindern. Mittlerweile gelang es doch dem entstehen, und der Wachmann konnte nun ben arretirten u Gymnafial Brofeffor Fiegl, fich bei einem Haufe der Dienge zu Wachstube führen, wo derselbe nach kurzem Berhöre freig laffen wurde.
Budapest , 21. September .( Das naffe Grab.) Der au Budapest gebürtige 19 jährige Tagelöhner Josef Bölcser fiel beute Mittags nächst Altofen während der Arbeit von einem
Laftschiffe in die Donau und ertrant.
Mailand, 19. September. Unwelt Cuggiono auf ber Dampfstraßenbahn Magenta Milano ereignete fich am 14. D Abends gegen 9 Uhr ein schauberhaftes Unglüd. Ein mit einem Pferd bespannter Wagen bewegte fich langsam vorwärts Der Fuhrmann schien in tiefen Schlaf versunken. Blöglich an einer Rurve erschien der fabrplanmäßige Dampftrain mit voller
8 Ubr, in Niefi's Salon, Kommandantenftr. 71/72. Tage auf dem neben der Hauptstraße befindlichen Trambahngeleife
2. Rechenschaftsbericht über die Thätigkeit des Vereins. 3. Wahl eines Schriftführers, Ver
schiedenes, Fragelaften. Die Versammlung findet bestimmt ftatt. Geschwindigkeit. Der Maschinist und Heizer machten beim An
welche über 15 Wochen rückständig find, gestrichen werden, falls dieselben fich bis Montag nicht mit dem Kafftrer ver ständigen.
Fachverein der Rohrleger. Nußerordentliche Versamm lung am Sonntag, den 26. Septbr., Bormittags 10 Ubr, im
um bas drohende Unglüd abzuwenden; doch au spal, bie Distanz war viel zu fura, um den Train zum Halten zu bring gen, und so fuhr derselbe mit voller Kraft auf das Fuhrwert ein. Pferb und Mann wurden in entseglicher Weise verfilm
Berantwortlich für den politischen Theil und Soziales Max Schippel , für Bereine und Versammlungen 8. Tubauer für den übrigen Theil der Seitung N. Cronheim, sämmtlich in Berlin
Sieran eine Beilage.