Dem frechen Bengel: Wirf doch den ganzen Bengel in die Spree, damit det Lamento uffoort." In diesem Augenblic lam vom Hotel d'Angleterre her ein Herr, welcher von Weitem Beuge des Borganges gewesen ist, um der bedrängten Frau L. Ife zu leiften. Es fuchte den roben Batron zu faffen, doch Dieser entwand fich bald und fuchte mit seinem Genossen das Weite, so daß der freche Streich leider ungeahndet bleiben wird.

Wegen raffinirter Zechyrellerei, die fich als Betrug Tennzeichnet, wurde die unter fittenpolizeilicher Kontrole ftebende unverebelichte R. verhaftet. Sie miethete vor einigen Tagen Abents im 8yhotel ein Bimmer, ließ fich ins Fremdenbuch als Puzmacherin Elise Jacob aus Karlsruhe   eintragen und ein gutes Diner nebft einer Flasche beften Burgunders auftragen. Die Nacht brachte sie außerhalb des Hotels zu, lebete aber am folgenden Morgen zurüd, beauftragte den Bortier, 7 Mart 50 Pi. Droschlengeld für fle au verauslagen, ließ fich ein Bad bereiten und verzehrte mit großem Appetit eine bestellte Mahl. zeit und eine Flasche Burgunder. Als der mistrauisch ge wordene Oberfellner um Bablung hat, stellte sich heraus, daß die K. nicht einen Pfennig Geld besaß.

Verfuchter Diebstahl im Opernhause. Am Abend des 22. b. M. nab Schluß der Vorstellung ini tönigl. Opernhause bemerkte ein Billeteinnehmer, daß beim Heraustreten des Bu blikums aus dem Parquet in den Garderobenraum ein dürftig gekleideter Mann ohne Borzeigung der Matte einen Baletot Dom Garderobenständer herabnahm und fich mit demselben entfernte. Der Dieb wurde feftgehalten und der Ueberzi: ber feinem Eigenthümer, einem biefigen Raufmann, wieder zuge stellt. Der Thäter nannte fich Krüger und behauptete, daß er fich nicht, um Baletotdiebftäble auszuführen, sondern um eine Anstellung als Statift zu erlangen, in das Theater eingeschlichen babe. Auf Grund des Verbrecheralbums wurde in dem Diebe Der vielfach wegen Diebstahls, julegt mit 6 Jahren Buchthaus, bestrafte Steinbruder Gunede ermittelt.

Wie dem Börs. Kour." mitgetheilt wird, befand sich Donnerstag, früb, die Leiche des Gelbsta örders, welcher fich am Montag bend auf der Görliger Bahn zwischen Adlers hof und Glienicke   auf die Schienen warf, noch immer etwa bundert Schritt von dem Thatorte entfernt auf offenem Feloe. Der Rumpf und der abgetrennte Kopf liegen zum Entfeßen ber Baffanien und Insaffen der vorbeifahrenden Büge nabe an den Geleisen. Es scheint unbegreiflich, daß von zuständiger Stelle nights gesat ht, um diesem peinlichen Buftande ab aubelfen.

Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete fich gestern Vormittag auf dem Grundstüd der Chemikalienfabrit von Dr. Winbender, Rottbuserste. 14, dadurch, daß ein dort beschäftigter Monteur eine Treppe hinunterstürzte und sich derartig an den Beinen verlegte, daß er nach dem Krankenhause Bethanien überführt werden mußte.

Einen schnurrigen Aublid gewährte gestern Vormittag Die Bentralmaitiballe. Männer und Frauen entströmten der felben fortwährend, Jeder mit einem Baar lebender Enten im Arm. Für manchen neuen Herbftanjug mag dieser Transport Don unauslöschlichen Folgen gewesen sein. Ein Matler vers fteigerte nämlich einen großen Boften dieser Thiere. Der Aus. tufer schvang bekändig zwei dieser schrecklich schreienden Enten vögel boch in der Luft und zu 2,10-2,40 Rart das Paar gingen fte reißend fort.

Auf dem Flure des Hauses Köpniderstraße 173 wurde am 23. b. Mts., Abenos, ein etwa drei Wochen altes Rind ausgefest aufgefunden. Befleidet war daffelbe mit einem weißen Hemochen und einem schwarz und weißgeftreiften Widelbande. Das Kind, welches in eine weiß und blau geftreifte Windel gewidelt und in ein großes graumollenes Umschlagetuch gebuut war, wurde in das Städtische Waisen haus aebracht.

Wegen gewerbsmäßiger Hehlerei wurden ein Leber arbeiter W., welcher den in großen Ledergeschäften angestellten Sausdien en aufpaßt, fie in Lotalen freihält und dann ver leitet, die Prinzipale au befteblen, sowie ein Golbarbetter 8., welcher den lüderlichen Mädchen die von den letteren ben angelodien Männern gestohlenen Uhren ablaut, ver baftet

Das Messer spielte in der vorvergangenen Nacht zwischen 8 und 4 Uhr eine blutige Rolle. In der Kochstraße geriethen vier anftändig gelleibete berren" in Streit, der schließlich zu einer erbitterten Schlägeret ausartete, wobei zwei der Bethei ligten die Meffer zogen und gegeneinander losgingen. Hinju gelommenen Baffanten gelang es mit vieler Mühe, die Er bitterten auseinander zu bringen. Auf deren dringendes Bit ten wurde von der Feststellung ihrer Namen Abstand genom men. Einer der Mefferbelben erhielt mehrere Stiche im Dber arm, Rüden und der Seite und mußte von seinem Bekannten in einer Droschte nach seiner in der Reichenberger Straße be. Iegenen Wohnung geschafft werden. Der ganze Huftritt spielte ft mit so wenig Lärm ab, daß es nicht zu verwundern ift, bas lein Schußmann oder Nachtwächter aufmerksam wurde. Die Betheiligten werden also wohl ftraflos ausgehen. Dafür find es auch: rren"!

Markthallen Bericht von J. Sandmann, Kädtischem Berlaufsvermittler, Berlin  , Sentral- Martthalle, den 24. Sep tember 1886.

Blumen und Blätter. Die eingetretenen Fröfte haben die Rosenblüthe sehr beeinträchtigt, so daß die Bufuhr nur noch gering ift. Die Preise find steigend. In Kurzem wird die Bufuhr ausländischer Blumen beginnen tönnen. Lorbeerblätter 3-4 R. pro Rorb. Rosen 5-6 M. pro 100 Stüd.

Wild. Rebe 70-90, Hirsche 35-55, Bildschwein 25-35 Bfennig pr. Bfd., Rebbühner, junge 95-120, alte 70-85 Bf., Fasanen 3 M., Wachteln 50-60 Bf., wilde Enten 0,80 bis 1,20, Dafen 3,00-4 Mart per Stüd

Geflügel. Junge Banfe   2,50-3-5 R., junge Enten 1-1,50-2,00 Dart, junge Hübner 0,45-0,80 M., alte 1,00-1,40 R., Tauben 30-45 Bf., Boularden 4,50-8,00 R. per Stid.

Butter. Frische feinste Tafelbutter c. 115-120, feine Butter L 108-115, II. 98-106. III. fehlerhafte 82-90, Lanbbutter 1. 92-98, II. 75-85 D., Galizische und andere gerinafte Sorten 55-72 Dart ver 50 Rilo.

Säfe. Tendenz ruhig. Echter Emmenthaler 75-80 Mart, Westpreußischer Schweizerfäfe L. 56-63., II, 50-55 R., III. 45-48., Quadrat Badftein I. fett 22-25

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12-18., Tufter Fettkäafe 45-56-60 M., Zilftter Magertäfe 18-23 Mart, Limburger L 80-35 R., II. 20 bis 25., rheinischer Holländer Räse 45-58 M., II. Waare 35 M., echter Holländer 65 M., Edamer L. 60-70 M., II. 56-58 M., franzöfifchez Neufchateller 16. per 100 Std, Camembert 8,00-8,50 DR. per Dyb., Mainser 4.00 M., barzer 3,50 per 100 Stüd, Roquefort 1.20-1,50 pr. Pfd. Eler. 2,00-2,60 M. ser Sod fteigend.

bonig, teiner deutscher 60, feinfter weißer 70-80 R. pr. Str.

Geräucherte Hise. Rheinlachs 2,50-2,90 D., Wesers und Oftseelachs 1,20-1,40 R., geräucherte Male 70-100 bis 1,30 Br. pr. Bfb., großer Delilatesaal 1,50 per Bfb., Flundern, tleine 2,75-3,50, mittel 4,50-8, große 12-20 R. Badlinge, 3,50 bis 5,00. Dorsch 3-10   t. per 100 Stüd. Sprotten 0,40-0,50 per Bfund.

Rrebfe. Kleine, 10 cm. 1,00-1,50 M., mittel 2-4 R große 8-12 R. per Schod. Hummern 1,30-1,60. per Pfund.

Lebende Fische. Mal, mittelgroß 80-95, große 1,13 M. becht 60-70 Bf., Schleie 80-90 Bf. per Bfund.

Seefische. Lachs 1,00-1,20-1,30 art, Bander, große, 80-100 Bf., Bech: 40-50-65 Bf., Steinbutte 70-80 Bf Gee aunge, große 0,70-1., mittel 50-60 Bf, colle 10-25.,

Schellfisch, große 20 Bf., Rabliau 15 bis 20 f. per Bfund, Matrelen 40-60 Pf. pro Stüd.

Gemüse und Dot. Neue franzöfifche Wallnüsse 40. pr. Ctr. Pfirfiche 25-45 M., Tomaten 10-15 D. per Cir., Weintrauben 25-30, Bflaumen 4-8 M., Birnen 5-10 M., Mepfel 5-10 M., Bwiebeln 2,00-3,00 R. pr. Str., Schalotten 6-7 M., Neue faure Gurlen 1,80-2 M. per Schod. Paradies äpfel( Braugim) 1,50-3,00 pr. Stüd, Ananas 2,50-3,00 Mart pr. fb. Bfd. Breiselbeeren 9-10 D. Bentner, Karotten 2,50-5 D. per 100 Rilo, Wirfinalohl 2-3 R., Roth und Weißtohl große Köpfe, 3-4 M. pr. God, Blumenkohl 10-15. pr. 100 Stüd, Meerettig 6-12 M., Kartoffeln, im Preise steigend, weiße 3,50-4,00., rothe 2,80 bis 3,00 R., blaue 3,00-3,60 3,50-4,00., rothe 2,80 bis 3,00 R., blaue 3,00-3,60. pr. 100 kilo.

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Polizei Bericht. Am 23. b. t. Bormittags ftürzte ber bei den Kanalisationsarbeiten in der Verlängerten Zrififtraße beschäftigte E.darbeiter Bagel, als er an einer verbotenen Stelle in die über 6 Meter tiefe Baugrube fteigen wollte, so unglüdlich in dieselbe hinab, daß er mit dem Kopf auf die Spundwand schlug und einen Schädelbruch erlitt, an dem er schon auf dem Transport nach dem Augufta hospital verstarb.

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Um dieselbe Zeit wurde in der Poststraße ein Handlungs lebtling durch einen im schnellen Trabe aus der Brobststraße einbiegenden, von dem Kutscher Schulze, Antonftr. 49, geführten Wagen der Moabiter Eisaerle überfahren und am rechten Fuß nicht unbedeutend verlegt. Gegen Mittag machte in einem Militär Shießstand in der Hafenbaide ein etwa 50 Jabre alter Mann, anscheinend Arbeiter, den Versuch, sich an einem Baum zu erhängen, wurde aber noch recht gett'g zeit g abgeschnitten und mittelft Krantenwagens nach Der Charitee gebracht.-Am Nachmittage vergiftete fich ein Mann in feiner Wohnung in der Höftenstraße mittelft Cyantali. Um dieselbe Beit wurde eine 78 Jahre alte Frau beim Ueberschreiten des Fahrdammes vor ihrer Wohnung Lindenstraße Nr. 33 durch einen von einem jungen Burschen im schnellsten Laufe geschobenen Handwagen umgeflogen. Sie erlitt dadurch einen Bruch des linten Unterschenkels.

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24. b.., früb gegen 5 Uhr, entgleifte auf dem Boisdamer Bahnhof ein Extrazua mit Reservisten des 3. Garde Ulanen Bahnhof ein Extrazua mit Reservisten des 3. Garde Ulanen Regiments, wobei 8 Ulanen schwer und 3 leicht verwundet wurden. Die Ursache der Entgleisung ist wohl darin zu suchen, baß der einfahrende Bug unmittelbar vor der Einfahrt in die Sille gegen einen auf dem Nebengeleise stehenden Bug an ftreifte.

Gerichts- Zeitung.

Die unfreiwillige Heldin des Gräf  - Prozesses, Bertha Rother, beschäftigte dieser Tage das hiesige Schöffengericht, doch handelte es fich nicht um die Berfon derselben, sondern nur um ihr Bildniß. Eine Anzahl hiesiger Kunstbändler, wie Quaas, Pribil, Linderer u. A. waren wegen Verlaufs un züchtiger Bildwerte zur Verantwortung gezogen worden, well fie awet Bilder, Die büßende Magdalena" und" Der Schlaf", melche jenes vielbesprochene Künstlermodell in allzu großer Naturtreue darstellten, verlauft haben sollten. Daß diese photographischen Bilder nicht an einem Uebermaß von Verschleierung litten, ergiebt sich aus der Natur der gewählten fünstlerischen Motive, sowie aus dem Bed, welchen fie verfolgten: fie waren gewissermaßen die Biftienfarten des Frl. N. und für diejenigen Künstler bestimmt, welche sich ihrer als Modell zu bedienen beabsichtigten. Bwei Rriminalbeamte machten f. B. eine Runde durch die verichte benen Kunsthandlungen und forderten Bilder des Fräulein R. Wurden ihnen dann die alltäglichen Porträts vorgelegt, dann ließen sie den Wunsch durchblicken, daß fie etwas pilantere Auf nahmen lieber hätten, und wenn dann die ,, büßende Mag balena" und der Schlaf" bargereicht wurden, dann erklärten Die Beamten unter Rittheilung ihres Amtes, daß fie dieselben beschlagnahmen müßten. Die Staatsanwaltschaft hielt die Bilder für unzüchtige und die Angeklagten für firafbar, die Vertheidiger verlangten dagegen aus juristischen und thatsäch lichen Gründen die Freisprechung. Sie führten aus, daß fqueftionirten Bilder an fich durchaus nicht unsüchtige feien und auch dadurch nicht unzüchtig werden könnten, daß bie Person, deren Büge die Figuren fragen, nun wiber ihren Willen öffentlich bekannt geworden ist. Der Gräf   Brojes werde nach dieser Richtung hin die öffentliche Moral schwerlich ummodeln. Jm Uebrigen seien die Beamten insofern au vor fchnell vorgegangen, als sie die Bilder tonfissirten, bevor fie Dieselben bezahlt und damit gekauft hatten. Das Gefes be ftrafe nur das Verlaufen und die öffentliche Schauftellung un süchtiger Bilder, nicht aber das Fellhalten solcher. Sachverständiger wurde u.. auch der Runftautiionator Leple vernommen, welcher erklärte, daß er die betreffenden Bilder event. anftandslos zur Muttion bringen würde. Der Gerichts. hof seinerseits erfannte den unzüchtigen Charakter der Bilder nicht an und sprach aus diesen und den angeregten juristischen Gründen ble Angeflagten frei.

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Die Hirsch Dunder'schen Gewerkvereine find politische Veretne, in diefem Sinne entschied am Donnerstag der Straf senat des tönigl. Rammergerichts. Der Sachverhalt ist folgen. ber: Gegen den Vorstand des Hirsch Dunderschen Drtsver eins der Handwerker und Arbeiter zu Brig   war ein Strafbe febl ergangen, weil derfelbe es unterlassen batte, der Polizei behörde von der Veränderung ber Mitgliederzahl Mittheilung zu machen. Der Vorstand frug auf richterliche Entscheidung an, wurde jedoch vom Schöffengericht zu Rigdorf zu der im Strafbefehl festgefeßten Strafe verurtheilt, biergegen von der Siraflammer des Landgerichts II   hierfelbft unter der nnahme freigesprochen, daß die Hirsch Dunderschen Gewerfveine nicht als folche anzusehen seien, welche eine Einwirkung auf die öffentlichen Angelegenheiten besweden und mithin das Gefes, betreffend die Berhütung des Migbrauchs ter Bereins und Bersammlungsfreiheit vom 11. März 1850, auf die felben teine Anwendung fände. Gegen dieses Urtheil legte bie Staatsanwaltschaft die Revision ein, welcher bie Dber Staatsanwaltschaft in dem heutigen Termin beitrat. Dem gegenüber plaibitte der Bertreter der Angellag ten auf Burudweisung berselben und verwies darauf, das bas Berliner   Polizeipräsidium die in Rede stehenden Vereine noch nie als politische angesehen habe und dieselben als in ibrer Organisation pernichtet au betrachten feien, falls fie legtinftanslich für politische erklärt würden. Der Straffenat des Rammergerichts bob jedoch bas freisprechende Urtheil ocs Borderrichters auf, indem er begründend ausführte, daß es feinem 8weifel unter liege, daß die Gewerkvereine nach den in threm Statut aus. gesprochenen Tendenzen zu Gunsten ihrer Mitglieder eine Einwirtung auf die öffentlichen Angelegenheiten und zwar nach der sozialpolitischen Richtung bin bezweckten. Eines Nachweises Darüber, daß die Vereine thatsächlich diese Einwirkung aus zu üben versucht haben, bedarf es zur Anwendung des genannten Gesezes nicht. In der Eahe eine Strafe feftzufezen, ist der Gerichtshof nicht in der Lage, well bierzu die thatsächlichen Feststellungen des Borderrichters nicht ausreichen. Es mus baber die Sache an denselben zur anderweiten Berbandlung und Entscheidung, wobei er an den vom Senat aufgestellten Gefichtspunkt gebunden ist, zurückgewiesen werden.

Durch eine Entscheidung des Kammergerichts bat

ber§ 343 der Strafprosesordnung eine Entschränkung er fahren, die beffen Anwendung faft zur Unmöglichkeit macht. Nach diesem Paragraph soll jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Redismittel auch die Wirtung baben, bag bie an gefochtene Entscheidung auch zu Gunsten des Beschuldigten ab geändert oder aufgehoben werden kann. Ein im Tiergarten bes häftigter Gärtner hatte einen berittenen Schußmann von

einem Promenadenwege gewiesen und hat fich dabel nach der Bekundung des Schußmanns des Ausdrucks scheeren Sie fich weg" bedient. Das hiesige Schöffengericht verurtheilte den Gärtner unter Ablehnung der Vernehmung von Beugen bar über, Daß derselbe fich des betreffenden Ausdruds nicht bebient habe, zum niedrigsten Strafmaß Don 3 Marl. Auf Bureben Bureben seines Borgesezten ließ ber Angeklagte dieses Dieses Urtheil unangefochten, doch Tegte Die Staatsanwaltschaft Berufung ein, um eine höhere Strafe zu erzielen. Der Angeklagte verlangte auf Grund des oben gebachten§ 343 Sir. P. D. seine Freisprechung, die von ihm geladenen Beugen hatten ihn auch vollständig entlastet. Die fünfte Straflammer wies dieses Verlangen als unberechtigt aurüd, well nach§ 868 Str. Pr. D. der Prüfung des Bes rufungsgerichts das Urtheil nur insoweit unterliegt, als bas felbe angefochten ist. Die Anfechtung fet aber nur wegen des Strafmaßes erfolgt, also auch nur dieses zu prüfen. Somit war die erftrichterliche Festellung der zweiten Entscheidung au Grunde zu legen; die Strafe selbst erhöhte der Gerichts bof auf 10 M. bof auf 10 M. Stergegen hat der Angeklagte Revifion ein gelegt und hervorgeboben, daß bei der stattgebabten Huslegung bel§ 343 der Angellagte niemals ba on proflitren tönne, ba die Staatsanwaltschaft ja nur gegen Freisprechungen oder zu niedrige Strafen das Rechtsmittel einlege.- Das Kammergericht verwarf aber aus den vom zweiten Richter geltend gemachten Gründen die Reviston.

Wegen Bigamie hatte fich gekern vor der 2. Straf fammer des Landgerichts II   der Schuhmacher Ludwig Degen aus Röpnic zu verantworten. Vor Jahr und Tag verließ der Angeklagte feine erste Ehefrau, mit weicher er in ftetem Un frieben und im Allgemeinen höchst unglücklich gelebt; die Frau blieb in Berlin  , während Degen fich nach seinem jezigen Wohnort Röpnid begab. Dort lernte er eine Andere fennen und lieben, welche er noch vor Beendigung des zwischen ihm und feiner erften Frau schwebenben Ehescheidungspooseffes und unter Berschweigung diefer Thatsache heirathete. Die erste Frau erfuhr hiervon nachträglich und gegen Degen ward dem nächst inflage wegen Bigamie erhoben. Die mit seiner erfien Frau geführte überaus unglückliche Ehe brachte der Ange flagte als Entfuldigungsgrund vor. Der Gerichtshof lieg diefe traurige Thatsache als strafmildernd gelten und er lannte demgemäß unter Annahme mildernder Umstände auf 1 Jahr Gefängniß.

gegen

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war

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oder:

nicht

In geheimer Sigung der Stadtverordneten- Ver­fammlung zu Alt- Landsberg   stand am 10. Februar d. J. die Wahl eines Stadtarmenarates auf der Tagesordnung; der am Drte ansässige Dr. med. Liedtle war zu diesem Zved in Borschlag gebracht worden und über die Entschließungen der Bersammlung in biefer Angelegenheit ein Protokoll aufgenommen worden, welches gerade zur Berlesung gelangte, als der Stadt verordnete und praktische at Wilhelm Heymann eintrat. Heymann ftand mit seinem Berufsgenoffen nicht auf freund schaftichem Fuße; er hätte gern ein anderes Wahlresultat her beizuführen gewünscht; deshalb und in Ecwiderung auf einen, ben ihm unliebsamen Randidaten betreffenden, verlesenen Baffus ließ er daher den Zwischenruf erfchallen: Was, gegen den Dr. Liebile soll nichts einzuwenden sein? Jawohl, derfelbe ift ein ganz gewiffenloser Arat Mensch Genau Batron!" Den Wortlaut bes beleidigenden Bräditats vermochte selbst Dr. Liebife bei demnächst erfolgter Strafanzeige Heymann anzugeben, indefen genügte aur Einleitung des Strafverfahrens wegen öffentlicher Beleidigung der dem Dr. Stebite als Arzt gemachte Vorwurf der Gewiffenloftgtett. Vor der Straflammer des Landgerichts II batte Heymann in einem früheren Audienzs termin am 2 Jult d. J. der gegen ihn erhobenen Anklage den Einwand entgegen gefest, daß er den gegen Dr. L. erhobenen Borwurf auf eine erweislich wahre Thatsache füße, nämlich die, baß Dr. Liedile gelegentlich den vor einiger Zeit erfolgten Tob einer Frau, deren Mann den Dr. L. als Geburtshelfer babe rufen laffen, durch seine Gewiffenloftgleit verschuldet habe. Der Gerichtshof beschloß damals, dem Bewetsantrag des Angeklagten ftattgebend, diejenigen Personen, welche aweds Beweises ber Wahrbeit von dem Angeklagten in Borschlag gebracht, voz auladen. Nach der von dem Angeklagten gegebenen Darstellung follte Dr. L. in einer Nacht der Frau des damaligen Nacht wächters Meißner, jest Milchfühler bei Freienwalde  , in Rindes nöthen belfteben; er wäre in bas fleine Bimmer der Frau mit brennender Bigarre eingetreten und habe dann, als der Ehe mann Meißner ihn gebeten, bie brennende Bigarre fortzulegen, lurzerhand seine Inftrumente wieder eingepackt und das Krantens simmer verlassen, ohne der Frau ärztlichen Beistand angedeihen zu laffen; die Frau sei eine halbe Stunde später, weil ohne ärztlichen Belstand, verstorben. Bum Beweise deffen waren zum geftrigen neuen Audienstermin mehrere Beugen gelaben; zu nächst deponirte die Bebeamme Röppen, welche den Dr. L. zu der Frau des Meißner an das Kindbett batte rufen lassen, daß nach ihrer Anficht damals ein gefährlicher Fall vers gelegen, der das Eingreifen eines Arstes erforderte; Dr. 2. anderer Arst unbedingt gebelt werden müffe. Daß aufgeregte Benehmen des Meißner dem Arzt gegenüber hat auch eine der Bruginnen bei jenem Vorfall wahrgenommen; ob aber und weshalb nicht beymann an Stelle des Dr. 2. in jenem dringenden Falle eingetreten, tam bei der gestrigen Verhand lung nicht zur Erörterung. Auf Grund des Ergebnisse der Beugenvernehmung erachtete der Staatsanwalt dafür, daß das Berbalten des Dr. L. dem Angeklagten nicht das Recht giebt, solche usbrücke, wie geschehen, au gebrauchen; es beft he jedenfalls zwischen den beiden Kollegen eine Feindschaft, ob aus Brobneid oder sonst einem anderen Grunde, möge dabin aeftellt sein bleiben. Der Staatsanwalt beantragte 50 Mart Geldbuse eventuell 10 Tage Gefängniß. Der Angeklagte batte die inkrimirte Aeußerung zugegeben und fich damit fei auch sweimal, des Morgens und in der Nacht, zu der Rindbetterin gelommen, als ihm aber der Ehemann das Rauchen verboten, fet er fortgegangen mit den Worten: Ich hätte doch gedacht, daß der Mann mehr Rüdficht auf seine Frau nehm:!" Meißner babe, nachdem Dr. L. fich entfernt, einen anderen Arst aus dem benachbarten Strausberg   holen wollen, bate aber leinen Wagen auftreiben tönnen. Ebenso deponirte der ac. Meißner und eine andere Brugin. Dagegen stellt Dr. Liebite, als Beuge vereidigt, den Sachverhalt anders bar. Er babe, bevor er mit operativen Eingriffen beginnen durfte, fich die hände gewaschen und bei dieser Verrichtung den Rest einer Bigarre über einer Lampe in Brand gefest, als Meigner auf geregt im höchsten Grade auf ihn autrat mit den Worten: Sie haben hier fein Recht zu rauchen!" Diese unhöfliche De handlung babe ihn bermaßen um seine Rube gebracht, Daß er, ebenfalls erregt wie er war, unmöglich eine Operation vornehmen fonnte und durfte; nach Ber abreichung eines schmersstillenden Arzneimittels set er fortgegangen mit dem ausdrücklichen Bedeuten, daß ein entschuldigt, daß er die lommunalen und die Interessen der Armen sowie diejenigen seines Standes nur babe wahrnehmen wollen. Der Gerichtshof war, nachdem der Bertheidiger sein Blaidoyr abgegeben, bald schlüffig; der Angeklagte ward unter bem Schuß des§ 193 R. Str. G. B. der Beleidigung für nichtschuldig erachtet und bemgemäß lautet das Urtheil auf Freisprechung.

Vereine und Versammlungen.

Der Fachberein der Tischler bielt am 18. September eine Mitgliederversammlung in Jordan's Salon, Nue Grün ftraße 28, ab, in welcher die Beschlüsse des III. deutschen  Tischlertages, ber vom 8.- 10. Auguft hier tagte, besprochen wurden. Der Fachverein hätte fich wohl laum veranlagt ge fühlt, fich mit diesen Verhandlungen der Innungsmeifier au