tagen aufgehört hat. Wenn ich die Bersammelten nach ber Erklärung des Angellagien nicht entfernten, so war für den Beamten die Möglichkeit zum Einschreiten auf Grund des Sozialistengefeßes gegeben. Well die Versammlung fich nicht entfernte, so tonnte er fte auflöser. Wenn Schulte fich darauf nicht entfernte, fo machte er fich firafbar auf Grund der §§ 9 und 17 Absatz 1 des Sozialistengesezes. Sowohl der Angeklagte als bie Staatsanwaltschaft legten biergegen Revifion, Ieptere namentlich beswegen, weil fie der Anficht war, daß Schulze thatsächlich noch den Vorfis der von ihm selbst ge fchloffenen Versammlung nachber noch weiter geführt habe, wo nach Absa 2 des§ 17 zutreffend sein würde. Das Kammer gericht wies jedoch die beiden Revifionen zurüd und erachtete Die Ausführungen des Vorderrichters in jeder Beziehung für zutreffend, namentlich auch darin, daß eine Be sammlung, bie fich tros des Schluffes nicht entfernt, auch noch aufgelöft werden fann.

Die Probefahrt einer Lokomotive. Der examinirte Heizer Albert Meejer in Breslau eibielt am 18. Januar b. J. ben Auftrag, eine auf dem Kanale des Ausfahrtsgeleises vor bem Werkstattsgebäude der Oberschlesischen Eisenbahn fiebende Güterzug Lokomotive Probe zu fabren. Zur Hilfeleistung waren ihm der Vorschloffer Nischte II und der Arbeiter Bru bers beigegeben, meiche mit ihm die Lokomotive bestiegen. Als bie lettere das Ausfahrtsibor paffitt batte, gewahrte Meeser, Daß auf dem von ihm zu befahrenden Geleise ein mit Schnee beladener Wagen fland, auf dem fich mehrere Leute, darunter Der Arbeiter Lerche, befanden. Um nun die vorgeschriebene Fahrt mit der Lokomotive auszuführen, beabsichtigte Meefer, Den Arbeitswagen von dem Geleise über die nächste Weiche hinauszudrüden. Zu diesem Zwede rief der Heizer den auf Dem Wagen stehenden Leuten au, fish möchten fich festhalten und niederseßen, und fuhr dann mit der Lokomotive gegen ben Wagen an. Da derselbe aber nicht so weit wie nöthig aurüdrolite, fubr Meeser noch einmal und beftiger an. Hierbei ftürzte der Arbeiter Lerche, der sich nach dem ersten Stoße auf bie Bordwand des Wagens gesezt hatte, auf das Geleis herab und wurde durch die inzwischen berangelommene Lokomotive erheblich verlegt. In Folge beffen hatte Meeser fich am 30. September vor der Straflammer I des Landgerichts Bres lau wegen fahrlässiger Körperverlegung zu veranimorten. Er gab die erzählten Thatsachen zu, indem er erklärte, daß Lerche lediglich selber an dem Unglück schuld sei. Der lettere,

als

Beuge gehört, bekundete: Er babe nicht geglaubt,

Welse; ebenso braufte er auf, als sein Bertheidiaer erllärte, Daß er, Galeote, seiner Ginne nicht mächtig sei. Das Verhör war furz. Der Angellagte behauptet, den Mord mit vollem Bewußtsein begangen zu haben, um feine Priesterehre zu schußer, da ihm seine geifilichen Borgefesten Gerechtigkeit ver weigert hätten. Gott und die Rirche", fagte er, gewähren Das Recht, die Ebre zu rächen!" Und am Schluffe des Ver hörs rief er in höchster Erregung aus: Nie und nimmer habe ich Gewiffensbiffe empfunden. Indem ich Migr. quierdo tödtete, habe ich gealaubt, ein gutes Wert zu thun. I habe an ben päpstlichen Nuntius und an das Diözesankapitel ge schrieben, daß ich mein Verbrechen nur bereue aus Rüdficht auf meinen Vater und weil ich der Kirche einen Glandal hätte esparen tönnen." Morgen beginnt die Vernehmung der Beugen, deren, ohne die erste, 71 geladen find.

Paris , 30. September. Bor den Geschworenen des Bas be Calais ftanden gestern und vorgeflern die 16jährigen Henri Muchembled, Notarsgehilfe, und sein Beiter Klément Mucham bled, Schlofferlehrling, welche beiden braven Bauernfamilien des Dorfes Rivière les Arras angehören. Sie waren anges lagt und geftändig, die 15jährige Marie Ledont, welche mit Alément ein leines Liebesverhältniß unterhalten, fich dann aber von ihm losgemacht hatte, mit Vorbedacht unter unglaub lich romantischen Umständen erstochen zu haben. Als fi: cin mal einig waren, an dem Mädchen für die Untreue Rase zu nehmen, beriethen fie lange darüber, welche geeigneter wäre, ihnen einige Berühmtheit zu verschaffen, und wurden endlich einig, die blante Waffe sei dem Stride vorzuziehen. Auf dem Jahrmarkte zu Arras tauften fie" awei Meffer, ließen dazu Jahrmarkte zu Arras tauften ft: awei Meffer, ließen dazu Leberfutterale machen und trugen diese dann ftols einige Tage am Gürtel. Inzwischen festen fte nach Art der Helden der Feuilleton Romane des Petit Journal" ihre Selbstbekenntnife auf, in denen der Eine nach Cooper die große Schlange" und Der Andere der bebende Hirse" heißt. Die Zukunft[ önne ihnen nichts mehr bieten, fie wollen also würdig enten. Und nun erzählen fie im voraus mit allen erdenklichen Einzelheiten Die geplante Mordthat und schließen damit, daß fie fich felbft in ihre gesüdten Dolche fürzen. Sie unterliegen freilich, nach bem fte ber armen Marie Lebout 17 Mefferstiche versest hatten, Diesen Theil ihres Programms auszuführen. Die Geschwore nen nehmen mildernde Umstände an und der Gerichtsbof ver urtheilte Beide zu 15 Jahren 3wangsarbeit und je 4000 Ft. Echabenderfag an die Familie der Gemordeten.

lebigt sein, sumal in ähnlichem Falle ein anderer Gerichtshof anberer Meinung sein tann. Die An- und Abmeldepflicht, namentlich wem dieselbe zufällt, muß gefestich klar gestellt werden.

Wie üble Folgen das zu billige Uebernehmen von Submissionsarbeiten haben tann, haben die ursprünglichen Uebernehmer der zur Herstellung der Stallungen des neuen Kasernements in Wandsbed erforderlichen Maurerarbeiten erfahren. Diefelben hatten fich verpflichtet, die Arbeiten für einen Preis herzustellen, welber ca. 6 Gt. unter dem Koften anschlage, der 56 000. betrug, blieb. Nachdem von ihnen ein bedeutender Theil des Mauermerts bereits aufgeführt wor den war, mußten fte plöslich die Arbeiten einftellen. Die Rest arbeiten wurden dann in einer neuen Submission für Rech nung der ersten Uebernehmer vergeben, in welcher der hiesige Maurermeister W. R. H. Sievers als Mindestfordernder mit 48 680 M. Den Buschlag erhielt. Der Ausfall, welcher den erften Uebernehmern hierdurch erwäft, wird dadurch noch er beblich vergrößert, daß der igige Uebernehmer beauftragt ist, bie den lontrattlichen Bedingungen nicht entsprechenden Theile des bisher aufgeführten Mauerwerts auf Rosten der ersteren abreißen und neu herstellen zu laffen. Für diese Arbeiten, welche im Tagelohn ausgeführt werden, erhält derselbe für jeden Gesellen per Stunde 70 Bfg, und für jeden Arbeitsmann per Stunde 58 Pfg.

" 1

Ueber eine Arbeitsüberbürdung von Eisenbahn­arbeitern erhält die Boff. 8ig." von durchaus vertrauens werther Seite folgende Mittheilung: Gewiffe Arbeiten, wie Auswechselung von Schienen an Uebergängen und Weichen, laffen fich nur Nachts ausführen. rftatt aber in foldem Falle endere Arbeiter eisguftellen oder die Betreffenden früber zu entlassen, werden bier Die Kräfte der Leute ausgebeutet. Am Freitag, den 17. September, wurde die in Lichterfelde ar beitende Kolonne, die tbeils in Steglit, theils in Zehlendorf thren Wohnfis hat, um 6 Uhr Abends entlaffen. Es tonnten Die einzelnen also frühestens um e Uhr zu Hause sein. Um 10 Uhr mußten die Arbeiter bereits wieder aufbrechen und um 11 mittel Lowry bie nöthigen Gerätbschaften nach Lichter felde schieben; fie wurden die ganze Nacht hindurch und den folgenden Tag bis 5, die Stegliger fogar bis 16 Uhr Nach mittags bet ftrenger Arbeit feftgebalten, so daß fie neun ebn respettive zwanzig Stunden von Hause fern waren, ohne daß fie bei der weiten Entfernung von Hause in der Zwischenzeit irgend etwas Warmes au effen erhalten hätten. Die bei der Privatbahn geftattete freie Benutzung der Leuten Der verstaatlichten Bahn nicht gewährt. Der Verdienst dieser neunzehnfündigen Leiftung beträgt trop der nächtlichen Arbeit nur 3 M. 40 Bf."

daß der Geizer zum zweiten Male bem Wagen einen Stoß mit Soziales und Arbeiterbewegung. Esenbahn bis aur Arbeitsfielle wird biefen armen Baulen don

Der Lokomotive verseßen werde; er sei vielmehr der Anficht ge­wesen, Meeser wolle rubig an den Wagen beranfahren und denselben mit der Lokomotive verluppeln. Deshalb habe er, ber Bruge, fich, trop der Warnung seiner Genoffen, auf die Bordwand des Wagene gelegt. Der Staatsanwalt beantragte, den Angeklagten zu einer Gefängnisstrafe von einer Woche zu verurtheilen, indem er ausfübite: Es sei ja nicht zu verkennen, daß bei genügender Aufmerksamkeit des Arbeiters der Unfall hätte vermieden werden können. Dennoch set der Angeklagte von dem Vorwurfe der Fahrläfftgleit nicht freizusprechen, weil er gegen die Vorschrift für den Rangitdienst gefehlt habe, nach welcher die Wagen, die mit Personen besezt oder an denen Bersonen beschäftigt find, niemals abgestoßen werden dürfen, fondern, falls ihre Fortbewegung erfolgen soll, mit der Lolo motive vertuppelt werden müssen. Der Vertheidiger, Rechts­anwalt Poppe, trat dagegen für Freisprechung ein, indem er geltend machte: Lerche babe so unbedacht gehandelt, daß er, auch wenn man die Verluppelung vorgenommen, herabgeflürzt wäre. Der Gerichtshof nahm dies ebenfalls an und sprach Deshalb Meeser fret.

-

.

Hirschberg i Schl., 29. September. ( Freisprechung.) Der Gefelle Dstar S. von bier wurde wegen Entziehung der Militärpflicht in contumaciam zu einer Geldstrafe von 200 verurtheilt. Er war nicht wenig erstaunt, als er das hierauf bezügliche Erkenntniß erhielt, denn nach seinen gestern in einem Termine der biefigen Straflammer vorgelegten Militär papieren bat er die dreijährige Militärselt in einem hannover fchen Regimente absolvirt! Selbstverständlich erfolgte ba raufbin seine Freisprechung.

-

tt

Die Wiederbegründung eines internationalen Ar beiterbundes. Die Vertretung der englischen Trades- Unions verständigte den Generalroth der belgischen Arbeiterpartei, daß fie dem Wiederaufbau der Internationale zuftimme. Die Bor lage der Statuten soll auf einem im Jahre 1887 in London ftatifindenden internationalen Arbeiterlongreffe erfolgen.

Bezüglich der Haftbarkeit für spezifische Berufs­trantheiten in Fabriten( z. B. Phosphoinet: ose) wird von Seite des schweizerischen Bundesrathes beantragt, in tas Haftpflichtgefeß eine Bestimmung aufzunehmen in folgen bem Sinne: In benjenigen Industrien, welche gefährliche Krankheiten erzeugen, baftet der Betriebsunternehmer auch für burch Krankheit eines Angestellten oder Arbeiters entstandenen Schaden, wenn die Erfranlung erwiesenermaßen und aus. schließlich durch Fabritbetteb erfolgte. Die nationale Haft pflicitommiffion wird am 11. Ditoter zusammentreten.

Zur Charakteristik der heutigen Konkurrenz. Um ber neuerdings sehr erfolgreichen deutschen Konkurrenz baben Londoner Markt au begegnen, Die auf den: Fabrilanten von Mesfingschlößern in Staffordshire in ihren Fabrilen Dampftraft eingeführt und für eine noch billigere Herstellung Sorge getragen. Die importirten deutschen Artikel werben säuschend nachgeahmt und zu billigeren Breifen angeboten, in Folge dessen mehrere Fabri lanten in Wolverhampton das verlorene Terrain allmälig wiedererobern.

Fabrilinspektorat. Die Amilichen Mittheilungen aus ben Gewerberathsberichten für das verflossene Berichtsjahr liegen jest abgeschlossen vor( vergl. den heutigen Leitartitel) im Buchhandel werden fie allerdings erst im Verlauf der näch ften Woche zur Aufgabe gelangen. Man bat früher bekannt lich viel darüber geklagt, daß der Umfang und der hohe Preis Der Mittheilungen der an fich wünschenswerthen Verbreitung derselben hinderlich sei; auch ward darauf hingewiesen, daß Die Vertheilung der dieselben Gegenstände betreffenden Mit theilungen auf eine große Sabl cinzelner Berichte das Studium und die praktische Verwertbung derselben erschwere. In dieser Begiebung ist Wandel geschaffen worden. Das zur Beröffent lichung gebrachte Material nimmt an Raum etwa den britten Theil des legten Berichtes ein. Entsprechend ist der Preis von 15 M. auf 4 M. herabgesett.

Ueber das Reichsfrankenkaffengeset läßt fi die ,, Elberf. 8tg." aus Hagen folgendes schreiben: Daß das neue Krantenfaffengeset eine ganze Reihe zum Theil recht fühlbarer Rangel befigt, darüber herrscht wohl tein Bweifel mehr; natür lich ist es, daß diese Mängel erft allmälig hervortreten, je lich ist es, daß diese Möngel erft allmälig bervortreten, je nachdem dieselben in der Broris zum Vorschein fommen. Der § 2 Nr. 5 des Gefeßes bestimmt, daß der Versicherungs. iwang burch ftatutarische Bestimmung der Gemeinde ausgedehnt werden fann auf selbstständige Gewerbe treibende, welche in eigenen Betriebestätten im Auftrage treibende, welche in eigenen Betriebsstätten im Auftrage für Rechnung anderer Gewerbetreibender mit der Herstellung ober Bearbeitung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt werden ( Sausindustrie); die Tüffeldorfer Versammlung ver langte ben tiärenden Bufas gleichviel ob dieselben das Rob material und die Hilfsstoffe geliefert erhalten oder selbst be fchaffen". Nun entsteht die Frage: Wer hat diese durch Drtsstatut in den Bereich der Versierung gezogenen Gewerbe freibenden anzumelden? Die anscheinend fo leichte Beant

Wien , 1. Ditober.( Ermordung, burch Mutter und Bruder.) Dieses Verbrechens hatten die Geschworenen bes Kreisgerichtes Brig durch ihr einhelliges Berbilt die Ange flagte Marie Stepida aus ujes schuldig erkannt, und in Folge deffen ward fle zum Tode durch den Strang verurtheilt. Ueber die Richtigkeitsbeschwerde dieser Angeklagten fand beute vor dem Kaffationsbofe die Verhandlung statt. Die zur Ber lefung gebrachten Strafalten boten ein grelles Bild bar. Die Angeklagte, eine 36jährige lebige Berson, ift geftändig, daß fie fich ihres ein Vierteljahr alten Rindes um jeden Preis ent lebigen wollte, und giebt an, daß fie vier Mal Mutter ge worden von vier verschiedenen Bätern, von denen ihr jedoch blos brei dem Namen nach belannt jelen; bas legte Mal sei fie aber felbft ein Opfer der Gewaltthätigkeit eines ver beiratheten Mannes geworden. Is fie nun wegen dieses legten Rindes, Namens Juliana, ihren Dienst in Tuchoris verlor und feinen anderen Blas finden fonnte, lehrte fie am 1. April laufenden Jahres zu ihrem in Slupis zurüdgeloffenen elfjährigen Sohn Auguftin mit der Eröffnung zurüd, baß fie fich oder das Rind umbringen müffe. Darauf widert der fleine Augufiin: Mutter! Ebe Thr ins Waffer foringt, werfe ins ich lieber bie Juliana Waffer." Die Wutter sagt lein Wort, sondern begibt sich mit threm Söhnen aur naben Eger, dort erst wendet sie fich an baffelbe mit den Worten: Nun, Auguftin, werfen wir die " Ja wohl", entgegnet ber elfjährige Juliana in's Waffer?"" Ja wohl", entgegnet ber elfjährige Knabe, ich estränke fie, boch Ihr müßt ihr erft die Brust reichen, daß fie nicht weine, font lönnte ich es nicht thun." Die Mutter tranft noch zum legten Male bas Rinb, füst es, giebt es dem Knaben mit den Worten: Gebe, mein Söhnchen, in Gottesramen, es sei, wie ibm wolle", und eilt von dannen. Der Knabe nimmt das Kind, und in der nächsten Minute iftwortung giebt zu großen Schwierigkeiten Veranlassung, die Die graufige That burch ihn vollzogen. Der Mutter, die er bann einholt, erzählt er, wie fich das Echwesterchen gegen das Waffer gewährt habe, bis es untesfant; es habe ihm so leid getban! Bei der Raffations.Verhandlung vertrat der Verthei biger bie Anschauung, es treffe bie Angellagie nicht das Ber brechen des bestellten Mordes, sondern die entfernte Mitschuld burch Anftiftung zum Diorbe, weshalb über fie nicht die Todes fondern nur eine Retterftrafe u veshängen war, ba das Kri terium bes beftellten Morbi, bas Dingen durch Versprechen, Droben u. s. w., feble. Der Vertreter des General Brofurator opponirte biefer Anschauung, indem er ausführte, in der mißbrauchten Stellung der Wutter zum Sobne fei auch ohne weitere Mittelanwendung die Bestellung" au seben. Der Raffationehof entschied, daß die Richtigteils Beschwerde ver worfen werde. Der Knabe hatte seiner Unmündigkeit wegen nicht gerichtlich bestraft werden lönnen.

-

"

Madrid , 29. September. Vor dem hiesigen Strafgericht bofe haben heute die Berbandlungen gegen den latholifden Briefter Galeote, den Mörder des Bischofs Szquierdo, be gonnen. Galeote ift während seiner Untersudungshaft von feds Meisten beobachtet worten; die Usthelle derselben über feinen Geiftesjufland welchen aber von einander ab. Die einen balten den ungeklagten für vollkommen zurechnungsfähig und verantwortlich, die andern behaupter, daß feine geifligen Fähigkeiten durch Verfolgungswahn und Myftigismus, die fich in der Haft noch gefteigert haben, gestört find. Der Gerichts faal war heute schon vom frühen Morgen an von einer Einlaß begehrenden Menge förmlich belagert. Der Angeklagte wurde ungefeffelt hereingeführt und trat sehr anmaßend auf. Während Der Berlesung der Anklage proteftirte er wiederholt in beftiger

wohl erst dann gang gehoben werden lönnen, wenn das Gefe flarere und mehr ins Gingeine gehende Bestimmungen über bie bisher fehr spärlich bedachte Anmeldung selbst giebt. Daß biele Schwierigkeiten unter Umständen aur schweren Schädigung der betheiligten Kreise führen lönnen, beweist der folgende heute vor der Straffammer verbandelte Fall. Ein Fabrikbefizer in ber Grüne bei Iserlohn beschäftigt eine ganze Menge von Rettenschmieden in der Hausindufirie; die Leute holen fich ihre Arbeit und liefern die in ihrem Hause fertigstellte Waare in Der Fabrit wieder ab. Duro Drtsstatut des Amtes Ergfte werden auch diese Hausindustriellen verficherungspflichtig ge. macht und nach einiger Beit erhält der Fabrilant vom Amte Ergfte ein Etrafmandat( 10 M.) wegen Nitanmeldung dieser Ergfte ein Etrafmandat( 10 M.) wegen Nitanmeldung dieser Hausarbeiter. Der Bestrafte ruft tichterliches Erfenntnis an und wird vom Echöffengericht freigesprochen; augleich aber er tlärt er, daß er sich niemals verpflichten tönne, vielmehr müſſe er, wenn er baju gezwungen werde, sämmtliche derartige beiter aus seinen Diensten entlaffen. Da ouch die übrigen beiter aus seinen Diensten entlaffen. Da euch die übrigen Fabrikanten ebenso denken, war die Aufregung in jener Ge gend feine geringe, zumal die Amtsanwaltschaft gegin das Er lenninis des Schöffengerichts Berufung einlegte. Vor der Gtraflammer führte der betreffende Fabrilant aus, daß die von ibm geforderte An- und Abmeldung eine baare Unmöglichkeit fet; es fehle ibm jebe Kontrole über diese selbstständigen Ar fet; es feble ibm jebe Rontrole über diese selbstständigen Ar beiter, die oft für drei und mehr Fabriken arbeiten; er wiffe nicht, wann fie arbeiten und au welcher Beit gerade für ihn, und binnen brei Tagen bei den fo verwickelten Verhältnissen, und binnen brei Tagen bei den fo verwidelten Verhältniffen, die fich übrigens beständig ändern, die nöthigen Fefstellungen zu mochen, fei er nicht im Stande. Der Angellegte wurde freigesprochen. Damit dürfte die Frage aber noch nicht er.

r

In

Warnung. Der in London erscheinende Anzeiger" warnte die deutschen Arbeiter davor, nach England zu tommen, um Arbeit zu suchen. Wenn irgendwo fich, so beigt es in der Warnung, die Arbeitsloftgleit bitter fühlbar macht, bann ist es hier in London der Fall. Es giebt viele Fabriken, die, wenn sie nicht gat ganz gefloffen find, so doch nur noch einige wenige Tage in der Woche arbeiten, und natürlicher Weise dann auch mit äußerst verringerter Arbeitstraft. Fabriten und Geschäften, wo sonst Hunderte von Deutschen Beschäftigung gefunden haben, ir fit man den Deutschen heute nur noch vereinzelt an. Mit dem Ueberbandnehmen der Are beitslosigkeit steigt im gleichen Berhältniß die Erbitterung des einheimischen Arbeiters gegen den Ausländer. Und nun steht ber Winter vor der Thür; mebr benn je find tie ut fichten auf Erwerb in der Miklonenstadt trüb und ernst, wenn nicht gar troftlos.

Vermischtes.

Erdbeben. Nachdem am 27. September um 4 Uhr Nachmittags ein heftiges Erdbeben in der Dardanellenstraße und in Kleinaften eingetreten war, folgten in der Nacht vom 27. auf den 28. September ziemlich ftarle Erberschütterungen in Langenberg, Gera und anderen Orten Thüringens . So bat fich die veröffentliche Voraussage Rudolph Fald's, welche für die brei Hochfluthtermine am 29. Auguft, 13. und 27. Sp tember Explosionen schlagender Wetter oder Erdbeben anlün bigte, auch in dem dritten Termine erfüllt.

Eine reiche Belohnung ist, wie der Franti. Big." aus London geschrieben wire, in ben legten Tagen einem 8 mmer mann, Richard L. Willinson, für eine von ibm gänzlich ver geffene Heldenshat zu Teil geworden. Jn 1882 ftand Willin­fon in der Nähe von Newcastle ( Uyon Tyne) in Arbeit und fpagierte eines Abends längs des Tynes, als der Beftger einer Roblengrube, Mr. Willis, bes entgegengesigten Weges lam. Mr. Willis wurde von plöslibem Unwohlfein ergriffen, firau chelte und fiel in den Fluß. Wilkinson, der nicht schwimmen fonnte, befann fich nicht lange, sprang ihm nach und brachte nicht ohne Schwierigkeiten ben bewußtlosen Mann ans Ufer. Einige Beit lang lonnte der Gerettete tein Wort fpreden, als er steder zu fi tam, balf Willinson ihm sein Haus zu er reichen. Mr. Willis gab seinem Retter 5 Schilling( Sic!) als Belobnung, faste ihm jeboh, daß er seiner gedenken werde, verlangte feine Adreffe und die feiner Angehörigen und erluns Digte fich genau nach feinen Umßänden. Alles geldonete er in fein Notisbud auf. Bald naaber verließ Willinson die Gegend und ftebelte sich in Stourbridge an, wo er noch jest in Arbeit ftebt. Vor einigen Monaten arb Mr. Willis, der ein finder lofer Wittwer war, mit Hinterlaffung einer Roblengrube im Werth von Lftr. 25 000 und eines Baarvermögens von 2. 1450. Richard Lightfowler Wilkinson war der Univerfalerbe. Der Teftamentsvollstreder ließ in den Beitungen Annonsen einrüden, und Willinson wurde von Freunden darauf aufmerksam ge macht, daß man Jemanden feines Namens fuche, aber er batte Die Lebenssettung des Mr. Willis gänglich vergeffen und achtete nicht darauf. Vor einigen Tagen sprachen swet frembe Herren in der bescheidenen Wohnung seiner Mutter vor, fragten ihn genau aus und da seine Joentität festgelegt war, wurde ihm mitgetheilt, daß er ein Bermögen von über 26 000 Bfb.£ firl ( 520 000 tart) geerbt habe.

Schweineglüd". Aus Wels berichtet man der Linz . Tgp. vom 27. D.: als gestern Abend nad 6 Uhr ber Sanellzug in den Bahnhof einfuhr, sprang ein mit mehreren fura auber aufwaggonistes Schwein in der Nähe des Frachten magazins vor den Bug auf das Babngeleife und der Bug fubr, wie man fab, über das Schwein hinweg. Nachdem aber der Bug die Stelle paifirt hatte, wurde nirgends ein Schwein be mertt, was natürlich sehr auffallend war. Als nun die Raschine ser bem Stationsgebäude filstand, flärte fich erft das Verschwinden des betreffenden Schweines auf. Daffelbe war nämlich merkwürdigerweise auf das vorstehende Brett Des unter der Maschine befindlichen Aschenlaftens geschleudert wor ben und auf demselben liegen geblieben, bis die Maschine vor dem Stationsgebäude und gerade über der Aschengrube still Stand, worauf das Schwein in die genannte Grube sprang und nach Entfernung des Buges von Eigenthümer wieder gana unversehrt abgebolt worden lonnte."

Die franzöfifchen Armeetagen im Budget. Der franzöfifche Bubgetausschus bat in seiner legten Sigung einen bftrich von 8 Millionen vom Heereßerforderniß gemacht, barunter aud 5000 Franken für die Armeelagen, welche in den Bekleidung magazinen unterhalten werden. Diese Thiere bezogen bisher 8 Bentimes Tagesföhnung, waren aber offenbar au gut gefüttert und vernachläfftgten den Mäusefang; die Löhnung ist fest auf fechs Centimes herabgefest.

Berantwortlich für den politischen Theil und Soziales Max Schippel , für Bereine und Bersammlungen 8. Tukauer für den übrigen Theil der Beitung R. Gronheim, sämmtlich in Berlin

Drud und Verlag von Mar Bading in Berlin SW., Beuthstraße 2

Sieran eine Beilage.