Tobung fand am 4. Juni b. J. ftatt. Bald darauf laufte die Braut, die selbstständiges Vermögen befigt, das im Possegaer Romitate in Slavonien gelegene große But Kaptol, welches ungefähr achttausend Joch umfaßt. Am 7. Juli reifte fie in Gesellschaft ihrer Familie und ihres Verlobien nach dem Gute und übergab ihm die Verwaltung deffelben. Dies mißfiel jedoch der Familie Bodmaniczky und hieraus entspannen fich Die ersten Bwiftigteiten zwischen den Bobmanica'y's und Rédey. Mittlerweile erichten in den Blättern die Erklärung eines Barons Gabriel Rédey, dessen Familie mit den preußischen Rédey's in einen Erbschaftsprozeß verwidelt ist und der den Berlobten der Baronin Aranta Bodmanicafy für einen Uur pator des Grafentitels und für einen Abenteurer erklärte. Die Familie Podmaniczky forderte nun Rédey auf, eine Gegenertiärung zu veröffentlichen, was Rédey jedoch unterließ. Hierdurch wurde das Mißtrauen der Familie nur noch erhöht und Baron Ladislaus Podmanic ly fab fich schließlich ver anlaßt, im Egyeté 16" eine Witheilung au veröffentlichen, in welcher er die Verlobung seiner Tochter mit Rédey für ge Töft eflärte. Bugleich mußte Rédey Kaptol verlassen urd Baronin Aranta blieb daselbst unter strenger Aufsicht zurück. Rédey blieb jedoch in der Gegend von Kaptol, bis es der Baronin in einem unbewachten Augenblide gelang, heimlich au entrinnen und mit ihrem Geliebten nach Budapest zu Rieben. Als die Familie von dem Aufenthaltsorte des Paares Renntniß erbielt, sandte sie demselben sofort den Güter- Direttor #mmer nad, mit dem Auftrage, so rasch als möglich die Trauung befelben zu veranlaffen. Ammer leitete die diesbezüg lichen Schritte ein, es erfolgte die kirchliche Verkündigung, boo Inapp vor der Trauung wies der betreffende Geiftliche eine von ber Polizei erhaltene Verständigung vor, laut welcher Rédey in Berlin eine rechtmäßige Gattin babe und demgemäß leine neue Ehe eingehen dürfe. Die Behauptung Rédey's, von seiner Gattin durch ein rechtsträftiges, gerichtliches Urtheil geschieben worden zu fein, nügte nichts, bie Baronin wurde nach Raptol zurüdgebracht und unter noch ftrengere Bewachung geftellt. Nichtsdefto weniger gelang es ihr, auf Umwegen mit den ihr ergebenen Ammer einen Briefwechsel zu unterbalten und auf diese Weise auch Rédey non Beit zu Beit über ihre Lage zu verständigen. Am 25. September lam die Familie Podmaniczky mit Baronin Aranta nach Budapest , wo die Ueberwachung derselben natür Tich eben so sorgfam fortgelegt wurde. Durch Bestechung eines Dieners vermochte Baronin ranta mittelst eines mit Bleikift geschriebenen Bettels Ammer dennoch zu verständigen, daß fie, Die majorenn tft, unrechtmäßiger Weise von ihrer Familie in förmlicher haft gehalten werde; augleich beauftragt fte mmer, mit ihrem Rechtsbeistande, dem doolaten Dr. Alex Vaiß, zur Boliget zu geben und diesbezüglich die Anzeige au erstatten. mmer fam dem Aufirage der Baronin nach; die Boltjet ver fügte die Untersuchung, mit welcher Stadthauptmann Karacsonyi betraut wurde. Derselbe begab fich zu der Familie und erfuhr baselbst, daß die Anzeige Ammer's im fentlichen auf Wahrheit beruhe. Der Stadthauptmann beschied gestern Nachmittag die Familie sammt der Baronin Aranla in fein Bureau. Dalelbft erklärte die Baronin, trop der all. feitigen eindringlichen Ermahnungen, von Rében nicht lassen au wollen, fie schenke ihm ihr Gut, damit er als Groß grundbefiger das Recht habe, hier au bleiben. Rédey bielt fich mittlerweile im Museumgarten auf, wo er die Verstän bigung über den Ablauf der polizeilichen Verhandlung erwar tele. Die Erklärung der Baronin sollte ihm aber nichts nügen, benn er wurde im Museumgarten durch die Bolizei aufgegriffen und auf die Ober. Stadthauptmannschaft gebracht, wo man ihm erflärte, daß er als beschäftigungs. und unterstandsloses Jn. bloiduum, gegen welches übrigens eine amtliche Mittheilung vorlag, daß er in Berlin wegen Diebstahls eine fech monatliche Retlerbaft abgebüßt babe, in haft behalten werde. Es erfolgte hierauf seine Ausweisung aus Beft. Dem gegenüber erklärte bie Baronin, für Rédey das nöthige Reisegeld zu erlegen, da mit er auf anftändige Weise nach Berlin gebracht werde. Sie felbft begebe fich gleichzeitig nach Berlin und werde sich daselbst threm Berlobten antrauen laffen." Das Schlußlapitel dieses bochintereffanten Romanes wird fich also in Berlin vor dem Stanbesbeamten abfpielen. Einem Telegramm zufolge ift Graf Rédey den polizeilichen Begleitern, welche seine Ehrenestorte bildeten, unterwegs entwischt.

De Gerichtsverhandlung gegen die awölffährige Mörderin Marie Schneider bat weit über die Grenzen von Berlin hinaus eine tiefgehende Erregung hervorgerufen. Diese Erregung spiegelt sich in einem Artikel ab, den wir in der Wiener Allgemeinen Beitung" finden. Der Mitarbeiter des Wiener Blattes schreibt: Ein intereffantes Präparat war jüngst in der Straflammer des Landgerichtes in Berlin au feben, nämlich ein Gehirn, deffen mangelhafte Entwickelung man ohne Seffion entbeden und studiren fonnte. Es scheint jedoch, daß Niemand von den Anwesenden den Blid für die intereffante Spezialität hatte, welche in der awölfjährigen Mörderin Marie Schneider verkörpert ist. Die Richter hatten thn am allerwenigften, sonst hätten fte das Mädchen nicht fchuldig gesprochen. Aber auch die Fachmänner zeigten sich der vorliegenden Aufgabe nicht gewachsen, denn fte begnügten fich, in allgemeinen Ausbrüden von der mangelnden Einsicht zur Erlenntniß der Strafbarkeit und von Joiotismus zu sprechen, obgleich hier der befondere Defelt des Gehirns der lindlichen berin offen zu Tage liegt und man tlar bezeichnen fann, welche gelftige Gabe es war, die die Natur der Marie Schneider entweder ganz versagt oder in einer für das Leben ber Gesellschaft ganz unzureichenden Dofts zugemeffen hat. Frei lich fann man diesen Defekt nicht auf dem gewöhnlichen Wege Der anatomischen Forswung entdecken. Stalpel und Lupe allein lönnen bier leinen Erfolg verbürgen. Hingegen ist ein bischen Philosophie vollauf genügend, um die Spalte im Dent organ des lebenden Präparates au finden. Aus den Aussagen der tleinen Verbrecherin geht nämlich flar hervor, daß fte Ge bächtniß, Rombinationsgabe, Urtbeil, furs alles befige, nur nicht Bhantafie. Nun ist aber Phantafte einer der wichtigsten Bestandtheile des menschlichen Geiftes. Sie ist sowohl die eigentliche Würze aller Freuden wie der schmerabaftefte Stachel In allen Leiden. Phantafte ist aber mittelbar die Quelle der Eihil. Denn ohne Phantaste lein Mitleid und ohne Mitleid tein Erbarmen, lein Burüdscheuen vor Thaten, durch welche anderen Schmerzen bereitet werden. Weil die Marie Schnet ber bar jeder Phantafte ift, lonnte sie ihr Kaninchen quälen. Denn fte war bierbei nicht graufam, sondern gebantenlos, richtiger: phantaftelos. Die Phantaste ist die Brüde, welche bie Schmerzen anderer, namentlich solche, die wir selbst noch nicht empfunden haben, uns geiftig vermittelt. Dhne Bbantafte tonnte also die fleine Schneider nicht wiffen, daß das Kanin then leide, wenn fie ihm die Augen ausfirche, und aus Man gel an Bhantafie fonnte fie fich nicht vorstellen, daß fie der fleinen Grete einen schmerzhaften Tod aufüge. Was also Hera und Gefühloßigkeit genannt wird, müßte hier richtig mit Bhantafteloftgleit bezeichnet werden. Und noch in einer anderen Stichtung bat fich die Bhantaftefofiglett als verbängnißvoll er. wiesen. In Folge dieses Mangels batte die Mörderin leine Borstellung von der ihrer wartenden Strafe. Sie glaubte wohl, Daß file gelooft werde, aber daß biefes Röpfen etwas Somerz baftes fel, bavon batte fie teine Ahnung, weil ihr das Drgan febit, fich diese Schmerzen vor das geifiige Bewußtsein au bringen. Da fte Gedächtniß befigt, bat fie fich gemerkt, daß eine Badpfeife etwas Schmerzhaftes set, und die Drohung des Saußmannes, ihr eine Badofeife zu geben, hat fie fofort zum

bas Berbot des Mordes einzuschärfen, müßte man Bor ftellungen an Leiden anfnüpfen, die durch das Ge ftellungen dächtniß bekannt find. Man müßte also ein Argu­mentum ad homineum gebrauchen und thr sagen: ,, Du darfst nicht töbien, sonst erhältst du lein Butterbrod ." Daß dadurch die Schulbfrage wegfällt, braucht nicht erst gesagt zu werden. Aber nicht darum war es uns zu thun; wir wollten nicht beweisen, daß die Marie Schneider ungerecht ver urtheilt worden sei, daß für fie die Verwahrungs und nicht die Strafbaft in Anwendung au lommen babe. Am Ende ist tas Unrecht nicht gar so groß. Denn wie der Mangel an Phantafte die Verantwortuna verringert oder aufhebt, so ver ringert fich auch die Empfindlichkeit für die Strafe, sum mindeften jene der Haft. Für den Bhantaftelofen ist beispiels weise die Einsamkeit nicht so furchtbar, als für die Menschen von reichem Gemüth, welche die Leere mit den Schöpfungen ihrer Phantafte bevölkern, manchmal fich zur Freude, meisten theils jedoch zur Erhöhung ihrer Qual. Kurs, diese Marie Schneider ist durch das, was die eigentliche Ursache ihrer foges nannten Verderbtheit" bildet, burch den Mangel an Bhatafte, gegen die Folgen ihrer aus dieser Verderbthet" hervorge gangenen That gefelt. Nicht um für fte den Schutz der Ge sellschaft anzurufen, haben wir auf diese Anomalie in ihren gelftigen Anlagen hingewiesen, sondern um die Wichtigkeit der Phantafie für die gesellschaftlichen Einrichtungen darzuthun und alle Berufenen zum Studium des Rindes einzuladen, und alle Berufenen zum Studium des Rindes einzuladen, welches als Demonftrations Objekt für den Byhologen geboren wurde."

Mulier taceat", die Frau schweige! Das ist der ver alteifte Rechtssag im ganzen corpus juris. Heutzutage schweigt nicht mal das schüchterne äulein, wenn fie mit ihrer Schneiderin wegen der neuen Robe in Differenzen gerathen ift und nun von ihrer Gegnerin vor das fönigliche Amtsgericht I aitirt wird. Hei, das war ein Bungenlampf, den es im Termin abseßte; staunend hörten ihn Die redegewandten Rechtsanwälte und schwiegen im Bewußtsein ihrer Schwäche diesen Redner tonfurrentinnen gegendber. Aus dem Terminsprotokoll ent nehmen wir den Einwand des Fräuleins, daß die von der Schneiderin gelieferte Kleidertaille aus Sommermuseline fehler baft, weil schief, gearbeitet set. Die Schiefheit giebt Klägerin au, behauptet aber, daß die Taille genau nach der Figur des Fräuleins gearbeitet sei. Man begreife die Ursache und die Deftigkeit des Strettes! Unter diesen Umständen blieb nichts Anderes übrig, als ein sachverständiges Gutachten zu hören; zu diesem Bwed wurde der Klägerin aufgegeben, die fritische Kleidertaille mit zu dem Termin zu bringen. Der Sachver ständige erklärte aber, daß das Fräulein die Taille anprobiren müffe, wenn er ein Urtheil über die Arbeit abgeben solle. Neue Berlegenheit! Die weiten Räume des Amtsgerichts find für solche Vorkommniffe garnicht eingerichtet. Endlich findet fish die Raftellanfrau bereit, die Anprobe in ihrer Privat wohnung ftattfinden zu lassen. Mit der Prozeßtaille angetban, erscheint nunmehr das Fräulein vor dem Gerichtshofe. Der Sachverständige findet die Taille nach eingebender Besichtigung vorn und hinten, oben und unten paffend. Das Fräulein bleibt dabei, die Taille if schief! Der Richter, unter Assistenz des Gerichtsschreibers und einiger Referendare, sucht nun felbft ein Urtheil über die Taille zu gewinnen und alle tom men übereinstimmend au dem Resultat, daß die Taille dem Fräulein ganz famos fipt. Einem solchen sachverständigen Ur theil fann lein Mädchengemüth widerstehen. Das Fräulein erklärt fich bereit, das Arbeitslohn für die Taille zu bezahlen und die Koften zu tragen und völlig ausgesöhnt verlassen die Barteten den Gerichtssaal.

Der Kunftreiter Steller, ein Ueberbleibsel aus der Belt, da der alte Reng'iche Bulus in der Friedrichstraße noch ftand, geht ein. Die engen, behaglichen Räume des niedrigen Restaurants in der Friedrichstraße 100, welches gewis manden Baffanten in den Abendstunden durch ein lleines taftenartiges Transparent aufgefallen ist, welches den limeifter Reng mit einem Schulpferde barftellt, waren der Sammelplatz aller Birtus- Roryphäen, wie überhaupt aller fahrenden Künstler im Allgemeinen, und ein bunteres Leben, ein so bat ylonisches Eprachgewirr tonnte nicht gedacht werden, wie hier bet ,, Bater Scheidig". Da waren Auguft der Dumme", die Dlschanski's, Die Ramilettos, Lulu, die Königin der Luft", Schulreiter und Schulreiterinnen, Jongleure zu Pferde und zu Fuß ftetige Stammgäfte. Von der Tragödie des Trunks, worin der be gabte Boffendichter Belly unterging, bat bier manche Gene gespielt. Hier schloß er Freundschaft mit feinem Leibzwerge, gleichfalls einem Mitaliebe des Birtus, und hier fand er die Typen für seinen Monfieur Hertules". Auch der alte Rena wie deffen Söhne verschmähten es nicht, ab und zu zum Scheibig" hinüber zu fpringen, um fich an feinen vorzüglichen " Scheidig" hinüber zu springen, um fich an feinen vorzüglichen Speisen und Getränten au erfrischen. Mutter Scheibia's" Küche erfreute fich eines Weltrufs bei allen Artiften und die Getränke standen ihr nicht nach. Nun hat auch des Kunst reitertellers legtes Stündlein geschlagen; wie der alte Birkus der Stadtbahn weichen mußte, so fällt ist Scheidig" einem Neubau zum Opfer. 25 Jahre hat Bater Scheibig" mit seiner freundlichen Ebehälfte seines Amtes gewaltet, ein treuer un hänger des Regimes Rena", ein wahrer Vater allen Künfilern ohne Unterschied, stets mit seinem Geldbeutel aur hilfe bereit, wenn er auch wußte, daß an Rüderftattung nicht zu denten war; ebenso ftreng auch bis aur Grobbeit, wenn's galt seiner Autorität bet feinen Gäften Geltung zu verschaffen. Ungern verläßt er die ihm lieb und werth gewordenen Räume, deren gebräunte Wände Bilder aus dem Birkus und Schauleben be beden; Direttor E. Renz und sein Geschäftsführer auf dem Ehren plas über dem lederbezogenen Sopha; aber er ist zähe und gebentt einen neuen Runftreiterteller in der Nähe des Rens schen Birtus zu eröffnen.

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Die mannigfachften Verlegungen in großer Babl lamen während der Umzugstage zum Quartalswechsel vor. In ein zelnen unserer Sanitätswachen betrug die Sahl der täglich be handelten Verwundungen, welche bei dem Auf- und Abladen ver Möbel c. vorgelommen find, jebn bis fünfzehn. Meift waren es Quelschwungen der Hände, Arme und Füße. Schulb an diesen Unfällen tragen zum nicht geringen Theil die schred lichen baulichen Verhältnisse vieler Häuser, selbst neugebauter. Um möglichst viel Raum für die Wohnungen zu erhalten, wer ben die Treppenflune und die Treppen so entseglich eng ange legt, daß größere Möbelstüde nicht oder nur unter den denkbar größten Schwierigkeiten in die Wohnungen oder aus denselben gebracht werden können. Derartige Berhältniffe lönnen bei Ausbruch eines Feuers recht verhängnisvoll werden, benn in der Verwirtung find bald die Ausgänge mit Möbelstücken ver Sperrt und für bie etwa nachfolgenden und entfliehenden Haus bewohner giebt es lein Entrinnen.

Auf eine gang eigenthümliche Weise bat sich ein an

der Friedrichsgracht in Benfion befindlicher Brimaner eine Berlegung der linken Hand zugezogen, welche möglicherweise au einer

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wurde nach dem Leichenschaubause gebracht. Vormittags wurde vor dem Grundstüd Neukölln em Waffer 22 ein etwa 30 Jahre alter Mann bewußtlos und offenbar schwer trant vorgefunden und mittelft Droschte nach der Charitee gebracht. -Um dieselbe 8 it wurde an der Stadtschleuse die Leiche eines etwa 50 Jahre alten Mannes angefchwemmt und nach dem Leichenschauhause gebracht.- In der Nacht zum 7. b. M. machte ein geiftestranter Mann in seiner Wohnung in der Barnimstraße den Versuch, fich durch Deffnen der Bulsadern an der linken Hand zu tödten. Er wurde nach Anlegung eines Verbandes nach der Charitee gebracht. In derselben Nacht gegen 2 Uhr erschien auf der Wache des 35. Polizeis Reviers ein Mann mit völlig durchnästen Kleidern und bes hauptete, in der Nähe des Stettiner Bohrhofes von zwei Rännern überfallen, seiner Baarschaft im Betrage von etwa 100 Mart beraubt und dann in den Landwehrkanal ges worfen werden zu sein. Da derselbe anscheinend trant war, wurde er zunächst mittelst Droschle nach der Charitee gebracht.

Die

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Gerichts- Zeitung.

sozialdemokratischen Erzeffe" am Himmel fahrtstage in Grünau unterlagen am Donnerstag der ftraf rechtlichen Beurtheilung vor dem Schwurgericht am Land gericht Berlin II. Die Anklage lautete auf schweren Land­friedensbruch. Vor den Schranken ftanden: 1) der Maurer Slbert Müller, wegen Bettelns, Widerstandes und Gewerbes vergebens vorbestraft, 2) der Maurer Friedrich Michaelis, 3) Der Maurer Karl Schmidt, 4) der Maurer Gottfried Müller, 5) der Maurer Wilhelm Roll und 6) der Maurer Julius Wagner, sämmtlich in Berlin wohnhaft. Dieselben werden be schuldigt: Bu Grünau am 3. Juni 1886 an der öffentlichen Busammenrottung einer Menschenmenge, welche mit vereinten Räften gegen Personen Gewaltthätigteiten beging, Theil ge nommen zu haben.(§ 125 des Strafgesezbuches.) Durch die Untersuchung, welche volle drei Monate gebauert bat, ist fol gender Thatbeftand festgestellt worden: Die Nr. 126 des, Berl Bollsbl." vom 1. Juni 1886 enthielt ein Inserat, vom Maurer Karl Behrend unterzeichnet, in welchem zu einer von sämmt Itchen Maurern Berlins und der Umgebung zu veran ftaltenden Landpartie nach Grünau am Himmelfahrtstage ( 3. Junt) eingeladen wurde. Am Himmelfabristage erschien in unserem Blatte eine Berichtigung, dahingehend, daß die Ein ladung nicht vom Maurer Behrend, sondern von Stoll ausge gangen fel. Da sosialdemokratische Ausschreitungen" befürchtet wurden, erfolgte die Abordnung von Polizeibeamten und Gen darmen zu der Partie. Am Himmelfahrtstag langten auf dem Bahnhof Grünau 200 bis 300 Bersonen an, zum Theil mit Abzeichen der Sozialdemokratie" als rothen Shlipfen und Bändern versehen. Darunter befanden fich die sechs Ange lagten. Die Gesellschaft begab ft zunächst nach dem Fubre mann'schen und dann nach dem Stein'schen Restaurant. Sm Röpenider Stadtforft, wohin fich die Gesellschaft in Rähnen überseßen ließ, während die Beamten folgten, wurden die Arbeitermarseillaise", Das Petroleumlted" unb ber aleichen gefungen. Hierbei soll sich besonders Albert Müller hervorgethan baben. Am Nachmittag, als die Ausflügeler auf dem Bahnhof Grünau angelangt waren, marichitten fte zum Theil geschloffen auf den Berron auf Es tam zu Händeln amischen einem Gendarm und den u füglern und als der Beamte Namen und Bersonalien bes Haupterjebenten notiren wollte, brang die Menge auf ihn ein und suchte dies zu verhindern. Der Bericht, der augenscheinlich nach der Anflageschrift verfaßt ist, entwirft nun folgende fenfationelle Schilderung der Vorgänge: Der Gendarm wurde von allen Seiten gestoßen, so daß ihm der helm nach vorn in das Geficht rutschte. Albert Müller pacte ihn am Arm während feine Begleiter von hinten nachdrängten. Da bie Menge immer brobender wurde, zogen die Gendarmen( es war Berstärkung gelommen) blant, schafften fich Luft und erklärten Albert Müller für verhaftet. Auf dem Wege vom Bahnhofe zu der Wohnung des Gemeindevorstehers, wohin Müller ge bracht wurde, brängte die gesammte Menschenmenge nach, froßdem fie von den Gendarmen wiederholt zum Burüd bleiben aufgefordert wurde. Es ertönten Rufe, Steine wurden geworfen, der Gendarm Marquardt erhielt einen ber felben an ben Ropf. Der Wurf veranlagte eine ftarle Beule an feinem Ropfe und betäubte ibn, auch fein belm erhielt eine Beschädigung, die denselben unbrauchbas machte. Genbarm Gottschall erhielt von hinten mil einem Rnüttel einen Schlag auf die rechte Schulter. Höhne und Marquardt wurden von einem Manne, der unermittelt geblieben ist, mit einem baumftarlen Rnüttel geschlagen. In besondere reiste der Angelagte Roll seine Genoffen zu Gewalt thätigkeiten auf. Die Menge geborcote Roll, denn als des Gendarm Caefer ihn aufforderte, das Werfen mit Steinen verbieten und dieser der Aufforderung nachlam, wurde bas Werfen eingestellt. Als die Gendarmen mit dem Verhafteten vor dem Haufe des Gemeindevorstehers zu Grünau anlangten, forderte der Gendarm Biehm bie Menge nochmals zum Aus einandergeben auf mit ausdrüdlichem Hinweis auf den Land friedensbruch. Diese Aufforderung war jedoch vergeblich, ben aufgereist durch erneute aufftachelnde Reben Des gefchuldigten Roll stürzte fich nunmehr eine große Anzahl von Berfonen, an der Spize die Angeschuldigten Michael Wagner, Schmidt und Gottfried Maller, auf ble Gendarmen. Die vier Angeschuldigten faßten den eire Gendarm an und versuchten, Albert Müller mit Gewalt au freien. Es tam zu einem heftigen Rampfe, wobei die Gendarmen blant jogen und mehrere der Eredenten, darunter be Michaelis und Wagner, am Stopfe verwundeten. Als be Angriff abgewehrt war, brang der Angeklagte Schmidt po Neuem mit der Abficht, Albert Maller zu befreien, auf die Gendarmen ein, er und Michaelis wurden verhaftet, ebenso Gottfried Maller, welchen der Gendarm Blehm wiederholt ve

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geblich zum Verlassen der Straße aufgefordert batte, der aber Der Berhaftung Widerstand entgegenseste. Wagner entfam

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durch die Flucht. In den Taschen Albert Müllers wube ber Durchsuchung ein hühnereigroßer Stein gefunden, bel Schmidt und Guft. Friedr. Müller wurde je ein Exemplar be in Bürich erschienenen verbotenen Arbeiter Liederbuches vorge funden. Es find 39 Beugen geladen, darunter der Stab Derordnete Herold und der Abgeordnete Cremer; der Berthel biger bat noch vier weitere Beugen geladen, darunter den au gewiesenen Maurer Behrend, der aber beim Beugenaufruf nicht zur Stelle ift. Wegen der voraussichtlich langen Douer Der Berhandlung wird ein Erfasgeschworener außgelooft. Die Angellagten bestreiten sämmtlich ihre Schuld. Ste geben an dem Ausfluge Thell genommen au baben, bestreiten aben barmen vorgegangen zu sein. Der Präfident, Landgerichtsrath

war am Montag bend mit mehreren seiner Freunde spazieren triminirten Handlungen event. auch als Widerstand, Anfrubr gegangen und wollte fich, vor einem Haufe der Dranienfiraße oder Auflauf angesehen werden fönnten, und fordert bie n tehend, an welchem fich vor dem Schaufenster eines Schlächter getlagten auf, he bei ihrer Bertheidigung auf dieſen meisters eine mit Epigen versehene Barrière befindet, früh änderten Gefichtspunkt einzulassen. Damit beginnt die Beweil aufnabme.

zeitiger verabschieden, als es seine Freunde wünschten. Da fte

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ben beiden Händen an diese Barriere, während die Freunde, lung der Sachlage ohne Belang, denn Herr Gremer ftügle feine Das Beugniß des Abgeordneten Cremer ist zur Beurthe ibre Arme von binten um seinen Rörper schlingenb, ibn mit Belunbungen nur auf zufällige Mittheilungen Underer. aller Gewalt fortreißen wollten. Hierbei batte eine der Aussagen ber Gendarmen bewegen fich im Rahmen der 6: ständniß gebracht. Hätte der Susmann gefagt: Geftebe, eisernen Spigen dem Brimaner die innere Handfläche in Bid lage; häufig unterbrachen die Angeklagten die uniformirten oder du wirft geföpft!" er bätte taum einen Erfolg erzielt. zadform derartig aufgeriffen, daß selbst die Sehnen freilagen Belaftungszeugen mit dem Zwischenruf: Lüge." Der Präft

Die Erkenntniß der Strafbarkeit des Morbes war also bei ber Schneider insofern eine unvollkommene, als man feine Mittel ihr die Strafe als etwas darzustellen, was sie in ihrem

bate Intereffe vermeiden müßfe. Um der kleinen Schneider

eigenen

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Das omis

Poliset Bericht. Um 6. d. M. früh wurde im Thier. handlung verhielten fich die Angeklagten rubig. garten in der Nähe der Rüftern Allee ein etwa 50 Jahre alter nöse Fachverein lieb, welches bei jener Gelegenheit von ben Mann, anscheinend Arbeiter, erhängt vorgefunden. Die Leiche Theilnehmern im Chor gesungen wurbe, gelangte zur Ver

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