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berselben läßt erkennen, daß der britische Staatsmann wett ungweideutiger, als der telegraphische Auszug vermuthen ließ, fich für eine Unterfügung Defterreich 3 ausgesprochen bat, falls der Donauftaat genöthigt sein sollte, ben rufftschen Machterweiterungsgelüften auf ber Ballan Halbinsel ein balt augebieten. Die Kenderung in der auswärtigen Politit Englands, welche Churchill auf die veränderten Beiten und Sachverhältniffe zurüdführte, offenbart fich nach der ,, Boff. Stg." nicht als eine Henderung der Biele, sondern nur als eine Menderung der Mittel, mit welchen diese Biele erstrebt werden follen. Dem gegenwärtigen englischen Ministerium gilt es, wie allen seinen Borgängern, als ein Lebensintereffe Englands, Daß die Un abbängigleit Südeuropas ruffifdem Einfluß erhalten bleibe. Während man aber früber dieses Biel durch die Stärkung und Unterstügung der Türkei erreichen zu fönnen glaubte, haben jest bis auf ver einzelte Persönlichkeiten die englischen Staatsmänner aller Bartelschattirungen, durch die Erfahrung gewigiot, die Hoff nung auf die Widerstandsfähigkeit des franken Mannes völlig aufgegeben. Andererseits erblickt man in der Haltung Defter reicht, wie fie in der Rebe des ungarischen Ministerpräsidenten zum Ausbiud gelangt ist, die Gewähr, daß die leitenden Ber förlichteiten in Wien und Beft, gefügt auf das Bündnis mit Deutschland , fich der Pflicht bewust geworden sind, daß Defterreich Ungarn als füdöstliche Vorbut des sivilifirten Europas Die eigene Großmachiftellung durch Ergreifung der Diplomati schen Initiative in dem Widerstande gegen Rußland bethätigen muß. Lord Salisbury batte bereits das Bekanntwerden Des Abschluffes eines engeren Bündnisses zwischen Defterreich und Deutschland als eine fehr erfreuliche Botschaft" begrüßt. Gladstone aber, noch immer unter dem Bann der Joee eines völler urb freiheitsfeindlichen Defterreich aus Metternich'icher Beit stehend, hatte seiner Abneigung gegen die babsburgische Monarchie Durch den berüchtigten ausspruch hände fort!" im Jahre 1880 einen braftischen Ausdrud verliehen. Die nachfolgenden Ereignisse flärten den leitenden liberalen Staats mann Englands und feine Parteigenoffen bald darüber auf, bas bas so viel beige als eine Aufforderung an Rußland , feine Hände darauf zu legen. Die wenig berechtigten, aus bem bulgarischen Kriege ftammenden Eympathien für das ruffische Staatswesen, welche noch in Gladstone's Bruft vot handen waren, erhielten einen argen Stoß burch das rüd

fichtslose Vorgeben rufischer Diplomaten und Grenzgenerale in dem afghanischen Grensstreite. Und was davon etwa felbft Diese Enttäuschung noch übertauert hatte, wurde ficher völlig vernichtet durch das Benehmen, welches der Befreier der Bulgaren feinem angeblichen Schüßling angedeihen ließ. So ift es erklärlich, daß die Konservativen ihrer alten Türken freundschaft und die Liberalen ihrer vorübergehend befundeten Borliebe für Rußland als geborenen Dibner ber Baltanbalb infel entfagen und nach neuen Bundesgenoffen zum Schut Der jungen Freiheit und Unabhängigkeit der Ballanvöller und ber ganzen europäischen Kulturwelt sich umthun müfen.

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Wie weit das Boglotten" in Irland geht, davon liefert folgende faft unglaubliche Thatsache einen Beweis. Ein Mann, Namens Michael Hill, der nebst seiner Familie ge boylottet wird, weil sie für einen unpopulären Gutsherrn ar beiten, lonnte in der Stadt Edenderry keinen Garg faufen, um seine Mutter zu begraben. Er wandte fich vergebens an bret Garghändler, obgleich fie tbm wenigstens soweit halfen, als fie thun fonnten, ohne von den Spionen der Nationalliga entbedt zu werden.

In Portree , auf der schottischen Insel tye, tam bas Truppenschiff, umber", mit 100 Marinesoldaten an Bord, an. Leptere, sowie die Polizei, sollen den Gerichtsbienern als Schus dienen, welche gerichtliche Befehle wegen tid fän. biger Bachtsinse au bebändigen haben. Unter der Bes Döllerung herrscht große Aufregung.

Italien .

Es ist Thatsache, daß Stalten zum Schuß des Mittel meeres gegen russische Einflüsse Fühlung mit England und Desterreich, als mitbetbeiligten Mächten, fucht. Alle italienische Blätter drängen auf den Abschluß eines solchen Einvernehmens, das von der Regierungspreffe indirekt auch anerkannt wird; der Bopolo romano" beftreitet bloß, daß England fich bereits definitiv gebunden habe.

Spanien .

Außer den Ministern des Krieges und der Marine wollen, nach dem Berl. Tagebl.", jest auch, aus verschiedenen Gründen, die ber Juftis, der öffentlichen Arbeiten, des Unter richts und der Rolonien zurücktreten und haben nun sämmt. liche Minister bem Premierminifter Sagafta ihre Bortefeuilles zur Verfügung gestellt. Lepterer wünscht aber, daß das jezige Rabinet, ben in möglichster Bälde einzuberufenden Kortes gegenüber, seinen Bestand behaupte, indem eine Rabinetsver anderung nur weitere Pronunatamientos befürchten laffe, wenn diesen jedesmal eine Minifterlife folge. glaubt übrigens, daß eine etwaige Rabinetsveränderung im liberalen Sinne ausfallen würde.

Man

Szepter führte. Ich erhob mich, bat um Erlaubniß, wieber­Lommen zu dürfen, und entfernte mich.

3wei volle Wochen habe ich ununterbrochen mit ber Familie des Handschuhmachers mich beschäftigt. Mein Freund hat mir feine Schicksale erzählt.

Noch jung, hatte Rudolph in Deutschland die Tochter eines Pastors kennen gelernt, welche ihm Lubmilla fchentie unb furze Seit barauf karb. Nag Tagen bitterer Trauer merkte Rudolph, bas er allein das Hauswesen nicht leiten fönne und verheirathete fich mit einem fartgebauten, träf tigen Mädchen, dessen Vater Gerichtsvollzieher war. Mus biefer Vereinigung entspraß ein halbes Dugend Rinder, und bie Mutter biefer Nachkommenschaft ergriff mit fräftiger Hand die Bügel ber häuslichen Regierung. Alles beugte fich vor ihr, auch ihr Gemahl war ihr vollständig unter thänig. In feiner guten, reinen Engelsfeele hielt er fich schließlich sogar für glücklich in Bezug auf feine häuslichen Berhältnisse und bulbete ruhig die Wareinlichkeit und Un thätigkeit seiner Frau. ( Forts. folgt.)

Aus Kunst und Leben.

Wallner- Theater. Das schier unverwüftliche Bligmabel ift für die Direttion des Wallner Theaters ein nedischer Kobold. Wenn auch der legte Sonntag ein ausverkauftes baus brachte, so mußte man bod barauf gefaßt sein, daß die Wochenein nabmen nachlaffen und die Aufführung des nächsten Repertoir stades( Der Goldonlel) erbelschen würden! Inbeffen muß bie Premiere bes Golsoniels angefichts der täglichen vollen Häuser des Bligmädels vernünftigerweise abermals verschoben merden und bleibt das Bligmabel jedenfalls über den tom menden Sonntag binaus auf dem Repertoire.

Ein verunglückter Luftschiffer. Am vorigen Sonntag flieg, wie wir bem Rev. Beob." entnehmen, aus dem Birkus Schumann in Helsingfors ein Luftballon empor, ben ein ge wiffer Mr. Gats auf einem am Ballon angebrachten Trapez begleitete. Der Ballon nabm, in einer gewiffen Höhe ange langt, die Richtung aufs Meer und war trieb ber ind ion

au dem vor Sveaborg gelegenen Lootsenthurm von Gräbara. Am Sonntag Abend wurden der Ballon und die Schwimm blafen, die Herr Sats mit ft führte, in der Nähe des bes

Baltanländer.

Die Rundreise des Generals Raulbars burch Bul garien unterliegt in der europäischen Bresse nach wie vor Den verschiedensten Deutungen. Manche Blätter erwarten, daß der Rubel in Gofia irgend einen Butich aeitigen werde, und nehmen an, daß der General rechtzeitig Fürsorge treffe, um sein Alibi nachzuweisen. Andere deuten die Rundreise als eine verhüllte Abreise, wieder Andere erinnern an Gladstone's Ver legenheitstheorie, daß die politische Weisheit der Völler in gleichem Maße mit der Entfernung von der Hauptstadt zu nehme, und neigen der Anficht zu, das Kaulbars die Stellung der bulgarischen Regierung von der Peripherie aus zu ers schüttern versuche. Die Auffassung der bulgarischen Regierung eratebt fich aus der Erklärung, welche berr Natschewitsch, der Minister des Auswärtigen, dem Standard" zufolge, Herrn Nefliudow gegenüber abgegeben bat. Natschewitsch bittet Ne illubow, den General auf die Miglichkeit der Reise unter den gegenwärtigen Umständen aufmerksam zu machen. Die bul garische Regierung habe mit Schrecken und Entfegen vernom men, daß Kaulbars am Sonntag fich in einer Volksversamm lung den Launen und der Leidenschaft einer unverantwortlichen Menge ausgesetzt habe. Obgleich die Regierung natürlich ftrenge Weifung geben werde, um den Vertreter des Baren burch die größten Vorfichtsmaßregeln gegen Beläftigungen zu fichern, so liege the andererseits doch die Pflicht auf, bei vorzu beben, bas, abgesehen von der erregten Bollsstimmung, eine fleine, aber leidenschaftliche und gewiffenlofe Oppofttion vor banden sei, welche nicht zögern werbe, eine Misbandlung des russischen Vertreters zu veranlassen oder felbst au verüben, um die Regierung in neue Schwierig felbst zu verüben, um die Regierung in neue Schwierig. feiten zu vermideln. Auf die Bemerkung Nelliudoms, daß die Dppofiton nie fäbig fein werde, au derartigen Mitteln au greifen, erwiderte Natschemitich, die Regierung fet im Beft von Nachrichten, daß ein solcher Plan thatsäch lich ausgearbeitet und angenommen sei. Bergleicht man mit daß ber Bartethaß auch den Blid der Regierung trüben mag, Dieser Erklärung, bei der man natürlich nicht vergessen darf, die leußerung des Generals, er fürchte feindselige Rund­die Neußerung des Generals, er fürchte feindselige Rund gebungen nicht, wenn er jedoch der Gegenfiand eines lörper lichen Angriffs wäre, würden bald 100 000 Mann tommen, so wird man die Besorgniffe, mit denen die Bulgaren die Reise des tufftschen Agenten begleiten, volllommen begreifen. Seit einigen Lagen find in Sofia Gerüchte über Revolten ber Truppen in Barna, Ruftschut und Schumla verbreitet. Die Regierung ftellt diese Gerüchte in brede, doch ist auffallend, baß fie fich nicht erftiden laffer. Raulbars trägt jedenfalls viel zur Verbreitung solcher Gerüchte bet. Auf der Fahrt von Braga nach Blerona bat er in einem Dorf die Bauern nach den Steuern und der Verwaltung gefragt und dieselben auf gefordert, Beschwerden an ihn au richten. Er erzählte den Bauern ferner, daß die Armee unzufrieden und einzelne Re gimenter bereit seien, nach Tirnowa zu marschiren, um die Ges fangenen zu befreien. Dem Gouverneur von Schumla ließ er burch den dortigen Konsul einen Brief überreichen mit dem Bef bl, die gefangenen Offiziere freizulaffen. Der Kriegs. minister ertheilte auf eine Anfrage des Gouverneurs die Unt wort, nur den Befehlen der bulgarischen Regierung au folgen. In Schumla erklärte fich die Bürgerschaft in einem abl meeting für die Regierung. Auf Verbot des Kriegsministers betheiligten fich die Difiziere an demselben nicht. Bantom ver fendet Birkulare, welche Wahlenthaltung prebigen, er foll aber in geheimen Birtularen das Gegenthell anrathen.

Afrita.

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Die den Engländern befreundeten Eingeborenen erftürmten nach lebhaftem Kampfe bas feinerzeit von Osman Digma befestigte und befegt gebaltene Tamai. Die Befagung von Tamat ließ gegen 200 Tobte, viele Verwundete und mehrere Gefangene sutüd. Ein Neffe Diman Digma's befindet sich unter den Todten. Der Verlust der Eingeborenen beträgt gegen 20 Todte und eben so viel Verwundete.

Gerichts- Zeitung.

Reichsgerichts Entscheidungen. ( Nachorud verboten.) Leipsig, 7. Dltober.( Bestechung.) Bei der Firma R. u. R. in Berlin erschien eines Tages der Schleusenmeister Smidt und erklärte, es sei Sitte, daß beim Durchschleusen der Rähne feitens der betreffenden Eigenthümer ihm, dem Schleusen meister, lleine Trinlgelder gegeben würden. Da Da es ihm aber unangenehm set, von jebem Schiffer einen einzelnen Groschen anzunehmen, so wäre es wohl beffer, wenn ihm ein gewiffer Monatsbetrag gewährt würde. Die Firma war damit einver fanden und gewährte ihm monatlich 15 M. Eine ganze Beit lang bat Schmidt bann diesen Betrag erhalten. Seine Gegen leistungen beftanden darin, daß er die Schiffe fener Firma schneller oder früher durchschleuste alz andere. Er hatte aber unberüdfichtigt gelaffen, daß er als Beamter des Fiskus Ge schente für in fein Amt einschlagende an fich nicht pflicht widrige Handlungen nicht ann nehmen dürfe und wurbe des balb wegen Befiedbung angeflagt und verurtheilt. Seine

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fagten Lootsenthurmes, die Schwimmblasen weit entfernt von Dem Ballon, gefunden. Herr Gats selbst dagegen war und bleibt verschwunden. Am Dienstag wurde in der Polizei ein Verhör mit der Besapung des Dampfers Toivo" abgehalten, der als erster nach dem Unglücksfalle an der Stelle eintraf, wo der Ballon ins Meer gefallen war. Aus diesem Berhör ging indeffen nichts hervor, woraus man einen beftimmten lug betreffs des Gaidiais des verschwundenen Luftschiffers bätte ateben tönnen.

Theaterstandal in Paris . Ueber einen riefigen Theaterstanbal, welcher am 5. b. M. im Theater Château Theaterstandal, welcher am 5. b. M. im Theater Château d'Eau in Baris inszeniri surde, witb folgendes berichtet: Die erfte Aufführung des Spektalelftudes Joures" von Gaffier im Theater Château d'Eau biloete eine fortgesette Reihe lar mender luftritte im Bublifum. Das Stüd bringt den Mar fchall Bazaine in der gebäffaßten Weise auf die Szene und spricht von Napoleon III. in ben verachtendsten Worten. Es wäre unbeachtet geblieben, wenn nicht früber verlautet hätte, Defterreich und Belgien hätten gegen die Aufführung des Studes Vorstellungen erhoben, weibalb die Benfur es verbieten wollte, unb menn nicht Baul de Gaffagnac in überaus heftiger Manier alle Franzosen aufgeforbert hätte, eine Beschimpfung bes Andentens des Kaisers Napoleon und bes Raisers Mari millan, sowie eine Herabsetzung des Einschreitens der franzöft fchen Armee nicht au dulden."

Revision, welche fürzlich den II. Straffenat des Reichsgerichts beschäftigte, beftritt, daß ihm die Beamterqualität automme. Das Durchschleusen fel tein Att der Staatsautorität, sondern werde vom Fistus als Brivatinduftrie betrieben. Der Reichsanwalt erachtete aber die getroffene Feststellung als durchaus zutreffend und beantragte baber die Verwerfung der Revision. Die öffent lichen Kanalanlagen feien nicht bloß als Eigenthum des Fislus im privatrechtlichen Sinne anzusehen, sondern fie feien auch als öffentliche Berlehrsstraßen der Polizeiaufficht unterstellt und die zur Bedienung der Schleusen bestellten Leute befänden ft daber im Dienste eines Bundesstaates. Das Reichsgericht verwarf sodann im Anschluß an diese Ausführungen die Revision.

Den

Leipzig , 7. Dtober.( Ein illünftler".) Der frühere Kaufmann Daniel Chriftoph Bider in Wilhelmshaven batte nach Durchlefung einiger homöopathischer Schriften die Ents bedung gemacht, baß er ganz gut im Stande set, irgend welche Rrantheiten zu heilen. Bohl glückte es ihm manchmal, wie auch stubirten ersten, daß seine Batienten tros seiner ,, ärat lichen" Hilfe gesundeten, aber einmal batte er doch einen ent fchi benen Miserfolg und dieser brachte ihn wegen schwerer fahrlässiger Körperverlegung auf die Antlagebant. Ein Rind ber Eheleute E. litt an den Augen und wurde von ihm bes handelt; trop seiner Rünfte wurde das Leiden schlimmer und bie Buzlebung eines Spezialarates immer mehr geboten. Bicker ordnete aber trotzdem nur Waschungen an und hintertrieb die Bustehung eines Spezialarstes. Die Folge hieroon wat die vollhändige Erblindung des Kindes auf beiden Augen. Das Landgericht in Aurich ftellte nun auf Grund sachverständiger Gutachten feft, daß die Erblindung nicht eingetreten wäre, wenn bas Leiden fachlundig behandelt worden wäre. 3war würbe immerhin das Sehvermögen erheblich beeinträchtigt worden fein, to wäre es fiber soweit erhalten geblieben, daß das Kind größere Gegenstände erkennen fönnte. Weiter wurde festge ftellt, daß der Angeklagte nicht einmal die allergewöhnlichsten medizinischen Fachausbrüde lenne und ärztliche Kenntniffe gar nicht befize. Is geradezu frivol bezeichnete bas Gericht es, daß er die vom Vater bereits beschloffene Rur bei einem Spezials arzt atst in Didenburg verbinderte. Die Fahrläffigleit, welche in feinem ganzen Thun liege, werbe noch baburch erhöht, sagte das Urtheil weiter, daß er aus der Bebandlung von Kranken ein Gewerbe gemacht habe. Das Uribeil lautete auf eine längere Befängnisstrafe. In seiner Revision, die vor einigen Lagen den III. Straffenat des Reichsgerichts beschäftigte, fagte ber ngetilagte, er fei Homöopath und nehme als solcher, wie die Eheleute E. auch wußten, leine Dperationen vor. Regeln der Homöopathie babe er aber nicht zuwider gehandelt. Er habe die Vernehmung eines homöopathischen rates als Sachverständigen beantragt; dieser Antrag sei aber abgelehnt und er deshalb in seiner Beriheldigung beichränkt worden. Im Uebrigen dürfe ein homöopathischer Pfuscher in Beziehung auf Fahrlässigkeit nicht anders behandelt werden, wie ein rat. Der Reichsanwalt bezeichnete bie Revision als unbegründet. Die projeffuale Beschwerde entbehre schon deshalb der Grundlage, weil der Antrag auf Ladung eines homöopathischen Sachverständigen nicht in der Hauptverhandlung wiederholt worden set, nachdem er in der Voruntersuchung abgelehnt war. Der Angellagie tönne fich über ungerechte Beurtheilung seiner That nicht beklagen. Derselbe babe sich vermeffen, Menschen au furiren, obne irgend welche ärztliche Vorbildung zu bestgen. Er halte es für eine schwer qualifizirbare Kühnheit, wenn ein Mensch, weil er ein paar Bücher gelesen und ohne daß er einen Rurfus als eilgebilfe oder deral. durchgemacht hätie, fich anmakt, fich mit Aeraten in eine Reihe zu stellen und von einem wiffenschaftlichen Syfteme zu sprechen, wo von Eytem überhaupt teine Rede ist. Es heiße doch der Wissenschaft ins Antlig schlagen, wenn man behaupten wollte, daß jemand mit solchen oberflächlichen Privatftubien, wie fie ber Angellagte betrieben, das Wifen erlangen lönnte, au welchem wirkliche Merate jabrelanges Universitätsstudium nöthig gehabt haben. Mobin würde man denn lommen, wenn man bem Bruscher diefelben Rechte zugefiehen wolle wie dem Arste? Ein Pfuscher handle immer fabrläfftg, wenn er es unternehme, Menschen zu bellen. Die Nesifton des Angeklagten wurde sodann ver worfen. In den Uribeilsgründen führte das Reichsgericht noch aus, daß die Fahrlässigkeit zur Genüge nachgewiefen sei. Der Angeklagte habe nicht nur Rath ertheilt, sondern sich auch als rat" aufgedrängt, unwittjame Mittel verordnet und dadurch rechtfertigt erscheine. Die Heilung verhindert, weshalb seine Bestrafung wohl ge

Hamburg , 6. Dttober. Wegen einer Robbeit, wie fte mobl nur äußerst selten vorkommen dürfte, batte fich geftern eine erft 22jährige frühere Wärterin des biefigen Waisenhauses, Namens lm, zu verantworten. Obgleich dieselbe threm in merila lebenden Manne entlaufen ist, wurde es ihr doch möglich. im März Dieses Jahres eine Stelle als wärterin in dem genannten Inftitut zu finden. Sie hatte die Keuchbuften Station unter fich; eins der Kinder, ein 6jähriges, bübsches Mädchen, batte den Unwillen des Weibes erregt. Dafür züch tigte die Wärterin bas Rino in grausamer Weise mit einem mit Eisen beschlagenen Stod. Sie machte das Kind durch

riefen: ,, but ab! Sebt den Kalbstopf Bafilio!" Bugleich abmte man Kapengeschret, Rabenträche, Froschgequate und Entenges schnatter nach. Mörderischer Lärm und obren zerreißendes Pfeifen erhob fich, als der Marschall Bazatne auf der Bühne er schien. Bers äther!" wurde von allen Selten geschrien. Das ist kein Franzose!" und der arme Schauspieler wurde mit faulen Hepfeln förmlich bombardirt. Kaiser Max und Staiferin Charlotte find in dem Stüde als die Opfer Napo leon's und Bazaine's bargestellt. Doch auch beim Erscheinen der Darsteller dieser beiden Rollen wurde gelärmt, aber nur beshalb, well bei ihrem Einzuge gleichzeitig Geißliche im Di nat und ein Bischof in goldener Mitra die Bühne betraten. Die Galerien machten fich luftig über den geistlichen Aufzug. bet bem ganz unnöthigerweise die österreichische Hymne, die aber das Bariser Bublikum nicht tannte, gespielt wurde. bann Rothhäute auf die Bühne lamen und auf der Galerie

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Jemand laut auffchrie: leben die Singbalefen!" erreichte Die Heiterkeit ihren Höhepunkt. Die Erelution von Queretaro geschieht hinter der Sjene. Während der Batschenatte wurde ber Streit fits fortgefekt. 18 fich im Barterre ein Mann mit langem schwarzen baar und schwarzem Schnurrbart zeigte, glaubten die Gelerien Gaffaanac zu ertennen, und man erhob im Latte das Geschret: Cas- fag- nac", während Andere pfiffen und joblten. Dieser Spektakel bauerte von 9 Uhr Abends bis 1 Morgens. Die sonderbarten Gerüchte wurden verbreitet; es werde bends im Theater au blutigen Huftritten lommen, und wer den Einlaß vor dem Theater be obachtete, wo eine große Menschenmasse saretend, drängend und pfeifend angesammelt war, mußte derartige Vorfälle für möglich balten. Wiewohl nun ben ganzen Abend der lärmende und manchmal tobende Streit zwischen den republikantschen Bu schauern, welde die oberen Range einnahmen, und dem realtionären Bublifum, das in den Logen und im Parterre plagist war, fortaefest wurde, kam es doch zu feinem Handge menge. Das Stud felbft fonnte bes anbaltenden Lärmes wegen gar nicht gehört werben, so daß man oft glaubte, es werde eine Bantomime aufgefübit. So oft fich juares und feine Leute zeigten, erhob das Barterre ein Geschret; man ahmute Tierlaute nach, wenn Juares leidenschaftlich wurde, und heulte, wenn er zärtlich sprechen wollte. Dann wurde von der Galerie geschrien: Werbet Ihr Euch einmal atollifiren, 3hr Haufen von Gehirnwelchen?" und faule Bepfel, Raftanien und Naffe fielen auf das Bublifum im Barterre nieber. Wenn dagegen die Jesuiten mit ihren großen Hüten fleb auf der Bühne zeigten, brachen die Galerien in ein Sohngelächter aus und

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Ein Schuurbart als Wohlthäter". Der Budarörser Bürger Johann Weber läßt sich seit undentlichen Beiten den Schnurbart raftren, über welche unmagyarische Sitte der Budapester Gastwirth Franz Hermann, so oft er bei dem Ges nannten in Budaeörs zu Besuch erschien, ftets sein Mißfallen äußerte. Besthin gab Herr Weber ein Weinlejefeit und Here mann, der ebenfalls anwesend war, gelobte vor Beugen, fir eine in Bubaeörs zu grünbende Rinderbewahranstalt bunbert Gulden zu spenden, falls Weber fich den Schnurbart endlich wadien liege. Weber war's zufrieden und erklärte fogar, felbft 100 fl. Bem genannten Bwede spenden zu wollen, falls er die Bufage nicht einhalte. Wahrscheinlich will er ebenfalls ein Wohlthäter" sein und fich den Schnurbart trotzdem nicht wadien laffen.

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Ein 103 Jahre alter Puddler. Albert Rutschlowsli, ift dieser Tage in Rönigshütte in Oberschleften geftorben, der altefte Einwohner der Stadt, die erft vor 90 Jahren als Hüttenwerk gegründet ist, jest aber zu ben voltretchfien Städten Schleftens gehört und mit ihren 32 000 Einwohnern alle ober­fchleftichen Städte weit überholt hat.