Hr. 338.Dienstag, de» 12.(Oktober 1886.Iii. Jahrg..lll-ellmnMMIISrgan für die Interessen der Arbeiter.4Zu diu Euthülluugru der brlzischruKrdntllkrmmisjiui.Est find nicht alljuviele Blätter i« Deutschland, die etangezeigt finde», ihrem Publikum die Resultate der Unter«suchuage» und Verhöre mitzutheile», die von der bekannte»Arbeiteikommisfion in Belgien angestellt worden find. Wirbegreife» da». Ein« solche Beleuchtung der moderne« Zu»stände ist namentlich jenem Pharisäer» und Philisterthumunangenehm, da« bisher immer mit überlegener Miene von„Utbertreibungen* sprach, wen« behauptet wurde, in de»Tiefen der Gesellschaft und unter der Meng« der arbeiten-de« Klaffe hnrschten Zustände, die der moderne« Humanität«»Idee spottete«. Man erklärte SSc« für bötwillige Gr»findung der Sozialisten. Nu« komme» aber au« erster undunverdächtiger Quelle Enthüllung«», welche zeigen, daß dortdie Zustände viel schlimmer find, als behauptet worden ist.Belgien galt al« ei«„Musterland" moderner Industrie;man steht nun, welche Mittel von dieser Industrie an-gewendet worden find, um ihre„Erfolge" zu erringen.Indem die Kommission eine» Blick in de» Abgrund de«Maffenelend» thun läßt, da« in Belgien herrscht, richtetfis zugleich die Mahnung an Staat und Gesellschaft,mit pofitive» Reforme« diesen Abgrund auszufüllen.Diese Mahnung wird von jedem vernünftige« Menschengern beherzigt werde». Ausgeschlossen davon habe» fich vonselbst jene belgische» Unternehmer, die in ihrer Erregung überdie in der Kommission gemachten Enthüllungen jene Arbeiter,von denen die Enthüllungen herrührte«, au« der Arbeit ent»lüße». Sie habe» damit erreicht, daß auch der leisesteZweifel an de« Angaben der Libeiter, d»r im Publikumda und dort»och bestehen mochte,»unmehr vollständig de»seitigt ist.Man muß, wen« man soziale Reformen unternimmt,auch den Muth habe«, de» soziale» Zustände» in» Angesichtzu schaue«. AI« man in Deutschland mit dem Plan einersozialpolitische« Arbeitergeietzgebung«»mag, hätte man fichüber die Arbeiterverhältniffe au« dem Munde der Arbeiterselbst unterrichte» lasse» müsse», wie e« jetzt in Belgien ge»schieht. Statt dessen hat man da« al« feststehend angeoomme»,was Geheimräthe, Komme, zienräihe und andere Räthe überdie Arbeiterverhältnisse behauptet habe« und auf Grunddessen fiel den» die Sozialgesetzgebung auch so ungenügendau«, wie e« der Fall ist. Wen» heute im Reich«tag ei»Redner die gedrückte Lage der arbeitende« Klaffen betont,ist immer flug« ei» Geheimrath bei der Hand, der eineStatistik abliest, wonach die Einlage« in de» Sparkasse« ge»stiege« find. Mit dieser Thatsach«, die absolut»tcht« de»weist, wa« in solche» Dinge» von Bedeutung sei» könnt«,glaubt man dann die Sache abgetha«.N»ch»r«l v ertöten.JeuMeton.Ludmilla.jeINovelle von P o le v v i.dem Russische« übersetzt von Dr. Carl Pinn.)2» der nächstfolgende» Woche kündigte ich ihr an, daßich auf ihre» Rath hw deutsche Stunde» mit allem Eifergenommen hätte und bereit» begänne, geschriebene Bücherin dieser Sprach« zu lese»..3#" möglich!" rief si.„u,.„3«. Tebe» St« mir ei» Buch und Sie werden fichüberzeuge« können."Sie»ahm ein deutsche« Elementarbuch und ich begannW lesen. Von Zeü zu Zeit machte ich absichtlich eine«Fehler, de« sie eiligst verbessert. Z« ihrem fteudige» Essersaß fie ganz in meiner Nähe, so«ah«, baß eine Locke ihrer.chöoeu blonde« Haare meine Wang« stnift«. ihr Halttuchwar los« befestigt, und die Genugthuung, welch« fi, bei derWahrnehmung empfand, daß ich m« Zntnesse ihrem Unter«richt folgt«, färbte ihr Gesicht mit eiuer liebliche« Röthe.Welch' ei« Naturkind I Sie verstand e« nicht wie andereFrauen, ihr« Empfindungen zu verberge».So veiflosse« einige Augenblicke. Da bemerkte fieplötzlich ihre Zerstreutheit, ordnete ihr Haar, befestigt« ihrHalstuch und senkte verschämt die Augen.»-Ach, liebe« Fräulein," sagte ich zu ihr..würde» Sievielleicht die Güte haben, mich noch einmal in diesem St«.dium zu«nterstütze«. Mit Zhne» lerne ich allem Anscheine»ach viel leichte,!".Sie scherzen!" antwortete Sie lächelnd.„Bravo! B:avo!" rief Rudolph au«, al» er»ernahm,welcher neuen Beschäftigung ich mich widmet«, und e«wurde vereinbart, daß Ludmilla«eine Lehrerin sei« sollte.Sie hat mich getäuscht, die fittenreine Ludmilla. Ihrgegenüber bin ich um ei« armer Schüler. WelchenL'.hreifer entdeck« ich in ihr, wen« Niemand inWir find gespannt, zu welche« positiven Vorschläge»man in Belgien auf Grund der Enthüllungen in der Ar«beiterkommisfioa komme« wird. Wir hoffe» bei alledem nichtviel, denn da« Manchesterthu« wird in Belgien einer ein«greifenden Aibeitergesetzgebung denselben zähe« Widerstandentgegensetzen wie überall.Nu« kommt aber der deutsche Philister und sagt:„Solch üble Zustände herrsche« wohl in Belgien, aber beiun« gottlob nicht."Da möchte« wir nur wünsche«, daß einmal die Probegemacht würde.Zugegeben, daß manche Einzelheiten in beide« Länder«verschiedene find. So z. B. habe» sich die belgische» Ar«beiter heftig über da» Trucksystem(Avtzahlung der Löhnein Waarev) beschwert, und in einige» Fälle» ist eine Ver«doppclung der Waarenpreis« durch da« Trucksystem«achge»wiese» worden. Diesem Uebelstand ist i» Deutschland durcheine entsprechend« Bestimmung der Gewerbeordnung vorge«beugt, wobei einzelne Unternehmer immer«och Mittel undWege finde», da« Gesetz zu umgehe» und fich so eine» un«laubten Vortheil zuzueigne».Es wurde vor etwa zehn Jahre« einmal eine amtlicheAnftag« über die Verhältnisse der„Gesellen, Gehilfe« undFabrikarbeiter" in Deutschlaad gehalten und die Ergebnissein zwei Bände« dem Reichstage vorgelegt. Sie waren un«bedeutend, weil man fich bei der Erhebung bestrebt hatte,de« sogenannte« brennende» Fragen au« dem Wege zugehen. Die Lohnverhältmffe und die Arbeitszeit hatte mangar nicht berührt.Wollte wa» in Deutschland aber einmal eine Unter-suchung veranstalte», ähnlich der in Belgien, so würde» sicherlichResultate herauskomme», über welch« unsere Philister genauso in Erstaune« gerat he« würde«, wie über die Eoihüllunge«der belgische« Kommission. Man denke an die Fabrikbezirkein Sachse» und Schlesien, an die Montanindustrie im Erz-gebirge und im Rheinland. Glaubt man den«, daß fich dieArbeiter dort besser befinde», al« in Belgien? Es giebtdoch eine Menge von Gegenden, deren Nothstand schonStaatshilfe erfordert hat, wie Oberschlefie«, Oberfranke« unddoch die Srbeider Thüringer Wald. Lasse mandie Arbeiter jenerBezirke einmal selber über ihre Verhältnisse aussage«, stattfich immer nach den Aussage« der Behörden und der seltenunparteiischen Zeitungskorrespondente» zu richte«.Und dann beschränke man diese Untersuchungennicht auf die eigentliche» Jndustriebezirke. Lasse man doch auch dieländlichenArbeiter in de« Kret« der Untersuchunggezogen werde«, damtt einmal die„patriarchalischenZustände", deren sich die Janker so oft rühme«, in ihrerwahren Gestalt erscheinen! Da wird man Dinge zu höre»bekomme», über die man nicht wenig staune» wird.der Nähe ist, um fie einzuschüchtern, welche Beredsamkettin ihre« Worte»; nie hätte ich geglaubt, daß ei« Mädchenau« dem Bürgerstand« fich so ausdrücke« könnte. Wa««ich jedoch an ihr«och mehr reizt, da» ist eine Einfachhett,eine Güte sonder Gleichen; ei» Zauber, der auch nicht demgeringsten««reine« Gedanken Raum giebt. Ich fürchte, michin fie zu verliebe«, den« ich merke, daß ich an de» Tage«,wo ich sie nicht sehe, schwermüthia bin.Meine Rolle in diesem Hause fällt mir indeß schonlästig; ich kann diesen Schein eine« harmlose«, unwissende«Mensche« nicht länger aufrecht erhalten. Welch«igenthüm.lrche Verkettung von Umstände» hat mich t* Rudolph'«Sau« geführt. Und wen« man meine Täuschung entdeckt,wie soll ich sie rechtfertigen?... Nein, ich liebe Ludmillanicht, ich kann fie nicht liebe«; o, Pauline, mein Her, kanndie Freuden der Liebe nicht mehr empfinden, den» Du hastet gebrochen I—„Anton Petrowitsch," sagt« eine» Tage« Ludmilla zumir,„weshalb trage« Sie stet» Kleider von einer so auf-fallende» Fmbei"„Mißfällt Ihne« dies?"„E, scheint mir, daß ei» schwarze» Gewand Ihne«��Ä?Tag�darauf kehrte ich zu ihr zurück, diesmal insehr sie au»;„jetzt sehe» Sie fich selbstnt® Die�Träumnei mit ihre» Hirngespivnste««scheintMMWWHerzen, wie Binder und Schwester, die nämliche Trau«.Al» ich diese« Gedanke« aussprach, rührte ich da« jungeMädchen und sah Thräne» üb« ihre Waagen rolle».Eine solch« Untersuchung wäre in Deutschland vomgrößte» Werth«. Aber wird man fie veranstalte«? Leiderhat e« nicht de» Anschew.Hichrichtal über wldeckie Anarchistm-laschwiwllM in Wenfüllen heute die Spalten der Wiener Blätter. Viele verrathennatürlich sofort die sensationelle Mache; da e« dem Fern-stehenden aber nicht möglich ist, Richtige« von Falschem zuscheiden, so geben wir— unter allem Vorbehalt— die vorliegenden Schilderungen wieder.Die„Deutsche Ztg." schreibt:„Seit dem Verbrechen Stell«mach«'« und Kammerer'« schien die anarchistische Partei voll»ständig vernichtet, allein von der Polizei neuerdings entdeckte„anarchistische Regungen" bezeugen, daß weder der AuSnahmS«zustand noch da« Anarchistengesetz einzelne Fanatiker verhindemkonnten, den Spuren Jener zu folgen. ES muß nur wunder-nicht unbegründet sein, daß man e« mit unsystematischen Fa-natikern zu thun hat, denen e» sich einfach darum handelte,zu regen degtnne. geheime Zusammenlünste verdächtiger Per-sonm ließen erkennen, daß eine größere„That" im Zuge sei.Nach dem polizeilichen Quellen entstammenden(also ficherlichübertriebenen!) Berichte haben fich Gruppen gebildet, in welchendie Propaganda der That eifrig gepredigt und die zur Aul-"" it Unterweistkührung von Anschläge!» tiWeisung«rtheilt wurde.in der Bevölkerung zu erregen bezweckte und durch Falschmünzerei und VermSgen».Konfi»kationen die Mittel zur Durch.führung ihrer Pläne zu gewinnen hoff!«. Man erficht darau»,daß die Verschwörer«it den gewöhnlichen anarchistischenMitteln arbeiteten und fich streng an die Schablone hiel'en.Peripherie Wien» sogenannte„Explofivfl ischen", allein dieselben«arm nicht gehörig eingerichtet, so daß fie den Dienst versag.ten. Man dürft« auf nicht» weniger gehofft haben, al« durchgleichzeitig in dm verschiedenst«« Gegendm der Stadtzum Ausbruch gelangende Brände eine solche Verwirrung undderartigm Schreckm zu verbrettm, daß e» vielleicht mtt Hllfeder aufgestachettm Meng« zu größeren AuSschreitungm hättekommen können. Bisher find blo« stebzehn Vrrhaftungm vor-gekommm, wa» bei dem ziemlich weitgestelltm Netze derPolizei wohl am besten beweist, daß der Anhang ein ge.r i n g e r war."".Uze i de r ich t enthält unter anderem folgende«:S» bildeten fich in iüngster Zell einzeln« Grugpen, innerhalbwelcher Unterricht über die Ausführung anarchistischer Gewalt-„Es ist unmöglich," sagte fie zu mir,„daß diejenige»,welche wir geliebt habe», welche wir«och lieben, unser ineinem besser« Lebe« vcrgessm. Es scheint mir, daßsogar vom Trabe heraus ihre Stimme» bis zu un« gelange»kö«««."Wir begann« hierauf ei» längere« Gespräch über dt«Wirkung« der Sympathie, über de» Aberglaube» und dieErscheinungswelt. Ludmilla ist fest von all« dies«Wunder» über,«gt und will mich zu ihrem Glaub« be«alle diese Geschicht« von Zauberei und Erscheinung« nurdazu dient«, die Embildungskraft von jungen Mädch« zubeschäftig«. Da erzählte fie«rr, um mir de» Jrrthu«meiner Vorurtheil« klar zu mach«, mehrere, wie fie sagt«,sehr authmiische Geschichte» und unter ander« auch folg«d«„wahre Begebmhett":„Vor langer Zeit lebte in Nischnei. Nowgorod ei»junges, sehr reiche« und sehr schöne« Mädch«, Namen«Olga. Die glänzmdst« Parti« war« ihr angetraa«word«, ohne daß fie fich zu dem Entschlüsse auftvffmkonnte, sich zu verheirath«.„Verspür« Sie gar kein Ver-lang«," sagte zu ihr eine« Tage« ihre Amme,„IhrSchicksal k«n« zu lern«?"—„Ich liebe die Räthselnicht."—„Weshalb woll« Sie e» den» nicht ve» suche«?Vielleicht werd« Sie die Zukunft vor Ihn« Aug« fich«Köllen seh«?"Da« jung« Mädch« ging schließlich auf d« Vorschlagihrer Amme ei». Gegen Mitternacht zogen fich beide in«inentlegene» Zimmer zurück, breitet« über de» Tisch et»Tischtuch au«, legten darauf auf diese« Tischtuch zwei Ge-decke und zwei Kerz«, und Olga setzt« fich sodann aufeine« Stuhl. Ihr gegenüber befand fich ein anderer Stuhk,der durch ihre» unblkannt« Gast besetzt werd« sollte. E«schlug Mitternacht. Ei» ftischer Luftzug verbreitete fich al«-bald im Zimmer, und Olga gegenüber»ahm ei« jungerMan» mit schönem, aber von tiefer Trauer erfülltem G«,