Vermögensverhältnisse sich gebessert, zur Bahlung eines be­deutend höheren Alimentationsbetrages, als in erster Instanz erkannt, verurtheilt. Obendrein aber hatte August Jänicke sich und seinen Bruder Wilhelm durch seinen miß­lungenen Versuch in noch schlimmere Verwickelungen geführt; gegen Beide bisher völlig unbescholten ward Anklage erhoben wegen versuchter Berleitung eines anderen zur wiffentlichen Abgabe einer falschen Versicherung an Eidesstatt bezw. Anstiftung zu diesem Verbrechen. Die Straffammer des Landgerichts verurtheilte den Angeklagten Wilhelm Jänide zu 1 Jahr Zuchthaus und Ehrverlust; August Zänide dagegen wurde als Anstifter zu 1 Jahr 3 Monate Buchthaus und 2 Jahr Ehrverlust verurtheilt.

Der Herr Berichterstatter. Ein recht empfehlens­werther Herr Kollege" stand gestern in der Person eines ge­wiffen Wilhelm Benedikt Abilgard unter der Anklage des Be­

Beweisaufnahme ergab folgendes Resultat: der Schuhmacher Grünmeyer befundet, daß ihm von Seiten des Angeklagten J. im Jahre 1884 in den Monaten April bis Mai der Sozial­demokrat" geliefert sei. Der Hospitalit Albert Hede, 62 Jahre alt, welcher früher bei Hübner in Pflege gewesen, bekundet, daß nach Weihnachten 1885 Jacob dem Hübner Zeitungen, in Packeten enthalten, überbracht habe; der Grünkramhändler Koch sowie dessen Frau bekundeten, daß Hübner wiederholt Zeitungen überbracht, bezüglich deren er mitgetheilt, daß dieselben verboten feien, ob dies aber der Züricher Sozialdemokrat" gewesen, weiß weder der Mann noch die Frau; Beide aber befunden, daß Hübner die Beitungen stets bei fich trug oder auf seinem Schuster- Schemel" unter dem Sig verborgen aufbewahrte.- Die Straffammer erkannte gegen Jaeob auf 14 Tage, gegen Hübner auf 10 Tage Gefängniß.

fruges vor der zweiten Straffammer des hiefigen land: Soziales und Arbeiterbewegung. die Kellner, die eine längere Lehrzeit durchgemacht haben, auch

gerichts 1. Der Herr Berichterstatter, wie er sich nennt, ist be reits wegen Bettelns und Landstreichens und dreimal wegen Betruges, zuletzt zu 1% Jahren Gefängniß bestraft worden und gehört zu jenen dunklen Ehrenmännern", die in jeder Groß­stadt ihr lichtscheues Gewerbe betreiben. Der Angeklagte ist nicht ohne Bildung, er beherrscht mehrere fremde Sprachen, oder er behauptet es wenigstens. Er wurde wegen dieser Sprachkenntnisse dem bekannten Waffenfabrikanten Hippolit Mehles in der Friedrichstraße empfohlen, der das dringende Bedürfniß empfand, seinen Grundsak Kein Mann ohne Revolver  " in Italien  , dem Lande der Abbruzzen, durch ein Birkular im reinsten tostanischen Italienisch zu proflamiren. Abilgard erhielt den Auftrag, einen Reklameartikel zu diesem 3wede in's Italienische zu überseßen und er übernahm die Arbeit, für die er drei Mark verlangte. Er sprach da­von, den Artikel in seinem Institut für neuere Sprachen" übersetzen zu lassen. Dieses Institut bestand in Wirklichkeit nur aus dem Bildhauer Lang, einem jungen Mann, der längere Beit in Italien   gelebt hatte und nun seine alte Mutter hier ernährte. Lang forderte für die Arbeit, die mehrere Stunden erforderte, zehn Mark und Abilgard sicherte sie ihm bereitwillig zu, troßdem er selber nur drei Mark empfangen sollte, wohl schon jetzt von der Abficht geleitet, den Uebersetzer um seinen Lohn zu prellen. Das that er denn auch: er erhielt von Herrn Hippolit Mehles, dem er die Vorzüge der Uebersetzung anpries, noch 50 Pf. mehr, also 3 M. 50 Pf., zahlte an Lang aber auch nicht einen Pfennig. Im Termin erhob er den Einwand, daß er die zehn Mart nur deshalb nicht gezahlt habe, weil die Uebersetzung fehlerhaft gewesen sei. Es wurde aber festgestellt, daß er sie selber dem Besteller als gut angepriesen habe. Sehr charakteristisch für den Angeklagten war, daß er einen Mahn­brief des Bildhauers mit der Drohung, ihn wegen Erpreffung beim Staatsanwalt zu denunziren, beantwortet hatte. Der Gerichtshof verurtheilte den Angeklagten nach dem Antrage des Staatsanwalts zu sechs Monaten Gefängniß und ein Jahr Ehrverlust.

+ Einer recht dummen Chikane wegen muß ein junges Mädchen Bekanntschaft mit dem Gefängniß machen. Die neunzehnjährige Schneiderin Martha B. lebte mit ihrer Wirthin feit einiger Zeit auf dem Kriegsfuß. Vorher war eine dicke Freundschaft zwischen beiden gewesen, aber wie es nicht so felten zwischen jungen, unverheiratheten Damen denn auch die Wirthin macht auf diese Titel noch Anspruch zu ge= fchehen pflegt, war bitterer Haß an die Stelle des früheren ge­müthlichen Verhältnisses getreten. In einer Auguſtnacht d. J. fam Fräulein Martha etwas spät, es war 12 Uhr, nach Hause. In ihrem Zimmer vermißte sie frisches Waffer; ihre Birthin war eben durchaus nicht mehr so gefällig wie früher, und sie klopfte deshalb an die Thür der Küche, wo die Wirthin schlief und bat um Waffer. Sie bekam eine nicht gerade höfliche Antwort: fie solle bis morgen warten, verdursten werde fie wohl nicht. Fräulein Martha ärgerte sich und in ihrer Seele leimte der Gedanke, fich zu rächen. In die Küche

tonnte

fie

denn die Wirthin hatte von innen die Thür verriegelt; so soll sie auch nicht mehr heraustönnen, dachte Fräulein Martha und drehte den Schlüssel um, den die Wirthin unvorsichtiger Weise außen hatte stecken lassen. So blieb sie eingeschlossen; freilich war ihre Gefangenschaft nicht gerade schlimm, denn es war Nacht und ihr war nur die Möglichkeit genommen, Mondscheinpromenaden zu machen. Des Morgens um 17 schloß Fräulein Martha wieder auf, als die Wirthin lag aber eine Freiheitsberaubung, für welche das Gesetz als gedroht hatte, die Polizei holen zu lassen. In ihrer Handlung geringste Strafe einen Tag Gefängniß.festgesezt hat. Auf diese Strafe erkannte auch die zweite Straffammer hiesigen Land­gerichts 1, vor der die Angeklagte fich gestern zu verantworten hatte. Der Herr Vorsitzende hob hervor, daß der Fall sehr milde einer Geldstrafe nicht zulaffe.

nicht, um fich selber Waffer zu holen,

+ Eine arme Unglückliche war es, die der Kindesaus­fegung angeklagt geſtern vor der zweiten Strafkammer des

Landgerichts I   stand.

Die Geschichte des achtzehnjährigen

Dienstmädchens Raroline G. ist recht alltäglich. Als sechszehn

Die französischen   Sozialisten wollen mit folgendem Programm in den Wahlkampf treten:

1. Beseitigung aller Gefeße, betreffend die Presse, die Ver­sammlungen, die Vereine und besonders die internationale Affoziation. Verbot der Arbeitsbücher, Abschaffung aller Be­stimmungen bezüglich der Unterordnung des Arbeiters unter seinen Prinzipal und der Frau gegenüber dem Manne.

2. Unterdrückung des Kultusbudgets und Rückgabe aller Güter und Befigthümer der todten Hand, die den religiösen Korporationen gehören. Unterdrückung der öffentlichen Schuld. Abschaffung der stehenden Heere und allgemeine Voltsbewaff nung. Die Gemeinde soll Herrin der Verwaltung und ihrer nung. Die Gemeinde soll Herrin der Verwaltung und ihrer Polizei sein.

3. Einen Ruhetag per Woche. Achtstunden- Arbeitstag für die Erwachsenen, Reduktion des Arbeitstages für die Jüngeren auf 6 Stunden. Verbot der Kinderarbeit in Privat- Werk­ſtätten.

=

4. Schüßende Ueberwachung der Lehrlinge durch die Arbeiter­forporationen.

5. Gesetzliche Minimallohnbestimmung alljährlich

betreffende Ortsbehörde verwiesen wurde, wodurch den beider­feitigen Parteien viele Mishelligkeiten, Unkosten, ja weitere Streitigkeiten entstanden sind. Auch in Bezug auf das Diensts verhältniß zu den Prinzipalen und den Verkehr mit den Orts­und Polizeihehörden verursacht die Nichtbeachtung des oben genannten Paragraphen der Reichsgewerbeordnung den Gast­wirthsgehilfen in materieller wie moralischer Hinsicht nicht unbedeutende Nachtheile beziehungsweise Rücksichtslosigkeiten. In Desterreich- Ungarn  , Frankreich   und anderen Ländern ist die obige Frage schon seit Jahren zu Gunsten der Kellner entschieden und enthalten die dortigen Gewerbes ordnungen   die ganz klare Bestimmung, daß fie in jedem Falle zu den Gewerbegehilfen zu rechnen sind, während sie im Deutschen Reiche meistens noch als Dienstboten behördlicherseits angesehen und behandelt werden. Nur im Königreich Sachsen ist die Frage durch eine Verfügung des Ministers des Innern vom 18. Mai 1886 dahin entschieden worden, daß als Gewerbegehilfen zu betrachten sind. Eine obligatorische Lehrzeit von zwei Jahren ist aber schon in den meisten Hotels und größeren Rrstaurants eingeführt, ohne daß freilich für den Besuch einer Fortbildungsschule, wie bei den Lehrlingen der anderen Gewerbe, Sorge getragen wird. Da man nämlich, wie oben auseinandergesezt, die Kellner im All­gemeinen als Dienstboten ansieht, so haben die Behörden den § 106 der deutschen Reichsgewerbeordnung, wonach die Lehr linge durch Ortsstatut zum Besuch einer Fortbildungsschule angehalten werden können, nicht auch auf die Lehrlinge des Gastwirthsgewerbes in Anwendung gebracht und so einer großen Anzahl Jünglinge die Gelegenheit zur weiteren Ausbildung der auf der Volksschule gesammelten Kenntnisse benommen, trozdem gerade bei ihnen in Folge der immer größer werdenden Ansprüche bezüglich der Schulfenntniffe der Besuch einer Fort­bildungsschule von großem Vortheile ſein würde. Außerdem liegt ja in einem Schulbesuche ein mächtiger Hebel zur mora­lischen Vervollkommnung.

durch eine ſtatiſtiſche Arbeiterkommiffion auf Grund der lokalen Vereine und Versammlungen.

Lebensmittelpreise.

6. Gesetzliches Verbot der Beschäftigung fremder Ar­beiter gegen geringeren Lohn als für den der französischen  . 7. Gleichheit des Gehalts bei gleicher Arbeit für beide Geschlechter.

8. Wissenschaftlicher und praktischer Unterricht der Kinder auf Kosten des Staates und der Gemeinde.

9. Versorgung der Arbeiterinvaliden und Greise auf Kosten der Gesellschaft.

10. Keine Einmischung der Beamten in das Hilfs- und Unterstüßungskaffenwesen der Arbeiter.

11. Verantwortlichkeit der Arbeitgeber für Unfälle, garantirt durch eine je nach der Zahl der Arbeiter zu berechnende, mit in die Arbeiterkaffe einzuzahlende Kaution.

12. Mitwirkung der Arbeiter bei den Fabrikordnungen, Unterdrückung der Bestrafungen der Arbeiter durch die Brot­herren mittelst Verweisen oder Gehaltsabzügen.

13. Annullirung aller Kontrakte, betreffend die Entfremdung des öffentlichen Eigenthums( Banten  , Bahnen u. s. w.), und Ausbeute aller Staatswerkstätten durch die Arbeiter.

14. Abschaffung aller indirekten Abgaben. Nur eine pro­gressive Einkommensteuer aller Einkommen über 3000 Fr. Unter­drückung der Erbschaft in Seitenlinie und in direkter Linie, wenn sie 20 000 Fr. übersteigt.

Wie ganz anders würde den Arbeitern zu Muthe werden, wenn sie im Stande wären, ihre eigene Lage mit derjenigen der handarbeitenden Klaffe in der Vergangenheit zu vergleichen!" So schreibt die Nordd. Allg. 3tg." geduldig der Concordia  " nach. Wir stimmen dieser Auslaffung zum Theile zu, möchten aber doch fragen, was sie denn eigentlich bezweckt. Daß sich Arbeiter ins Mittelalter zurücksehnten, davon wiffen wir, offen gestanden, nichts. Andererseits ist es uns unerfindlich, warum der Arbeiter seinen Zustand mit dem eines Genossen soundsoviel hundert Jahre vor ihm vergleichen sollte. Das Nächstliegende ist und bleibt es doch, daß er seinen Bu­

stand mit dem des Besigenden, ber zu gleicher

3eit neben ihm lebt, vergleicht, und je nach dem Ausfall dieser Vergleichung dieses Verhältniß zu erhalten oder zu ändern sucht. Und alle Arbeiter, die jemals ernstlich über das Verhältniß von Befißenden und Nichtbefizenden in der Gegenwart nachgedacht haben, sind einig darüber, daß es un­haltbar ist. Auf das Verhältniß des Arbeiters der Gegenwart zu dem des Alterthums und des Mittelalters kommt dabei wirklich gar nichts an.

Für Ausdehnung der Arbeiterschutzgesetzgebung auf die Hausindustrie tritt auch das Berl. Tgbl." ein. Es schreibt: um weitgehende Reformen zur Durchführung zu bringen, ist es

in erster Linie geboten, die hausindustriellen Betriebe den Ar­beiterschutzbestimmungen der Gewerbeordnung zu unterstellen. Die englische Gesetzgebung kann uns dabei zum Vorbild dienen. Von ihr wurde die Scheidelinie zwischen Werkstatt und Fabrik schüßten Berfonen betriebenen Industrien find der obrigkeit­

lichen Kontrole unterworfen, nachdem die Fabrikinspektoren sich

solche Einwirkung der Arbeiterschutzgesetzgebung. Schon im Jahre 1877 hat sich der Verein für öffentliche Gesundheitspflege in seinen Verhandlungen zu Nürnberg   einstimmig dahin aus gesprochen, daß die thunlichste Ausdehnung des gefeßlichen Schuges auf alle gewerblichen Arbeiter, welche in geschlossenen Arbeitsstätten beschäftigt werden( Werkstätten, Hausindustrie) anzustreben sei. Das Endziel einer Reform der die Kinder­arbeit behandelnden Bestimmungen der Gewerbeordnung

Stellung und lernte bald einen jungen Mann kennen, der sich in ihre unerfahrene und naive Seele einzuschleichen wußte. Er versprach ihr die Heirath und als das junge Mädchen fich Auch bei uns haben sich vielfältig Stimmen erhoben für eine tam fie nieder und wurde mit ihrem Kinde entlassen, als fie Mutter fühlte, verließ es der Verführer. In der Anstalt wieder hergestellt war. Sie ging zu der Wirthin, wo fie früher gewohnt hatte; aber die Frau wollte sie mit dem Kinde nicht Geld zu borgen, weil sie das Kind in Pflege geben wollte. Aber die Verwandten hatten kein Geld und so mußte sie ohne Erfolg fortgehen. Nun strich fie zwei Tage lang mit dem Kinde obdachlos herum, ohne eine Stellung zu finden. Da packte fie muß das gänzliche Aufhören der industriellen Beschäftigung Würmchen wollte sie nicht mit in das Wasser nehmen. Sie heime Rath Lohmann bei der Berathung der Gewerbenovelle

der schulpflichtigen Kinder sein. Die Hoffnung, welche der Ge im Jahre 1878 im Reichstage aussprach, daß die natürliche Entwickelung der Verhältnisse über furz oder lang dahin führen müffe, die Kinder unter 14 Jahren aus den Fabriken ver schwinden zu lassen," hat sich nicht erfüllt und es muß des­halb die Gesetzgebung zu Hilfe genommen werden, um solche Entwickelung herbeizuführen. Und dazu ist, wie wir wieder­holen, in erster Linie die Unterstellung der handwerksmäßigen und der fleinindustriellen Betriebe unter die Arbeiterschuß­

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legte es in dem Flur eines Hauses des Kurfürstendamm   nieder und lief auf den Kanal zu. Ihr Thun   war von einem Dienstmädchen beobachtet, die Lebensmüde wurde verfolgt, ein­geholt und zur Polizeiwache gebracht. Der vierzehntägige Säugling war sogleich aufgefunden worden und befindet sich jetzt im Waisenhause. Der Gerichtshof vermochte sich nicht Davon zu überzeugen, daß die Angeklagte ihr Kind in hilfloser Lage verlassen habe und sprach deshalb die Angeklagte frei. Auch der Staatsanwalt hatte die Freisprechung beantragt. bestimmungen der Gewerbeordnung nothwendig. Nur auf

Wenn die Nothwendigkeit von öffentlichen Findelhäusern noch zu beweisen wäre, so würde sie durch solche Gerichtsverhand

lungen bewiesen werden.

Wegen Verbreitung des Züricher Sozialdemokrat" hatten fich am Dienstag der Tischler Emil Jacob und der Schuhmacher Hübner, zu Friedrichsberg wohnhaft, vor der Straffammer des Landgerichts I   zu verantworten. Das Straf­verfahren gegen Beide war auf Grund einer Anzeige einge leitet, welche der Schuhmacher Grünmeyer in einer rachsüchtigen Regung bei dem Drtsgendarm angebracht, weil einer der An­

diesem Wege kann die Grundlage für eine weitere Reform ge schaffen werden.

Der mehrerwähnten Kellnerpetition, die den Zwed

bat, zu bewirken, daß die Kellner allgemein als Gewerbe­

Gehilfen und nicht als Dienst boten betrachtet werden, entnehmen wir folgendes: Aus den Vorschriften der Reichs­Gewerbeordnung in der revidirten Fassung vom 1. Juli 1883, insbesondere aber aus den Bestimmungen in§ 33 dieses Ges sezes, worin der Betrieb der Gast- und Schankwirthschaft als ein Gewerbe aufgeführt wird, zu dessen Ausübung eine be­

geflagten in seiner Gegenwart einer dem Grünmeyer zu Theil sondere Genehmigung erforderlich ist, erhellt, daß die Kellner

gewordenen Gefängnißftrafe gedacht hatte. Nach dem Inhalt der Denunziation wird Jacob beschuldigt, daß er im Laufe des Sabres 1885 wiederholt zu Hübner in die Wohnung gekommen und Packete mitgebracht habe, welche zweifellos den Sozialdemo

frat" enthielten.

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im allgemeinen nicht als Dienstboten, sondern als Gewerbe­Gehilfen zu betrachten sind, wie die Gerichte, und namentlich das königliche Amtsgericht zu Chemnit, wiederholt entschieden haben. Nichtsdestoweniger pflegen die städtischen und Polizei­behörden die Gastwirthsgehilfen zu den Dienstboten zu rechnen und demgemäß zu verfahren. Es bedarf wohl faum einer ein gehenden Erörterung, daß diese dem Gesez widersprechende be hördliche Behandlung für die Gastwirthe und insbesondere für ihre Gehilfen viele Nachtheile zur Folge hat. Sind doch die

schloffenen Arbeitervereins hoffnung" gewesen, bestreitet vor Jacob, welcher Mitglied des inzwischen ge­Gericht die ihm zur Last gelegte Beschuldigung; Hübner da gegen giebt zwar zu, daß er den Sozialdemokrat" sowie eine andere Zeitschrift, betitelt Freya  ", erhalten, jedoch verweigerte er, anzugeben, woher er das Blatt erhalten, und bestritt, aus- Fälle nicht selten, daß in Rechtsstreitigkeiten mit den Arbeit­Sein oder diese Beitschrift verbreitet zu haben. Die stattgehabte Gewerbe- Schiedsgericht, in ganz gleichen Fällen aber an die

drücklich, Abonnent des Züricher Sozialdemokrat" gewesen zu

gebern das genannte Personal vom ordentlichen Gericht an das

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+ Die Vereinigung deutscher Stellmacher hielt am Montag in Heife's Salon, Lichtenbergerstraße, eine Mitglieder­versammlung ab. Herr Schuhmachermeister Megner hielt einen beifällig aufgenommene Vortrag über die Lehrlings­frage. Er ſepte auseinander, aus welchen Ursachen die jezige schlechte Ausbildung der Lehrlinge hervorgehe, wie die Klein­meister durch die Konkurrenz der Maschinenarbeit allmälig auf den Aussterbeetat gesezt würden und wie sie daher nicht in der Lage wären, die nöthige Zeit auf die Ausbildung der ihnen anvertrauten Lehrlinge zu verwenden. Ausführlich fette der Redner auseinander, daß die Bestrebungen der Innung( Be fähigungsnachweis) nicht darnach angethan seien, Abhilfe zu bringen und er schloß mit dem Hinweise auf die Nothwendig­feit einer Organisation der Arbeiter, welche die öffentliche Meinung dahin zu bestimmen suchen müßte, einen gefeßlichen Arbeiterschuß zu verlangen. In der Diskussion äußerten fich verschiedene Redner in demselben Sinne. Der Rest des Abends verlief mit der Besprechung interner Vereinsangelegen­heiten.

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Der Fachverein der Metallarbeiter in Gas-, Wasser­und Dampf- Armaturen hielt am Sonntag bei Gratweil, Kommandantenstraße 77-79, eine Mitgliederversammlung ab, in welcher Herr Dr. Stahn über Leichenverbrennung sprach. Redner wies zunächst darauf hin, daß die Leichenverbrennung nichts neues wäre, denn bei vielen Völkern der Erde wurden schon vor Jahrtausenden die Leichen verbrannt, zumal bei den Heiden. Bei den Juden, Christen und Mohamedanern wurde die Leichenverbrennung aber verworfen, weil die Priester darin eine Verlegung der Religion erblickten und noch heute erblicken. Redner erklärte sich ebenfalls gegen die Leichenverbrennung und meinte, daß durch das Verbrennen der Leichen dem Erdreiche zu viel Stoffe entzogen würden, wodurch die Pflanzen großen Schaden leiden würden;(?) auch koste heute eine Leichenverbrennung einige hundert Thaler, indem man 30-40 Ctr. Kohlen. zu derselben brauche. Die Kohlen seien ein werthvolles Objekt, mit welchem man sehr sparsam umgehen müsse; in einem Zeit­raum von ungefähr hundert Jahren wären die Kohlenvorräthe der Erde erschöpft. Man solle daher die Leichen ruhig weiter begraben, jedoch nicht in einem Sarge, sondern wie im Alter­thum solle man sie frei in die Gruft legen. In der Dis tuffion sprach zunächst Herr Dertel( Mitglied des Vereins für Feuerbestattung). Derselbe führte aus, daß durch das Ver­brennen der Leichen viele Seuchen verhindert würden und daß der Preis, der sich ja durch den Transport der Leichen nach Gotha   bedeutend erhöhe, höchstens 450 M. betrage. Nachdem sich noch die Herren Prinz und Sündermann an der Debatte betheiligt hatten, wurde Herr Prinz zum ersten Vorsigenden und Herr Arndt zum ersten Schriftführer des Vereins gewählt. Es wurde noch beschlossen, Billets zum Kaiser- Panorama  " und zu Präuscher's Museum" zu ermäßigten Preisen zu beschaffen Bum Schluß wurden die Mitglieder aufgefordert, sich recht Sonnabend, den 27. b. M., in den Bürgerſälen", Dresdener­

"

straße 96, stattfindet.

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Dem Fachverein sämmtlicher im Drechslergewerk be­schäftigten Arbeiter Berlins   wurde die nachgesuchte Ge nehmigung zu einer am Sonntag, den 7. November, einbe rufenen Versammlung versagt. Auf der Tagesordnung stand: Vortrag über Die Fachkommissionen und deren Werth zur Er­zielung befferer Arbeitsbedingungen". Wie uns mitgetheilt wird, hat der Vorstand den Beschwerdeweg beschritten. Am Mittwoch, den 10. November, Abends 8 Uhr, findet im Lokal Naunynstr. 78 eine Versammlung der Vertrauensmänner und der Vorstandsmitglieder statt. Tagesordnung: Gewerkschaft­liches und Verschiedenes. Zu dieser Versammlung ist die Ge­nehmigung bereits ertheilt; dieselbe findet demnach bestimmt statt. Die Fachvereinsmitglieder, welche in ihren Werkstätten noch keinen Vertrauensmann ernannt haben, ersucht der Vor­stand, dies sofort zu veranlassen. Am Montag, den 15. No­vember, findet eine Wanderversammlung des Vereins für den Norden Berlins   im Lotal von Kilian, Elisabethkirchstr. 7, statt.

Im Verein für Reform der Schule und Erziehung hält Donnerstag, den 11. Oktober, Abends 84 Uhr, Herr Dr. v. Kalkstein einen Vortrag über die Reform der Schul­organisation überhaupt, woran sich eine Besprechung knüpfen soll. Herren find als Gäste willkommen.

Verein für Technik und Gewerbe. Mittelstraße 65 Mittwoch, Abends 8 Uhr, Vortrag. Gäste willkommen.

Gesang- und gesellige Vereine am Mittwoch. Freya  ", Gesangverein der freireligiösen Gemeinde. Uebungsstunde Abends 8 Uhr Münzstr. 5. Gesangverein Norddeutsche Schleife" Abends 9 Uhr Dresdenerstr. 72 73 im Restaurant Eden- Theater."

Kleine Mittheilungen.

Köln  , 6. Nov. Köln   hat nun auch seine erste städtische Markthalle, welcher bald wohl in den verschiedenen Theilen der Stadt andere folgen werden. Die neue ca. 1000 Quadrats meter große Halle, welche, an der Severinstraße gelegen, den bisherigen Waidmarkt erseßt, ist auf einem früheren Schul­terrain erbaut, die Baukosten belaufen fich auf etwa 90 000 M. Die Markthalle enthält eine größere Anzahl von Fleischbuden, sowie fleinere und größere Gegenstände, welche auf ein Jahr an die Meistbietenden vermiethet und zu belangreichen Beträgen zu geschlagen wurden. Im Uebrigen werden von den Verkäufern für die Benuzung des uneingefriedigten Raumes pro Quadrate meter Abgaben erhoben, welche den auf den Märkten üblichen angepaßt find.