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ausgabe noch ausführlicher: Schon seit längerem hatte die hiesige Polizeibehörde, deren Kriminalabtheilung unter der Leitung des Herrn Polizeiraths von Hacke steht, ein wachsames Auge auf die Zusammenkünfte der Sozialisten, und als ihr gestern von einem ihrer Organe die Mittheilung gemacht wurde, bei dem Gastwirth Prinz in der Albusgasse würde mit Anbruch der Dunkelheit ein Meeting abgehalten werden, traf sie ihre Maßregeln. Als eine beträchtliche Anzahl in der Privatwohnung des Herrn Prinz versammelt war, ließ sie die Eingänge der Straße beſetzen. Polizeirath von Hacke in Begleitung eines Polizeikommiffars und einer Anzahl Schußleute erklärte die Theilnehmer der Versammlung sammt und sonders für verhaftet, während den Gästen der Wirthschaft bedeutet wurde, ihre Pläße nicht zu verlassen. Die Polizei, welche mehrere der Verhafteten schloß, um ein Entweichen zu verhindern, durchsuchte die Räumlichkeiten und beschlagnahmte eine Anzahl Schriftstücke, wovon eines von besonderem Interesse für die Behörde gewesen sein muß, denn der Polizeikommissar erklärte bezüglich dessen der Frau Gastwirth Prinz, man habe schon wochenlang danach gefahndet. Dreiundzwanzig Arrestanten, darunter der Gastwirth Prinz, der Spezereihändler Füllgrabe und der aus verschiedenen Sozialistenprozessen bekannte Litho graph Trompeter wurden ins Polizeigefängniß abgeführt. Zwei der Verhafteten, die man als unverdächtig erkannte und die in der Wirthschaft selbst festgenommen worden waren, wurden bald nach ihrer Festnahme wieder auf freien Fuß gefeßt. Der Reichstagsabgeordnete Sabor beauftragte den Rechtsanwalt Holdheim mit der Führung der Sache der Verhafteten. Da Herr Sabor von der Versammlung, die ziemlich offen betrieben worden, keine Kenntniß hatte, so schließt er daraus, daß sie keine große Bedeutung gehabt und sich wahrscheinlich mit den bevorstehenden Stadtverordnetenwahlen, die am 25. November stattfinden werden, beschäftigt habe. Am nächsten Montag wird vor der Strafkammer des Landgerichts in Altona der Sozialistenprozeß gegen die in der Thalstraße in St. Pauli verhafteten Sozialisten verhandelt werden. Die Angeklagten werden be schuldigt, fich der Verbreitung des Züricher Sozialdemokrat" und des Vergehens gegen§§ 125 und 129 des R.-Str.-G.-B. schuldig gemacht zu haben, indem sie einer Verbindung angehörten, deren Biel und Zweck der Regierung unbekannt und die durch ungefeßliche Mittel Verfügungen der Verwaltung verhindern wolle.
Aus Kamerun tommen immer nur traurige Nachrichten. So ist auch ein Geschäftsführer der Hamburger Firma Woermann, Herr W. Berghaus aus Zörbig , der noch im vorigen Jahre mit einem Sohne des König Bell zum Besuch in seiner Heimath war, fürzlich am gelben Fieber gestorben. Es ist in der That Leichtsinn, wenn Deutsche in jene Kolonien gehen und ein Verbrechen, sie dahin zu verleiten. Mit jedem Tage fallen mehr und mehr 3weige von dem glänzenden, fünftlich aufgerichteten Kolonialbaum in Südafrika .
Rasches Avancement. Landrath Graf Wilhelm Bismarc foll nach einem Artifel der Straßburger Post" schon zum Be zirkspräsidenten in Metz ausersehen sein, während der dortige jezige Präsident nach Straßburg versetzt werden solle. Zur Begründung dieser Beförderung wird angeführt, daß Graf Wilhelm Bismarck vor einigen Jahren als Assessor in der Statthalterei arbeitete.
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Schweizerischer Handelsvertrag. Angesichts der Erörterungen schweizerischer Blätter über einen Zollkrieg der Schweiz gegen Deutschland stellt die Nordd. Allg. 3tg." Gegenmaßregeln in Aussicht. Lettere würden, schreibt dieselbe, unter Anderen darin bestehen können, den Veredelungs verkehr in Baumwollwaaren mit der Schweiz zu inhibiren, und zwar sowohl den Tranfit wie den gegenseitigen Veredelungsverkehr, welche Maßregel einen Theil der schweize rischen Baumwollindustrie in fast ruinöser Weise treffen würde, ohne daß von einer nachhaltigen Rückwirkung auf die deutsche Industrie die Rede sein könnte. England würde in diesem Falle als Lieferant an die Stelle der Schweiz treten; jedoch auch der deutschen Industrie würde der Rücktritt der schweize rischen Konkurrenz zu Gute kommen.
Einführung von Schulärzten. Breslau , 10. November. Den Stadtverordneten haben 26 Aerzte eine Petition übermittelt, in welcher beantragt wird, das Kollegium möge an den Magistrat das Ersuchen um Einführung von Schulärzten richten. 57 Aerzte baben sich bereits zur Uebernahme der Funktion als Schulärzte bereit erklärt. Der Schularzt soll zu den Sigungen des Schulvorstandes zugezogen werden. Die Anregung zu diesem sehr empfehlenswerthen Projekt ist von der hygienischen Sektion Der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur ausge
gangen.
Für den ersten Reichstagswahlkreis hat, wie das Christlich- soziale Korrespondenzblatt" des Herrn Stöcker berichtet, die Majorität des Vorstandes des konservativen Wahlvereins im ersten Reichstagswahlkreis nach erfolgter Ablehnung des Herrn v. Levezow Herrn Gerold als geeigneten Kandidaten in Aussicht genommen.
Oesterreich- Ungarn.
gelegenheiten nahm nach unwesentlicher Debatte am Donnerstag das Budget des Aeußern an und beschloß, in der Sigung am nächsten Sonnabend von dem Grafen Ka Inoty ein zusammenhängendes Bild der politischen Situation zu verlangen. Frankreich .
Das Petit Journal" ist auf England schlecht zu sprechen. Die französische Kolonisationsgesellschaft auf Mada gastar hat Berichte nach Europa geschickt, wonach die Hovas den Engländern alles bewilligen, was sie den Franzosen verbesig zurückerobern können, werden den Engländern Konzeffionen weigern. Während die Franzosen nicht ihren früheren Grundbesten Bodens bis zu 1500 hektaren zu billigen Preisen abgetreten. Tamatave werde troß des Friedens von Wachen der Hovasarmee umringt, welche die Reisenden nach Belieben auf= halten. In Tamatave selbst, das von den Franzosen besetzt bleibt, bis die Kriegsentschädigung bezahlt ist, wagen die Hovas am hellen Tage, herumirrende Eingeborene gefangen zu nehmen und als Sklaven wegzuführen. Petit Journal" hofft, daß der Generalresident der Hovasregierung mehr Respekt von Frankreichs Macht und Rechten einflößen werde.
Die Ueberschwemmungen in Südfrankreich nehmen zu. Im Departement Gard stürzten viele Häuser ein; es herrcht große Aufregung.
Paul Bert , der französische Ministerrefident zu TongFreycinet erst spät diese Mittheilung machte, hob, zum Ausfing, ist dort gestorben. Die Kammer, welcher Herr von druck ihrer Trauer, die Sigung sofort auf.
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Die Neue Freie Preffe" erfährt aus Pest, Prinz Waldemar sei nicht Rußlands Kandidat für den bulgarischen Thron, dagegen würde Rußland der Wahl des Fürsten von Mingrelien zustimmen. Der offiziöse„ Nemzet" schreibt: Wenn Rußland sein Doppelspiel fortsegt, wird es die Mächte zu diplomatischer und, wenn diese erfolglos bleibe, vielleicht zu viel ernsterer Aktion zwingen." Für die Kandidatur des Fürsten Nikolaus von Mingrelien ist eine einflußreiche Hofflique in Petersburg und anderen Hauptstädten Europas faktisch thätig. Das russische Kabinet hat sich bis jetzt die Kandidatur noch nicht angeeignet, was nicht ausschließt, daß dies später geschehen kann. Des Prinzen Waldemar schließliche Ablehnung gilt allgemein auf Grund der von uns mitgetheilten Antwort an die Sobranje als gewiß.
Die Mächte scheinen die Lage durchaus nicht als unbedrohlich anzuschen. Aus Venedig meldet der„ Corriere ", drei italienische Panzerschiffe feien angewiesen, sich nach Malta zu begeben, dort sich dem britischen Geschwader anzuschließen und weitere Befehle abzuwarten. Die offiziöse Wiener Politische Korrespondenz" berichtet aus besonderer Londoner Quelle: Rußlands stereotyp gewordene Versicherungen, fein militärisches Einschreiten in Bulgarien zu planen, erleichtern den zögernden Kabineten die Rolle des refervirten Gewährenlassens. Viel gehe dabei nicht verloren; der Tag der schließlichen Abrechnung sei eben noch nicht ge tommen, tönne aber nicht ausbleiben. Der ge< rechte, wohlerwogene und ernste Einspruch der dazu berufenen Mächte werde noch rechtzeitig kommen und eine Lösung gegen die Verträge und Interessen Europas verhüten. Nach Meldungen aus Odessa haben sämmtliche Kommandos der in den südrussischen Gouvernements Cherson , Jekaterinoslaw, Charkow , Bessarabien und Taurien garnisonirenden Truppen aus Petersburg den Befehl erhalten, ihre Truppen jeden Augenblick marsch bereit zu halten. Gleichzeitig wurde die Gefellschaft für Dampfschifffahrt auf dem Schwarzen Meere aufgefordert, je zehn Dampfer in Nikolajew , Odesfa und Sebaft opol bereit zu halten. In den genannten Hafenstädten herrscht außerordentliche Rührigkeit, Proviant und Fourage werden in großer Menge angekauft und in den Häfen aufgespeichert. Afrika .
Die Aeußerungen Salisbury's über Egypten haben in Paris wenig befriedigt, weil sie nicht den mindesten Anhalt dafür bieten, daß England in absehbarer Zeit Egypten räumen werde. Uebrigens läßt sich die" France " allein dadurch zu einem derben Ausfall verleiten. Sie behauptet, England werde nie im Stande sein, eine gute Verwaltung in Egypten einzuführen und habe auch bisher nichts hierfür gethan. Salisbury's Rede laufe daher darauf hinaus, daß England Egypten nie verlassen werde. Bu Salisbury's Bewunderung für die Bulgaren nicht ein, daß die nächtliche Verschwörung, welche den Fürsten bemerkt dieses angeblich republikanische Blatt:„ Salisbury fieht Alexander gestürzt hat, weit weniger schändlich war, als die Bombardirung von Alexandrien ."
Gerichts- Zeitung.
+ Wieder ein falscher Kriminalbeamter. Der Vergolder Friedrich H. hatte einen guten Freund, den Maler Br. Dieser Freund führte ein recht unglückliches Familienleben; er lebte mit seiner Frau im Unfrieden und eines Tages war die Gattin verschwunden. Alle Nachforschungen blieben zunächst
Der Ausschuß der ungarischen Delegation für äußere An- vergeblich, so eifrig fie von Br. auch betrieben wurden. Der
Aus Kunst und Leben.
Im Barmer Aquarium des Herrn Kaspar August Obermeyer, Wertherstraße 97, hatten, wie die Deutsche JägerBeitung" mittheilt, einige Naturfreunde Gelegenheit, einen Kampf zwischen Igel und Kreuzotter zu beobachten.
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tigen und man hat in einer Reihe umfangreicher Untersuchungen in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts hierüber eine ganze Literatur geschaffen. Man hatte die Einwirkung des Mondes auf Ebbe und Fluth des Meeres auch auf den Luftozean übertragen und von einer Mondebbe und Fluth Aber der Atmosphäre gesprochen. die allergenauesten Untersuchungen haben haben ergeben, daß höchstens in den Luftschichten der Aequatorialgegenden eine ganz ge ringe Spur dieser Anziehung sich nachweisen läßt, daß dies aber für unsere Breiten ohne jeden Einfluß ist. Da gegen darf man gewisse andere Erscheinungen, wenn z. B. der Mond einen Hof hat, sehr wohl als meteorologische Phänomene auffassen. Aber auch hier wirkt der Mond nur wie ein dahinter gestelltes Licht, welches einen bestimmten Zustand der oberen schicht, die wir Birrusfilz nennen, erhellt und für uns bemerkbar atmosphärischen Schichten, jene leichte, fast unsichtbare Wolkene macht. Profeffor von Bezold besprach sodann die sogenannten, in Voltskreisen beliebten Bauernregeln. Dieselben haben im Großen und Ganzen den Werth jenes bekannten Ausspruches: Wenn der Hahn fräht auf dem Mist, so ändert sich das Wetter regeln, welche keine Vorhersagung enthalten, sondern die einfache oder es bleibt wie es ist." Es giebt aber auch einige Bauerne Umschreibung einer meteorologischen Thatsache. Jedermann weiß, daß es am 8. Juni nicht mehr friert. In Bezug hierauf fagt die Bauernregel: Metardus( 8. Juni) bringt feinen Frost mehr, der dem Weinstock gefährlich wär." Ebenso pflegt es im April wohl noch einmal zu schneien, was die Bauernregel prompt mit den Worten beſtätigt:„ Jit per April auch noch, so gut, et schneit dem Bauer auf den" Hut." Bum Schluſſe beſprach Profeffor von Bezold die örtlichen Witterungsanzeichen: Bewölfung, Wind ac. Allerdings gestattet uns die ,, Himmelsschau", gewiffe zu machen. Wenn man aber den telegraphischen Wetterbericht von Europa hat, so gleicht man einem Beobachter, der sich viele hoch in die Luft gehoben hat und gleichzeitig die
gesezt und man war gespannt, wie sich der Igel verhalten würde. Kaum hatte die Schlange den Igel erblickt, als fie sich schnell in eine Ecke zurückzog, den Kopf kampfbereit vorstreckte und zischende Laute von sich gab. Der Igel ging be= hutsam vor und schnüffelte nach der Schlange, welche zuerst, da aber der Igel dreister; er versuchte die Schlange am Kopf zu faffen, wurde aber von derselben mehreremale in die Schnauze gebiffen, worauf er sich einige Minuten zurückzog. Da auf einmal, mit einer Schnelligkeit, wie man fie dem anscheinend ungeschickten stachligen Gesellen nicht zutrauen sollte, stürzte er fich auf die Otter, ein fnirschender Biß, und der Kopf der Schlange war zermalmt. Wohlgemuth fraß der Sieger, beim Kopf anfangend, die Schlange halb auf, bekam jedoch ungefähr eine halbe Stunde lang Zuckungen, wobei er die Nase in das feuchte Moos steckte. und verzehrte den Rest seines todten Feindes. Dann erholte er sich wieder vollständig mreußischen meteorologischen Instituts, äußerte fich fürzlich über Professor W. v. Bezold, der Direktor des königlich Dr Wetterprognoſe beſprach, wie sie vom Bolle gehandhabt wird. Man hört vielfach bie Behauptung aussprechen, bag Gärtner, Jäger, Landleute 2c. in Bezug auf die Vorherverfündigung des Wetters den wissenschaftlichen Fachmeteorologen Schlüffe auf die nächsten Veränderungen des Wetters mitunter
unseres gesammten Erdtheiles überblickt.
über seien. Es liegt dies daran, daß man bei Prophezeiunfolge zählt, während man den Meteorologen jede einzelne nn gen aus Volksfreisen erfahrungsmäßig nur die günstigen Er frrthümern gehört seit undentlichen Zeiten auch die Ansicht, daß der Mond Einfluß auf die Witterung habe. Zu den Ver tehrtheiten der abergläubischen astrologischen Anschauung gehört entnehmen, anläßlich der Preisvertheilung in Tübingen , Kanzler
Die Berechtigung der Fremdwörter. Ueber dieses Thema hielt am 6. d. M., wie wir dem Stuttg. N. Tagbl."
v. Rumelin eine intereffante Rede, welche als Reaktion auf die zur Mode gewordene Fremdwörterhaz zu betrachten ist. Redner erläuterte zunächst, daß diese Frage nicht gelöst werden könne den Gefichtspunkten lich Auge
ber Glaube, daß alles Wachsen und Abnehmen auf Erden mit dem Bunehmen und Abnehmen des Mondes in Verbindung stehe, und es giebt heute noch fhörichte Leute, welche sich bei von hat einen unglaublichen Ramp ägel nicht schneiden laſſen. non ing quest gefaßt werden; insbesondere wird die nationale von den Einflüssen des Mondes auf die Witterung zu befeis Ehre damit nicht befleckt, daß man einmal ein Fremdwort, das
Maler empfand nämlich eine heftige Sehnsucht nach der Ver schwundenen und hatte den innigsten Wunsch, sie wieder in seine Arme zu schließen und sich mit ihr zu verföhnen. Dazu war zunächst nothwendig, den Aufenthaltsort der Entflohenen festzustellen. Durch einen Zufall bekam Br. Wind, daß eine Wittwe Detert seine Frau beherberge, und er machte sich auf, um persönlich Nachforschung zu halten. Er fand einen sehr fühlen Empfang; Frau Detert bedeutete ihm kalt, daß sie nicht wife, wo die verschwundene Gattin weile, und daß sie dere selben nicht Wohnung gewährt habe. Herr Br. schäumte, denn er glaubte, ganz bestimmt annehmen zu dürfen, daß er von der D. zum Besten gehalten werde. Er mußte aber zunächst abziehen, da er Frau Defert zu anderen Angaben nicht veranlassen konnte. Seinem Freunde, dem Vergolder H., theilte er sein Mißgeschick mit und fragte ihn, was er thun solle. Der war mit einem guten Rathe sofort bei der Hand. Er wußte ein Mittel, die Wittwe zu zwingen, die Wahrheit zu sagen und war auch bereit, die Hauptrolle in diesem Plane zu übernehmen. instruirte seinen Freund und erschien mit ihm in der Wohnung der Wittwe Detert. Br. nahm das Wort: Ich hoffe, Sie werden mir jezt die Wahrheit sagen, Frau Detert; ich habe mich an die Polizei gewendet und dieser Herr hier ist Kriminal beamter. Dabei deutete er auf seinen Freund, der eine strenge Amtsmiene annahm und von Frau D. verlangte, sie solle die polizeilichen An- und Abmeldungen vorlegen, um festzustellen, ob Frau Br. bei ihr ihr gewohnt habe. Die Männer hatten aber die Klugheit der Wittwe unterschätzt. Frau D. war mißtrauisch, licß sich auf Auseinandersetzungen gar nicht ein, sondern schickte nach der Polizei. Ein Schutzs mann erschien und stellte fest, daß der Pseudokriminalbeamte der Vergolder Friedrich H. sei. Der Freundschaftsdienst des selben unterlag heute der Prüfung der ersten Straffammer des hiesigen Landgerichts 1. Die Anklage bezeichnete ihn streng mit unbefugter Ausübung eines öffentlichen Amtes". Der Thatbestand wurde so, wie er oben erzählt ist, festgestellt. Der Staatsanwalt faßte den Vorgang ernst auf und beantragte eine Gefängnißstrafe von 6 Wochen gegen den Angeklagten. Der Gerichtshof kam zu einer bedeutend milderen Auffassung und hielt eine Geldstrafe von 30 M. für eine ausreichende Sühne für sein Pseudo- Kriminalistenthum.
+ Vor dem Standesbeamten hatte Frau Wilhelmine Schenk eine falsche eidesstattliche Versicherung bei der Verehes lichung mit ihrem jezigen Manne angegeben und eine intellektuelle Urkundenfälschung vollzogen. Sie war deshalb und gleichzeitig des Betrudes angeklagt und vor die dritte Straffammer des hiesigen Landgerichts I gefordert worden. Im Jahre 1872 war sie von ihrem ersten Mann, Namens Schmidt, geschieden worden. Als sie nun. ihr jeßiger Mann heirathen wollte, ließ sie sich aus ihrem Heimathorte Pillfallen den Taufschicken, der sie als unverehelichte Wilhelmine Gottschall an führte, weil die Nachricht, daß sie sich im Jahre 1872 ver heirathet habe, nicht nach Billfallen gedrungen war. So nannte fie fich auch ihrem Bräutigam gegenüber Wilhelmine Gottschall und als Jungfer Gottschall wurde sie auch im Aushang des Standesamtes bezeichnet. Bei der Kopulation versicherte sie dem Standesbeamten an Eidesstatt, daß sie noch nicht verheis rathet gewesen sei. Bald nach der Verheirathung gerieth Frau Schenk in Bedrängniß und sie wendete sich an ihre hiesigen Verwandten mit der Bitte, ihr Geld zu leihen. Mit der Zeit wurden die Verwandten schwieriger und um sie sicher zu machen, erzählte Frau Schenk, daß sie in Pillfallen noch eine Hypothek von 7600 Thlen. stehen habe. Um diese Versicherung noch glaubhafter zu machen, ließ sie sich von einem hiesigen Notar ein Schriftstück aufseßen, durch welches der Amtsrichter Borst in Pillfallen ermächtigt wurde, das Geld flüssig zu machen und an die Adresse eines hiesigen Rechtsanwalts zu schicken. Ihr Kredit war nun wieder hergestellt und sie machte solange Gebrauch davon, bis die Betrogenen Verdacht schöpften und Anzeige erhoben. In Folge dessen wurde sie wegen einer Anzahl von Betrugsfällen im Frühjahr d. J. zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt. Der Rest der Fälle sollte mit der Ur fundenfälschung zusammen gestern zur Aburtheilung kommen. Während die Angeklagte in der Voruntersuchung ein offenes Geständniß abgelegt hatte, versuchte sie es in der Hauptver handlung mit dem Leugnen, bestritt, falsche Thatsachen vorges spiegelt zu haben und behauptete, sie habe wirklich in Pillfallen 7600 Thlr. hypothekarisch angelegt, und der Amtsrichter Porst sei ihr Better und sei von ihr beauftragt worden, das Geld flüssig zu machen. Diesem Verhalten der Angeklagten gegen über blieb dem Gerichtshof nichts weiter übrig, als den Termin zu vertagen und die kommissarische Vernehmung des Amtsrichters Borst zu Pillfallen zu beschließen. Gleichzeitig aber entschied sich der Gerichtshof, die Angeklagte wegen Flucht verdachtes sofort zu verhaften, und so wurde Frau Schent trot ihres Sträubens und Jammerns ins Untersuchungsgefängniß überführt.
+ Die frühere Besizerin des Lindencafé's, Unter den Linden 13, Frau Amalie Hige, deren Namen durch die Zeis tungen ging, als ihr Gatte, gegen den fie jetzt auf Eheschei dung flagbar geworden ist, durch die Rückkompagnie" ihr ganzes Mobiliar fortschaffen ließ, stand gestern vor der ersten
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fich Heimathrecht bei uns erworben, anwendet. Es sind etwa 5000 eigentliche Fremdwörter, deren ein gebildeter Deutscher auch außerhalb fachwissenschaftlicher Erörterungen fich gelegent lich bedient und die sich nicht genau decken mit irgend einem deutschen Wort. Mit Bugrundelegung der bis jetzt vollendeten Theile des Grimm'schen Wörterbuchs läßt sich der gesammte Schat unserer Sprache auf zirka 216 000 Wörter berechnen; das Französische hat nach dem ziemlich erschöpfenden Littré'schen Wörterbuch nur etwa halb so viel Wörter. Doch, sieht man genauer zu, so ist der Reichthum des Deutschen eben in der unendlichen Fülle von Zusammensetzungen begründet. Auf das Wort Land z. B. folgen bei Grimm 730 Kompofita, auf Krieg 650. Sieht man von diesen Busammensetzungen ab, welche andere Sprachen, wenn auch nicht ganz so bequem, so doch zum Vortheil der Deutlichkeit durch Verbindung von Wörtern mittels Präpofitionen ersetzen, so erscheint unsere fie Sprache thatsächlich arm: Wurzelworte hat in ungenügender Bahl, nämlich nur etwa dreitausend gegenüber 4500 franzöfifchen und einer noch viel größeren Menge englischer. Wir sind sehr häufig in der Lage, ein einfaches Ding, das andere Sprachen mit einem Wurzelwort bezeichnen, durch ein Kompositum bezeichnen zu müssen. Dies ist schon an fich nicht entsprechend, besonders aber wird es dadurch unbe quem, daß die schwerfälligen Rompofita nur wenig Weiterbil bungen zulaffen. Redner führte des näheren sehr scharfsinnig aus, warum es eigentlich unsinnig sei, eine Art patriotischer Entrüstung an den Tag zu legen, wenn Jemand ein Fremd wort gebrauche. Die Verwendung eines solchen brauche das Gewissen nicht stärker zu belasten, als der Gebrauch ausländischer Genußmittel, arabischen Kaffees oder chinesischen Thees. Zu Gunsten mäßigen Gebrauchs von Fremdwörtern führte er auch den Wohlflang an. Unsere deutsche Sprache sei ja in dieser Beziehung besonders wegen ihrer zahlreichen E den romanischen Sprachen gegenüber im Nachtheil; wer Fremdwörter peinlich vermeide, deffen Säge werden schon darum geradezu eintönig und langweilig. Schließlich empfiehlt Redner noch zwei Regeln. Wo ein Fremdwort und ein deutsches Wort ihrer begrifflichen Bedeutung nach fich verhalten wie zwei einander schneidende Kreise, da soll man für den ganzen gemeinsamen Abschnitt mur das deutsche Wort gebrauchen; wo das deutsche zum Fremde wort sich verhält wie ein umschließender Kreis und es sich um den engeren Begriff handelt, da mag man nach Umgrenzung desselben mittels des Fremdworts das deutsche zur Abwechslung anwenden.