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Straftammer des hiesigen Landgerichts unter der Anklage des Betruges in mindestens 80 Fällen und der wissentlich falschen Anschuldigung. Die Art, wie der Betrug verübt sein soll, wird rur verständlich, wenn man den eigenthümlichen Zahlungs- und Kontrolmodus fennt, der in den Wiener Cafés üblich ist. Die Bedienung des Gastes und die Einziehung der Beche von ihm ist getrennt; die erstere besorgen die sogenannten Zuträger, die nebenbei bemerkt äußerst schlecht bezahlt werden, die lettere die Zahlkellner. Die Einrichtung soll den Vortheil haben, daß die Gäste aufmerksamer und schneller bedient werden, und hat für die Mehrzahl der Kellner den Nachtheil, daß die Trinkgelders fontribution" monopolifirt ist, und daß die Besizer des Monopols, die Zahlkellner trog aller Abgaben und Leistungen an den Besitzer ein sehr ständiges Einkommen beziehen, während die Zuträger außer Effen und Trinken täglich eine Mark etwa für eine zwölf stündige Arbeitszeit erhalten. Ueberdies wird bei diesem Wiener " Modus das an sich unsinnige Trinkgeldergeben noch unsinniger, denn der Gast giebt das Geschenk nicht dem Kellner, der ihn bedient hat, sondern einem schwarzbefrackten Manne, der mit der Würde eines Herzogs die Beche einzieht, mit fabelhafter Geschwindigkeit das Geld wechselt und mit fabelhafter Geschwindigkeit sich zuweilen verrechnet, aber nie zum eigenen Nachtheil. Und für diese nüßliche Thätigkeit er­hält er das Trinkgeld. Die Kontrole für die Abrechnung zwischen Zahlkellner und Befizer geschieht in folgender Weise: Am Buffet fizt die Kassirerin, hinter sich den Schrank mit den obligaten Liqueurflaschen und vor sich den sogenannten Tage­bogen, ein Formular, in das sie alle aus der Küche von den Speisen Buträgern hervorgeholten Getränke und mit der Bezeichnung des Preises notirt. Bei der Ab­rechnung werden diese Einzelsummen zusammengerechnet

und

Sen Gesammtbetrag muß der Zahlfellner zahlen. Der Ueberschuß, das Geld, das er in der Tasche bes hält, find die Trinkgelder, die er im Laufe des Tages oder der Nacht erhalten hat. Damit aber der Bahlfellner nicht etwa dadurch von dem Befizer betrogen wird, daß die Kassirerin in in den Tagebogen" mehr einträgt, als wie wirklich aus der Küche geliefert worden, ist folgende Einrichtung getroffen. In der Nähe des Buffets befindet sich ein Blechkasten, in deffen einzelnen Fächern sich Metallmarken befinden, die Werthe von 10 Pf. bis M. darstellen. Die Zuträger nehmen nun, wenn fie Getränke oder Speisen aus der Küche holen, den ent­sprechenden Betrag von Marken aus dem Blechkasten und reichen ihn der Kaffirerin, welche die Marken in einen zweiten verschloffenen Blechkasten, der auf dem Buffet steht, zu werfen hat. Bei der Abrechnung wird der Kasten aufgeschloffen und sein Inhalt an Marken gezählt. Die Summe, welche fich ergiebt, wenn die Marken ihrem Werth nach zusammengezählt werden, muß mit der Totalsumme der Abrechnung des Tagebogens" übereinstimmen. Im Lindentafé

stimmten diese beiden Summen wohl, aber die Bahlkellner faßten doch Verdacht, daß sie betrogen worden seien. Sie und die Anklage behaupten, daß Frau Hige, welche die Kaffirerin sehr häufig vertrat, fie dadurch betrogen habe, daß fie mehr Marken in den Blechkasten geworfen, als sie den gelieferten Getränken und Speisen entsprochen, und daß sie auch im Tagebogen" die entsprechenden Fälschungen vorgenommen habe. Sie wollen täglich um 3-10 M, geschädigt worden fein, so daß der Gesammtbetrag ihres Verlustes an 500 Mark betrage. Der gestrige Termin wurde vertagt, weil ein Haupts zeuge nicht erschienen war. Wir kommen auf den Prozeß bei Wir kommen auf den Prozeß bei feiner nächsten Verhandlung zurück.

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des Erzgebirges und des Voigtlandes vor einigen Tagen auf gelöst, der neben der Preishaltung der Waaren zu gleicher Beit eine Lohnregelung zu Gunsten der Arbeiter angebahnt hatte und ferner dem sogenannten Faktorenunwesen scharf auf die Finger sah. Der Borsigende erklärte in der legten Versamm lung, daß der Verein lediglich an der Haltung verschiedener Mitglieder gescheitert sei, welche aus egoistischen Gründen den Sagungen des Vereins entgegengehandelt hätten. Das Vereins­vermögen wurde der Invaliden- und Altersversorgungskaffe des Vereins der Maschinensticker des Königreichs Sachsen über­wiesen.

In der Harmonikafabrikation im sächsischen Voigt lande und den angrenzenden Fürstenthümern wird jest ziem­lich flott gearbeitet, aber zu Preisen, die ungemein gering find. Verdient ein tüchtiger Arbeiter 6 Mart wöchent I ich, so ist er recht zufrieden. Nur wenige Arbeiter verdienen mehr, die meisten eine geringere Summe. Den Fabrikanten geht es auch nicht sonderlich, da die Amerikaner die Waaren­In der Voigtländischen preise ungemein gedrückt haben. In der Voigtländischen Beitung" werden jetzt immer Korsettnäherinnen nach Berlin ge sucht. Besser werden es die armen Mädchen, die diesen Auf­forderungen folgen, auch wohl nicht haben, als in ihrer Hei­math. Und auch wohl nicht schlechter; die Zustände in Bezug auf die weibliche Arbeit sind jetzt überall gleich schlimm.

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Kleine Mittheilungen.

Hamburg , 8. November. Wiederholt find in letzter Zeit hier Neubauten eingestürzt. Der legte schwere Unglücksfall am Eppendorfer Wege dürfte nun Anlaß geben, daß endlich unsere baupolizeilichen Vorschriften verbessert werden. Hier in Ham­ burg hat nämlich bisher die Baupolizei nicht einmal das Recht, einen Neubau zu beaufsichtigen. Sie giebt nur eine Bescheini­gung, daß der Neubau angemeldet ist und damit fertig. Sie bekümmert sich erst um die Ausführungsweise des Baues, wenn Beschwerden an sie herantreten. Jetzt haben 23 Bürgerschafts­mitglieder einen Antrag formulirt, der in der gesammten Bür­gerschaft Anklang findet. Derselbe hat folgenden Wortlaut: Die Bürgerschaft wolle beschließen, den bereits bestehenden Ausschuß behufs Revision einzelner Paragraphen des Bau­polizeigefeßes zu beauftragen, auch die Frage zu prüfen, ob eine größere Sicherheit gegen Häusereinsturz gewährleistet wer­den kann durch Vervollständigung und Ergänzung der bau­polizeigesetzlichen Bestimmungen in der Weise, daß seitens der Baupolizeibehörde eine Kontrole der Neubauten und der dazu zu verwendenden Baumaterialien während der Bauperiode statt­zufinden habe, event. dahin gehende Anträge an die Bürger schaft gelangen zu laffen."

Soziales und Arbeiterbewegung. Berlauf der erschwindelten Waaren, deren Einkauf sich nach den

Krankenversicherung. Der Rath der Stadt Leipzig hat beschloffen, den Krankenversicherungszwang auch auf die Arbeiter in land und forstwirthschaftlichen Betrieben mit Genehmigung der Stadtverordneten auszudehnen.

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Eine glückliche Industrie. Es wird jetzt zwar vielfach von einer Befferung der allgemeinen Geschäftslage gesprochen; dabei handelt es sich wohl nur, wenn es in manchen Zweigen wirklich zutrifft, um die unmittelbarste Gegenwart und die nächste Zukunft. Aber schreibt die Deutsche 3tg."- daß das verfloffene Geschäftsjahr das bisher beste" gewesen sei und seine sämmtlichen Vorgänger beträchtlich überrage" Dies gelegentlich der Betrachtung des eigenen Geschäftsergebniffes behaupten zu können, ist doch dem neuesten Industrieberichte vorbehalten gewesen, der uns heute vorliegt, nämlich jenem der Pulverfabrikation. Die deutsche Pulverfabritation tann solche Dithyramben angesichts ihrer Dividenden für 1885/86 anftimmen. Die Vereinigten rheinisch- westfälischen Pulvers fabriken" rühmen sich einer Gesammtproduktion des verflossenen Geschäftsjahres von 63 241 Bentner, welche die des Vorjahres um 11740 Bentner überragt. Die Höhe des Umfates betrug 5 206 093 M., gegen 1884 85 mehr um 612 736 M. Der Netto- Erlös per Bentner( 50 Kilos) übersteigt den des Vorjahres um ca. 10 pCt. Das Mehr der verkauften Militärpulver- Quan täten gegen 1884/85 beziffert fich mit fast 25 pCt., das des Jagdpulvers mit 10 pCt. während sich beim Sprengpulver ein Ausfall von 15 pCt. zeigt, dessen Ursache in dem schwer dar niederliegenden Bergbau, namentlich in dem Minderverbrauch der Kohlenbergwerke zu suchen ist. Das Dynamitgeschäft ergab durchaus befriedigende Resultate. Neue Werke sind mittler­weile erbaut worden, welche mit der Herstellung von Pulver für die englische Regierung beschäftigt find. Ein Gewinns Saldo von rund anderthalb Millionen und eine Dividende von 16%, pt. zur Vertheilung sind der wohlklingende Schluß, in welchen der Geschäftsbericht der größten deutschen Pulver­Erzeugerin austönt. Welche andere Industrie kann da kon Turriren? Es lebe also das Pulver!

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Polnische Arbeiter in Westfalen . Ein polnisches Blatt, der Wielkopolanin", veröffentlicht das Schreiben eines aus Posen nach Westfalen ausgewanderten Arbeiters, welcher seine Landsleute eindringlich warnt, seinem Beispiele zu folgen. Was die polnischen Arbeiter in Westfalen etwa erwarteten, fänden fie nicht. Am 1. und 15. eines jeden Monats verlangten regel

mäßig zahlreiche polnische Arbeiter Beschäftigung, aber fast ebenso

häufig fönne ihrer Bitte nicht entsprochen werden. Die Leute follten im Osten bleiben, im Westen erwarteten sie nur Ent­täuschungen und Elend. Das alte Lied! In der alten Heimath fein Auskommen und an dem neuen Aufenthaltsort Ent täuschungen und Elend das ist das Schicksal des Arbeiters überall, wo der moderne Industrialismus herrscht.

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Im Münsterlande( Westfalen ), wo im Allgemeinen wenig Industrie vorhanden ist, meldet man plöglich in der gutgesinnten" Breffe, daß dort in einigen Orten, so in Gronau , welches Städtchen wohl nur wenigen Menschen dem Namen nach bekannt ist, ein bedeutender Geschäftsaufschwung statt­gefunden habe. In verschiedenen Baumwollwebereien und Spinnereien soll sogar das Arbeitspersonal vermehrt werden; besonders seien Spinnerinnen und Hasplerinnen gesucht, die wöchentlich bis 18 m. verdienen(!?). Wenn man die 1 vor der 8 fortstreicht, so wird es dann seine Richtigkeit haben. Es giebt in jenen Gegenden Ueberfluß von weiblichem Arbeitsper­

Hamburg, 9. November. Eine zweite schwarze Bande ( Compagnie noire), wie sie zu Anfang dieses Jahres in den Personen der in Ottensen verhafteten Gebrüder Schreck und Lißmann, welche bekanntlich eine große Anzahl englischer, italienischer und österreichischer Raufleute um mehr als eine Million Mark beschwindelt hatten, in sicheren Gewahrsam ge­bracht worden ist, ist dieser Tage hier am Plage entdeckt wor den, doch haben sich die Theilnehmer derselben leider bisher der Verhaftung entziehen können. Seit einiger Zeit hatte sich hier eine Firma Ottlie u. Co. etablirt, die ihre Hauptniederlage in der halb zu Altona , halb zu Hamburg gehörenden Straße Schulterblatt" und zwar auf Altonaer Gebiet hatte, während hier in der Stadt, in der Dammthorstraße, in der fashionablen Gegend Hamburgs , eine Filiale errichtet war. Die Firma be­stand aus vier, angeblich aus Rußland stammenden Personen, Namens Ottlie, Levy und zwei Gebrüder Beckmann; lettere erst 19 und 20 Jahre alt, besorgten den Einkauf, erstere den bisher bei der Polizeibehörde eingelaufenen Anzeigen auf min­deffens 700 000 m. belaufen hat. Die Gebrüder Beckmann traten hier überall sehr nobel auf und führten ein sehr luxuriöses und verschwenderisches Leben. Sie bewohnten zwei kostbar ausmöblirte Wohnungen, hielten sich drei Reitpferde und verschiedene Maitreffen, für welche sie viel Geld ausgaben. Sie waren überall auf den Rennplägen und gerirten sich als hochbegütert. Bei ihren Einkäufen pflegten fie fingirte Refe­renzen erster Klaffe aufzugeben und bezahlten gewöhnlich mit Wechseln auf fremde Bläße. Ein Kaufmann, dem auf diese Weise für 12 000 M. Bernsteinwaaren abgeschwindelt worden waren, schöpfte zuerst Verdacht und zog nähere Erkundigungen waren, schöpfte zuerst Verdacht und zog nähere Erkundigungen über die Leute ein, deren Resultat dahin führte, daß der Mann fich an die Polizei wandte. Als diese nun gestern zur Ver­haftung schreiten wollte, fand sie dieselben nicht mehr vor, da fie wohl Lunte gerochen hatten. Der ältere Beckmann hatte einige Tage vor seinem Verschwinden noch ein Portefeuille mit ca. 60 000 R. in Banknoten bei sich. Die sämmtlichen Lokali täten der Schwindler find polizeilich versiegelt worden, doch dürfte der Verkauf der vorgefundenen Sachen keinen übergroßen Ertrag für die Gläubiger ergeben. Man vermuthet hier, daß Ertrag für die Gläubiger ergeben. Man vermuthet hier, daß die Leute nach Rußland geflüchtet sind.

London , 8. November. ( Schadenersatz wegen Bruchs aines Cheverbrechens.) Im Queen's Bench- Gerichtshof wurden vor einigen Tagen einer deutschen Gouvernante Namens Pape gegen einen ältlichen Deutschen Namens Freudenberg wegen gebrochenen Eheverbrechens 2000 Pf. St. Schadenersatz zuers fannt. Fräulein Pape, die in Goldings in Herfordshire in der Familie des Herrn Rob. mit einem Jahresgehalt von 120 Pf. St. nebst Rost und Logis eine Stellung als Gouvernante be gleitete, lernte im Februar 1880 Herrn Freudenberg , einen Wittwer, kennen, der ihr am 17. Juli desselben Jahres, als fie eben eine Reise nach Deutschland antreten wollte, einen Heiraths antrag machte, den fie auch annahm. Die Verlobung fand bald darauf in Deutschland statt, wobei Herr Freudenberg seiner Braut den Trauring seiner verstorbenen Frau einhändigte. Die Trauung wurde auf Februar 1881 angefeßt, und Frl. Pape gab ihre Stellung auf Wunsch ihres Bräutigams auf und chaffte ihre Ausstattung an. Die Hochzeit wurde jedoch auf Wunsch des Herrn Freudenberg aufgeschoben, da dieser noch erst eine Reise nach New- York machen mußte, und Frl. Pape nahm wieder eine andere Gouvernantenstelle an, blieb aber mit

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erheblich beschädigte. Um nun die Restaurationsarbeiten erheblich beschädigte. projektiren zu können, wurde ein Baugerüst hergestellt, welches aber nach oben hin damals nicht mit einer Holztreppe, sondern mit Leitern erstiegen werden mußte. Da, eines Morgens am 10. November, flatterte von der höchsten Spiße des Gerüstes, also in zirka 250 Fuß Höhe, eine riesige schwarze Robert Blum Fahne" im Herbstwinde. Erst gegen Mittag konnte sie polizeilich entfernt werden. Wer mag in stockfinsterer Herbstnacht sein Leben so auf's Spiel gesezt haben? Wer mag der verwegene Turner ge wesen sein? Daß auch die Polizei ein berechtigtes" Inter effe an der Lösung dieser hohen" Frage hatte, war natürlich und so geschah den auch einn polizeiliches Forschen. Die That selbst aber bildete für einige Zeit den Gesprächsstoff in der Stadt, und besonders in einem Klub Wasserkolleg", woselbst man das Wasser aber nur seinem Namen nach kannte. Ein Schlächtermeister Ph. M. war eifriges Mitglied und damals so in Mitte der 50er Jahre stehend, seine 230 Pfund oder gar mehr wiegend, und seine Beine hatten ihre liebe Noth, den schweren Körper zu tragen. Er mußte stets recht langsam thun. Eines Morgens erhielt M. eine Vorladung vor den damaligen Polizeipräsidenten Herrn v. Madai, ein ebenfalls sehr wohls beleibter Herr. Mit der Vorladung in der Hand trat Herr M. mit folgenden Worten in das Amtszimmer des Polizeipräsi denten: Gute Morje, Herr Präsident, ich hab' da ä Vor­ladung, ich soll emal zu Shne fomme, was is dann passirt?" Herr von Madai betrachtet unsern Schlächtermeister eine Weile, bricht dann in lautes Lachen aus und sagte: Nein, Sie find es so wenig gewesen wie ich, Sie haben es nicht gethan. Sie haben das Pfarrthurmgerüste nicht in der Nacht erstiegen, in den engen Passagen blieben wir Beide unrettbar stecken. Die Robert- Blum- Fahne" hat ein Schlankerer" aufgepflanzt." Nachdem verabschiedete sich der Schlächtermeister mit den Worten: Des hab ich nur Aam aus'm Wasserkolleg zu ver danke, wenn ich den wißt, der kennt sich gradelirn!" Seit dem Jahr 1870 ist nie mehr die Robert- Blum - Fahne aufgesteckt

worden.

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Eine schlaue Schwindlerin. Das Zuchtpolizei- Gericht in Nantes hatte sich in der lezten Zeit mit einem Handel zu be schäftigen, welcher die ganze Stadt in Aufregung versette, weil die Angeklagte eine dort sehr bekannte und, wenigstens in ge wissen Kreisen, eine sehr angesehene Persönlichkeit" war. Anna Rousseau, welche sich Baronin Finand d'Icard nannte, war 1839 geboren und in das Findelhaus von Nantes gebracht worden. Schon früh gab fie Beweise unverbesserlicher Ver­dorbenheit, zugleich aber auch eines außerdentlich scharfen Ver ſtandes. Als das Mädchen groß genug war, um sein Brod zu verdienen, wurde es als Dienstmagd untergebracht, zog jedoch bald eine bequemere und einträglichere Laufbahn vor, die sie mit der Polizei verschiedener Städte in nähere Beziehung brachte. Mehrmals wurde sie wegen Diebstahls und Betruges, auch wegen unrechtmäßigen Tragens von Adelstiteln verurtheilt, und als sie voriges Jahr die Bekanntschaft des Barons Finand d'Icard machte, hatte sie eben fünf Jahre Gefängniß hinter fich. Der Titel des guten Mannes diente ihr dazu, sogleich einen großartigen Betrug mit Diamanten zu begehen. Sie wurde deshalb in Marseille verfolgt und floh nach Nantes , wo sie sich bei der hohen Geistlichkeit einschmeichelte und 183 000 Frants denn erschwindelte. Wer konnte der Nichte eines Kardinals für eine solche gab sich die interessante ,, Generals- Wittwe" aus - eine kleine Gefälligkeit abschlagen?" Die Sache kam durch einen Geschäftsagenten an's Licht, welcher weniger gutmüthig war, als ihr Beichtvater, der Abbe Sorin u. A., welcher der frommen Büßerin" 27 000 Franks vorgestreckt hatte. Das Ende vom Liede war eine Verurtheilung zu zehn Jahren Gefängniß und hundert Franks Strafe. Anna Rousseau war höchst er finderisch und ausnehmend schlau vor Gericht und wäre viel leicht nicht entlarvt worden ohne den Baron Finand d'Icard, welcher wüthend darüber war, daß sie nicht nur seinen Namen in der bekannten Weise mißbraucht, sondern auch ihn großartig bestohlen hatte.

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Markthallen- Bericht von J. Sandmann, städtischem Verkaufs- Vermittler, Berlin , den 12. November 1886.

Die Engros - Auktionen finden vermehrte Aufnahme. Auch aus anderen Städten kommen Händler hierher, in der Auftion ihre Einkäufe zu besorgen, weil sie hier bei der großen Aus wahl vortheilhafter und beffer sich versorgen können als an den Produktionsorten. Schriftliche Einkaufsbestellungen können nur berücksichtigt werden, wenn ein Preis limitirt und der ungefähre Betrag eingesandt wird.

Geflügel. Fette Gänse per Pfund 50 bis 60 f Fettgänse über 15 Pfd. schwer 60 Pf. und mehr per Pfund Stoppelgänse bis 8 Pfd. 40-48 Pf. per Pfund. junge Enten 1,50-2,50, fette Enten 50-60 Pf. per Pfd. junge Hühner 0,55-0,80,' alte 1,20-1,70 M., Tauben 30 bis 40 Pf., Boularden 4,50-8 M. Mageres Geflügel schwer verkäuflich. Fette Gänse sehr begehrt, müffen, um Ansehen zu behalten, weder gefengt noch gebrüht werden, nur gerupff.

Wild. Rehe waren reichlich zugeführt; Hasen knapp; an Federvieh ist Mangel. Rehe 55-60, fehlerhafte 45-50, hirsche, sehr starte und fehlerhafte 20-25, 1.30-38, Dammwild 32-45 Wildschwein 35-45 Pf. pr. Pfd., Rebhühner, junge 150, alte 90 bis 110 Bf., Fasanenhennen 2,40-2,50, Fasanenhähne 3,00-4,00 M., Hafen 3,00-3,60, Raninchen 45-55 Pf. p. Std, Krametsvögel 25 1,75-2,50 pr. Stück. Schnepfen 2,20-2,80, Bekassinen 50 Bogen 4 um 9%, Uhr Vormittags und 6 Uhr Nachmittags abs

gehalten.

Obst und Gemüse. Birnen 6,00 bis 8,50, Tafelbirnen 10-20, feinste Sorten 20-40 M., Aepfel 6,00-9,00 m, Tafeläpfel 10-20 M., feinste Sorten 20-36 M., Maronen

20-30 M., Wallnüsse 20-30 M. pr. 8tr.

Bwiebeln 2,25-3,00-4,00 m. per 100 Pfd., Weißfleischige per

ihrem Bräutigam stets in Korrespondenz, der endlich die Hoch fohl 30-40 m. pr. 100 Stüd, Stohlrüben 1,50-2,00 M., per

zeit auf den Anfang des Jahres 1885 feftfegte, statt dessen aber am 2. Februar fein Versprechen zurücknahm und am 10. März eine reiche Dame Namens Mis Ricard heirathete. Die Jury erkannte der Klägerin, wie bemerkt, 2000 Pf. St. zu; da es fich aber herausstellte, daß fie nur um 1500 Bf. St. geklagt hatte, so wurde ihr diese Summe zuerkannt.

Zentner.

Blumen und Blätter. Lorbeerblätter 3,50-4 M. pro Rorb. Rosen 8-15 M., Rosenknospen 1-3 M. pr. 100 Stüd Tuberosen 4-5 M. pr. 100 Stüd. Veilchen 3,50-5,00 pr. Tausend. Rosen- Hochstämme 40-55, niedrig- veredelte Auktion jeden Dienstag und Freitag um 7 Uhr Nachmittags. 15-20 M. pr. 100 Stüd, Primeln 13-15 M. pr. 100 Stüd Geräucherte und marinirte Fische. Größere Bufuhren erwünscht. Bratheringe per Fag 1,50-2,25 M. Ruffifche Die schwarze Fahne. Nachdem im Jahre 1848 in der Sardinen 1,50-1,75 M. Rheinlachs 2,50-2,90, Weser - und

Vermischtes.

Brigittenau zu Wien der Parlamentsdeputirte Robert Blum standrechtlich erschossen war, legte das Volk Trauer für den Gefallenen an, besonders in Frankfurt , woselbst Robert Blum jedem Rinde bekannt geworden war. Das Volt ehrte den Todten noch dadurch, daß alljährlich am Todestage( 10. Nov.) eine große schwarze Fahne aufgebißt wurde. Das ging aber,

Ditseelachs 1,20-1,60, Flundern, fleine 3-6 M, mittel 7,50 bis 16 M., große 18-27 M., Büdlinge 1,80-4,00 m. per 60 Stück. Sprotten 40 bis 45 Pf. per Pfund. Rauchaal

mittel 1 M. per Pfd.

Eier 3,00 M. pr. Schock netto. Eier find begehrt; größere

Bufuhren erwünscht.

Butter. Frische feinste Tafelbutter c. 120-125, feine

sonal, welches sich von der landwirthschaftlichen Beschäftigung glatt ab, und die Polizei entfernte sofort die Trauerfahne, Tafelbutter 1. 110-118, II. 95 bis 108, III. fehlerhafte 85

zur industriellen drängt. Höchstens fann die betreffende Notiz bazu dienen, um aus industriellen Gegenden gewandte Arbei terinnen nach dem Münsterlande zu ziehen, um den Lohn dort noch mehr zu drücken.

Unternehmer- Vereinigungen behufs Regelung der Pro­buktion haben gewöhnlich nur einen vorübergehenden Werth.

ohne daß es ihr jemals geglückt wäre, den Uebelthäter zu faffen. Es ist in hohem Grade staunenswerth, welche gefähr lichen Punkte ausgesucht wurden, um in der Nacht die Fahne aufzupflanzen und ein Herabholen so beschwerlich als möglich zu machen. Dieses Aufhiffen der Trauerfahne dauerte bekannt lich 25 Jahre. Nachdem Frankfurt preußisch geworden war, wurde noch eifriger nach den Attentätern geforscht, aber immer

bis 90. Landbutter I. 90-96, II. 80 bis 85 m. und andere geringste Sorten 55-72 m. pr. 50 Ro. Käse.

Galizische

Schweizerkäse und f. Sahnenkäse begehrt, bei Quadrat- Backstein 1. fett 20-25, II. 10-16 M., Limburger I. 30-35, 11. 20-25, Rheinischer Holländer Räse 45-58 M,

Interessenten, wenn sie das Gesammtwohl im Auge haben. vergeblich. Da traf die Stadt im Jahre 1867 das Unglück, franzöfifcher Neufchateller 16 M. pro 100 Stück, Roquefort

So hat sich auch der Verein der Schiffchenstickmaschinenbefizer daß der Dombrand ausbrach und Kirche und Thurm

1,20-1,50 pro Pfd.

Verantwortlich für den politischen Theil und Soziales Mar Schippel, für Vereine und Versammlungen F. Zuhauer, für den übrigen Theil der Zeitung N. Cronheim, sämmtlich in Berlin .

Drud und Verlag von May Bading in Berlin SW., Beuthstraße 2.

Hierzu eine Beilage.