Beilage zum Berliner Volksblatt.
Nr. 266.
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Bum Kampf der eingefchriebenen Bilfskaffen mit den Ortskrankenkaffen.
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III.
Sind nun wie in§ 58 des Krankenversicherungsgesetzes die Parteien auf den Rechtsweg gewiesen, so fann eine Bescheinigung nur da genügen, wo das Gefeß dies zuläßt. Daß aber die Gerichte in den Fällen des§ 58 durch jene Bescheinigung der oberen Verwaltungsbehörde gebunden seien, ist im Geseze weder zum Ausdruck gelangt noch aus dem Geseze zu folgern. Dieser Standpunkt des Gesezes kann ſelbſtver ständlich auch dadurch keine Aenderung erleiden, daß Revisionstläger auf einen angeblich unerträglichen Zustand hinweisen, welcher bei solcher Auslegung des Gefeßes für die einge schriebenen Hilfskaffen und deren Mitglieder geschaffen sei. Sollte, was hier nicht zu untersuchen, in der That ein solcher Bustand existiren, so könnte dies für den Gesetzgeber Veran laffung zur Abänderung des Gefeßes werden, für die Auslegung und Anwendung der gegebenen Gefeße wäre jener Bustand einflußlos. Die Möglichkeit verschiedener Beurtheilung der Statuten eingeschriebener Hilfskaffen durch verSchiedene Berwaltungs- und Gerichtsbehörden aber war schon durch den§ 58 des Krankenversicherungsgefeßes gegeben; hieran ist eben durch die Novelle vom 1. Juni 1884 lediglich nichts geändert.
Nur zum Ueberfluß soll auch aus der Entstehungsgeschichte der Novelle selbst, wie schon vom zweiten Richter geschehen, dargelegt werden, daß aus derselben nichts zu Gunsten der Revisionskläger zu folgern sei. Bwar fann nach den Ausführungen der Reichstagsabgeordneten Dr. Hirsch und Genoffen( auf deren Antrag die Novelle jenen Bufag erhielt) bei Gelegenheit der zweiten Berathung der Novelle in der Sigung vom 22. April 1884( vergl. Stenographische Berichte des Reichstages 1884, Band 1, Seite 246 f.) feinem Zweifel unterliegen, daß nach der Intention der Antragsteller durch die Bescheinigung der oberen Verwaltungsbehörde den Mitgliedern der freien Hilfsfaffen eine Gewähr gegen weitere Anfechtung geschaffen und für das ganze Reich der Gefahr verschiedener Beurtheilung und zahlloser Einzelprozesse vorbeugt, hierdurch aber auch die Gemeinden- und Krankenkassen gegen Prozeßkosten gewahrt werden sollten. Bei jener zweiten Berathung, welche furz nach Einbringung des Antrages stattfand, hat sich der Vertreter der Bundesregierungen allerdings zunächst darauf beschränkt, prinzipiell gegen den Antrag Stellung zu nehmen und dessen Ablehnung zu empfehlen, und seine damalige Auffassung des Antrages ergiebt fich aus der Aeußerung, durch jenen Antrag werde das Verhältniß der Hilfskaffen zu den Kranken- Bwangskaffen wesentlich verändert werden, da an die Stelle der materiellen Erforder niffe des§ 75 des Krankenversicherungsgesetzes lediglich ein formales Erforderniß treten werde, nämlich die Erklärung der die Hilfskaffe zulaffenden Behörde. - Allein bei der dritten Berathung im Reichstage am 28. April 1884( 1. c. Seite 360 flg.) änderte sich die Stellung der Antragenden selbst zn ihrem Antrage sofort insofern, als gleich der erste Redner Dr. Hirsch ( Seite 369) äußerte, er erachte es für das allein richtige und fichere, daß dieselbe Instanz, welche so und so viele Paragraphen bes Hilfstaffengefeßes auf die Statuten anwende, auch den§ 75 des Krankenversicherungsgeseßes anwende, und daß das Urtheil dieser Behörde so lange maßgebend sei für das ganze Reich, bis dasselbe von anderen Seiten angefochten wird. Darauf gab welcher er vor allem betont, daß, wie er sich durch genaueres Studium des Antrages überzeugt, die Antragsteller selbst von
Sonnabend, den 13. November 1886.
Unterstüßungspflicht, theils hinsichtlich der Bedingungen, von denen die Gewähr einer Unterstügung abhängig gestellt sei oder abhängig gemacht werden könne, die Hilfs faffen weniger leisten, als die Gemeinden nach§ 6 des Krankenversicherungsgesetzes zu leisten haben. Diefer Standpunkt muß als vollkommen dem Geseze entsprechend be zeichnet werden, denn nachdem in§ 75 des Krankenversicherungsgesetzes der§ 6 nach seinem ganzen Umfange in Bezug genommen ist, mißte gegebenen Falls geprüft werden, ob jene Statuten in jeder einzelnen Beziehung dem§ 6 entsprechen und es fonnte von einer Untersuchung der Frage, ob einzelne hiernach sich ergebende Minderleistungen etwa durch Mehrleistungen nach anderen Beziehungen aufgewogen würden, als außerhalb des Gesetzes liegend Abstand genommen werden, ganz abgesehen davon, daß nach dieser Beziehung besondere Behauptungen sehen davon, daß nach dieser Beziehung besondere Behauptungen in den Vorinstanzen gar nicht aufgestellt wurden.
Hiernach konnte das Rechtsmittel nicht von Erfolg sein. Der Ausspruch im Kostenpunkt ergiebt sich aus§ 92 der Bivil prozeßordnung.
( gez.) Dr. Ho cheder. von Gmelin. Dr. Schlesinger. Meyer. Wittmaad. von Bezold. Löwenstein. Verkündet in der öffentlichen Sigung des Sechsten Zivilsenats des Reichsgerichts vom 27. September 1886.
( gez.) Leo, Obersekretär, als Gerichtsschreiber.
Kommunales.
* Der Etat der Waisenhausverwaltung ist vom Magistrat für das Rechnungsjahr 1887/88 in Einnahme mit 176 320 M. und in Ausgabe mit 1022 557 M. festgestellt worden, so daß ein Zuschuß von 846 237 M. erforderlich ist, gegen das gegenwärtige Etatsjahr 59 221 M. mehr. Die Zahl der Kinder, welche in Privatpflege bei Familien untergebracht, steigert sich fortwährend. Im Rechnungsjahr 1882/83 betrug dieselbe 3046, im gegenwärtigen Etatsjahre jedoch 4073, so daß die Ausgabe für dieselben höher angesetzt werden mußte pro 1887 88. In der Rummelsburger Anstalt befinden sich gegenwärtig 450 Knaben.
Vermehrung der höheren Bürgerschulen. Der Magistrat beabsichtigt, im Laufe des nächsten Jahres noch zwei höhere städtische Bürgerschulen zu errichten und hat daher beschloffen, der Stadtverordneten- Versammlung hierzu die Gegenden vor dem Potsdamer Thore und in der Nähe des Schlefischen Bahnhofes vorzuschlagen. Wir können uns mit der Vermehrung der höheren Bürgerschulen" durchaus nicht einverstanden erklären. Jemehr sich die Zahl dieser Schulen erhöht, umsomehr wird die jeßige Gemeindeschule zur„ Armenschule" degradirt werden.
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* Die Bekanntmachungen der Aufgebote, welche gegenwärtig im Durchgange des Rathhauses in Kästen ausgehängt werden, haben daselbst einen sehr ungünstigen Plaz, da nicht nur die Beleuchtung eine mangelhafte ist, sondern es ist auch daselbst sehr zugig, was für das Publikum, welches diese Befanntmachungen zu lesen beabsichtigt, mit vielen Beschwerden verknüpft ist. Die Stadtverordneten- Versammlung hatte bereits bei Gelegenheit der Berathung des Etats für die Standesämter beim Magistrat in Anregung gebracht, daß die Aufgebote in einem hellen und gegen Bug geschüßten Raum unter gebracht werden. Das Magistratskollegium, welches sich mit Siefer Angelegenheit in der gestrigen Sißung beschäftigte, hat beschlossen, auf der südlichen Hälfte des großen Hofes des Jüdenstraße einen Pavillon zur
der Regierungsvertreter eine bedeutungsvolle Erklärung ab, in Rathbones an der für Derfelbe foll gans aus Eiſen errichtet
das Recht haben solle, sich jene Bescheinigung der oberen Verwaltungsbehörde ausstellen zu laffen, tönne unmöglich die im Krankenversicherungsgefeße der Aufsichtsbehörde und dem Richter übertragene Funktion der Entscheidung über die einzelnen Streitfachen aufheben. Der Antrag könne daher in der vorges schlagenen Faffung seinen 3wed gar nicht erreichen, indem er das nicht enthalte, was er nach der Meinung der Antragsteller
enthalten folle
Seiten 370, 371. Diese Ansicht stieß dann
Das
selbst bei den Antragstellern nicht mehr auf Widerspruch; ja einer derselben, Schrader, bemerkte geradezu, ihm scheine, daß § 58 jest gesprochen werde, gar keine Anwendung finde. feien Streitigkeiten, die einen speziellen Fall berühren; hier aber sei die Frage eine ganz generelle, der Be Scheid der oberen Verwaltungsbehörde könne unbedentlich ertheilt werden und er glaube, es greife das nicht ein in die Befugniß, welche der§ 58 den Gemeindebehörden gebe Seite 372. Nachdem sodann der Regierungsvertreter diese Anschauung als eine schwer verständliche bezeichnet hatte, er greift nur noch Abgeordneter Dr. Buhl das Wort für den Antrag; aber auch dieser Abgeordnete äußerte sich dahin, er wolle durchaus nicht den freien Hilfskaffen weitere Rechte geben -Seite 373. Hiernach konnte der Regierungsvertreter mit Recht in seinem Schlußworte konstatiren, er habe bis jest keine Ausführung vernommen, welche seine Behauptung widerlege, daß die vorgeschlagene Bestimmung durchaus das nicht sage, was
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und mit einem Glasdache bedeckt werden und zum Aufhängen von 50 Kästen Platz gewähren. Die Gesammtkosten sind hierfür 6500 m, wird forlag der Stadtverordnetent- Bersammlung zur Genehmigung
unterbreiten.
Ein neuer großer Gasbehälter soll auf der dritten städtischen Gasanstalt in der Danzigerstraße erbaut werden und zwar zum ersten Male in drei Etagen. Da der Stadtausschuß von Berlin die gewerbliche Konzession für eine Anlage, welche die Stadt Berlin selbst ausführt, nicht ertheilen fann, so hat an deffen Stelle der Oberpräsident den Stadtausschuß zu Potsdam ernannt. Der lettere hat, nachdem er die gemachte Vorlage genau geprüft, die Konzession ertheilt.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin find bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 31. Oktober bis inkl. 6. November cr. zur Anmeldung gekommen: 392 Eheschließungen, 841 Lebendgeborene, 29 Todtgeborene, 555 Sterbefälle.
Lokales.
Eine seltsame Beleuchtung erfährt der Berliner Kellnerinnenstand durch die Notiz einer hiesigen Zeitung über eine zur Zeit hierorts angeblich graffirende Kellnerinnennoth. In Folge der polizeilicheu Bestimmung, daß unter Sittenton trole stehende weibliche Personen fernerhin nicht als Rellnerin nen fungiren dürfen, sollen nämlich die Reihen der Kellnerinnen start gelichtet sein und da es an Ersay fehle, so soll eine allgemeine Kellnerinnennoth herrschen. Die Mehrzahl derjenigen Personen, welche sich jetzt dem Kellnerinnenstande widmen, find,
wie jene Notis weiter befagt:„ liebende Mütter", welche aus
dieſe Konstatirung für erforderlich, damit bei der Ausführung Der Hoth eine Tugend machen und sich aus einer Verkäuferin
des Gesetzes den Regierungen nicht etwa der Vorwurf der loyalität gemacht werde- Seite 373.- Dhne irgend eine Gegenäußerung wurde bei der Abstimmung der Antrag an genommen, wie er dann im Gesez Aufnahme fand. Hiernach
oder einer Nähterin in eine Rellnerin verwandeln, weil ihr bisheriger Verdienst nicht für ihre veränderten Verhältnisse ausreicht. Wenn die Angabe jener Notiz auf Wahrheit beruht, daß die Kellnerinnen- Nachweisebureaus von den Wirthen be wird dadurch das Berliner Kellnerinnenwesen auf das allerschärffte gekennzeichnet. Es ist wohl kaum anzunehmen, daß lediglich nur aus
gemerkt der zweite Richter zutreffend, daß die Entstehungstürmt werden in Folge der eingetretenen Kellnerinnennoth, fo
geschichte jener Gesegesbestimmung nicht für die Kläger ange
rufen werden könne.
Unter diesen Verhältnissen wäre es ohne Belang, wenn vertretenen Rechtsanschauung, wirklich die fraglicher Bufen Steiben der Broſtituirten retrufiren, ließ, ſondern es ist wohl viel richtiger, anzunehmen, daß lediglich diese den an fie gestellten Anforderungen bezüglich der Ausübung des Unter Amtes einer Kellnerin zu genügen vermochten. vers
man
het der hier Bestimmung der Novelle ohne praktische Bedeutung wäre. Daß übrigens jene Bestimmung immerhin solche Bedeutung hat und insbesondere für die Beit bis zum Inslebentreten der Kranken- Zwangsversicherung hatte, ist vom Berufungsrichter diesen Umständen kann zutreffend ausgeführt und genügt die Bezugnahme auf solche anlaßt fühlen, sich auf den Standpunkt des Berliner Polizeipräsidiums zu stellen, welches auf die bekannte Rellnerinnenpetition" des Vereins Berliner Restaurateure" diesem den Rath ertheilte, die weibliche Bedienung abzuschaffen und an deren Bestellung männliche Bedienung treten zu lassen. Dies scheint in der That erwünscht, wenn nicht eine gänzliche
Ausführung hierher.
Bur Sache selbst haben Revisionsfläger einen Angriff nur insofern erhoben, als fie den Standpunkt des zweiten Richters, von welchem aus die Statuten der Hilfskaffe in ihren einzelnen Bestimmungen geprüft und die Leistungen, welche den Mits
gliedern im Erkrankungsfalle gewährt werden, mit den Minimal- Umgestaltung des Kellnerinnenwesens resp. jeßigen Kellnerinnen
Unwesens Plat greift, namentlich, wenn man sich den zweiten Theil jener Notiz etwas genauer anfieht. Die sozialen Ver
den Gemeinden gewährt werden müssen, im Einzelnen ver: glichen wurden, als bedenklich bezeichnen und geltend machen, hältnisse der Berliner Arbeiterinnen find zur Genüge bekannt, es hätten die statutenmäßigen Gesammtleistungen auf die Frage als daß es nicht als eine höchst verwerfliche Frivolität erscheinen geprüft werden müssen, ob den Mitgliedern der Hilfskaffe nicht muß, in dem Tone jener Notiz von„ liebenden Müttern" zu Das Gleiche zukomme, was§ 6 erfordere. Allein auch dieser sprechen.
Angriff geht fehl. Ohne Rechtsirrthum hat der zweite Richter
die zur liebenden Mutter" geworden sind, verdient gewiß viel
3. Jahrg.
stehenden Verhältnissen dem Kellnerinnenstande zuwenden, lediglich um fich einen größeren materiellen Verdienst zu sichern, so liegt hierin eine unendliche sittliche Gefahr, über welche fich Niemand täuschen sollte, denn es hat bis jetzt noch nichts ver lautet, daß seitens der Gastwirthe irgend etwas gethan worden sei, die materielle Lage der Kellnerinnen ihrerseits in irgend einer Weise zu sichern. Wenn daher die Arbeiterinnen, deren Arbeitsverdienst nicht ausreicht, sich anständig zu ernähren, fich dem Kellnerinnenstande zuwenden in der Erwartung eines größeren Verdienstes, so ist dieser größere Verdienst eben nur dadurch zu erreichen, daß die rechtschaffenen Arbei terinnen in die Fußtapfen ihrer Vorgängerinnen treten, die durch die eben erwähnte polizeiliche Verfügung ihres einträg lichen Amtes enthoben worden sind, mithin allmälig das werden, was jene waren: Prostituirte, und somit dem sittlichen Verfallen und Verderben preisgegeben sind. Die Nothlage der Arbeiterinnen ist leider eine derartige, daß auch für diese, wenn ihre Zeit gekommen sein wird und sie aus dem Kellnerinnen stande ausscheiden müssen, reichlicher Ersaß sich finden wird. Auf diese Weise werden fortschreitend immer weitere Kreise in das fittliche Verderben hineingezogen, wenn dem fortschreitenden Uebel nicht ernstlich Einhalt gethan wird. Und hierfür giebt es nur zwei Mittel: entweder bequemen sich die Restaurateure mit Damenbedienung endlich dazu, oder werden eventuell dazu gezwungen, den Kellnerinnen eine materielle Sicherung zu ge währen, oder aber die Damenbedienung wird gänzlich unters sagt, denn die jeßigen Zustände sind völlig unhaltbar und im höchsten Maße gefahrbringend.
Wer Anderen eine Grube graben hilft, tann auch hineinfallen! Im Osten der Stadt, wo die äußersten Straßen nur streckenweise regulirt und noch sehr spärlich bebaut sind, etablirte fich vor etwa einem Jahre ein junger Bäckermeister. Nun wird zwar überall Brot gegessen, wo Menschen wohnen, aber das lettere war eben in der Nachbarschaft des jungen Geschäftsmannes noch nicht der Fall; seine Waaren blieben liegen und wurden alt, bekanntlich das schlimmste Schicksal, das den Backwaaren und Mädchen beschieden sein kann und so fam der junge Bäckermeister mit seiner alten Backwaare bald in die schlimmsten Kalamitäten. Um die neuangeschafften Bäckerei utensilien und das geringe Mobiliar vor den Gläubigern zu retten, übertrug er seinem Bruder die Rechte aus dem Mieths vertrage, wozu der Wirth des Hauses gern seine Zustimmung gab, da ihm hauptsächlich darum zu thun war, für sein wenig bewohntes Haus den Inhaber der Bäckerei als Miether zu be halten. Durch dieses Verfahren wurde die Zwangsvollstreckung gegen den Bäckermeister so ziemlich illusorisch, da sich die Dritten, wenigen Pfandobjekte im Befite seines Bruders, befanden und die Gläubiger waren gern damit einverstanden, als ihnen der Schuldner 33% pCt. ihrer Forderungen gegen Verzicht auf den Ueberrest anbot. Inzwischen backte der Bruder weiter, leider mit nicht befferem Er folge und stellte schließlich die Bäckerei ganz ein. Nunmehr tam aber der Herr Wirth und verlangte Miethe, behielt auch die in der Bäckerei und in der Wohnung verbliebenen Möbel und Bäckerei- Utensilen ein. Diese aber reklamirte nun der erste Besizer der Bäckerei und der Wirth wurde zur Herausgabe dieser Sachen verurtheilt. Da ihm zweifellos das Eigenthum seines ersten Miethers an diesen Sachen bekannt war, und der Paffus in dem gedruckten Miethskontrakte mit dem Bruder des Miethers, wonach versichert wird, daß die in die Räume ein gebrachten Sachen Eigenthum des neuen Miethers seien, dem Sem Vermiether bekannten Sachverhalte gegenüber unerheblich erscheint. Der einzige Hineingefallene von den Gläubigern des
eines
Bäckermeisters ist also fein gefälliger Hauswirth; er wird fünftig wohl vorsichtiger fein.
Ein interessantes Bild vom Berlin vergangener Tage,
das namentlich den gewaltigen Gegensatz zwischen dem Verkehr
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in der Friedrichstraße in den ersten Jahrzehnten dieses Jahr hunderts und jetzt schildert, giebt der schlesische Dichter Holtei in einem 1866 erschienenen, heute aber gänzlich vergeffenen Sammelwerk, Charpie". Die Schilderung der Großen Friedrich straße ist so anschaulich entworfen, daß sie auch die jüngeren Berliner , welche die vormärzlichen Zustände in Berlin nur vom Hörensagen kennen, fesseln dürfte. Holtei erzählt der Freif. 3tg." zufolge: In Berlin giebt es sehr lange Straßen, die längste dürfte die Große Friedrichstraße sein, welche sich vom Halleschen bis zum Oranienburger Thor schnurgerade hinzieht und der an einem kleinen Postmeilchen nicht gar so viel fehlen wird. Als ich zum ersten Mal nach Berlin fam und daselbst Landjunker in der Residenz" spielte, geschah es mir, daß ich nothwendig zu machende Besuche mit geographischer Genauigkeit vorher anordnete und eintheilte, wobei ich deren zwei, beide in derselben Straße gelegen und den Nummern nach sich ganz nahe, für den Schluß meines Frrlaufs versparte, aber zu spät entdeckte, wie jene nachbarlich hausenden Familien" die eine an diesem, die andere an jenem Ende wohnten, wodurch meine jungen Beine die rettende Droschke war noch nicht erfun den! unglaublich litten, denn auch das Trottoir steckte noch im Ei, und der sogenannte Bürgersteig bot mit seinen kleinen, scharfspißigen Pflastersteinen mehr Dornen als Rosen bar. Späterhin, wie ich ein Berliner geworden, häufig Tontemplativen Wanderungen obliegend, die große Stadt nach allen Richtungen hin durchzog, halb Spaziergänger, halb Ent deckungsreisender, machte es mir viel Vergnügen, bei fühlem Wetter diese Riesengasse langsam auszumessen und ihre wechseln den Phyfiognomien zu studiren. Nicht weit vom Halleschen Thor wohnte mein Gönner, unser allverehrter Eduard Hißig, Vater Ede" von seinen nächsten Freunden genannt. Einige berselben, Wilhelm Neumann und Adalbert von Chamiffo, hatten ihr Lager in derselben Gegend aufgeschlagen. Willibald Aleris theilte auch noch die fast ländliche Ruhe und Abge schiedenheit jener Gefilde, in denen Gras vor den Hausthüren wuchs. War man bei der Kochstraße, die ihn barg, vorüber, dann nahm das Leben schon zu, man begegnete zwei bis drei Menschen auf einmal und gelangte man erst in die Gegend der sich rascher folgenden Querstraßen, da ließ sich die Nähe der Linden" schon spüren. Ueber diese hinaus hörte das Treiben nicht mehr auf; die Spree von Torffähnen bedeckt, die Ufer von Arbeitern und Handlangern eingenommen, dann grofe Rafernen, ein Laufen, Drängen von Soldaten, Spaziergängern bis ans Thor und zu diesem hinaus gewöhnlich mehr oder minder große Leichenzüge. Denn dort führt der Weg dahin, wo wir alle folgen müssen, wir mögen wollen oder nicht.
Der alte Köpenicker Weg, der von der Treptower Chauffee dicht an dem Schlesischen Busch abbiegend hinter den Treptower Anlagen entlang führt und früher wegen seiner alten laubreichen Allee ein viel frequentirter Spazierweg war, befindet fich nun schon seit geraumer Zeit in einem geradezu skandalösen Zustande. Bald hinter dem Schlesischen Busch beginnend und bis zur Verbindungsbahn ist die ganze Strecke in eine Schuttablage verwandelt. Dagegen wäre an sich nichts zu sagen, denn
festgestellt, daß jene Statuten Bestimmungen enthalten, nach mehr Nachficht und Mitleid als Spott. Wenn nun diese Armen dürfniß; aber was hier alles als Schutt abgeladen wird, das
welchen theils hinsichtlich des Beitpunktes des Beginnes der
aus der Noth eine Tugend machen und sich unter den be
spottet jeder Beschreibung und ist vielfach ekelerregend. Wehe