der menschlichen Nase, deren Befiger sich hierher verirrt! Die Erfahrung, daß die Erlaubniß zum Schuttabladen, wenn das­selbe ohne Aufsicht erfolgte, gemißbraucht wird, ist keine neue und konnte füglich der betreffenden Aufsichtsbehörde auch be­fannt sein; außerdem können doch diese Abgänge nicht, wie hier, Jahre lang in regellosen Haufen lagern; eine so wichtige Straße in unmittelbarer Nähe der Stadt müßte doch planirt und paffirbar gemacht werden. Heute kann Niemand diesen Damm überschreiten ohne Gefahr für seine gesunden Glied maßen.

Zur Notirung der Marktpreise ist eine Kommission von Verkaufsvermittlern gewählt worden. Die 3entr.- Markth." schreibt darüber: Nach der Marktpolizeiverordnung, welche das tönigliche Polizeipräsidium am 1. Mai dieses Jahres vor der Eröffnung der Markthallen erlassen, heißt es in§ 16 derselben: Die Notirung der Marktpreise zum Zwecke des Marktberichts erfolgt durch die Markthallen- Verwaltung und die königliche Marktpolizei gemeinschaftlich". Dieser für unseren gesammten Markthallenverkehr so wichtige Paragraph legt die amtliche Fest­stellung des Marktberichts lediglich in die Hände der Markt­hallenverwaltung und der königlichen Marktpolizei. In richtiger Würdigung dieser sehr verantwortlichen Stellung hat die Ver­waltung der Zentral- Markthalle die für den Großhandel be­rufenen städtischen Verkaufsvermittler veranlaßt, aus ihrer Mitte fünf Vertrauensmännner zu erwählen, welche im Verein mit der Zentral- Markthalle eine Kommission für die amtliche Fest­stellung des Marktberichts bilden sollen. Die Wahl der fünf Vertrauensmänner hat nunmehr stattgefunden; es wurden aus dem Verbande der städtischen Verkaufsvermittler durch Stimmen mehrheit gewählt: die städtischen Verkaufsvermittler Eduard Weinhagen, Julius Treitel, Adolph Heimann, Haase u. Komp. Franz Andreas. Die Verwaltung der Zentral- Markthalle, die Kommission der städtischen Verkaufsvermittler und die fönig­fiche Marktpolizei werden demnach vereint den jedesmaligen amtlichen Marktbericht nach den Ergebnissen des Großmarktes feststellen. Der amtliche Marktbericht wird ausgegeben Mitt­woch und Sonnabend Nachmittag.

Seit

Verbesserung an den Fernsprechapparaten. längerer Zeit flagt das Publikum darüber, daß die Gesuche um Telephonanschluß entweder gar nicht oder nur sehr langsam be­rücksichtigt werden. Die Postbehörde sieht sich außer Stande, die erforderlichen Leitungen auch ferner oberirdisch zu führen, und hat deshalb mit dem Magiftrat, als Eigenthümer des Straßenterrains, Verhandlungen wegen Genehmigung der An­lage unterirdischer Leitungen geführt. Der Abschluß dieser Ver­handlungen steht bevor und daher trifft dem Vernehmen nach die Polizeibehörde bereits Vorkehrungen zur Herstellung der Telephonanschlüsse noch in dieser Bauperiode. Bei denselben wird wahrscheinlich eine Verbesserung an den Fernſprechappara­ten benutzt werden, deren Durchführung die maßgebenden Kreise längere Zeit beschäftigt hat. Es scheint im Prinzip die Benußung des Mikrophons beschlossen. Gegenüber den jezt vorhandenen Apparaten hat man beim Mikrophon den Vortheil, daß die Uebertragung lautreiner ist und der Sprechende nicht nöthig hat, den Apparat dicht an den Mund zu nehmen, ein Umstand, der gewiß allseitig als beachtswerth erkannt werden dürfte. Wie wenig angenehm ist es, mit dem Munde Gegen­stände zu berühren, die wer weiß welche Person bereits benutt hat. Daß dadurch manche Krankheitsstoffe übertragen sind oder werden können, scheint nicht unwahrscheinlich. Man beobachte nur die sich auf den Sprechplatten ansammelnden Niederschläge, deren Verdunstung bei dem dichten Verschluß des Apparats nicht leicht möglich ist. Bei dem Mikrophon fann man selbst in einiger Entfernung die Unterhaltung klar und deutlich über­tragen.

Originalität kann man dem Schwindel nicht absprechen, so schreibt das Berl. Tagebl.", auf den dieser Tage ein hiesiger Arzt hineingefallen ist, den wir zur Warnung- seinen Reinfall" hier selbst schildern lassen: Kurz vor Beendigung der Sprechstunde erschien am 10. d. M., Vormittags gegen 10 Uhr, ein ganz anständig gekleideter, schon etwas älterer Herr mit graumelirtem Schnurrbarte und zum Theil ergrauten Haaren in meinem Wartezimmer. Sein Auftreten veranlaßte mich, ohne daß ich einen Grund dafür angeben kann, die Frage an ihn zu richten, ob er Patient sei. Er erzählte mir, daß er eine ansteckende Krankheit gehabt habe, die er sich in Küstrin  , wo er seßhaft sei, von dem Dr. Schüler habe behandeln lassen, daß sich die Krankheit auf seine Frau übertragen habe und daß er sich genire, dieselbe auch vom dortigen Arzte kuriren zu lassen. In Folge dessen sei er mit seiner Ehehälfte nach Berlin   gekom­men, habe in der Invalidenstraße für 30 Mark ein Zimmer gemiethet und auf den Rath des Dr. B. aus der Leipziger straße, der mir ganz unbekannt ist, habe er mich aufgesucht. Er sprach vom Abreisen in ein paar Stunden und bat mich, seine Frau vor der Nachmittagssprechstunde noch zu empfangen. Als ich ihm eine Beit dafür angab, meinte er, herr Doktor, darf ich Sie um eine Mark bitten, damit ich mit einer Droschke zum Schlesischen Bahnhof fahren kann, um meine Frau zu holen, die 400 Mart bei sich hat, ich habe das ganze Geld, das ich mir einsteckte, für die Wohnung bezahlt und für noch mehr leicht denkbare Sachen." Er wollte mir sogar die Uhr zum Pfande dafür laffen. Leider war ich so leichtgläubig, ihm die Mart herzugeben, obwohl ich mich sehr dagegen sträubte und ihm sagte, daß ich mit Hochstaplern nicht gern zu thun habe. Er nannte sich Winter, wohne in Küstrin  , mit dessen Verhält­nissen er anscheinend sehr vertraut war, und war dabei so entrüstet, daß ich ihn sogar um Entschuldigung bat, weil ich ihm so viel Mißtrauen entgegen brachte. Dies der Sach­verhalt. Wer zur angegebenen Zeit und später nicht erschien, war selbstverständlich Herr Winter und seine angebliche Frau.

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Ein Geistestranter, der seine Krankheit kennt. Ein überaus seltsamer Fall hat sich in jüngster Zeit hier ereignet. Ein Mann von etwa dreißig Jahren, Inhaber eines Möbel­geschäftes, dem Anschein nach von bester Gesundheit, ſehr ſtreb­fam und fleißig und in wohlgeordneten Verhältnissen lebend, wurde plöglich irrfinnig und hatte volle Kenntniß von diesem seinem Bustande. Er traf alle nöthigen geschäftlichen Ver­fügungen für eine Reihe von Tagen, übergab dem Hausdiener die Schlüffel und ließ sich in die Charitee aufnehmen, nachdem er vergeblich in anderen Krankenhäusern Unterkunft gesucht. In der Charitee kam ein schweres Gehirnleiden zum Ausbruch und führte binnen wenigen Tagen den Tod des Unglücklichen herbei, der nur einmal wieder einen lichten Augenblick hatte. Der Be dauernswerthe, den seine Verwandten erst als Leiche wiedersahen, ist am Mittwoch bestattet worden.

Sollen die Vorderperrons der Pferdebahnwagen wieder geschlossen werden oder nicht? Diese Frage bewegt viele Ge­müther und ist gewissermaßen angebracht angesichts der neuer­dings öfters vorgekommenen Unfälle in Folge Abspringens vom Vorderperron während der Fahrt. Seiner Beit hielt man das Freigeben des vorderen Perrons für eine wohlthätige Maßregel in Bezug auf die im Innern des Wagens Mitfahrenden, und das ist sie in der That, weil seitdem unangenehme Störungen, besonders der lästige Bug, vermieden oder doch gemildert find. Das Abspringen während der Fahrt ist und bleibt immer mit Gefahr verbunden, aber es giebt Leute selbst Damen  - die ihrer nicht achten! Die Haltestellen sind doch wahrlich dicht genug gelegt, so daß Jedermann eine solche abwarten könnte. Wer es dennoch wagt, thut es eben auf seine Gefahr. Allen­falls fönnte ein warnender Hinweis in gedruckter Form an betreffender Stelle des Wagens angebracht werden!

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Gerade als sie von einer Kunstreise nach Berlin   zurück­gefehrt waren, wurden am jüngsten Sonntag der Kellner Schwensow und der Schloffer Gruttke in einer Klappe abge­fast. Sie hatten dem früheren Prinzipal des Echwensow in Frankfurt   a. D. einen nächtlichen Besuch abgestattet und ge­glaubt, dort eine größere Summe Geldes zu finden; in dieser

Erwartung wurden fie indeß getäuscht und hatten mit einem Paar Brillantohrringen, Bigarrentaschen nebst Inhalt und einer Flasche Rum vorlieb nehmen müssen. Hier wurden ihnen diese gestohlenen Sachen abgenommen und außerdem noch zwei Pfandscheine über Uhren. Wie festgestellt, ist von den beiden versezten Uhren die eine eine Stuguhr aus dem Polytechnikum zu Charlottenburg  , woselbst man jedoch noch keine Kenntniß von dem Diebstahl hatte; zu der zweiten, einer silbernen Remontoiruhr mit Goldrand, Nr. 28 038, die jedenfalls auch gestohlen ist, fehlt noch der Eigenthümer. Grüttke hatte im Politechnifum gearbeitet und hierbei jedenfalls die Stuzuhr mitgehen lassen.

Herr Färbereibefizer Spindler verwahrt sich in einem Briefe an die Voff. 3tg." nachdrücklich gegen jedes Gerücht, das ihn mit der neuen Hansa in irgend einen Zusammenhang bringt. Von der Auflösung der alten Hansa sucht zunächst die Omnibus- und Packetfahrt- Gesellschaft Vortheil zu ziehen. Sie schreibt uns, daß sie durch Vermehrung der Beamten und der Annahmestellen die entstehende Lücke füllen werde.

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Die Fahrt eines Omnibus der Linie Schönhauser Thor­Hallesches Thor wurde gestern Nachmittag 3 Uhr an dem Kreuzungspunkte der Linden- und Markgrafenstraße dadurch unterbrochen, daß die Achse des einen Hinterrades durchbrach, wodurch der Kondukteur, ohne sich jedoch wesentlich zu verlegen, auf die Straße geschleudert wurde. Die Passagiere mußten aussteigen.

Große Aufregung unter den Verkäufern und dem Bublifum verursachte gestern Nachmittag in der städtischen Bentral- Markthalle in der Neuen Friedrichstraße die Festnahme einer mit Hut und Schleier bekleideten Dame, welche gerade im Begriff stand, sich mit einer gestohlenen Gans zu entfernen. Die Erbitterung des Bestohlenen und der übrigen Marktleute über die feine Diebin" war eine so große, daß sie über die Ertappte herfielen, an Ort und Stelle gehörige Lynchjustiz an ihr übten und sie dann einem Schußmann zur Abführung nach dem Marktpolizeibureau übergaben.

Spanisches. Seit dem 27. v. M. befinden sich, wie von der hiesigen Kriminalbehörde mitgetheilt wird, in Bremen   ein angeblicher Kaufmenn Placido Roman de Torres aus Estepona  bei Malaga   in Spanien   und ein angeblicher Kellner Ottilio Biffo aus Turin   in Untersuchungshaft. Es ist festgestellt, daß dieselben in Bremen  , Hamburg  , Hannover   und in Ipswich  ( England) größere Quantitäten gefälschter, namentlich älterer spanischer Briefmarken als echte für bedeutende Geldsummen verkauft haben. Der de Torres, welcher den Biffo zur Mithilfe bei den Betrügereien angestiftet hat, gab sich für den Inhaber einer Firma R. Fernandez u. Co. in Barcelona   aus und be­hauptet, die Marken in Madrid   als echte aufgekauft zu haben. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben sie auch in anderen Städten Betrügereien verübt. Die Polizeidirektion zu Bremen  bittet um Auskunft, ob derartige Betrugshandlungen vorge­kommen sind.

Auf eine schreckliche Weise wurde vorgestern Nachmittag 3 Uhr die Waghalsigkeit der kleinen Velosipedkünstler, welche die Straßen Berlins   unsicher machen, bestraft. Ein in der Hagelsbergerstraße 12 wohnender Knabe von etwa 12 Jahren fuhr um die oben angeführte Beit auf seinem zweiräderigen Veloziped in der Lindenstraße umher. Als er einen Pferde­bahnwagen der Linie Gesundbrunnen- Kreuzberg daherfahren sah, lenkte er um, setzte sich an die Spiße und fuhr dem Wagen voraus; er hielt auch die Fahrt inne, troßdem der Pferdebahnwagen pflichtschuldigst mit der Glocke das War­nungsfignal gab. Plötzlich vernahm man einen gellenden Schrei, der den Passanten das Blut in den Adern erstarren ließ, man sah den Knaben vom Veloziped gestürzt und den Pferdebahn­futscher mit aller Kraft den Wagen bremsen, denn unter den Pferden und dem Vorderwagen lag der kleine Radfahrer, der mit einer stark blutenden Kopfwunde hervorgezogen wurde. Das eine Rad des Velosipeds war in die Schienen gegangen, wodurch der Knabe vom Veloziped stürzte. Anscheinend schwer verlegt wurde er unter Assistenz eines Pferdebahnkontroleurs nach einer Droschke getragen und so seinen ahnungslosen Eltern zugeführt.

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Polizeibericht. Am 11. d. M. Vormittags gerieth ein 7 Jahre altes Mädchen in der Bandelstraße durch eigene Schuld unter eine in der Fahrt befindliche Droschke und wurde dadurch an beiden Füßen nicht unbedeutend verlegt. Als am Nachmittag ein 9 Jahre alter Knabe auf einem kleinen Velosiped in der Lindenstraße neben einem Pferdebahnwagen herfuhr, fiel er unmittelbar vor den Pferden plößlich von dem selben herab, so daß er auf dem Geleiſe liegen blieb. Der Kutscher   vermochte jedoch den Wagen noch rechtzeitig zu bremsen, so daß der zwischen den Schienen liegende Knabe nur leicht am Kopfe verlegt wurde. Um dieselbe Zeit wurde in der Doro­theenstraße das vor einen Arbeitswagen gespannte Pferd des Eigenthümers Tabbert plößlich scheu und ging durch. An der Ecke der Neuen Wilhelmstraße stieß der Wagen gegen eine Straßenlaterne, wodurch Tabbert und seine neben ihm fizende 4 Jahre alte Tochter auf das Pflaster geschleudert wurden, anscheinend ohne Schaden genommen zu haben. Nachdem das Pferd beruhigt worden war, konnten sie ihren Weg fortseßen.

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Gerichts- Zeitung.

Der Spremberger   Krawall vor Gericht. Zweiter Tag der Verhandlung.

der

Präsident Landgerichtsdirektor Ritgen eröffnet gegen 9 Uhr Vormittags wiederum die Sigung und vernimmt zunächst den Bürgermeister Wirth anläßlich eines Berichts in der" Post". In dieser Beitung ist eine Stelle enthalten, wonach der Bürger­meister Wirth bekundet haben soll: Ich bin wohl gegen 2 ühr Nachmittags zu dem Krawall hinzugekommen; ich habe lediglich meinen Freund Just, da dieser mir leid that, vor der Verhaf tung retten wollen. Selbstverständlich ist dies ein Druc fehler, diese Aeußerung hat in der vorigen Verhandlung bemerkt der Angeklagte Bergmann gethan. Ferner Präfident: Eine Berliner   Beitung hat bei Mittheilung der Bräfident: Eine Berliner Zeitung   hat bei Mittheilung der Ürtheilsgründe in der vorigen Verhandlung ihn( Präsidenten) fagen laffen: Der Gerichtshof ist nicht der Meinung, daß die sozialdemokratische Partei den Krawall inspirirt", anstatt in­szenirt" c. Dieses augenscheinlichen Druckfehlers wegen ist der Berichterstatter der betreffenden Beitung bei seinem Gange über den Korridor von verschiedenen Beugen in zum Theil sehr unqualifizirbarer Weise zur Rede gestellt worden. Eine Anzahl unqualifizirbarer Weise zur Rede gestellt worden. Eine Anzahl Zeugen bestätigen die gestern mitgetheilten Bekundungen über die Vorfälle am Abende des 1. Mai. Alsdann wird zur Fest­stellung der Betheiligung der einzelnen Angeklagten an dem Krawall übergegangen.

Der Angeflagte Rubendunst bemerkt auf Befragen des Präsidenten: Er sei aus Neugierde zu dem Krawall gelaufen und habe sich allerdings unter der Menge befunden, der Auf­forderung der Polizeibeamten auf Entfernung habe er sofort Folge geleistet. Die Beweisaufnahme hierüber ergiebt kein be­stimmtes Resultat.

Polizeiwachtmeister Hubrich: Er habe jedenfalls den An­geklagten mehrfach bei den Krawall gesehen, ob der­derselbe der Aufforderung auf Entfernung Folge geleistet habe, wisse er nicht.

Der Angeklagte Kara giebt zu, auf dem Marktplatz ge= wesen zu sein, da er gehört, daß Militär da sei. Standal habe er nicht gemacht, auch habe er der Aufforderung der Polizeibeamten auf Entfernung sogleich Folge geleistet. Präs. Haben Sie sich nicht an dem Singen von sozial­demokratischen Liedern betheiligt? Angell.: Nein, Herr Präfident.

Präs.: Jch will Ihnen hierüber keine Erklärung geben. Wir haben hier ein sozialdemokratisches Liederbuch. In dem selben ist ein Lied enthalten, in dem es heißt: Wer weder ist ein Christ noch Türk', noch Jud', noch Heid', sondern glaubt an die Religion der Gerechtigkeit, der ist ein Sozialist. stehen aber noch eine ganze Reihe anderer Dinge in diesem Liederbuche. Liederbuche. Angekl.: Ich kenne dies Buch nicht.

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Bürgermeister Wirth: Kara ist in Spremberg   als So­zialist bekannt. Kara: Ich frage den Herrn Bürgermeister, wie er diese Behauptungen begründet?

Präfident: Das Sprichwort: Sage mir, mit wem du umgehst, so werde ich dir sagen, wer du bist, wird wohl auch hier maßgebend sein.

Kara: Ich habe mit Sozialdemokraten keinen Umgang. Rentier Müller und Tuchappreteur Lange bekunden: Kara habe zu den Hauptskandalmachern gehört.- Lange deponirt noch: Kurz vor Beginn des Krawalls habe ein Arbeiter ges rufen: hr Bürgerlichen  , heute müßte Ihr das Maul halten!"

Der Angeklagte Appelt bemerkt: Er sei an jenem Abend beim Richtfest gewesen und habe sich in Folge deffen in so an getrunkenem Zustande befunden, daß er sich auf weitere Vor gänge nicht mehr erinnere.

Von den Zeugen wird bekundet, daß Appelt ebenfalls Standal gemacht, allerdings stark angetrunken gewesen sei. Der Angeklagte Burkert erklärt sich ebenfalls für uns schuldig.

Ein Zeuge bekundet jedoch: Burkert habe, als der Bürger meister zum Auseinandergehen aufforderte, gerufen: Nicht einen Schritt, nicht eine Bohne!"

Der Angeklagte Play erklärt sich für nichtschuldig, die Be weisaufnahme hierüber führt zu keinem Resultat.

Der Angeklagte Täuſcher bemerkt: Er wollte nach Hause gehen, habe seinen Weg über den Marktplatz genommen und habe dort, bei dem Krawall angelangt, Hurrah geschrien. An läßlich dessen sei er sogleich verhaftet worden.

Nachtwächter Schmidt: Täuscher habe bei seiner Verhaftung energischen Widerstand geleistet.

Der Angeklagte Lange erklärt sich ebenfalls für nicht schuldig. Durch die Beweisaufnahme wird die Behauptung nicht widerlegt.

Der Angeklagte Maltusch giebt zu, der Aufforderung des Polizeibeamten auf Entfernung nicht Folge gegeben zu haben. Der Angeklagte Sommer soll auf die Aufforderung, sich zu entfernen, gerufen haben: Ich habe ein Recht hier zu stehen, ich will einmal sehen, wer mich hier wegbringen will." Sommer bestreitet das, mehrere Entlastungszeugen, die er zu laden bat, werden bekunden, daß er diese Aeußerung nicht ge than, sondern ganz unschuldig verhaftet worden sei.

Nachwächter Schmidt behauptet, daß Sommer die erwähnte Aeußerung gethan.

Der Gerichtshof beschließt, die vorgeschlagenen Entlastungs zeugen zu laden.

Angeklagter Hoffmann: Er wohne auf dem Marktplatz und sei über den letzteren gegangen, um zu seiner Wohnung zu ge langen. Eine Aufforderung auf Entfernung habe er nicht gehört. Im Uebrigen habe er nur an seiner Hausthür gestanden.

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Präfident: Sie hatten doch nicht direkt nöthig, über den Marktplatz zu gehen, um zu ihrer Wohnung zu gelangen? Angeklagter: Wenn die Obersten im Anzeiger" bekannt ge macht hätten, daß am Abende Krawall sein wird, dann wäre ich allerdings nicht über den Marktplatz gegangen.

Polizeiwachtmeister Hubrich:

Der Angeklage hat zu den Hauptsfandalmachern gehört. Ich habe ihn schon Mittags in Gesellschaft von Säbischka und Genossen in der Neustadt gesehen und ihn, gleich den anderen, aufgefordert, sich vom Trottoir zu entfernen. Abends habe ich den Angeklagten schon um 9 Uhr unter der Menge gesehen.

Angell. Bis 9% Uhr bin ich bei der Wittwe Keil ges wefen. Ich beantrage, diese sowie noch einige andere Beugen 3 vernehmen, die auch meine Behauptung, daß ich ganz direft nach Hause gegangen bin, bestätigen werden.

Staatsanwalt: Ich beantrage, die Entlastungszeugen

zulehnen.

ab

Präs.: Ich bin auch der Meinung, daß die Vernehmung der benannten Beugen höchst wahrscheinlich zu feinem Refultat

führen wird.

Der Gerichtshof beschließt: Die vorgeschlagenen Entlastungs zeugen abzulehnen.

Der frühere Polizeisergeant Richter bekundet: Er habe den Angeklagten gegen 9 Uhr Abends über den Marktplatz nach Hause gehen sehen.

Hier tritt eine zweistündige Pause ein.

Nach Wiederaufnahme der Verhandlung wird Hermann Schmidt vernommen. Dieser sowohl als auch die Angeklagten Rothert erklären fich für nichtschuldig. Die Beweisaufnahme bezüglich der beiden ersten Angeklagten führt zu keinem Gr gebniß.

Rothert bemerkt: Er habe seine Frau, die er bei ihren Einkäufen begleitete, plöglich verloren. Er habe dieselbe bes halb auf dem Marktplatz gesucht, eine Aufforderung zur Ent

fernung aber nicht gehört.

Wachtmeister Sommer: Er habe den Rothert sogar per sönlich aufgefordert, sich zu entfernen, dieser habe ihm jedoch geantwortet: Sie haben mir gar nichts zu sagen."

Auch der Angeklagte Sauce erklärie fich für nichtschuldig, Polizeiwachtmeister Hubrich: Der Angeklagte hat am frage lichen Abend ebenfalls gejohlt und gepfiffen. Vor einigen Wochen, z. 3. als Keil, der sozialdemokratische Agitator, aus Spremberg   ausgewiesen wurde, hat mich der Angeklagte mehrfach mit Steinen geworfen. Als ich ihn in Gemeinschaft mit dem Gendarm Zerbst   transportirte, sagte er: Laffen Sie mich doch los. Ich erwiderte ihm: Jemand, der sich wie Sie, mit Mordgedanken trägt, müßte eigentlich gefesselt werden." Ich bin nicht so schlimm, Herr Wachtmeister, bemerkte Sauce, ich bin von der sozialdemokratischen Partei dazu bestimmt worden. Am folgenden Morgen widerrief Sauce diese Bemerkung mit dem Hinzufügen: Er sei am vorhergehen

den Abend betrunken gewesen.

von nichts bekannt.

Präs.: Angeklagter, ist das richtig? Angell.: Mir ist das Präs. Sagen Sie lieber die Wahrheit; die Atten hierüber dürften sich sehr schnell beschaffen laffen. Angell.: Ich weiß

von nichts.

demokrat   ist.

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Angell.: Nein.

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Staatsanwalt: Ich frage den Angeklagten, ob er Sozial Präs. Diese Frage wird spezieller gestellt werden müffen, hänger der sozialdemokratischen Partei. wir müssen unterscheiden zwischen Führer, Mitglied und An

Hubrich: Sauce hat sich stets in Gesellschaft von Sozial

demokraten befunden.

Bürgermeister Wirth ist über die politische Parteiftellung Sauce's   nicht unterrichtet. Letterer, der wegen des Steine werfens vom Spremberger   Schöffengericht bestraft worden sei,

habe die erwähnte Bekundung Hubrichs abgeleugnet.

Die Angeklagten Richter und Heinze erklärten sich für nichts schuldig. Die Beweisaufnahme hierüber fördert nichts zu Tage Brosig, der wegen der Vorgänge am 30. April fich vor dem Schwurgericht zu verantworten haben wird, giebt zu, fich am fraglichen Abende unter der Menge befunden zu haben. Auf die Frage des Präsidenten; ob er Sozialdemokrat sei, ant

wortete der Angeklagte mit Nein.

Spremberg   als Sozialdemokrat bekannt. Die Angeklagten Präs.: Gehören Sie nicht der sozialdemokratischen Partei Sachs, Ernst Schmidt und Grund erklären fich ebenfalls für

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an? Angell.: Jch weiß gar nicht, was das ist.

nichtschuldig.