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fie um desto bestimmter in Bezug auf England ausge sprochen, wo ähnliche Bedenken nicht zu schonen find. Es ist eine fichere und reelle Unterstüßung", welche Graf Kalnoky  von diesem Inselreiche her erwartet, falls wir für die durch den Berliner   Vertrag geschaffenen Rechtszustände energischer einzu­treten genöthigt werden sollten. Und wenn wir die diplomati schen Redewendungen recht verstehen, so ist es zur Stunde viel­leicht noch nicht positiv, aber doch in hohem Grade wahrscheinlich, daß in der Stunde der Gefahr auch Italien   sich jenen Mächten anschließen würde, welche sich die Vertheidigung und Aufrechterhal­tung der im Berliner   Vertrage umschriebenen Rechtsverhältnisse auf der Balkanhalbinsel   zur Aufgabe stellen."- Auch die eng lischen Blätter lassen sich über die Rede aus. Nach Mittheilung des Wolff'schen Telegraphenbureaus bemerkt die ministerielle, Morning Post": Die strikte Aufrechterhaltung des Berliner   Vertrages werde in Kalnofy's Rede als wesentliche Bedingung für die Erhaltung des Friedens hingestellt; daß Desterreich- Ungarn  , Deutschland  , Italien   und England über diesen Punft vollkommen einig seien, darüber könne fein Bweifel obwalten. Das Bestehen dieser Verständigung bilde die sicherste Gewähr für die Erhaltung des europäischen   Frie­Dens. Die Times" versprechen sich von der Rede die Wir­fung, daß diefelbe in Europa   allgemein den Eindruck hervor­rufen werde, die öffentliche Meinung sei noch immer mächtig genug, um den aggreffiven Ehrgeiz einer Macht zu zügeln. In Bulgarien   werde der Muth der Bevölkerung wieder aufleben; die Haltung Desterreichs und Englands, sowie die Stellung Deutschlands   und Italiens  , wie dieselben von Kalnoky   definirt werden, gewähren wesentliche Bürgschaften für die Erfüllung des von der russischen   Regierung gegebenen Versprechens der Nichteinmischung.

Schweiz  .

Nach dreistündiger Debatte verwarf der Züricher Kantons­rath mit allen gegen 3 Stimmen das Begehren der Frei gebung der ärztlichen Praxis.

Rußland.

Der Justizminister Manasein legte nach dem Berl. T." dem Reichsrath einen Antrag auf Beschränkung der öffentlichen Gerichtssigungen vor.

Belgien  .

Auch auf der liberalen Seite der Kammer gährt es; ihr bisheriger Führer, der Deputirte Frère Orban  , der sich ( ein braver Liberaler"!) weder für die Erweiterung des Wahl­rechtes, noch für die Einführung der persönlichen Dienstpflicht erwärmen fann, sieht sich von seinen Fraktionsgenoffen über­stimmt; nur vier stimmen ihm bei; in Folge dessen hat er be­schlossen, sich mit Rücksicht auf sein hohes Alter, halb" zurück­zuziehen und der Linken als fünftigen Sprecher den De­putirten Bara( früher Justizminister) vorzuschlagen, was An­tlang fand.

Auch in der Kammer ist jetzt ein Antrag auf Erlaß einer Amnestie gestellt; derselbe wird indeß zuversichtlich ab­gelehnt. Dagegen werden weitere umfassende Begnadigungen stattfinden.

Die katholische Partei hat beschlossen, in allen Städten, Dörfern und industriellen Orten Belgiens   jetzt mit der Bil­dung katholischer Arbeitervereine vorzugehen. Arbeitervereine vorzugehen. Der Erfolg wird hoffentlich gleich Null sein. Wir wollen Ar­beitervereine, aber nicht unter der Leitung und Beeinflussung von Muckern und herrschsüchtigen Geistlichen.

Frankreich  .

Das Abgeordnetenhaus nahm mit 220 gegen 209 Stimmen die Dringlichkeit und die sofortige Berathung des Gesez­entwurfs, betreffend den für Frau Paul Bert   bestimmten Wittwengehalt von 12 000 Frants an, ungeachtet des lebhaften Widerstandes, der von den Bänken der Rechten und der äußersten Linten gegen das Prinzip sowohl als gegen die Ziffer Der Pension erhoben wurde. Noch sprach jezt der Royalist De La Martinière dagegen, weil es, wie er behauptet, eine Un­gerechtigkeit wäre, für die Familie Paul Bert's  , der an der Cholera starb, zu thun, was für die Hinterbliebenen zahlreicher Soldaten und Matrosen nicht gethan wird. Das Gesetz wurde aber artikelweise und dann als Ganzes mit 252 gegen 199 Stimmen genehmigt. Hierauf brachten die Abgeordneten Boyer, Camelinat und andere Mitglieder der Arbeiter= gruppe einen Geseßentwurf ein, demzufolge die Wittwen der Offiziere und Soldaten, welche in Tongking und Madagaskar  gestorben sind oder sterben werden, eine Pension von 1000 Frants erhalten sollen. den Antrag im Namen der Gleichheit aller Bürger und ver Der Abg. Antide Boyer   vertheidigte langte die Dringlichkeit. fich gerade gleich viele Stimmen, 180, dagegen wie dafür er= den Posten als Resident in Tongling abgelehnt. Rouvier hat definitiv, trop des Drängens Freycinets,

flärten.

Dieselbe wurde abgelehnt, weil

Großbritannien  .

In dem Kriege gegen den Zehnten" in Nord­Wales sind die kirchlichen Kommissäre schlimm daran, da

hartnäckigen Verweigerung einer Ermäßigung von den Bächtern noch immer zurückbehalten werden. Während dieser ganzen Woche haben Unteragenten der Kommissäre weitere Beitreibungen des Behnten" versucht, aber bis jetzt ist kaum genug verein­nahmt, um die Unkosten zu decken.

Die Erbitterung der Tories gegen Gladstone zeigt sich auch darin, daß manche ihrer Blätter den greisen Führer der Liberalen als übergeschnappt" darstellen. So schrieb neulich die Yorkshire Post": Aus sicherer Quelle erfahren wir, daß Mr. Gladstone's peinliche Aufregung noch immer_andauert, und daß er unausgesezt überwacht werden muß. Er springt vom Tische auf, preßt die Hände gegen seinen Kopf und schreit un­zusammenhängende Worte, bis er besänftigt und beruhigt wird. Mr. Goschen ist kein Mann, der irgend Jemandem etwas weiß macht, und doch ist es sicher, daß, als er zum legten Male mit seiner Gemahlin die Gladstone'sche Familie besuchte, Mr. Glad­stone plößlich Macht, Macht, Macht!" zu heulen begann, und schreiend im Bimmer umhergaloppirte, bis man ihn wieder be­ruhigt hatte." Hierauf hat der Er- Premier geantwortet: ch muß den Yorkshireartikel für sich selber sprechen laffen. Er ist auffallender aber weniger übelgesinnt, als andere in der niederen Klaffe von Tory- Journalen, die ich mit Schweigen übergehe. Ich habe mich stets daran zu erinnern, daß der ungebührliche Tadel einiger durch die Edelmüthigkeit anderer weit über meine Verdienste hinaus überwogen wird." Mr. Goschen erwidert: ,, Es ist absolut unwahr, daß ich oder irgend ein Mitglied meiner Familie jemals Zeugen einer solchen Szene waren, wie fie der Korrespondent schildert."

Balkanländer.

Die Politische Korresp." meldet aus Tirnowa: Nabo= tom wurde wegen des Mordanschlages auf das Leben des Fürsten Alexander und wegen der Urheberschaft des Putsches in Burgas   durch das Kriegsgericht daselbst zum Tode ver urtheilt, dann nebst dem Urtheil gegen Empfangsbestätigung dem russischen Konsulate übergeben. Raul bars notifizirte der Regierung, er betrachte das Urtheil als Null. Der For­derung des General Kaulbars, betr. die Entlassung des Prä­fetten und Polizeichefs in Philippopel anläßlich der Affaire des russischen Kawassen, dürfte die Regierung nicht entsprechen. Sie erblickt den Grund dieser Forderung in den Wunsche, es möchten die Funktionäre entfernt werden, auf deren Wachsamkeit die Vereitelung des in Philippopel   geplanten Putsches zurückzu­führen sei.

sehr groß. Diese Leute haben oft ihr Eigenthum eingebüßt und sind froh, wenn sie eine untergeordnete Stelle im Heere oder bei der Regierung erlangen können. Selten gelangen fie zu höheren Posten. Ein mingrelischer Prinz, den ich kenne, ist Kommis bei einem Kaufmann, während andere, die auch dazu nicht zu brauchen sind, eine Laufbahn ergreifen, die sie mit den Strafgeseßen in Zwist briugt. Mir ist ein Fall bes fannt, daß ein gewisser Prinz wegen Mordes und Raubes hingerichtet wurde und ein mingrelischer Prinz erduldet gegenwärtig in Sibirien   Zwangsarbeit wegen ähnlicher Ver­gehen." Amerika.

Die Wiederaufnahme der Arbeit seitens der Fleischverpacker und der auf den Viehhöfen beschäftigten Arbeiter in Chitago erfolgte auf Befehl Powderlys, des Chefs der Knights of Labour. Die Arbeiter beschlossen, obwohl unter Protest und Einlegung von Verwahrung, die verlangte zehnstündige Arbeits­zeit zu akzeptiren.

Kommunales.

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Tagesordnung für die Sigung der Stadtverordneten Versammlung am Donnerstag, den 18. November, Nach mittags 5 Uhr: Vorschläge des Ausschusses für die Wahlen von unbesoldeten Gemeindebeamten Vorlage, betr. die Auf­nahme eines Hospitaliten in die Wunderlich- Stiftung- Wahl je eines Mitgliedes in die Invaliden und Veteranen- Unter­stüßungs- Deputation und in die Part- Deputation- Berichts erstattung über die Vorlage, betr. die Festsetzung von Baus fluchtlinien für die Verlängerung der Charlottenstraße- desgl. über die Vorlage, betr. den Ankauf zweier Grundstücke zur Er­weiterung der Gasanstalt in der Danzigerstraße- Vorlage, betr. die Vertheilung der diesjährigen Zinsen aus dem Ver­mächtnisse des Hofraths Heßer desgl., betr. die Entlassung eines Abnehmers von ausgenußten Gasreinigungsmaffen aus seinen kontraktlichen Verpflichtungen desgl., betr. die Ueber­laffung zweier Baupläße und die Zahlung einer Beihilfe an den Verein für Volksbäder zum Zwecke der Errichtung zweier Volksbadeanstalten desgl., betr. den Ankauf einer Barzelle des Grundstücks Chauffeestraße 76 zur Erweiterung der Gase anstalt in der Müllerstraße desgl., betr. den Verkauf der zwischen den Grundstücken Klosterstraße 84 und 87 und der Neuen Friedrichstraße belegenen städtischen Terrains- desgl., betr. die Aufnahme von drei auf dem Terrain der früher Wöhlert'schen Aktiengesellschaft projektirten Straßen in die Ab­theilung X. des Bebauungsplanes desgl., bie Erwerbung des Straßenlandes vor dem Grundstück Skaligerstraße 73/74 und Köpnickerstraße 195 desgl., betr. die Erwerbung des Straßenlandes vor dem Grundstück Schlesischestr. 6- besgl., betr. die Freilegung der Kreuzbergstraße und der in dieselbe einmündenden Straße 6a der Abtheilung III. des Bebauungs planes desgl., betr. den Ankauf des Grundstücks Weißen­burgerstr. 4a zum Bau einer höheren Bürgerschule- desgl., betr. den Ankauf des Grundstücks Albrechtstraße 16 und einer hinter demselben belegenen Parzelle des Grundstücks Schiff­bauerdamm 4a und 5 zu Gemeindeschulzwecken eine Rech nung Berichterstattung über ein Naturalisationsgesuch­desgl. des Ausschusses zur Vorbereitung der Wahl von zwei unbefoldeten Stadträthen eine Unterstüßungsfache. Um 6 Uhr findet eine gemeinschaftliche Sigung des Magistrats und der Stadtverordneten  - Versammlung statt behufs der Neuwahl eines Mitgliedes für den Bezirksausschuß Berlin  .

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Ungeachtet der Friedenshoffnungen, welchen Graf Kalnoky  in seiner Darlegung der Situatton vor der ungarischen Dele­gation Ausdruck gegeben, kommen aus London   Nachrichten, welche befürchten laffen, daß Rußland   auf dem eingeschla­genen Wege noch nicht einzuhalten beabsichtige. So wird der Natztg." aus London   berichtet: Obgleich die Nachricht lanzirt worden, daß der Fürst von Mingrelien   der einzige Kandidat Rußlands   für den bulgarischen Thron sei, liegen hier Meldungen vor, nach welchen Rußland   überhaupt zunächst mit einer offiziellen Kandidatur nicht hervorzutreten beabsichtige. Vielleicht, daß, wie ich Ihnen schon in meiner kürzlichen Mit­theilung bemerkte, im Falle der Demission der Regentschaft Ruß­ land   diese Gelegenheit ergriffen hätte, um die bulgarische An­gelegenheit einer endgiltigen Lösung näher zu bringen. Seither ist aber die Nichtannahme der Demission der Regentschaft seitens der Sobranje und die Neuwahl eines Regentschaftsmitgliedes seitens der letzteren erfolgt, was von übler Rückwirkung sein dürfte. Es scheint, daß es Rußland   auf ein Interregnum in Bulgarien  , und zwar solches bedenklicher Natur, abgesehen habe und daß während dieser Zeit auch andere Fragen, vor Allem die einer Abänderung der bulgarisch   türkischen Konven tion, betreffend die Union  , auf das Tapet bringen wolle, wobei sich eine von der bisherigen Haltung Rußlands   in der Union­frage sehr verschiedene Tendenz bemerkbar macht. Man wird gut thun, auf diese Absichten Rußlands  , hinter welchen großlich im Monat 15 998 Personen und 7355 Pflegefinder. Als bulgarische Pläne, entsprechend den Ideen des Vertrages von San Stefano, zu Grunde liegen, Acht zu haben.

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Bur Charakterisirung der mingrelischen Randi­datur macht der englische   Oberst Stewart, ehemaliger Bevoll mächtigter bei der afghanischen Grenzkommission, auf Grund feiner genauen Kenntniß der kaukasischen Zustände folgende Bemerkungen:" Wenn die russische   Regierung", schreibt er, einen sogenannten mingrelischen Prinzen als bulgarischen Thronkandidaten aufstellt, so muß sie sich entweder einen schlechten Wig erlaubt haben, oder glauben, daß das Volk Bulgariens   oder die europäischen   Mächte sehr wenig unter­richtet sind über die Stellung, welche in Rußland   selbst die sogenannten mingrelischen Prinzen einnehmen. Bei meinen häufigen Besuchen im Kaukasus   habe ich eine ganze Anzahl mingrelischer und georgischer Prinzen kennen gelernt. Alle jene südkaukasischen Länder, Georgien  , Mingrelien, Imeretien und Gurief haben zu irgend einer Beit einmal sogenannte regierende Familien besessen, obgleich dieselben meist die Vasallen Per­fiens oder einer anderen Macht waren. Alle Nachkömmlinge dieser Familien, und deren giebt es hunderte, führen den Titel Prinz. Aber sogar Leute, die nur durch Heirath mit einer jener Familien verwandt sind, haben den Titel angenommen.

Folglich ist die Zahl der Prinzen in Georgien   und Mingrelien  

mordet worden; auch der alte Gutsherr ist keines natür gehen müssen, wenn sich die Beweise finden sollen, die mir jetzt noch fehlen."

lichen Todes gestorben, und die, welche ihn tödteten, waren Doktor Ramfeld und sein eigener Neffe." Ich glaube, Sie wissen nicht, was Sie

Frau! Sprechen!"

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Aber Juanita ließ sich nicht beirren; sie erzählte mit größter Ausführlichkeit, wie sie jeden von Ramfeld's Schrit Augenblick wartend, da der Plan reif sein würde; sie schil­derte seine abenteuerliche Existenz und wie er sich durch fal­fches Spiel und andere verwerfliche Mittel seinen Lebens­

unterhalt erworben hat.

,, Aber das sind ja nichts als Hirngespinste. Dr. Ram­feld war in dem Augenblick, in welchem die Unthat verübt wurde, nachweislich meilenweit von dem Schauplatz derselben entfernt. Schon am Nachmittag ging er in die Stadt, erst am Abend ging der Baron in den Park, und erst als das Verbrechen entdeckt worden war, wurde Doktor Ramfeld

durch einen Boten zurückgeholt."

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Das Alles ist mir bekannt!"

Wie, und Sie haben dennoch den Muth, oder den Unverstand, Ihre unsinnige Behauptung aufrecht zu er= halten?"

" Ich hätte ihn schon damals in's Gefängniß bringen fönnen, das ist wahr!" rief sie heftig aus. Ich kannte, Glauben Sie denn, daß ein Mann, der mit so kalter Ueberlegung alle Vorbereitungen zu treffen weiß, welche Polizei, eine einzige Andeutung hätte genügt, ihn mitten in Allernächste und Acht haben Strafe, die ihm alsdann bevorstand, genügte mir nicht. Ich sollte? Ja, er ist in der Nacht durch einen Boten zurück­mußte, daß er früher oder später von selbst verderben müsse, geholt worden; aber in der 3wischenzeit ist er auf Bran­und darauf wollte ich warten. Daß er dabei noch einmal denstein gewesen; denn kein Anderer als er hat den Schuß andere Menschen unglücklich machen würde, fürchtete ich gethan!"

nicht, denn ich traute mir die Macht zu, seine Pläne noch im Moment ihrer Ausführung zu durchkreuzen. Darum duldete ich seine Abreise nach Brandenstein und darum folgte ich ihm hierher. Ich konnte nicht ahnen, daß die Un­gunft der Verhältnisse alle meine Anschläge vereiteln würde. Ich habe die Verbrechen, die hier geschehen sind, nicht ver­hindern können; aber ich will wenigstens verhindern, daß ein Anderer als der Schuldige dafür zur Rechenschaft ge=

zogen werde!"

,, Und das ist Alles, was Sie mir über diesen Punkt zu sagen vermögen; Sie haben keinen weiteren Anhalt für Ihre Behauptungen?"

Aber

In diesem Augenblick feinen anderen, als die fin meinem Herzen lebende unumstößliche Ueberzeugung!- Legen Sie die Stirn nicht in unwillige Falten! Ich habe stehen Sie darum noch nicht auf, mein Herr, und gar nicht die Hoffnung gehabt, Sie durch diese Unterredung Ich habe von Ramfeld's Schuld zu überzeugen; ich habe Ihnen nur den Weg zeigen wollen, auf dem wir jetzt schnell vorwärts

( Fortsetzung folgt.)

Aus Kunst und Leben.

Das Stadttheater war am Sonntag zu den Aufführungen von Lumpacivagabundus" schon lange vor Beginn der Vor­stellung total ausverkauft. Am Todtensonntag geht hier das Schauspiel Therese Krones  " in Szene.

Harem- Waggons. Aus Bokhara   wird gemeldet: Der Bau der Transkaspischen Bahn schreitet rasch vorwärts. Der Emir   hat sich daher, wie der Nusret" meldet, beeilt, General Annentow, den Erbauer dieser Bahn, darauf aufmerksam machen zu laffen, daß er durchaus nicht gestatten könne, daß in seinem Reiche Frauen und Männer bunt durcheinauder in den Waggons figen sollen. General Annenkom gab daraufhin dem Emir   die Busage, daß er für die Frauen und Mädchen eigene Waggons oder Roupés mit verhängten Fenstern einführen werde. Diese Frauen- Roupés oder Waggons werden unter strenger Bewachung stehen, damit kein Mann in dieselben eindringe.

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Die Armuth in Berlin  . Im legten Verwaltungsjahr ( 1. April 1885 bis 31. März 1886) betrug die Gesammtausgabe für das Armenwesen in Berlin   8 108 611 M., wovon 7 038 402 Mart( gegen 6 965 476 M. im Vorjahre) durch Kommunalzu schuß zu decken waren. Laufend unterstüßt wurden durchschnitt­

Ursachen der Unterstüßungsbedürftigkeit geben die Almosenlisten an: bei 53 pCt. hohes Alter, bei 33 pCt. andauernde Krankheit oder Siechthum, bei 14 pCt. nicht zureichenden Erwerb 2c. In der Armentrantenpflege standen 46 807 Personen, für welche an Arzneien 97 457 m. verausgabt worden sind. Bu Zwecken des Kartoffelbaues durch Arme hat die Stadt einen Zuschuß von 15 136 M., für die Suppenvertheilung während der Winters monate einen solchen von 32 000 M. geleistet. Es sind 586 000 Portionen Suppe vertheilt worden. Ebenso find 761 arme Konfirmanden auf Kosten der Stadt gekleidet worden. In den Krankenhäusern wurden durchschnittlich 1419 Kranke auf Rech nung der Kommune Berlin   verpflegt, außerdem täglich 599 im Krankenhaus am Friedrichshain  ( in Summa 7824), 424 im Krankenhaus Moabit  ( in Summa 4066) und 238 in Siechen­häusern. Bei der Wohlthätigkeits- Armenpflege sind im Ganzen 341 700 m. verausgabt worden; das diesen Zwecken dienende Kapitalvermögen der Hauptstiftungskaffe betrug 3340 084 M., das der Nebenfonds 6 563 079 M., zusammen 9903 163 M.

Zu Armenunterstüßungszweden sind bei der Haupts Stiftungstaffe im Oktober d. 3. eingegangen; an Vermächt niffen und Geschenken: 811,12 M., aus Kollektengeldern 621,30 Mark aus schiedsmännischen Vergleichen, Besfionen 2c. 635,20 m. In Summa 2067,62 M.

Ein schnell ,, gefaßter" Tenorist. Ein seltsames Stück­aus lein von einem schnell gefaßten" Tenoristen wird Perpignan   gemeldet. Jm dortigen Stadttheater verspätete fich bei der legten Aufführung von Rossini's Tell der Sänger des Arnold bei einem Auftritt derartig, daß das Orchester in Ver­wirrung gerieth, die Mitspielenden auf der Bühne in die größte Verlegenheit tamen und die Konfusion schließlich so groß wurde, daß der Kapellmeifter den Taktirstock niederlegte, Musiker und Sänger schwiegen und eine höchst peinliche Pause entstand. Da trat der sonst sehr beliebte Tenorist, der die ganze Verwirrung angerichtet hatte, vor an die Rampe und richtete folgendes ge­wagte Jmpromtu an das Publikum:" Meine geehrten Herr­schaften! Sehen Sie sich( auf die Szene deutend) diese hohen Berge, diese zerklüfteten Felsen und breiten Spalten an es da ein Wunder, wenn ich mich in der Wildniß verirrt und auf meinem gefahrvollen Wege ein wenig verspätet habe?!"

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Nach diesen unerwarteten fühnen Worten lachte ein Theil des ernst und begann furchtbar zu schreien, und zu toben über dieſe

verblüfften Publikums, der größere Theil aber nahm die Sache

Unverschämtheit" des Sängers. Da trat schnell entschloffen der Direktor hervor, packte den Tenoristen am Kragen, bat das Publikum um Ruhe und zwang den Sünder, um Verzeihung zu bitten. Das Publikum war versöhnt, und die Oper konnte ihren Fortgang nehmen.

Aus Paris   wird der Junge Mulattinnen gesucht. Wiener   Allg. 8tg." geschrieben:" Die Direktion des Porte Saint- Martin- Theater fündigt in den Journalen folgendes an: Für die Aufführung des dritten Attes des Krokodil" werden junge Mulattinnen bringend gesucht." Diese Annonze blieb ohne namhaften Erfolg, da Paris   arm an dieser Art von Damen ist und die wenigen daselbst lebenden Mulattinnen zu­meist alt und als Kinderfrauen in hocharistokratischen Häusern plazirt find, also nicht daran denten, sich an ihrem Lebens­abende der Bühne zu widmen. So blieb denn der Direktion nichts übrig, als mit einem erotischen Agenten ein Abkommen zu schließen, der sich verpflichtete, aus Batavia hundertfünfzig Dieser brünetten Damen bis zur Première auf die Bühne zu stellen. Für Ueberfuhr, Verpflegung und Gagen zahlt die Direktion ein Bauschale.

Keine volle Sprache. Ein Inserat der N. A. 3.", in welchem ein erster Redakteur für eine unabhängige Tageszei­tung nationaler Richtung gesucht wird, enthält in religiöser Beziehung folgende Anforderung: In religiöfen Fragen wird eine versöhnende, jedenfalls aber nicht volle Sprache ver­langt."