Gerichts- Zeitung.

Reichsgerichts Entscheidung.  ( Nachdruck verboten.) Leipzig  , 15. November. Ein Sozialistenprozeß, der in gewiffer Beziehung zum Nachdenken anregt, kam dieser Tage in der Revisionsinstanz vor dem I. Straffenate des Reichsgerichts zur Verhandlung. Zu Grunde lag dieser Verhandlung ein Urtheil des Landgerichts Düsseldorf   vom 28. Juni, wonach fieben Schloffer auf Grund§ 17 Abs. 1 des Sozialistengesezes mit 30 bez. 20 M. Geldstrafe belegt waren. Die einschlägige Ge fegesstelle lautet: Wer an einem verbotenen Verein als Mits glied fich betheiligt oder eine Thätigkeit im Interesse eines folchen Vereins ausübt, wird mit Geldstrafe bis zu 500 M. oder mit Gefängniß bis zu 3 Monaten bestraft." Von der badischen Polizeibehörde war am 19. August 1885 die Vereinigung der Metallarbeiter Deutschlands  " mit dem Size in Mannheim   auf Grund des Sozialistengefeßes verboten worden und damit hatten gleichzeitig die Lokalvereine, welche der Vereinigung"

schworenen gestellten Fragen lauteten: Ist Ansorge des ihm zur Laft gelegten Mordes und die verwittwete Frau Schwabe der Anstiftung zu diesem Verbrechung schuldig? Dazu wurde noch vom Staatsanwalt als Nebenfrage für den Fall der Ver­neinung der zweiten die Frage gestellt: Jst Frau Schwabe der wissentlichen Beihilfe zum Morde schuldig?- Der Staats­anwalt plädirte für Bejahung der beiden ersten Fragen. Der Vertheidiger des Ansorge stellt nach dessen umfangreichem Geständnisse den Geschworenen das Urtheil anheim. Dagegen tritt der Vertheidiger der Frau Schwabe für deren Freisprechung ein, indem er das Geständniß des Ansorge als Racheaft hin­stellt. Die Geschworenen sprachen Ansorge des Mordes und Die Frau Schwabe der Beihilfe zu diesem Verbrechen schuldig, worauf der Gerichtshof ersteren zum Tode und lettere zu fünf­zehn Jahren Buchthaus verurtheilte. Ansorge nahm sein Urtheil sehr gefaßt auf. Frau Schwabe weinte.

angehörten, ihr Ende erreicht. Der Düſſeldorfer Zweigverein Soziales und Arbeiterbewegung.

hatte schon vor Begründung der Vereinigung" selbstständig unter dem Namen Fachverein" bestanden und seine eigenen Statuten gehabt; später war er der Vereinigung" beigetreten und hatte damit deren Statuten angenommen. Nachdem nun am 22. August dem bisherigen Vorsitzenden der Düsseldorfer Mitgliedschaft der Vereinigung" durch die Polizei die Mit­theilung von dem Verbot des Gesammtvereins gemacht war, ersuchte derselbe in Gemeinschaft mit sechs Genossen am andern Tage die Polizei um die Erlaubniß zur Gründung eines Vereins der Metallarbeiter von Düsseldorf   und Um­gegend" und legte gleichzeitig ein Statut zur Genehmigung vor. Dieses Statut war bis auf Kleinigkeiten dasselbe, welches der frühere Fachverein" beseffen hatte. Die Genehmigung zur Gründung des neuen Vereins wurde nicht ertheilt; aber nicht genug damit, es wurde auch gegen jene fieben Personen An­flage auf Grund der schon erwähnten Gefeßesstelle erhoben und auch ihre Bestrafung ausgesprochen. Das Gericht nahm an, daß die Angeklagten eine Thätigkeit im Intereffe des verbotenen Vereins ausgeübt hätten, indem sie bei der Polizei eine Ge nehmigung der Statuten nachsuchten. Als selbstverständlich wurde es nämlich erachtet, daß der neue Verein nur eine Fortsetzung des früheren sein sollte. Dies entnahm die Straffammer haupt sächlich aus dem Umstande, daß die Statuten des zu gründen­den Vereins mit den Statuten des früheren Fachvereins fast übereinstimmten. Ausschlaggebend für diese Feststellung war auch noch ein Brief, der bei dem präsumtiven Vorsißenden vor­gefunden war. In demselben theilte nämlich der Zentral­vorstand in Mannheim   den Lokalvereinen die Befürchtung mit, daß der Verein aufgelöst werden würde und es wurde daran der Rath geknüpft, man möge sofort nach Empfang eines Telegramms vom Zentralvorstande, welches ein unverfängliches Stichwort enthalten sollte, mit der Neubildung von unabhängigen Lokalvereinen vorgehen, damit in der Erledigung der Geschäfte keine Unterbrechung eintrete. Hiernach mußte es also scheinen, als ob ein geheimes Fortbes stehen der Vereinigung" geplant war. Die Angeklagten hatten nun gegen das Urtheil Revision eingelegt und in derselben das Sachverhältniß, wie wir es mitgetheilt, flargelegt. Daran wurde die Ausführung geknüpft, daß der neu zu gründende Verein mit Unrecht als eine Fortsetzung der verbotenen Mitgliedschaft der Vereinigung" angesehen sei, da nicht festgestellt sei, daß die Staten der letteren mit den zur Genehmigung der Polizei vorgelegten übereingestimmt hätten. Als Fortsetzung des frühe­ren Fachvereins aber wäre der zu gründende Verein nicht straf­bar gewesen, weil der Fachverein" von der Polizei nicht ver­boten war, sondern sich selbst auflöſte. Von dem Inhalte des Mannheimer   Briefes hätten nachgewiesenermaßen nur zwei von den Angeklagten Kenntniß gehabt, mit Unrecht sei daher allen Angeklagten der Dolus zugeschrieben worden, im Intereffe der verbotenen Vereinigung" zu handeln. Ueberhaupt aber, so hieß es weiter in der Revisionsschrift, sei es nicht erfindlich, wie in dem, was die Angeklagten gethan haben, etwas strafbares er­blickt werden könne, da doch das Gesetz selbst vorschreibt, daß die Erlaubniß für die Gründung eines solchen Vereins bei der Polizei nachgesucht nachgesucht werden muß. Für die Befol­gung gesetzlicher Vorschriften könne doch unmöglich jemand bestraft werden. Der Reichsanwalt Hofinger hielt die Revision für unbegründet und beantragte deren Verwerfung. Der§ 17, so sagte er, bestrafe jeden, der irgend welche Thätigkeit im Intereffe eines verbotenen Vereins ausübe, und daß den An­geklagten eine solche Thätigkeit zur Last falle, sei hier aus that­fächlichen Gründen angenommen. Nicht nur aus den Statuten sei die Absicht der Fortsetzung entnommen, sondern auch aus dem Briefe. Uebrigens hätte die Aehnlichkeit der Statuten gar nicht als entscheidend angesehen werden brauchen. Statuten feien bei solchen Vereinen immer ganz harmlos und dienten als Deckmantel für unerlaubte Bestrebungen. Sie würden ja nur eingereicht, um die Genehmigung zu erlangen und die ver botene Vereinigung zu Stande zu bringen. Das Reichss gericht erachtete aber troßdem die Feststellungen des Landgerichtes nicht für ausreichend und hob das Urtheil auf unter Burüd verweisung der Sache an die erste Instanz.

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Ein englisch  - amerikanisches Arbeiterblatt. Das Er­scheinen einer täglichen Arbeiterzeitung in englischer Sprache ist ohne Zweifel ein bedeutsames Ereigniß für die amerikanische Arbeiterbewegung. Von der beispiellosen Wahlbewegung New­ York's   wurde das neue Blatt" The Leader" im Flug zu einer riefigen Leseziffer( 100 000) emporgetragen. Es erscheint jeden Nachmittag, im Format der" New- Yorker Volkszeitung"( auf deren Preffe es gedruckt wird) und zu dem Preise von 1 Cent ( 4 Pfennige). Dem Inhalt nach ist das Blatt bis jetzt ein reines Rampagneblatt gewesen. Später soll allen an eine Beitung gestellten Anforderungen volle Genüge geleistet werden. Bisher wird ausschließlich Henry George's   Landtheorie vertreten; auch hier wird sich der Gesichtskreis des Blattes nach der Wahl wesentlich erweitern müssen. Vorläufig kommt es darauf an, daß die Arbeiterpartei von New- York   ein Organ hat, um den Verleumdungen und Entstellungen der tapitalistischen Presse entgegenzutreten und die Arbeiter über die Bedeutung der Bewegung aufzuklären, sie zu ermuthigen und in ihrer neuen politischen Haltung zu be fräftigen. Daß ein solches Organ ein Bedürfniß war, zeigt sich an dem reißenden Verkauf, welchen der ,, Leader" vom ersten Tage seines Erscheinens an gefunden hat. Diese unerwartet große Unterſtüßung der neuen Zeitung ist ihrerseits wieder ein Beweis, daß die Bewegung eine ernsthafte Bedeutung gewonnen hat und ein wirklicher Mißerfolg ausgeschlossen ist. Zur Heraus­gabe des Blattes ist eine Aktiengesellschaft gebildet worden, welche Aktien von 5 Dollars für Individuen und von 100 Dollars für Arbeiterorganisationen ausgiebt. Bisher war die sozialisti­sche Presse Nordamerikas   bekanntlich ausschließlich deutsch zum großen Schaden einer einheitlichen Arbeiterbewegung. Arbeitslosigkeit. Ropenhagen, im Oktober. 40 hiesigen Fachvereinen find Ermittelungen über die dermalige Anzahl der zur Beit arbeitslosen Fachkollegen gesammelt wor­den. Darnach verhält sich die Gesammtzahl der vorhandenen

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Von

Berufsgenossen zu den arbeitslosen bei den Arbeitsleuten( ohne die bei Bauten beschäftigten) wie 10 000 3000; bei den Bäckern wie 700: 180; bei den Spenglern wie 360: 50; Böttchern 250 20; Bigarrenarbeitern 500: 40; Vergoldern 100 20; Heizern 900: 100; Gipsern 60: 18; Gürtlern 150 9; Hauszimmerern 1400: 620; Kortschneidern 80: 10;

Wagenbauern 80: 15; Lithographen 125: 30; Malern 800: 200; Maurern 1500: 600; Maurerarbeitsleuten 1900: 1300; Modell­400; Bianofortearbeitern 150: 4; Sattlern 450: 60; Säge schneidern 90: 8; Möbelschreinern 600; 90; Bautischlern 1200: werfarbeitern 300: 30; Seilern 70: 8; Schieferdeckern 30: 20; Schuhmachern 2000: 150; Schneidern 1400: 475; Schmieden 3000 550; Schiffszimmern 350: 100; Telephonarbeitern 50: 10; Drechslern 100: 20; Holzgeräthenmachern 40: 10; Buchdruckern 600: 35. Selbstredend machen diese Zahlen auf absolute Richtigkeit keinen Anspruch. Es hat nur Die ungefähre Anzahl der in der Branche Thätigen, sowie der Arbeitslosen fermittelt werden können. Immerhin dürfte das Endergebniß der Schäßung, daß von den 35 000 gewerblichen Arbeitern Kopenhagens  ( in der Aufstellung fehlen mehrere Branchen z. B. die Weber, Korbmacher und Sandgräber) etwa 9000 oder 28 Prozent erwerbslos find, mit der Wirklichkeit ziemlich übereinstimmen. Aufgeführt find nur die männlichen Arbeiter, während die Frauenarbeit namentlich in der Tertilindustrie einen sehr bedeutenden An­theil aufweist. Man begreift nach Bekanntwerden dieser Elends­statistik, daß die soziale Frage in Dänemark   zu einer brennenden geworden ist und die allgemeines Aufsehen erregenden Fort­schritte der Arbeiterbewegung gezeitigt hat.

Die Bergleute in den Zwickauer   Kohlenbergwerken sollen wieder uniformirt werden. Man hofft sie auf diese Weise mehr oder weniger den Einflüssen sozialistischer Agitatoren zu entziehen." Das ist kein schlechter Wig, sondern alles Ernstes in einer Reihe angesehener Blätter zu lesen.

Kleine Mittheilungen.

Temesvar  , 15. November. Heute Nacht um 1 Uhr wurde hier ein Erdbeben verspürt. Es fanden zwei Erderschütterungen statt, welche durch je zwei Sekunden andauerten. Die erste Er schütterung war ziemlich stark, die zweite etwas schwächer. Be­schädigungen find nicht vorgekommen. Nach dem Erdbeben zog ein großer Sturm mit Regen heran.

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Viertel von Avignon   haben einen Meter hoch Waffer in den Straßen und die Ueberschwemmung, welche stellenweise zwei Meter hoch ist, erstreckt sich über Tarascon  , St. Remy  , Trebon  bis Arles  . Zugleich wird ein Steigen der Saone gemeldet und es find Truppen aufgeboten worden, um beschädigte Quer­dämme schleunigst auszubessern. Der N. Fr. Pr." wird folgendes berichtet:" Der Personenzug Nr. 429, welcher gestern um 5 Uhr 38 Minuten Morgens von hier abfuhr, entgleiste um 11 Uhr Vormittags in Folge einer Erdabrutschung zwischen Peipin und Sisteron  . Die Katastrophe erfolgte vier Kilometer von der Station Sisteron  , einige Minuten nach dem Einsturze des Berges von Mont- Gerves. Einige Bauern, welche Zeugen dieses Ereignisses waren, gaben wiederholte Warnungszeichen, welche jedoch nicht beachtet wurden, da sich der Zug mit größter Geschwindigkeit bewegte. Es find drei Personen getödtet, zwölf schwer verwundet und einige leicht verlegt worden. In Reallon im Bezirke von Savines famen zahlreiche Erdabrutschungen vor, durch welche acht Personen begraben wurden."

Konstantinopel  , 5. November.  ( Schiffskollision im Mar marameere.) Am 2. d. M. hat sich im Marmarameere der Zu sammenstoß eines englischen Dampfers mit einem mit Getreide beladenen griechischen Schiffe ereignet, welches nach dem Piräus  bestimmt war. Das griechische Schiff sant augenblicklich, doch gelang es dem Dampfer, fünf Mann von dessen Bemannung zu retten. Der griechische Kapitän und die anderen fünf Matrosen kamen um.

Vermischtes.

Ein Amrumer Kleiderhaten. Auf der kleinen Nordfec Insel Amrum   an der schleswigschen Westküste herrscht seit un dentlichen Beiten ein seltsamer Brauch. Es befindet sich dort nämlich nur eine Kirche und zwar in dem Dorfe Nebel. Das Innere ist sehr einfach und schmucklos. Die kleine Orgel, die Kanzel, der Altar gehören nicht zu den Sehenswürdigkeiten, die aufgesucht zu werden verdienen. Allein dennoch giebt es dort etwas zu sehen, das einzig in seiner Art ist, nämlich die berühmten Kleiderhaken. Die frommen Insulaner und zwar meistens die Frauen( da die Männer den größten Theil ihres Lebens auf der See herumschwärmen), welche auf der Insel allfonntäglich der Kirche zupilgern, pflegen in einem Winkel des Gotteshauses ihre Mäntel und Hüte an dort befestigten Haken aufzuhängen. Jede Familie hat einen besonderen raken, der ihr eigenthümlich angehört. An demselben sind noch andere Kleine Hafen angebracht, so daß man bequem eine ganze Garde robe daran aufhängen kann. In uralter Zeit waren diese Hafen einfache Holzhaken. Mehrere hundert Jahre hatte man sich bescheidentlich damit beholfen, da tam Jemand auf den sonder baren Einfall, aus einem Stüd Walfischknochen einen zierlichen Hafen zu schnigen und in der Kirche anzubringen, eine Neuerung welche die erstaunlichsten Folgen herbeiführen sollte. Ein Nach bar des Wallfischknochenbesizers beneidete diesen nämlich um seinen schönen Hafen und ließ deshalb während seiner nächsten See reise in Amsterdam   von einem holländischen Kunstschmied einen prächtigen eisernen Hafen schmieden, den er nachher heimbrachte und in dem Kirchenwinkel befestigen ließ. Von jetzt an hatten die übrigen Amrumer feine Ruhe mehr. Es war für fie Ehren fache geworden, fich prächtige fünstliche Kleiderhaken anzuschaffen Die alten bescheidenen Holzhaken verschwanden nach und nach einer nach dem andern, und an deren Stelle erschienen die schönsten Kleiderhaken von polirtem und ziselirtem Stahl, reich vergoldet, versilbert oder sonst verziert. Darunter befinden sich wahre Kunstwerte der Schmiedearbeit, die 50 bis 100 Thaler gekostet haben mögen. Der einzige Lurus, der auf der Insel betrieben wird, besteht in diesen firchlichen Kleiderhaken. Wenn die armen Amrumer auch sonst von Pracht und dem Reichthum der Welt nichts besigen, wenn sie auch weit zurück find in allen Angelegenheiten der Mode und des Lurus- eines giebt es denn doch, was sie vor der übrigen Menschheit voraus haben, nämlich in ihrer fleinen armen Kirche die prächtigsten und fünft

lichsten Kleiderhaken!

Bad

Jockey Fred Archer. Aus London  , 9. d., wird ge schrieben: Das schon furz gemeldete schreckliche Ende des be rühmtesten und populärsten der englischen Jockeys ist in Aller Mund. Er ist thatsächlich und buchstäblich das Opfer seines aufregenden und aufreibenden Berufes geworden, denn der Pistolenschuß, mit dem er seinem jungen Leben ein Ende machte( er war faum 30 Jahre alt) wurde im Fieberdelirium einer Krankheit abgefeuert, die er sich auf dem Turf in Lewes  geholt hat. Vor 14 Tagen ritt er St. Mirin, die der Herzogin von Montrose gehörige Mähre, um die Cambridge  shire Stakes zu gewinnen, einen der zwei Preise( der Chefter Cup ist der andere), die er nie davongetragen. Der fiegreiche Ritt würde ihm eine Summe von 9000 Pfd.( 180 000 M.) netto eingetragen haben. Um das zum Ritt nöthige Gewicht von 8 Stein 6 Pfd. zu erreichen, fastete Archer drei Tage lang und saß faß 48 Stunden in in dem türkischen das seinem prunkvollen Landfis Falmouth Houſe bet Newmarket angebaut ist. Außerdem verschlang er große Dosen einer starken Medizin. Gleichwohl konnte er sein Gewicht nur auf 8 Stein 7 Pfd. reduziren, und er verlor den Ritt. Die außerordentlich strenge Kur hate jedoch die bereits durch Trainirung und unaufhörliche Körperanstrengung und Aufregung unters grabene Ronſtitution des keineswegs fräftig gebauten Mannes vollständig ruinirt, so daß er sich in Lewes   am legten Donners tag eine Erkältung zuzog, zu der sich am Sonntag ein bösartiger Typhus gefellte. Außer der Krankenwärterin wachte seine Schwester am Bett des Kranken. Der behandelnde Arzt hatte ihn kaum verlassen und Mrs. Colmore, seine Schwester, befand Isich allein mit dem Patienten. Da sprang dieser, während fie einen Augenblick den Rücken kehrte, im Delirium aus dem Bett ergriff einen Revolver, den er zum Schuß vor Einbrechern nabe beim Bett hängen hatte und schoß sich eine Kugel durch den Mund, noch ehe es seiner Schwester gelang, ihm die Waffe zu feinem 12. Jahre widmete er fich der Reitkunst, und wurde von Matthew Dawson, dem berühmten Trainer des Lord Falmouth in seiner Kunst unterrichtet. Aber erst in 1870 ritt er die Stute Athol Daisy in Chesterfield. In 1872 gewann er den Cesarewitch für Mr. Radcliffe und sein ausgezeichneter Ritt auf Salvanos bei dieser Gelegenheit zog die Aufmerksamkeit des Lord Falmouth auf seine Leistungen. Er wog damals 5 Stein 7 Pf Im nächsten Jahre gewann er die 2000 Guineen auf Po gemeldet. Würde Nordwind eintreten, so könnte das Waffer dem Atlantic des Lord Falmouth   und während den 13 folgenden Jahren stand sein Name an der Spiße der fiegreichen Jodens; bei Piacenza   und Rovigo   die größte Gefahr hervorrufen. Das außer 1880, als er an einem Armbruch litt und blos 120 Siege Hochwasser hat in letterer Stadt die Höhe von 1872 erreicht, davontrug, hat er jedes Jahr über 200 fiegreiche Ritte gethan

Hirschberg i. Schl., 11. November.( Der Hermsdorfer Mord.) Nach dem umfassenden Geständniß des Mörders Ans sorge, das dieser auf Befrageu des Präsidenten und eines Ges schworenen mit seltener Ruhe bis in die kleinsten Einzelheiten vervollständigte, wurde zur Vernehmung der Frau Echwabe ge schritten, welcher der Eröffnungsbeschluß Anstiftung zum Morde zur Laft legt. Frau Schwabe ist jetzt ungefähr 25 Jahre alt. Auch ihr Geständniß wird ziemlich ruhig abgelegt und nur, wenn fie auf gar zu grobe Widersprüche mit den Angaben des Ansorge hingewiesen wird, versucht sie zu weinen. Nach dem Geständniß des Ansorge und ihrem eigenen Bericht muß man bei solchen anscheinend reuigen Anwandlungen unwillkürlich an ihre Verstellung denken, mit der sie nach dem Morde die Kon­bolationen ihrer Bekannten entgegen genommen hat. Sie er scheint nach ihrer Vernehmung als ein wahres Scheusal eines Weibes. Wie fie selbst zugesteht, hat sie während ihrer Ehe nicht nur mit ihrem Mitangeklagten Ansorge, sondern noch mit einem anderen Manne in chebrecherischem Verhältniß gelebt und ganz kurze Zeit nach dem Morde, während Ansorge im Herms Sorfer Gefängniß saß, ließ fie fich mit einem Verwandten ihres ermordeten Mannes wieder in geschlechtlichen Verkehr ein. Was die Mordthat anbetrifft, so leugnet sie die ihr von Ansorge in die Schuhe geschobene erste Anregung und die Theilnahme an der Ausarbeitung des schändlichen Blanes. In Ansorge sei, aus Liebe zu ihr, die es bei ihrem Manne sehr schlecht gehabt hätte, der Mordgebanke zuerst erwacht und sie hätte nur in Rücksicht auf die vielen Mißhandlungen, die sie von Seiten des Schwabe stets auszustehen hatte, den Entschluß gebilligt. Das Meffer hätte sie zwar dem Ansorge bei seiner Abfahrt gegeben, doch sei das nur auf seinen speziellen Wunsch geschehen. Daß fie an dem Abend nach der That dem Ansorge, der ihr alle Einzelheiten der Ermordung erzählen mußte, bei fich behalten wollte, tönne fie nicht leugnen, dies sei aber nur aus Furcht geschehen, daß man ihr in der Nacht den Ermordeten nach Hause bringen würde. Die einander so widersprechenden Erklärungen der beiden Angeklag ten erhalten auch durch die Konfrontation der Beiden nicht die gewünschte Aufklärung. Anjorge betheuert die Wahrheit seiner Aussage. Aus den Beugenaussagen ist nicht viel Interessantes der beiden Geständnisse oder sie dienten dazu, das Verhältniß der Frau Schwabe zu ihrem Manne in das richtige Licht zu setzen. Das Gutachten des medizinischen Sachverständigen Kreisphyfifus Dr. Herrmann ging dahin, daß von den gegen Schwabe abge­feuerten vier Schüssen drei tödtlich waren. Die an die Ge­

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Brüssel  , 11. November. Als gestern, so wird der Fr. 8tg." geschrieben, die Repräsentantenkammer eben ihre erste Sigung eröffnet hatte, stürzte plößlich eine Raße von der Höhe der öffentlichen Tribünen, die Ballustrade der für die Presse refer virten Sige streifend, auf eine der Bänke der Deputirten herab. Die ehrenwerhen Herren, die in diesem Augenblicke in der Nähe des Bureaus dicht zusammengeschaart standen, waren Anfangs erschreckt über das unvermuthete Erscheinen des vier beinigen Gastes. Dann aber machten fie fich unter Gelächter an die Jagd auf das Thier, das, zwischen den Bänken hin und her gehegt, einen Ausweg suchte, bis es endlich den Huffiers gelang, den Störer des Parlamentsfriedens zu verscheuchen.

Rom, 13. November. Der Südweststurm dauert an der ganzen Rüfte noch fort, glücklicher Weise in Mittel- und Süd­Italien bei mäßigen Niederschlägen. In Piemont hat der Sturm heute Nachts aufgehört, in der Emilia hält er noch an. Aus Kasale und Monferato wird ein langfames Fallen des

rasch abfließen, so aber treten bedenkliche Stauungen ein, welche

als der Po durch sieben Dammbrüche meilenweite Flächen über­schwemmte. Die Schiffsbrücke bei Bonte- Lagoscuro wurde eins gezogen. Das Hochwasser der Etsch   ist noch ungefährlich und die Dämme von 1882 bewähren sich. Auf der Strecke Navara­

und das Total für 1884 und 1885( 241 und 246) ist höher als das höchste Total irgend eines Joden der Gegenwart oder Ver gangenheit. 1886 war sein Stern am Niedergehen begriffen. Er ritt 512 Mal, aber blos 170 Siege fielen ihm zu Theil

Vercelli ist der Bahndamm am Fluffe Tanaro  , während ein Diesen Rüdgang muß man seiner durch Ueberanstrengung

Bug darüber fuhr, eingesunken. Vierzehn Wagen stürzten in

den Fluß, verunglückt ist Niemand. Bei Mailand   überfluthete Recht wundern, daß Fred Archer  , der sich in wenigen Jahren

die Dlona die Dämme und Wiesen. Hier herrscht ununter­brochen Scirocco.

Marseille  , 13. November. Aus Südfrankreich   wird von bedenklichen Ueberschwemmungen in Folge der anhaltenden Regengüffe gemeldet. Zwischen Digne   und Grenoble   ist ein Personenzug auf einen Felsblock aufgefahren, der sich abgelöst

geschwächten Ranstitution zuschreiben. Man darf sich mit durch seine Reitfunst ein fürstliches Vermögen erworben batte nicht einem Beruf entsagte, der ihn in ein frühes Grab führen mußte. In der That hatte er im November 1884, als er vom Rennen in Liverpool zum Todtenbett seiner jungen Frau gerufen Iwurde, die Abficht, dem Turf Valet zu sagen. Aber der Reis des aufregenden Berufs war zu start, und er lehrte zum Leben

zu berichten. Im Wesentlichen bestätigten fie die Einzelheiten hatte, und wurden vier Paffagiere getödtet und neun schwer auf den Sattel zurüd, nur um fich genau am 2. Jahrestag be

verlegt. Ein anderer Bug glitt auf der Brücke von Albalonga Todestag seiner Frau selbst das Leben zu nehmen. Er hinter

aus und stürzte in die Tiefe. Der Maschinenführer und der Heizer ertranfen, die neun Waggons, die zum Glück nur Waaren führten, liegen in dem Flußbett zerstreut. Die Brücke von Cavaillon   ist von der Durance mit fortgerissen worden, mehrere

läßt ein fleines Töchterlein, bei deffen Geburt die Mutter ftarb. Seine Freunde und er hatte deren eine große Menge liebten und achteten ihn als einen braven Mann, und für die Armen der Nachbarschaft war er ein großer Wohlthäter.

Berantwortlich für den politischen Theil und Soziales May Echippel, für Vereine und Versammlungen F. Zuhauer, für den übrigen Theil der Zeitung R. Cronheim, sämmtlich in Berlin  

Drud und Verlag von May Bading in Berlin   SW., Beuthstraße 2.

Hierzu eine Beilage.