Beilage zum Berliner Volksblatt.
Hr. 269.
Lokales.
Die Papier Ausstellung, welche vor Kurzem in den - Räumen der Waarenbörse hierselbst etablirt war, ist, wenigstens für das größere Bublifum, ziemlich achtlos vorüber gegangen, ein Umstand, der in unserem papiernen" Zeitalter, in dem wir leben, eigentlich befremden müßte, der aber wohl darin seine Entschuldigung findet, daß das Berliner Publikum im legten Sommer allzusehr von anderen Dingen in Anspruch genommen worden ist. Und doch war die Papier - Ausstellung in vieler Beziehung interessant und verdienten namentlich die Produkte der Luruspapierfabrikation die Bewunderung, die ihnen zu Theil wurde, im vollsten Maße. Und diese Bewunderung ist nicht nur eine einseitige, lokale, sondern eine allseitige, internationale, denn die deutsche Luruspapierfabrikation hat sich einen Weltruf erworben, den sie in erster Linie ihren geschmackvoll und künstlerisch entworfenen und sauber ausge führten Erzeugnissen verdankt. Und nach diesen Richtungen hin wird auch thatsächlich das Möglichste geleistet. Die Musterentwürfe werden größtentheils namhaften Künstlern übertragen, wenigstens von großen Fabriken, und werden diese Muster auf das Höchste honorirt, da es hauptsächlich auf Driginalität der Entwürfe anfommt. Jedes Jahr soll etwas Neues bringen, was packt, anspricht und das Publikum zum Kaufen animit, denn hierbei gilt auch der Grundsaß, die Menge muß es bringen, denn nur durch Massenumfaß ist noch ein Geschäft zu machen, da die Fabrikanten in Folge großer Konkurrenz ge zwungen find die Fabrikate mit dem kleinsten Nugen abzufeßen. Der Wettbewerb auf diesem Gebiete ist ein ganz gewaltiger, denn in Deutschland bestehen mehrere hundert Fabriken, die sich mit der Herstellung von Luruspapierartikeln beschäf tigen, die fast durchweg mit Schnellpreffen arbeiten in mehr oder minder großer Anzahl, und außerdem noch die Arbeitsfraft eines Heeres von Arbeitern und Arbeiterinnen in Anspruch nehmen, welche letteren, durch jahrelange lebung erfahren, die saubere Ausführung ermöglichen und für jeden Fabrikanten unerläßlich find. Troßdem die deutsche Luruspapierfabrikation einen Weltruf genießt, ist die Geschäftslage im Allgemeinen doch eine wenig zufriedenstellende, denn in Folge der großen Konkurrenz find die Fabrikanten geneigt, sich gegenseitig im Preise zu unterbieten und die Händler find in der Lage, die Preise nach ihrem Gefallen zu firiren. Das Ausfuhrgeschäft geht ebenfalls zurück, da Amerika , das ehedem viel in diesen Artikeln konsumirte, den größten Theil des Bedarfes jetzt durch eigene Fabritate deckt, nach anderen Ländern, wie Frankreich , Rußland , ist das Ausfuhrgeschäft in Folge von Zollbeschränfungen ebenfalls bedeutend zurückgegangen. England bildet zwar nach wie vor das umfangreichste Absaßgebiet, doch hat der dortige Absatz keinerlei Steigerung erfahren, während die AnSprüche immer größer werden. Die einst so blühende Industrie schwebt demnach in dem Zustande des angens und Bangens in schwebender Bein", welcher Zuſtand besonders nachtheilig auf die Lage der in der Luruspapierfabrikation beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen wirkt, welche denn auch heute im Allgemeinen sehr viel zu wünschen übrig läßt.
Die Unfallverhütungsvorschriften, die nunmehr_in rascher Aufeinanderfolge bei den einzelnen Berufsgenossenschaften folgen dürften, nehmen in der That einen Charakter an, der für die Arbeiter höchst bedenklich ist. Die soeben veroffentlichten Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft für die Musik- Instrumenten- Industrie enthält folgende auf die Arbeiter bezügliche Bestimmungen:" Das Reinigen, Bugen und Repariren, sowie überhaupt jede nicht der Fabrifation dienende Thätigkeit an der Maschine und ihren Theilen ist bei gehender Maschine verboten. Das eigenmächtige Entfernen und die eigenmächtige Nichtbenugung von Schußvorrichtungen ist untersagt. Die an den Maschinen zugelaffenen Arbeiter haben enganschließende Kleider und passendes Schuh
werk zu tragen.
Wo es die Sicherheit erfordert, find die
Arme, bezw. die Unterarme zu entblößen. Arbeiterinnen haben die Röcke zusammenzubinden; auch dürfen Zöpfe und Halsdarf sich an Maschinen, für die er nicht ausdrücklich angestellt ist, nichts zu schaffen machen. Der Arbeiter muß sich jedesmal, bevor er feine Maschine in Gangfezt, von der völligen Betriebsfähigkeit der felben überzeugen und alle wahrgenommenen Mängel( namentlich das Schlagen von Lagern) dem Betriebsunternehmer resp. dessen Stellvertreter anzeigen.
maschine ist dieselbe anßer Thätigkeit zu setzen. Arbeiten für andere Personen als für den Betriebsunternehmer dürfen nur mit Genehmigung desselben oder seines Stellvertreters vorge Versicherte Personen, welche diesen Vor
nommen werden.
Falscher Schmuck.
Pariser Stizze von Guy de Maupassant . Herr Lantin war dem jungen Mädchen zum ersten Male in einer Geſellſchaft begegnet, die einer seiner Vorgesetzten gegeben und er hatte sich sofort sterblich verliebt.
Sie war die Tochter eines ehemaligen, jetzt schon seit langen Jahren verstorbenen Beamten. Nach dem Tode des
gelebt hatten, nach Paris gekommen, in der Hoffnung, daß sich in der Hauptstadt dem jungen Mädchen eher Gelegenheit bieten würde, eine passende und gute Partie zu machen. Die bescheiden und in überaus ehrenwerther Weise. Die Tochter zu sein, daß der junge Manni balb von nichts anderem mehr träumte, als von einer Ehe mit ihr, der er sein ganzes Leben weihen wollte. Bu ihrer Schönheit gefellte sich Bescheidenheit und engelsgleiche Sanftmuth; das liebliche Lächeln, das immer
So reizend um ihre Lippen spielte, schien die Milde und Innigkeit ihrer Seele und ihres Herzens wiederzuSpiegeln.
Mittwoch, den 17. November 1886.
schriften zuwiderhandeln, verfallen in eine Geldstrafe bis zu 6 M., welche der zuständigen Krankenkaffe zufällt." Wer die Arbeit in mit Maschinen betriebenen Fabriken kennt, wird zugeben, daß jeder Arbeiter an jedem Tage mindestens zwanzig Mal in die Lage kommen wird, gegen eine oder mehrere dieser Vorschriften zu verstoßen, was ihm, wenn er Glück hat, ebenso viel Ordnungsstrafen eintragen kann. Man sollte doch in der That den Arbeitern gegenüber mit solchen Strafbestimmungen etwas rücksichtsvoller umgehen; die Gefahr, sich selbst bei vors kommender Unachtsamkeit zu beschädigen und der natürliche Selbsterhaltungstrieb jedes Menschen werden den Arbeiter mehr als alle Strafbestimmungen, die leicht in chikanöser Weise angewendet werden können, zur nöthigen Vorsicht veranlassen.
Der Berliner Kalandshof. Unter dem Einflusse der neuen Zeit ist mancher Erinnerungsstein in Berlin verschwunden. Auch die Kalandsgasse ist mit ihren alten, verräucherten schmußigen Gebäuden der Kaiser- Wilhelmstraße zum Opfer ge fallen. Der Kaland oder die Elendsgilde war ursprünglich eine Vereinigung von Geistlichen und Laien, der selbst Frauen beitreten konnten und die den Zweck hatte, heimathlose, im Elend( d. h. im Auslande) lebende Menschen zu unterſtüßen; denn der Fremde genoß nicht den Schutz der Geseze, er war aller Unbill der barbarisch räuberischen Zeit ausgefeßt. Die Kalandsgilde entstand ursprünglich in Westfalen, der Berliner Kaland wurde unter dem Bischof Ludwig von Brandenburg 1343 gegründet. In der Nikolaikirche besaß er eine Kapelle und mehrere Altäre. Auch fehlten ihm diese in der Marienund Petrifirche nicht, was der Brüderschaft eine gute Einnahme ficherte und ihre Kasse füllte, die von einem Dechanten und zwei Kämmerern verwaltet wurde. Das Gildenhaus stand in der Klosterstraße und nach ihm besaßen die Kalandsgasse und der Kalandshof ihre Namen. Ob die Ausartung des Kalands, die sich in Völlerei und Sittenlosigkeit gezeigt haben soll, den Grund zu seiner Auflösung, die in die Zeit der Reformation fällt, gegeben hat, läßt sich nicht nachweisen, obgleich es glaublich erscheint. Jedenfalls war die Gilde nicht mehr zeitgemäß. Im Jahre 1548 überwies Kurfürst Joachim II. den Berliner Kalandshof den Kirchen- und Schuldienern als Dienstgebäude; doch erstand der Rath von Berlin 1698 das Haus für 2250 Thaler zum Zwecke einer Gefangenenanstalt, woher fich der Name„ das graue Elend" für die spätere Stadtvoigtei schreibt.
Den Organen des Polizeipräsidiums ist es vorgestern in den Abendstunden gelungen, etwa 8000 Eremplare eines sozialdemokratischen Flugblattes mit der Ueberschrift: ,, Arbeiter, Bürger!" und dem Schluß: Doch die internationale, revolutionäre Sozialdemokratie!" abzufangen und mit Beschlag zu belegen. Die Nordd. Allg. 3tg.", der wir diese Notiz entnehmen, bemerkt herzu:„ Die Sprache des Aufrufs giebt der des Organs der deutschen Sozialdemokratie, deren Vorstand bekanntlich die jeweilige sozialdemokratische Fraktion des Deutschen Reichstags ist, des in der Schweiz erscheinenden Sozialdemokrat" an Unfläthigkeit und Aufreizung nichts nach. Daß das Blatt auf Grund des Sozialistengeseẞes verboten werden wird, ist selbstverständlich." Die Ansichten über Unfläthigkeit" und Aufreizung" find auf dieser bösen Welt sehr verschieden, was dem Einen unfläthig" und aufreizend" er scheint, ist bei dem Andern vielleicht der Ausdruck fiefinnerer Erregung. Wir kennen das Flugblatt weder der Form noch dem Inhalt nach, können also mit der Nordd. Allg. 3tg." darüber nicht streiten.
Haussuchung. Bei dem Schriftseßer Herrn Emil Bley, Bandelstr. 24, wurde gestern Morgen gegen 18 Uhr eine polizeiliche Haussuchung nach verbotenen Schriften abgehalten. Gefunden wurde nichts, doch wurde je ein Eremplar der beiden bisher erschienenen Hefte der Internationalen Bibliothek" in polizeiliche Verwahrung genommen.
Ein junger Seefahrer, Namens D., welcher sich hier bei seinen in der Elisabethstraße wohnenden Angehörigen zum furzen Besuche aufhält, ging in der Nacht mit feinem ihm gleichaltrigen Bruder und seinem Vater über die Dranienbrücke, als vier Männer auf sie zu kamen und sie in ganz unverschämter Weise anrempelten. Ohne irgend eine Veranlassung fielen fo dann die Kerle über den jungen Seefahrer her und es entstand ein Handgemenge, wobei von den Rowdies versucht wurde, einen oder den anderen der Angegriffenen über das Geländer ins Waffer zu werfen. Als dies nicht gelang, griffen sie anscheinend zum Messer, denn sämmtliche drei Angefallenen, befonders aber der Seemann , erhielten scharfe Wunden und mußten, blutüberströmt, die Hilfe der Sanitätswache in der Adalbertstraße nachsuchen. Der Seefahrer, ein Steuermann, befindet sich noch in sorgfältiger Behandlung des Geh. Sanitäts
Immer neue Aufmerksamkeiten und Ueberraschungen wußte die junge Frau für ihren Gemahl zu erfinnen ihre Perihre Perfon, ihr Wesen, ihr Thun und Lassen war so reizend, daß dieser fie sechs Jahre nach der Hochzeit noch eben so innig liebte, wie in den ersten Tagen, nachdem sich Beide zum
ersten Male gesehen hatten.
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Nur in zwiefacher Hinsicht ließ sie ihrer Neigung viel leicht zu weit die Bügel schießen sie hatte nämlich eine unbegrenzte Vorliebe für das Theater und für falschen
Schmuck.
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Ihre Freundinnen fie kannte die Frauen einiger Subalternbeamten schenkten ihr sehr häufig Billets zu Vorstellungen von Stücken, die besonders gefallen hatten häufig erhielt sie sogar Billets zu Premieren und dann nöthigte sie ihren Gatten, ob er nun wollte oder nicht, mit ihr das Theater zu besuchen. Für ihn, der von der Tagesarbeit Abends müde und matt nach Hause kam, hatte aber der Theaterbefuch nichts Unterhaltendes, sondern nur Abspannendes, deshalb bat er schließlich seine Frau, mit irgend einer sich von dieser wieder nach Hause begleiten zu lassen. Das war anfänglich nicht nach ihrem Geschmack; es schien ihr nicht schicklich, ohne den Gatten an einem öffentlichen Vergnügen Theil zu nehmen. Schließlich aber gab sie seinem Bitten und Drängen nach und er fühlte sich bei dieſem
Alle Welt fand sie entzückend und wurde nicht müde, sie zu loben. Alle, die sie näher fannten, waren darin einig, daß derjenige glücklich zu preisen sei, der sie als Weib heimführen werde und daß man eine bessere Wahl gar nicht Arrangement ordentlich wohl.
treffen könne.
Herr Lantin, der einen Posten im Ministerium des Innern befleidete und ein jährliches Gehalt von breitausend dieselbe und heirathete also das reizende Mädchen. fünfhundert Franks bezog, Vielt um ihre Hand an, erhielt Die Ehegatten lebten überaus glücklich mit einander. Die Grau verſtand es, das Hausweſen mit jo diperhafter Sparsamteit zurichten, daß sich die Gatten trotz des siemlich geringen
Neben der großen Vorliebe für theatralische Vorstellungen hatte sie noch die eine, sich zu schmücken und zu pußen. Ihre Toiletten waren, das mußte ihr Jedermann nachsagen, immer einfach und bescheiden, bewiesen aber, daß sie ausgezeichneten Geschmack besize. Ihre Grazie, ihre Anmuth ließen die Einfachheit der Kleider vergessen; man hätte fast fagen können, burch die Bescheidenheit in der Toilette kam ihr Wesen erſt recht zur Geltung, wie ſie andererseits jedem, auch
3. Jahrg.
raths N.; er wird seinen Urlaub nun zur Heilung seiner Verlegungen benußen müssen. Keiner der Uebelthäter konnte ers griffen werden, denn als Schußleute und Nachtwächter zur Stelle famen, waren sie verschwunden. In einer so lebhaften Gegend, wie jene des Dranienplates, sollte man wirklich nicht annehmen, daß derartige Erzesse ungeahndet sich ereignen könnten.
Auch Kunstwerke sind vor der Hand des Gerichtsvollziehers nicht sicher. Vier Bilder, die auf der Jubiläums- Kunstausstellung sich befanden, darunter zwei von größerem Umfange, find dem Schicksal der Pfändung anheimgefallen. Mit dem Siegel auf der Rückseite versehen, befinden sich die Gemälde augenblicklich im Gewahrsam der Akademie der Künste. Ein Maler aus Wien ist es, dem trop Apoll und der neun Musen die garstige Themis einen so bösen Streich gespielt hat. Wohl hatte der Künstler für seine Werke eine andere Medaille erhofft als das Siegel des Gerichtsvollziehers!
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Einer theilweise gewiß recht lehrreichen Verwechselung fiel, wie uns mitgetheilt wird, am Donnerstag Abend gegen 11 Uhr der Polizeiwachtmeister L. zum Opfer. Dieser Herr wollte um die angegebene Zeit sich nach seiner in der Straße V Nr. 9 belegenen Wohnnng begeben. Der Wachtmeister war im Hausanzug und in Hausschuhen. Als er vor sein Haus fam, forderte er den Nachtwächter, der gerade vor der Hausthür stand, in höflicher Weise auf, ihm das Haus aufzuschließen. Der Nachtwächter musterte den Wachtmeister von Kopf bis zu den Füßen, schlug dann die Bitte rundweg ab und erklärte den gestrengen Herrn Wachtmeister noch obendrein für einen Louis". Als der Wachtmeister darauf sagte, wer er sei und Daß er in dem betreffenden Hause drei Treppen hoch wohne, gab der Nachtwächter statt aller Antwort mit seiner Pfeife das Nothsignal. Eine Schußmannspatrouille, die zufällig vorüberging, arretirte nun in Gemeinschaft mit dem Nachtwächter den Vorgesezten. Auf dem Transport zur Wache ging es außer ordentlich derbe" zu, so oft der Wachtmeister betheuerte, daß er durchaus kein strafwürdiger Verbrecher, sondern der Polizeiwachtmeister 2. sei, wurden ihm Antworten zu Theil, die an De itlichkeit und vor Allem an, Fühlbarkeit" nichts zu wünschen übrig ließen. Vor der Thür des Polizeireviers angelangt, wurde geflingelt und als von einem Schußmann geöffnet wurde, gab der diensteifrige" Nachtwächter dem Herrn Wachtmeister einen Schubs", der nicht von schlechten Eltern gewesen sein soll. Auch auf der Treppe erging es dem Vorgesezten noch recht übel, es segte wenig respektvolle Worte aber desto mehr ,, Knuffe". Im Polizeibureau refognoszirte der dort anwesende Wachtmeister Herrn L. sofort als seinen Kollegen. Man kann sich das Entseßen der drei verblüfften Arme der Gerechtigkeit" vorstellen, die diesmal mit ihren sonst so beliebten ,, Bartheiten" an den Unrechten gekommen waren. Der Wachtmeister hat die Affäre höheren Orts gemeldet.
Bewegung der Bevölkerung Berlins nach den Veröffentlichungen des statistischen Amts der Stadt. Die fortgeschriebene Bevölkerungszahl betrug am 23. Oktober inkl. der nachträglichen An- und Abmeldungen 1 352 059, hat sich dem= nach gegen die Woche vorher um 4042 Seelen vermehrt. In der Woche vom 24. bis 30. Oktober wurden polizeilich ge= meldet 6117 zugezogene, 2174 fortgezogene Personen; standesamtlich wurden 484 Chen geschlossen. Geboren wurden 832 Kinder, und zwar lebend: 382 männliche, 419 weibliche zusammen 801( darunter 90 außereheliche), todt 17 männ liche, 14 weibliche, zusammen 31( darunter 6 außereheliche) Kinder. Die Lebendgeborenen, aufs Jahr berechnet, bilden 30,9, die Todtgeborenen 1,2 pro Mille der Be völkerung, die außerehelich Geborenen 11,54 pCt. aller in der Woche Geborenen, davon die bei den Lebendgeborenen 11,23, die bei den Todtgeborenen 19,35 pCt. In der fgl. Charitee und Entbindungs- Anstalt wurden 28 Kinder geboren. Gestorben ( ohne Todtgeborene) find 549, nämlich 302 männliche, 247 weib liche Personen. Von diesen waren unter 1 Jahr alt 175( inkl 34 außereheliche), 1 bis 5 Jahre 84( inkl. 5 außerheliche), 5 bis 10 Jahre 20, 10 bis 15 Jahre 7, 15 bis 20 Jahre 8, 20 bis 30 Jahre 36, 30 bis 40 Jahre 48, 40 bis 60 Jahre 78, 60 bis 80 Jahre 76, über 80 Jahre 17. Die Sterbefälle beim Alter von 0 bis 5 Jahren machen 47,19 pCt. sämmtlicher in dieser Woche Gestorbenen aus. Von den im Alter unter 1 Jahr gestorbenen Kindern starben 65 im ersten, 31 im zweiten, 19 im dritten, 16 im vierten, 3 im fünften, 5 im sechsten, 36 im fiebenten bis zwölften Lebensmonate; von denselben waren ernährt 42 mit Muttermilch, 2 mit Ammenmilch, 64 mit Thiermilch, 5 mit Milchſurrogaten, 27 mit gemischter Nahrung, von 35 war es unbekannt. Todesursachen waren besonders: Lungenschwindsucht( 65), Lungenentzündung( 32), Bronchialkatarrh( 11), Kehlkopfentzündung
verlieh durch die Art, wie sie ihn trug. Aber sie hatte auch die Gewohnheit, in den Ohren große geschliffene Rheinkiesel zu tragen, welche die Stelle echter Diamanten einnehmen follten; fie trug ferner Halsketten aus unechten Perlen,
Simili- Armbänder und Kämme, die in Ermangelung echter Steine mit nachgemachten, mit bunten, schimmernden und geschliffenen Glassplittern befeßt waren.
Ihr Gatte machte sich häufig über ihre Vorliebe für
derartige Sächelchen lustig und wiederholte ihr öfters:
,, Liebes Kind! Wenn man nicht die Mittel hat, sich echten Schmuck zu kaufen, dann läßt man es überhaupt ganz bleiben und zeigt sich öffentlich mit nichts Anderem ge
die
schmückt, als mit seiner natürlichen Schönheit und Anmuth. Die befizest Du und die sind glaube es mir schönsten und zugleich die seltensten Schmucksachen."
Sie lächelte dann stets und sagte: Was willst Du? Ich liebe es nun einmal. Ich weiß, daß es ein Fehler ist; ich weiß auch, daß Du durchaus Recht haft aber man tann sich doch nun einmal nicht ändern. Ich bin in diese Schmucksachen ganz vernarrt!"
Und dabei ließ sie die Perlen der Ketten durch die Finger gleiten, ließ die Fazetten der Steine leuchten und ,, Aber nun sie einmal, strahlen und rief entzückt: wie herrlich, wie täuschend ähnlich das gemacht ist! Man möchte wahrhaftig darauf schwören, daß die Steine echt find."
Dann lächelte er wieder und meinte nur: Du hast den Geschmack einer 3igeunerin."
Buweilen schleppte sie, wenn sie einen Abend gemüth
lich zu Hause verbrachten, den mit Leder überzogenen großen Kasten herbei, der„ das Galanteriewaarengeschäft", wie Lantin die Schmucksachen nannte, enthielt, und breitete die einzelnen Gegenstände auf dem Tische aus, an dem sie gemeinschaftlich den Thee einnahmen. Dann betrachtete sie ihren falschen Schmuck so aufmerkſam, dann musterte sie ihn mit solcher faſt leiben
Einkommens eigentlich doch nichts zu versagen brauchten. Idem einfachsten Gegenstand einen besonderen Reiz und Werthschaftlicher Sorgfalt, als empfinde sie dabei ein tiefes, inniges