Derzeichnet stand. Hierauf stellte Redner die Anfrage, ob es gestattet sei, die Behandlung, welche ihm bei seiner Vernehmung von dem Kommissar Engel   zu Theil wurde, zu erwähnen. Der Präsident gestattete dieses mit dem Bemerken, wenn dieses auf feine Vertheidigung Bezug habe. Hopp erzählt ungefähr fol­gendes: Als er auf dem Polizeiamte seine Aussagen machte und erklärt hatte, wie er in die Richter'sche Wirthschaft ge­fommen sei, habe ihm der Kommissar erwidert, daß das von ihm Erzählte doch nur alles erlogen sei. Auf diese Bemerkung hin will sich der Angeklagte eine beffere Behandlung ausgebeten und erklärt haben, daß ihm eine solche Behandlung etwas Un­gewohntes sei, worauf Engel gesagt haben soll, daß er alsdann der erste sein wolle, der ihn so behandelte, und auch derjenige, der für seine Bestrafung Sorge fragen werde. Seine Braut, welche erst 2 Monate aus dem Wochenbette war, soll der Herr Kommiffar wegen Verdachts der Mitwissenschaft inhaftirt haben. Den Ausführungen des Angeklagten folgte aus dem Zuhörer­raum ein schallendes, vielstimmiges Bravo, worauf die Tribüne geräumt wurde. Rassow und Stein sprachen noch etwas zu ihrer Vertheidigung und kritisirten ebenfalls das Vorgehen des Kommissars Engel. Da die übrigen Angeklagten nichts mehr anzuführen hatten, zog sich der Gerichtshof zur Berathung zurück und verkündete nach ca. halbstündiger Berathung folgendes Urtheil: Die Angeklagten Saß, Thomas, Jensen, Knuth, Hei­drich, Hopp und Rassom   werden wegen Vergehens gegen die $ 8 129 des Str.-G.-B. und 19 des Sozialistengefeßes zu je 12 Monaten Gefängniß, Wede wegen derselben Vergehen zu 13 Monaten Gefängniß und Stein wegen Vergehens gegen $ 129 zu 2 Monaten Gefängniß verurtheilt. Der Präsident führte aus, daß der Gerichtshof wohl die Ueberzeugung gewonnen habe, daß eine geheime Verbindung bestehe, nicht aber fonnte das Gericht sich davon überzeugen, daß deren Dasein, Verfassung und Zweck geheim gehalten werden sollte. Ebenfalls hält der Ge richtshof die Angeklagten der ,, Verbreitung verbotener Schriften" für schuldig und zwar die ersten sieben zu 2 verschiedenen Malen, Wede hingegen zu 3 verschiedenen Malen und Stein zu einem Male. Die Verbreitung verbotener Schriften beziehe fich mit Ausnahme bei Wede nur auf den Sozialdemokrat". Wede hingegen habe auch die Broschüren Marseillaise  " und Vorwärts" verbreitet. Die Angeklagten sind somit wegen Theilnahme an einer Verbindung und wegen Verbreitung ver­botener Schriften bestraft worden. Der Gerichtshof hatte zu gleicher Zeit beschlossen, die Haft sämmtlicher Angeklagten vor­läufig aufzuheben, wogegen der Herr Staatsanwalt Groschuff protestirte. Er hob hervor, daß man Kückelhahn nur mit großer Mühe zur Verbüßung seiner Strafe heranziehen konnte. Paß­burg, der in derselben Sache verurtheilt wurde, sei heute noch nicht aufzufinden. Gegen die Ausführungen des Staatsan­walts protestirte Dr. Türkheim. Der Gerichtshof reduzirte hierauf seinen Beschluß dahin, daß nur Stein vorläufig auf freien Fuß zu setzen sei.

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Politische Uebersicht.

Zur Praris der Versammlungsgenehmigungen. Der zweite Vorsigende das Fachvereins sämmtlicher im Drechsler­gewerk beschäftigten Arbeiter" war zum Sonntag, den 14. No­vember, auf das Polizeipräsidium geladen worden, weil er um Mittheilung der Gründe gebeten hatte, aus denen eine für den vorhergehenden Sonntag geplante Versammlung nicht ge­nehmigt worden war. Bestimmte Eröffnungen wurden dem Vorsitzenden nicht gemacht, dagegen wurde mehrfach angedeutet, daß man Sonntagsversammlungen überhaupt nicht wünsche. Ist dieser Bescheid zutreffend, so wäre für die Fachvereine vorläufig das beste, den Sonntag nicht zum Versammlungstag zu bestimmen. Andrerseits aber machen es viele Umstände für die Arbeiter nothwendig, gerade des Sonntags zusammen zu kommen geborene Faullenzer mögen ja in der Woche immer Zeit haben, für die Arbeiter trifft das aber nicht zu. Ferner hat das Polizeipräsidium wohl das Recht, die Gründe der Nichtgenehmigung einer Versammlung zu verschwei­gen, aber es hat nicht das Recht, darum aus ganz beliebi gen Gründen die Genehmigung zu versagen. Das Polizei­präsidium ist auch hier an die gefeßlichen Vorschriften gebunden und es ist uns kein Gesetz bekannt, welches Sonntagsversamm lungen verhindern sollte. Leider wird eine Beschwerde hier nichts helfen, da nicht nachzuweisen ist, daß eine Versammlung lediglich des Sonntags wegen" versagt wurde.

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Eine ,, geheime Verbindung" der Sozialisten nach­auweisen, ist den Gerichten auch in Altona   trotz aller Be­mühungen nicht gelungen( vergl. Gericht). Dadurch werden sich aber die Behörden von dem Wege nicht abschrecken lassen, den sie seit den Kieler Verhaftungen und dem Chemniger Sozialistenprozeß konsequent verfolgt haben. Neuere Ver­haftungen weisen zur Genüge darauf hin, daß ein paar Miß­erfolge die Hoffnung auf einen endlichen Erfolg durchaus nicht beseitigt haben. Man darf sich also auf weitere Haussuchungen und Verhaftungen ar alla Drten gefaßt machen.

Auch bei den Bucauer Verhaftungen scheint ein De­nunziant im Spiele zu sein. So äußerte in einer Reſtauration ein gewiffer Krause, der aus Berlin   ausgewiesen ist und von

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nicht zum Aeußersten! Ich sage Dir, er ist ein Ver­brecher, ein Meuchelmörder! In Gemeinschaft mit einem anderen weggejagten Patron hat er den jungen Baron von Brandenstein ermordet, und ist er bereits in festen Gewahr sam gebracht!"

Die Farbe auf Helenens Gesicht hatte jäh gewechselt und sie mußte für einen Moment nach der Lehne des neben ihr stehenden Sessels greifen, um sich aufrecht zu erhalten; ihre Augen aber hingen noch immer furchtlos an denen des Baters.

,, So hat man Dich belogen, Papa," sagte sie. Thue mit mir, was Du willst, aber ich kann nichts anderes sagen, als es ist eine Lüge!"

genommen!"

,, Aber ich sage Dir ja, man hat ihn schon gefangen ,, Und wenn man ihn bereits verurtheilt hätte, ich würde der ganzen Welt dasselbe in's Gesicht rufen!"

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Der Oberförster kämpfte mit sich selbst, um seine Ruhe zu bewahren. Glaube, was Du willst," sagte er dann kurz und rauh. Jedenfalls aber wirst Du ein­fehen, daß niemals ein lebendiges Wesen erfahren darf,

früher her fich durch gehässige Verleumdungen von Reichstags­abgeordneten einen traurigen Namen gemacht hat: Sch fann es Niemand verdenken, wenn er sich dadurch 10 Jahre Bucht­haus vom Halse schaffen kann, wenn er dafür 20 oder 30 Andere hineinlegt." Bei derselben Gelegenheit erklärte dieser saubere Patron: Ich werde dafür sorgen, daß inner­halb 14 Tagen der Belagerungszustand über Magdeburg   er flärt wird." Natürlich sind solche Redensarten nichts als eitel Prahlerei, aber sie lassen doch auf die Niedrigkeit der Ge­finnung eines solchen Individuums schließen und es bleibt nur zu bedauern, daß es immer wieder Arbeiter giebt, welche solchen mehr als zweifelhaften Subjekten Gehör schenken und sich von ihnen mißbrauchen lassen.

Pöbelhaft. Die ultramontane Germania  " bringt aus Mühlheim   a. Rh. folgende Notiz:" Eine andere auffallende Erscheinung sind auch jezt die vielen Diebstähle hier im Kreise und zwar vielfach bei kleinen Leuten; man stiehlt ihnen die Kleider u. dergl., die wenig Werth haben. Wir vermuthen, daß dies von Sozialisten geschieht, um die niederen Maffen in Bewegung zu seßen." Müssen die Sozialisten auch so manche Niederträchtigkeiten und Verleumdungen seitens der Gegner über sich ergehen lassen, so hatten wir doch die Meinung, daß unsere Gegner fich wenigstens von derartigen Sudeleien freihalten würden. Es scheint ihnen aber jede Ge meinheit recht zu sein, wenn sie den Sozialisten gilt.

Sozialistisches. Nicht nur in Berlin  , im ganzen Reiche weht jetzt ein ungemein scharfer Wind gegen die Sozialisten. In Leipzig   sind abermals zwei Sozialdemokraten, der Schriftseger Franz Xaver Hopfner aus Donauwörth   und der Eisendreher Carl Wilhelm Berger aus Markranstädt  , auf Grund des Sozialistengesetzes aus der Stadt und dem Bezirke der Amtshauptmannschaft ausgewiesen worden. Beide haben nach Verbüßung einer ihnen wegen Verbreitung sozialdemo­fratischer Druckschriften zuerkannten Gefängnißstrafe den Bann­bezirk verlassen. In Dresden   und Striesen   fanden am vergangenen Freitag Haussuchungen nach verbotenen sozialistischen   Schriften statt, welche resultatlos verliefen.- Eine Versammlung in Erfurt  , in welcher Dr. Schönlant reden wollte, wurde vorher verboten. In Großenhain  hat dagegen der Reichstagsabg. Singer in einer Volksver­sammlung gesprochen. Dieselbe verlief durchaus ordnungs­gemäß.

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Stimmenfälschung in Lauenburg  . Die Frivolität, mit der bei der jüngsten Reichstagsnachwahl in Lauenburg   von fonservativer Seite vorgegangen worden ist, war durch den famosen Fall France   hinlänglich charakterisirt worden. Aber damit noch nicht genug. Das Bild wird noch durch folgenden Zwischenfall vervollständigt, der zu einer gerichtlichen Unter­suchung geführt hat. Der Gutspächter Delstein aus Goldberg war, wie der Hamb  . Korr." berichtet, zum Wahlvorsteher für den Bezirk Niendorf a. d. Strecknig in Lauenburg   defignirt. Das Wahlresultat ergab die Majorität für Herrn Graf v. Bern­storff, Kandidat der konservativen Partei. Da der Bezirk und die Zahl der Stimmen sehr gering waren, fonnte man leicht ermitteln, daß eine Fälschung vorgekommen sein müsse. Eine Untersuchung ergab denn auch, daß der Wahlvorsteher Delstein 5 für Moltenbuhr, Kandidaten der sozialdemokratischen Partei und 1 für Herrn Kammerrath v. Berling abgegebene Stimme aus der Wahlurne genommen und dafür 6 Stimmen für von Bernstorff hineingelegt hatte!! Auf Grund des§ 108 des Str.­G.-B., welcher die abfichtliche unrichtige Herbeiführung eines Wahlresultats mit Gefängnißstrafe von einer Woche bis ein Jahr belegt, wurde der geständige Angeklagte zu zwei Monaten Gefängniß verurtheilt. Zur Brieffälschung und versuchten Bestechung hat man also auch noch die Stimmen fälschung hinzugefügt. Die Konservativen in Lauenburg   scheinen ein sehr weites Gewissen zu haben.

Das neue Reichsdefizit. Die Freis. 3tg." schreibt: Das neue Reichsdefizit beziffert sich, wie sich aus den jest vollständig veröffentlichten Abschlußzahlen zu dem neuen Etatsentwurf er­giebt, auf nicht weniger als 33 176 541 M. Um diese giebt, auf nicht weniger als 33 176 541 M. Um diese Summe sollen also die Matrikularbeiträge, welche sich nach dem legten Etat auf 138 443 000 m. beliefen, erhöht werden. Das Defizit stellt sich somit noch erheblich höher heraus, als dasselbe früher veranschlagt wurde. Den Hauptantheil an demselben hat der Verfall der Rübensteuer mit im ganzen ca. 13 Mil­lionen Mark. Dieser Verfall der Rübensteuer hat theils das große Defizit pro 1885-86 veranlaßt, welches durch den neuen Etat gedeckt werden muß, theils die Mindereinnahme an Rüs bensteuer im neuen Etatsentwurf. Die zweite Ursache des Defizit liegt in der Erhöhnng der fortdauernden Ausgaben der Militärverwaltung im Betrage von 6 416 813 M. und der fortdauernden Ausgaben der Marineverwaltung im Betrage von 1 237 007 M. Dazu kommt alsdann ein höherer Zinsbedarf der Reichsschuld von 1617 000 M. und ein Mehrbedarf der Pensionsausgaben, wesentlich infolge des neuen Penfionsgefeßes, von 2494 705 M. Hierzu tritt ein höherer Betrag der einmaligen Ausgaben der Militärverwaltung, welcher aus laufenden Mitteln gedeckt werden soll, und dessen Betrag die offiziösen Ziffern noch nicht genau erkennen lassen. Im ganzen verlangt die Militärverwaltung im Extraordinarium

mehr, gegen das Vorjahr 17 155 463 M., was also mit Hinzu­rechnung des Mehrbedarfs für fortdauernde Ausgaben von 6 416 813 M. einen Mehrbedarf der Militärvere waltung im ganzen von ca. 24 Millionen Mark im neuen Etat darstellt. Abgesehen von der Erhöhung der Matrikularbeiträge um 33 176 541 m. vermindert sich zu Un­gunsten der Einzelstaaten auch noch der Betrag der Herauss zahlungen aus Steuern an dieselben um ca. 2 Millionen Mark infolge Rückgang der Einnahmen an Börsensteuer, welcher nur zum halben Betrag durch Mehreinnahmen aus anderen Stempel steuern und der Tabaksteuer gedeckt wird.

Ein deutscher Chauvinist. Der nächste deutsch  - französ fische Krieg. Eine militärisch- politische Studie von C. Roett schau, Oberst lieutenant a. D.," lautet der Titel einer eben erschienenen Schrift, die selbst der Köln  . 3tg." zu mords patriotisch erscheint. Der Krieg ist nothwendig! Das ist das ceterum censeo des Herrn Koettschau, welches sich wie ein rother Faden durch sein Buch hindurchzieht; um so begieriger ist man, die Begründung dieser Ansicht zu finden. Wieder und wieder haben wir die Schrift durchgelesen, ohne auch nur dem Versuch einer solchen Begründung zu begegnen. Doch nein­wir wollen nicht ungerecht sein Herr Koettschau hält die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches für ein Wunder, und wir könnten von unseren Nachbarn in West und Ost nicht vers langen, daß sie das bei uns vorgegangene Wunder so ohne weiteres anerkennen sollten! Es ist nur recht und billig", fährt er dann wörtlich fort, daß wir über unser Deutsches Reichsauferstehungswunder noch eine zweite deutliche Quittung ausstellten, und diese wird der noch zweifelnden Welt um so glaubwürdiger vorkommen, wenn sie gleichzeitig an meh rere Adressen versandt wird." So die Beweisgründe des Herrn Koettschau dafür, daß der Krieg in unseren Interessen liege", daß wir eines neuen deutsch  - französischen Krieges bedürfen"; dieselben werden nach altem Rezept durch Wortschwall ersetzt. Run, uns fann das Geschreibsel des Herrn Oberstlieutenants am Ende sehr gleichgiltig sein. Aber daß das Buch jetzt viel genannt wird, wirft ein äußerst scharfes Licht auf die Heuchelei unserer deutschen   Chauvinisten. Welch ein Sturm der Ent rüstung wäre in allen deutschen   Blättern ausgebrochen, wenn ähnliche Kriegsdrohungen jenseits des Rheins erklungen wären. Wie hätte die gutgefinnte" Presse getobt und wieviel falte Wafferstrahlen hätten die Offiziösen nach Paris   versenden müffen. Die französische   Regierung scheint die deutschen Des roul- de's viel weniger ernst zu nehmen und das darf wohl als Beweis betrachtet werden, daß sie den Frieden ernstlich er halten will.

Zu den Polenausweisungen. Wie man dem Graudenzer Gesellig." aus Strasburg   schreibt, ist in dortiger Gegend fürz lich ein Mann polnischer Nationalität, aber nichtpreußischer Staatsangehörigkeit ausgewiesen worden, nach- und trotzdem derselbe seiner Militärpflicht in Preußen genügt hat. Derselbe soll nunmehr die Absicht haben, gegen die Militär behörde einen Entschädigungsprozeß anhängig zu machen, indem er behauptet, die Militärbehörde sei in diesem Falle auch nicht berechtigt gewesen, ihn zur Militärpflicht heranzuziehen und ihn um drei volle Jahre seiner Erwerbsthätigkeit zu schädigen. Nach Ansicht des Gesellig." steht dieser Rechtsanspruch auf sehr schwachen Füßen, entbehrt jedoch immerhin in seinem Aus gange nicht jedes Interesses.

Ueber den Selbstmord des Sozialisten Schneider Schäfer in Frankfurt   a. M. haben wir schon berichtet. Es drängen sich dabei übrigens allerlei Gedanken auf, welche auch schon an verschiedenen Stellen Ausdruck gefunden haben. Es wird in den Blättern immer von einem Schußmann ge sprochen, der Haussuchung gehalten habe. Das ist bis jest niemals üblich gewesen; es waren bei einer Haussuchung immer mehrere Beamte. Und was hatte eine Haussuchung für einen Zweck bei jemandem, der eben aus der Untersuchungshaft ent lassen worden war? Bei den übrigen Inhaftirten wurde die Haussuchung vorgenommen, während sie sich in Haft befanden. Nach einem anderen Berichte sollte der Schußmann dem Schäfer nur eine Vorladung bringen. Mit welchem Rechte dann aber der Schußmann dem Schäfer Papiere aus den Händen geriffen hat, ist ganz unerfindlich. Hat der Schußmann, gleichviel zu welchem Zwecke er in die Wohnung des Schäfer gekommen ist, diesen am Ende durch unmotivirte Drohungen erschreckt, hat gar ein Kampf um die Papiere stattgefunden? Das sind Fragen, welche dringend der Aufklärung harren, und diese Aufklärung bald zu geben, dazu ist die Polizeibehörde von Frankfurt   a. verpflichtet.

M.

Von Herrn Jens Christensen erhalten wir mit der Bitte um Aufnahme folgende Buſchrift: Plauen   i. V., Strafe gefängniß, den 16. November 1886. In Ihrem Bericht über die am vorigen Freitag in der Tonhalle abgehaltene Versamm lung( Nr. 267 des Volfsbl.") befindet sich ein Saß, der ge eignet ist, auf mehrere meiner Berliner   Freunde ein recht eigen thümliches Licht zu werfen, und den ich daher nicht unberichtigt lassen darf. Nach dem Bericht soll nämlich Herr Flatom von mir behauptet haben: meiner Thätigkeit sei es zu verdan ken, daß durch den Herrn Thring- Mahlow, nicht Arbeiter zu Greuelszenen provozirt worden sind". Diese " Papa, was hast Du vor? Du willst mich doch eines einzigen Blickes, um sie gleich wieder zu erkennen. nicht fortschicken?" Mit einem Aufschrei eilte sie auf Elsbeth zu und ergriff " Du fährst heute Abend mit dem Kourierzuge nach ihre beiden Hände. Ich will es Wien   zu meiner Kousine! Kein Wort!- so, und dabei bleibt es!"

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Jeht erst brachen die Thränen aus Helenens Augen

und flehend hob sie die Hände empor.

,, Papa, das kann Dein Ernst nicht sein! Du bringst mich zur Verzweiflung, Du machst mich wahnsinnig!- Ich fann jetzt nicht gehen!"

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Du wirst gehen, und wenn ich Dich mit Gewalt fort­Spare Dir darum die Worte!- bringen lassen sollte! Wir sind fertig!"

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In diesem Augenblick wurde schüchtern an die Thür geklopft, und auf des Oberförsters barsches Herein" er­schien in großer Verlegenheit die Haushälterin auf der Schwelle.

Der Herr Oberförster werden verzeihen," sagte fie, aber es ist eine junge Dame draußen, die das gnädige Fräulein sprechen möchte!"

Meine Tochter ist heute für Niemanden zu sprechen! Sie sei mit den Vorbereitungen zu ihrer Abreise beschäftigt, wieder!"

Pelene on Ruggenhagen habe mit einem Menschen, ſagen Sie der Dame! Und stören Sie uns damit nicht,

ben man auf Verdacht des Mordes gefangen nehmen fonnte, Worte gewechselt! Du wirst in all Deinem Leichtsinn nicht vergessen, daß Du die Tochter eines Edel­mannes bist!"

"

Und so wollte ein Edelmann demjenigen danken, der mir das Leben gerettet hat?"

Die Hände des Oberförsters ballten sich. Mädchen, bringe mich nicht dazu, zu wünschen, daß er es nicht gethan hätte! Ich habe es ertragen, daß Du mich gekränkt, belogen und beleidigt hast; aber bei Gott, ich würde Dich lieber umbringen, als daß Du vor den Augen der Welt einen Fleck auf meinen Namen bringen dürftest!"

" Für einen Unschuldigen einzutreten, kann Dich und mich nicht entehren, Papa!"

Genug der Thorheiten! Du kennst meine Meinung! Geh' jetzt und packe Deine Sachen!"

Die Haushälterin wollte gehen, aber hoch aufgerichtet und mit blißenden Augen rief ihr Helene zu:

,, Bleiben Sie! Ich will die Dame sprechen und es fann nicht im Ernst meines Papa's Absicht sein, mich daran verhindern zu wollen!- Sagen Sie ihr, daß ich sie erwarte!"

3weifelnd blickte die Dienerin auf den Oberförster. Als dieser kein Wort sagte, sondern seine Tochter nur mit weit aufgerissenen Augen anstarrte, als sei plöglich eine wunder­bare Verwandlung mit ihr vorgegangen, entfernte sie sich schweigend, um Helenens Auftrag auszurichten.

Selbst wenn er die Absicht dazu gehabt hätte, wäre ihm keine Zeit geblieben, etwas zu erwidern, denn schon bei Helenens letzten Worten war Elsbeth in das Zimmer ge­treten. Nur bei ihrem einmaligen Besuche auf Schloß Brandenstein hatte Helene sie gesehen, aber es bedurfte nu

Ich habe ja gewußt, daß Sie es sein müßten!" rief fie aus. Dank, tausend Dank für Ihr Kommen! Und Sie D

sprechen Sie schnell!"

Elsbeth schüttelte traurig den Kopf und blickte verlegen auf den Oberförster.

Ich weiß nicht, Fräulein," sagte sie zögernd ,,, ob ich

vor Ihrem Vater

"

" Darf ich zunächst fragen, mit wem ich das Vergnügen habe?" tam der Oberförster der Antwort seiner Tochter zu vor. Er that, als tenne er das junge Mädchen nicht, das

beim alten Baron stets den Thee bereitete.

Ich heiße Elsbeth Werner. Mein Bruder war Ober­gärtner auf Brandenstein-"

,, Und befindet sich jest wegen Verdachts des Mordes in Untersuchungshaft. Ganz recht! Darf ich aber fragen, was das Alles mit meiner Tochter zu thun hat?"

äußersten Verwirrung. Auf Herrn von

Nuggenhagen's

Elsbeth zauderte mit der Antwort, denn sie war in Gegenwart war sie ja nicht gefaßt gewesen, und die mit­leidslose Härte seiner Worte beugte ihren Muth vollends

danieder.

( Fortsetzung folgt.)

Aus Kunst und Leben. Im Stadttheater finden am Freitag und Sonntag zwei Ertravorstellungen statt. Es geht das historische Schauspiel Philippine Welser  ", neu einstudirt, in Szene. Fräulein Joa Müller spielt die Titelrolle und Herr Franz Tragau hat die

Rolle des Erzherzog Ferdinand übernommen.

Im Eden- Theater hat sich die Poffen- Pantomime, Ranto", ausgeführt von der vorzüglichen Walton Troupe, als eine Pièce erwiesen, die durch ihre tolle und übermüthige Luftigkeit das und stets donnernden Beifall findet. Eine gleich hervorragende Bublifum in eine ununterbrochen fröhliche Stimmung verfest und sensationelle Nummer bildet die großartige Produktion der