Beilage zum Berliner Volksblatt.
Ur. 274.
Kongreß freier eingefchriebener und auf Brund landesrechtlicher Borfchriften errichteter Bilfskaffen.
III.
Gera, 15. November.
Der Kongreß tritt nunmehr in die Berathung der ges stellten Anträge ein und gelangt zunächst folgender Antrag zur Debatte: Der Kongreß wolle die Errichtung eines Reichsamtes für Krankenkassenwesen zur endgiltigen Entscheidung streitiger diesbezüglicher Fälle beantragen." Derfelbe ist von Krankenlaffenmitgliedern in Braunschweig , Hamburg , Altona gestellt. Derselbe wird trog einiger Bedenken, die dagegen geltend gemacht werden, schließlich einstimmig angenommen.
Der zweite von Gera und Dresden gestellte Antrag: Der Reichstag möge anordnen, daß die Einzelstaaten nicht Bestim mungen treffen können, welche den Vorschriften des Hilfs- bezw. Krantentafengesetzes zuwider laufen", wird ebenfalls nach kurzer Debatte angenommen.
Der nunmehr zur Verhandlung gelangende Antrag, von Hamburg , Baußen gestellt, lautet folgendermaßen: Veranlaßt durch die von zahlreichen Gerichten erlassenen Entscheidungen, nach welchen den dem§ 75 des Gesetzes vom 15. Juni 1883 genügenden Kaffen es fast unmöglich gemacht wird, irgend welche ftatutarische Bestimmungen zu treffen, um Simulation vorzubeugen, bezw. fonstatirte Simulation zu bestrafen, oder für die Folge wenigstens zu verhindern, beschließt der Kongreß, den Reichstag um möglichst genaue Erklärung darüber zu er suchen:
1. ob es den Ansichten des Reichstags entspricht, daß chronische Krankheiten, welche nach 13 wöchentlicher Dauer für einen oder einige Tage durch Arbeitsfähigkeit unterbrochen wer den, als geheilt zu erachten sind, so daß die sofort wieder an derselben Krankheit beginnende Arbeitsunfähigkeit als neue, von porn an zur Unterstügung berechtigende Krankheit zu be trachten ist;
2. ob Kaffen, welche statt freier Arznei und ärztlicher Be handlung des in Betracht kommenden Tagelohns gewähren, verpflichtet find, ihren Mitgliedeen während durch Krankheit bedingter Arbeitsunfähigkeit auch Bruchbänder, Brillen und ähn liche Heilmittel zu gewähren;
3. ob es den Kaffen gestattet ist, während des Krankengeldbezuges von Mitgliedern, welche den vom Arzt oder durch Statut vorgeschriebenen Anordnungen zuwiderhandeln, Geldstrafen einziehen zu können;
4. ob Ausschluß von Mitgliedern, welcher auf Grund ges feglicher, bezw. statutarischer Bestimmungen erfolgt, auch während der Krankheit eines Mitgliedes vorgenommen werden lann, und dann die Zahlung fernerer Unterstügung ausSchließt;
5. ob der Bezug von Krankengeld nicht abhängig gemacht werden kann von der Einreichung eines ärztlichen Attestes, welches die Arbeitsunfähigkeit des qu. Kranken bescheinigt."
Weise. Herr Heine begründet diese Anträge in ausführlicher Herr Kayser macht darauf aufmerksam, daß der Antrag in der Weise geändert werden müsse, wenn er Aussicht auf Erfolg haben solle, daß man den Reichstag auffordert, eine genaue Deflaration zu geben. So wie der Antrag jest lautet, ist er nicht empfehlenswerth, weil dadurch der Reichstag gewiffer maßen die ihm verfaffungsmäßig zustehenden Befugnisse überschreiten würde. Was darin gefordert werde, sei Sache der
Gerichte.
Der Antrag wird unter Vorbehalt der von Herrn Kayser empfohlenen redaktionellen Aenderungen angenommen.
Der nachfolgende, von Greiz gestellte Antrag: Mehr als einer dem Geseze vom 15. Juni 1883 genügenden Kaffe darf fein Versicherungspflichtiger angehören" wird mit großer Majorität abgelehnt.
Bu dem nachfolgenden, von Baußen gestellten Antrag: Der Kongreß wolle gefeßliche Bestimmungen beantragen, welche den Aerzten die durch Koalition erzwungenen ungewöhnlich hohen Gebührensäge verbieten", stellt Herr Baffle den Antrag, zur Tagesordnung überzugegen und motivirt er denselben damit, daß es den Aerzten ebensowohl freistehen müsse, so viel wie möglich zu verdienen, wie den Arbeitern.
Der Antrag Baffle wird angenommen.
Aus Cannstatt wird beantragt:„ Der Kongreß wolle den Reichstag ersuchen: 1. einheitliche Vollzugsbestimmungen für
das Krankenversicherungsgesetz aufzunehmen, wonach jährlich einmal die Beamten sämmtlicher Krankenkaffen eines Ortes zu
Eine rasche That.
Eine Geschichte aus dem Westen, erzählt von Auguste Groner .
Es war noch nicht lange her, daß mein Mann mich nach seiner Heimath, Nordamerika , gebracht hatte. Dort übte er seit einer Reihe von Jahren seine ärztliche Praxis. Bufrieden und angenehm lebten wir am Saume Cincinnatis, von dessen Lärm und Staub uns große Gartenanlagen trennten. Auch zu unserem Besige gehörte ein hübscher Garten, welcher bald mein Lieblingsaufenthalt Landessprache nur wenig mächtig war,
wurde.
Da ich der pflegten wir wenig Verkehr nach außen hin. Bald aber entdeckte ich mit Vergnügen, daß unsere Nachbarn deutsch Sprachen. Wir lernten einander näher kennen, und da wir manche gemeinsame Interessen hatten, wurde unser Verkehr Anfangs aus diesem Grunde, später aus herzlicher Sympathie ein sehr lebhafter.
Jane Leiton war weder schön noch geiftsprühend, aber so warmherzig und gemüthvoll, daß sie in dieser Beziehung alle meine Begriffe über die Herzenseigenschaften der
Dienstag, den 23. November 1886.
sammen zu treten haben, um Unzuträglichkeiten zu erörtern, und der Aufsichtsbehörde zwecks Abhilfe derselben Mittheilung zn machen."
Herr Grünwaldt( Hamburg ) beantragt dazu, den ersten Theil anzunehmen, den zweiten aber abzulehnen. Diesem wird entsprochen und demgemäß vom Kongreß beschlossen.
Ueber den nächsten Antrag( Greiz , Rothensal): Jede Bestimmung, welche die Aufnahme von Mitgliedern beschränkt, ist aufzuheben, d. h. es mögen jeder Kasse Aufnahmen neuer Mitglieder nach ihrem Ermessen gestattet sein" wird, nach ausführlicher Motivirung des Vertreters von Greiz , welcher zur Sprache bringt, daß die dortige Behörde den Verwaltungen der freien Kaffen verboten habe, versicherungspflichtige Personen aufzunehmen, zur Tagesordnung übergegangen, jedoch mit der Bestimmung, daß das ganze Material der Greizer der Kommission zur Ausarbeitung der Denkschrift besonders zur Berückfichtigung empfohlen wird.
3. Jahra
fahr einer Verschleppung des Ansteckungsstoffes wesentlich ver mehrt.
Eine Entschädigungssumme von 18 000 Mark foll, wie hiesige Blätter nach den Potsdamer Nachr." irrthümlicher weise melden, der Wittwe des im August in der Zentralmarkt halle verunglückten Fleischermeister Heinrich Lippelt aus Glie nicke bei Hermsdorf vom Kuratorium gezahlt werden. Die„ Allgemeine Flsch.- 3tg." schreibt hierzu: Wir sind von zuständiger Seite autorifirt, diese Meldung als durchaus unrichtig zu be zeichnen. Wir haben bereits früher mitgetheilt, daß die vom Staatsanwalt in dieser Angelegenheit eingeleitete Untersuchung wieder eingestellt worden ist es liegt also eine rechtliche Verpflichtung des Kuratoriums zur Zahlung einer Entschädigungssumme teineswegs vor. Erfreulicherweise will aber das Kuratorium aus humanen Rücksichten auf die Bedürftigkeit der Betreffenden troßdem eine Unterstützung der Hinterbliebenen des Verunglückten eintreten lassen; wie die Verhältnisse in diesem Falle liegen, ist jedoch von einer fortlaufenden Unter
Um 6 Uhr tritt eine stündige Vertagung ein und soll alsdann die Sigung bis um 8 Ühr ununterbrochen weitergestüßung in kleinen Raten Abstand genommen worden, die zu führt werden.
Lokales.
Ueber die Benutzung der städtischen Desinfektionsanstalt Reichenbergerstraße 66 herrschen, wie die Voff. 3tg." schreibt, im Publikum trop der amtlichen Bekanntmachungen noch so irrige Anschauungen, daß es im Intereffe weitester Kreise geboten erscheint, aus sicherster Quelle noch einige Mittheilungen darüber zu machen. Bekanntlich hat die Anstalt den Zweck, in Betten, Wäsche, Kleidungsstücken, auch Schuhen, Stiefeln, Hüten, Belzen, in Gardinen, Vorhängen, Teppichen, Bettvorlegern, Polstermöbeln u. s. w. etwa vorhandene Ansteckungsstoffe, wie sie sich in Folge von Pocken, Cholera, Typhus, Flecktyphus, Schwindsucht, Scharlach, Diphtherie, Masern, Röteln, Rog u. s. w. im Krankenzimmer und an den in demselben befindlichen Gegenständen und auch den die Kranken pflegenden Personen ablagern, zu tödten und dadurch zur Uebertragung unschädlich zu machen. Im Publikum aber herrscht noch vielfach die irrige Meinung, als ob die Anstalt zur Reinigung im Sinne des Waschens oder einer Bettfeder reinigungsanstalt wirken soll. Die langjährige Erfahrung mit dem Desinfektionsverfahren, wie es in gleicher Weise wie in der neuen öffentlichen Anstalt im städtischen Krankenhause Moabit " in Anwendung gebracht wird, hat nun zwar gelehrt, daß besonders die Desinfektion von Betten ganz außerordent lich gute Resultate liefert, weil bei diesem Verfahren die Federn unberührt in den Inletten bleiben können und die Desinfeftion dennoch eine absolute ist; gleichwohl ist doch der Zweck der neuen Einrichtung nicht eigentlich der des Bettenreinigens, wenn wir auch unseren Hausfrauen nicht dringend genug rathen fönnen, in den so häufigen Fällen von Kinderkrankheiten, wie Keuchhusten, Diphtherie, Scharlach, Masern, Röteln, die Betten, Wäsche und Kleider sowohl der Kinder als der pflegenden Eltern und namentlich auch der Dienstboten einer Desinfektion zu unterziehen. Die bloße schriftliche Anzeige an die Verwaltung, bei welcher allerdings genaue Adreffe, Name, Stand, Wohnung, ( ob vorn, Hof und wie viel Treppen) angegeben werden muß, genügt, um dieselbe zu veranlaffeu, sofort den Anstaltswagen zur Abholung der Effekten zu schicken und 3-4 Stunden später find die Eigenthümer wieder im Befiz der desinfizirten Gegenstände. Der Preis von vier Mart pro Kubikmeter des Raumes, welchen die Sachen im Desinfektions- Apparate einnehmen, mag die manchem im ersten Augenblick etwas hoch erscheinen spätere Erfahrung wird ja auch hier sicher noch Aenderung bringen, wenn man aber bedenkt, daß hiermit auch der in und Rücktransport selbst für die weitesten Entfernungen bezahlt ist, und daß schon ein großes Quantum von Effekten mindestens zwei Stand Betten z. B., in einem Rubikmeter Raum untergebracht wird, so erscheint auch der Kostenpunkt nicht zu hoch gegriffen. Sicher wird die städtische Verwaltung auch bereit fein, den ärmeren Mitbürgern die Erstattung der Kosten durch Theilzahlungen zn erleichtern, um so auch diese im eigenen, wie im Intereffe der Allgemeinheit zur stärkeren Benuzung der wohlthätigen Einrichtung heranzuziehen. Wie uns mitgetheilt wird, ist übrigens die Benugung der Anstalt schon jetzt trop der Freiwilligkeit eine recht rege und und die Zahl der ausge führten Desinfektionen, obgleich die Anstalt erst zwanzig Tage im Betriebe ist, auf weit über 100 gestiegen. Unter den Krantheiten sind vorherrschend Diphtherie, indessen sind auch eine große Auzahl anderer Krankheitsfälle, Pocken, Scharlach, Masern u. f. w. gemeldet worden. Ganz besonders muß im Intereffe des Publikums noch darauf hingewiesen werden, daß es absolut verkehrt ist, die von Kranten gebrauchten Wäsche und Kleidungsstücke vor der Desinfektion zu waschen oder die selben gar, wie es leider vielfach geschieht, undesinfizirt an arme Leute zu verschenken. Gerade hierdurch wird die
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Se
Ihre Ehe war eine entschieden glückliche, wiewohl sie nicht unter den günstigsten Auspizien geschlossen worden war.
Leiton hätte Jane nach der Meinung seiner Sippe nicht heirathen sollen, da sie arm und von geringer Herkunft war. Sonst zum Widerstande wenig geschaffen, hatte ihn hier wahre Liebe start gemacht. Eines Tages stellte er seinen Eltern Jane als seine Braut vor. Die Mutter Robert Leitons, eine sanfte kränkliche Frau, hätte sie freilich gerne wie eine Tochter empfangen, doch wagte sie nichts gegen den Willen ihres Gatten zu thun.
Dieser, ein immens reicher Mann von großer politischer Bedeutung und hochgeehrt durch glänzende Würden, nahm Bedeutung und hochgeehrt durch glänzende Würden, nahm Sane kalt auf und entließ sie in einer Weise, die nur zu deutlich sagte, wie ein weiterer Verkehr mit ihr ihm unerwünscht sei. Voll Bitterkeit und Schmerz verließ das Brautpaar den hartherzigen Mann.
Roberts Liebe wußte allerdings die Schatten zu bannen, welche manchmal auf der Stirn seines Weibes lagen, und ihre innige, demüthige Hingabe an den Mann, der ihr ihre innige, demüthige Hingabe an den Mann, der ihr Elternliebe und Reichthum geopfert hatte, entschädigte ihn Elternliebe und Reichthum geopfert hatte, entschädigte ihn reichlich für das, was er niemals ein Opfer genannt. Sie waren einander alles, sie waren also glücklich.
Robert Leiton war Richter. Während er sein Amt versah, das Recht des Schwächeren wahrte, glänzende Reden
Amerikanerinnen über den Haufen warf, während ihre Klug- hielt und sein Ansehen von Fall zu Fall erhöhte, waltete
heit, ihr besonnenes Wesen und ihre unvergleichliche Ruhe, die ich Anfangs oft für Kälte uahm, ganz und gar diesen
Begriffen entsprach.
gewährende Bahlung wird auf Vermittlung des Gemeindevor standes von Glienicke eine einmnlige sein. Ueber die Höhe der Summe schweben noch die Verhandlungen; doch wird naturge mäß die Summe eine viel geringere ist; fie dürfte kaum ein Drittel der von der Zeitung so bereitwillig gewährten Summe betragen.
Ein rheinisches Fabrikäntchen", wie er sich selbst nennt, sendet uns folgende Warnung für das reisende Publikum: Vor einigen Tagen tam ich mit dem Kourierzug von Frank furt a. M. nach Berlin . Mein Waggon war gut geheizt und befand ich mich den Umständen nach sehr wohl. Am 19. d. mußte ich von Berlin nach Stettin fahren. Meine Geschäfte zwangen mich, den Frühzug, der Berlin um 6 Uhr Morgens verläßt, zu benußen. Ich war immer noch in der Erinnerung an mein gut geheiztes Koupee des Frankfurter Buges befangen und ließ daher meine Reisedecke in Berlin zurück. Diese ÜnIn dem Zuge vorsichtigkeit sollte ich jedoch bitter bereuen. herrschte eine wahrhafte Hundekälte, und als ich mich mit einer bescheidenen Anfrage an einen der dienstthuenden Schaffner wandte, erfuhr ich zu meinem Schrecken, daß ein Erlaß der Direktion die Heizung der Waggons bei einer Temperatur von 6 Grad Reaumur und darüber verbietet. In Folge deffen mußte ich wirkliche Herentänze in meinem Koupee aufführen, damit ich nur während der 3ftündigen Fahrt nicht ganz und gar erstarrte. Einen dauerhaften und ergiebigen Schnupfen Was ge habe ich von jener Tour troßdem davongetragen. schieht nun aber mit Frauen und Kindern und weshalb ver fährt man auf der Stettiner Bahn nicht mit derselben Koulanz, wie in Frankfurt a. M. und Hannover ? Wenn die Direktion nicht in der Lage ist, für eine ausreichende Heizung der Züge zu sorgen, weshalb wird dann das Publikum nicht davon in Kenntniß gesezt, damit es sich durch Wärmflaschen, Decken 2e. vor der Kälte schüßen kann?
"
Zu der sensationellen Affäre:„ Abenteuer eines Wacht meisters" erhält die Berl. 3tg." von dem mitbetheiligten Wächter Friedrich Schulz, Fruchtstraße 68, folgende Mittheis lungen. Herr Schulz schreibt: Da mein Zustand es bisher nicht erlaubte, mich aufzuregen, und mein Doktor es auch strenge verbot, so kommt mein Rapport etwas spät. Es war nicht so, wie der Herr Wachtmeister angab; ich befand mich in der Wrangelstraße, als ich ein übermäßiges Brüllen hörte, der Schall fam aus der neuen Straße 5. Als ich hinzukam in die Nähe des Ruhestörers, so daß er mich sehen fonnte, er aber das Schreien nicht unterließ, so verbot ich es ihm, worauf er mir antwortete: Halten Sie die Schn wenn ich Ihnen befehle, aufzuschließen, so thun Sie es." Da mir das zu keck war, forderte ich ihn auf, zur Wache zu kommen. Er meinte dann, daß er Wachtmeister fei. Ich wollte das nicht glauben und sagte:„ Ein Wachtmeister würde sich nicht so betragen"; trotzdem gingen wir zur Wache. Als wir nach der Wrangelstraße tamen, ward der Herr so heftig, daß er mit seinem Stock mir immer unter der Nase fuchtelte, ich bat ihn, das zu unterlassen und griff nach dem Stock. Er aber stieß mich vor die Brust und hieb mir verschiedene Male so muchtig über, daß ich schwindlig zur Seite taumelte, worauf ich die Nothpfeife nahm und der Wächter Kurz erschien. Ich faßte den Herrn beim Kragen, als er neuerdings immer wieder auf mich schlagen wollte, der Wächter Kurz parirte jedoch die Siebe ab, auch wollte Kurz ihm den Stock abnehmen, was indeß nicht gelang. Der Milchhändler Herr George, Cuvrystraße 10, kann dies bezeugen; sogar im Hausflur in der Wache fonnte er fich noch nicht mäßigen; da hat der Schußmann Gusom ihm wieder den Stock abparirt. Auf der Wache habe ich mich nicht aufgehalten; meinen Dienst fonnte ich auch nicht mehr versehen, da meine Schmerzen über hand nahmen; ich meldete mich daher krank und begab mich in ärztliche Behandlung, wo mein mich behandelnder Arzt die größte Gefahr befürchtete und jede, auch die geringste Auf
und mißmuthig heimkam, und tiefverstimmt theilte er eines Tages meinem Manne mit, daß sein Vater, welcher derzeit im Süden war, ihm nahegelegt hatte, sich von Jane zu trennen, um eine neue Ehe mit einer Dame schließen zu können, welche reich und schön sei und deren Verbindungen ihm eine rasche Karriere sicherten.
Jane erfuhr natürlich von alledem nichts, nur war Robert womöglich noch liebevoller und gütiger gegen sie als sonst.
Leiton hatte eine kleine Reise anzutreten. Ich saß, während Jane seinen Koffer packte, bei ihr in dem hübschen Salon, von dem aus man durch eine breite Glasthür, einige Stufen überschreitend, in den Garten gelangen konnte. Eben da fie fertig war und nur noch einige Kleinigkeiten neben den Koffer legte, darunter auch einen Revolver, wurde ich abgerufen.
Später, am Nachmittage, size ich in meinem Gartenhäuschen. Ich höre Nelli, so hieß die schwarze Dienerin bei Leitons, ihrer Herrschaft einen Herrn melden.„ Ralph Leiton!" sagte sie.
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Ich wußte, daß es ein Vetter Robert Leitons war, ein rauher, rücksichtsloser Mensch. - so hatte ich gehört Bald entwickelt sich ein leidenschaftliches Gespräch zwischen Robert und seinem jedenfalls unwillkommenen Gaste. Da
ich nicht indiskret sein wollte, war ich gezwungen, in bas Der Abend vereinte uns gewöhnlich in unserm der ihrem Haus zu gehen, weil ich im Garten jebes Wort horen
Garten und brachte den beiden, von ihren Berufspflichten ermüdeten Männern Gelegenheit, sich ihres häuslichen Glückes bewußt zu werden, und oft unterhielten wir uns
Ihr Mann war hübsch, lebhaft, ja haftig, von umfaffender Bildung und seltenem Thätigkeitsdrange. Mit den feinsten Manieren vereinbarte er ein fast frankhaftes Fein- stundenlang, fröhlich wie Kinder. gefühl, welches wieder ein Bedürfniß nach Anerkennung mit
fich brachte.
Das sollte anders werden!
fontne.
Eben da ich über die Schwelle trete, sagte Jane mit seltsam hart tönender Stimme:„ Jedes Ihrer Worte, Ihre Anwesenheit sogar ist schon eine Beleidigung für mich!" Ich höre nichts mehr, denn ich bin in meinem 3immer. Doch
Schon einige Male bemerkten wir, daß Leiton ernst ja, ich höre etwas!