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viren. Daß unter solchen Umständen am Billetschalter des Anhalter Bahnhofes Fahrkarten nach Station Schlachtensee verabfolgt wurden, ohne irgendwelche Mittheilung an die Paffagiere, daß fie nach der Station, nach welcher fie ihren reglementsmäßigen Fahrpreis gezahlt hatten, nicht gelangen könnten, muß billiger Weise Wunder nehmen. Eine amtliche Darstel lung des Unfalles fehlte bis jetzt noch. Dieselbe dürfte übrigens faum mehr enthalten, als das vorstehend Gemeldete." Anschluß hieran wird uns folgendes mitgetheilt: Um das Eisenbahngeleise wieder fahrbar zu machen, gab sich die dortige Eisenbahnverwaltung alle mögliche Mühe, am Sonntag Abend Arbeiter zu bekommen. Es war das nicht möglich und man mußte fich deshalb mit den disponiblen Hilfswärtern und Vorarbeitern behelfen. Weshalb aber bekam man keine Arbeiter? Weil man man höre und staune 20 Pf., fage zwanzig Pfennige am Sonntag Abend pro Stunde anbot! Da soll noch einer sagen, die Arbeiter erhielten keinen guten Lohn.
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Hohe Standesamtsgebühren hat die Neuguineafompagnie, unterzeichnet Die Direktion. A. von Hansemann, Vorsigender. ( L. S.) Herzog", in einer mit Genehmigung des Herrn Reichs fanzlers" Berlin , den 12. November, erlassenen Verordnung" festgesetzt. Danach kostet die Eintragung von Eheschließungen in das Register nebst Ausfertigung der Urkunde in KaiserWilhelmsland 20 M. Die Eingeborenen werden wohl das Standesamt in der nächsten Zeit nicht allzusehr behelligen. Unter den Europäern aber befinden sich in den Stationen in Kaiser- Wilhelmsland nur 2 Frauen und diese sind bereits verheirathet.
In Einsturzgefahr schwebt, wie uns geschrieben wird, feit Sonnabend ein Theil des Eckhauses an der Dresdenerund Alten Jakobsstraße, in dem sich das bekannte Murfeld'sche Cafe befindet. Schon am Sonnabend Mittag bemerkte man an einem in Höhe der ersten Etage befindlichen Balkon ganz deutliche Riffe, während auch gleichzeitig ein ziemlich lautes Knistern und Knacken vernehmbar wurde. Im Laufe des Nachmittags senkte fich das Mauerwerk des Balfons derart, daß sogar der Sims des Thürpfostens üher dem Eingang zum Café durchbrach und die Thüren selbst beschädigt wurden. Auf Anordnung der sofort benachrichtigten und am Schauplatz er schienenen Baufommission wurde der gefährdete Ballon durch einen mächtigen Holzbalken geftüßt, um die Gefahr des Einsturzes zu beseitigen. Das Café selbst ist am Sonnabend durch den Befizer geschlossen worden, um seine Gäste nicht zu ge fährden. Die Einsturzgefahr soll auf die Baufälligkeit des alten Gebäudes zurückzuführen sein.
Daß die Straßenverkäufer von Extrablättern außer mit einem Gewerbeschein auch mit einem Polizei- Erlaubnißschein, den fie immer bei sich zu führen haben, versehen sein müssen, scheint den Händlern im Allgemeinen nicht bekannt zu sein, benn fast täglich beschäftigen derartige Uebertretungen jetzt das Schöffengericht. In den meisten Fällen find es die Straßenverkäufer, welche die Nachtausgabe der Freifinnigen Beitung" vertrieben haben und in der Meinung sind, daß ein Gewerbeschein sie genügend legitimirt. Mit einem polizeilichen Strafmandat belegt, machen sie diese Ansicht vor dem Schöffenrichter geltend, natürlich ohne Erfolg, denn wenn die Strafe in den meisten Fällen auch auf das zulässig geringste Maß eine Mart herabgesezt wird, so wird für den Angeklagten ein Vortheil dennoch nicht erzielt, da demselben die Terminskosten zur Last fallen.
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In der ersten Hälfte dieses Monats hat sich in Bremen ein Schwindler aufgehalten, der sich W. Boldt nannte und sich für einen Stellenvermittler ausgab. Unter der falschen Angabe, daß er Arbeiterinnen Beschäftigung in Komtoiren und Privathäusern besorge, hat er sich von denselben eine Gebühr von meistens 1,50 M. geben lassen und auf diese Weise eine ganze Reihe von Betrügereien verübt. In den meisten Fällen hat er den Betrogenen einen Zettel mit einer fingirten Arbeitsadresse und dem Namen W. Boldt zurückgelassen. Diese Zettel hat er aus einem Notizbuche entnommen und mit Bleistift selbst geschrieben. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Be trüger das Feld seiner Thätigkeit auch nach hier verlegen wird, weshalb wir nicht unterlassen wollen, auf seine Persönlichkeit durch Mittheilung des Signalements aufmerksam zu machen und das Publikum vor demselben zu warnen. Der angebliche B. ist etwa 28 oder 29 Jahre alt,' von untersetter Statur, 1,55 Meter groß, hat hellblonde Haare, volles, blaffes Gesicht und ist bartlos. Derselbe ist bekleidet mit einem dunkelblauen Sommer- Ueberzieher, halbhohem runden schwarzen Filzhut und trägt einen schwarzfeidenen Regenschirm bei sich.
Eine musikalische Soiree in Dalldorf , das klingt gewiß sehr seltsam, und dennoch hat vorgestern eine solche in optima forma ftattgefunden. Mit dem Glockenschlage 7 Uhr füllte sich der große festlich erleuchtete Saal mit den Kranken. Erst tamen die Frauen und Mädchen, 200 an der Zahl, ge= führt von ihren Wärterinnen, dann tamen 200 Männer, ebenfalls geführt von Wärtern. Dann erschienen die Aerzte, die Beamten und ihre Angehörigen und nahmen ebenfalls im Saale Plat. Selbst der genaueste Beobachter wird es kaum glauben, daß er sich unter Geisteskranken befindet. Ein junges, bildhübsches Mädchen hielt unfer Auge besonders gefesselt. Sie ift sehr zierlich gekleidet, selbst einen Schmuck hat sie angelegt. Ob sie auch frant sein mag? Ein Arzt belehrte uns, fie ist es mehr als viele anderen. Ein anderes Mädchen wurde in einem Wagen in den Saal gefahren, weil sie gichtleidend ist. Ein anderes nicht minder hübsches Mädchen hat sich besonders ge=
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auch das Leben uns von einander entfernt hatte, nach zwei oder drei Begegnungen der Blicke empfanden wir es, daß wir beide Menschen waren, und wir hörten auf, einer den andern zu fürchten. Am nächsten zu mir stand ein Kerl mit geSunsenem Gesichte und rothem Barte, in zerrissenem Kaftan und mit abgetretenen Galoschen an den nackten Füßen. Indessen gab es 8 Grad Frost. 3um dritten oder vierten Male begegneten sich unsere Blicke, und ich empfand, daß ich ihm bereits so nahe stand, daß ich mich nicht nur nicht mehr schämte, ihn anzureden, sondern ich empfand Scham, daß ich ihm nicht irgend was sagte. Ich fragte ihn, von wo er her sei. Er antwortete gern und fing an zu reden; andere traten herzu. Er war aus dem Smolenstischen getommen, Arbeit zu suchen und Brod zu erwerben und Geld zu den Abgaben. Arbeit giebt es nicht," sagte er ,,, die Soldaten haben heuer alle Arbeit weggeschnappt. Da bummle ich jetzt; glaube es bei Gott, zwei Tage lang habe ich nicht gegessen." Er sprach bescheiden, mit einem Verſuche zu lächeln. Ein Getränkeverkäufer, ein alter Soldat stand dort. Ich rief ihn heran. Er schenkte von seinem Getränke ein. Der Mann nahm das heiße Glas in die Hand und bevor er davon trant, bemühte er sich, die Wärme nicht ungenügt verfliegen zu lassen und wärmte seine Hände daran. Die Erlebnisse und die Erzählungen von den Erlebnissen waren immer die einen und dieselben; etwas Arbeit hatte es gegeben, die war zu Ende gegangen, und hier im Schlafstellenhause hatte man den Beutel mit dem Gelde und mit dem Passe gestohlen. Jetzt war es unmöglich, Moskau zu verlassen. Er erzählte, daß er tagsüber in den Kneipen sich erwärme und dadurch sich nähre, daß er den Bubiß( die Brotstückchen in den Kneipen) effe; manchmal gebe man ihm davon, andermale treibe man ihn fort; die Nacht verbringe er gratis im Ljäpin'schen Hause. Er warte nur auf den Umgang der Polizei; die werde ihn als einen Paßlosen ins Gefängniß sperren und ihn per Etappe in die Heimath transportiren lassen. Man sagt, am Donnerstag wird der
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schen Walzer.
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putt; fie leidet an Kleptomanie und mit dieser Krankheit sind noch viele andere Krankheiten verknüpft. Zunächst trat ein Pianist, Herr Albrecht ans Klavier, und spielte einen Chopin's fchen Walzer. Dann fam eine junge Sängerin, Fräulein Dempe- Wolf, an die Reihe nnd trug mit wohlflingender Stimme und unter großem Beifall das bekannte Kuckuckslied in schwäbischer Mundart und Waldvöglein vor. Interessant war das darauffolgende Auftreten der bildhübschen spanischen Zither- Virtuofin Sennora Ermena de Oliveira, welche mit Jubel empfangen wurde; fle ist hier im Hause im vorigen Die Jahre schon aufgetreten und Mehreren noch bekannt. trug Am Trauensee, das Ständchen Spanierin trug Am Schubert u. a. vor. Eine junge Schauspielerin, Fräul. Emmy König, hatte mit dem Vortrag zweier humoristischer Vorträge von Anton Baron von Klesheim die Lacher auf ihrer Seite. Nur als Herr Dr. Hartmann mit seinen Schatten- Silhouetten begann, ward es ganz dunkel und dadurch entstand eine kleine Verwirrung unter den Frauen, doch ein Wink des Arztes und die Ruhe war wieder hergestellt. Jedenfalls ist die Gesellschaft dem Direktor der Anstalt durch diese Soirée zu be sonderem Dank verpflichtet, was sie denn auch schon im Saale ihm unzweideutig kund gab. Der sonst an eine solche Soirée fich anschließende Ball fiel diesmal wegen der vorgerückten Zeit aus.
Der siebenjährige Knabe W. fand am 27. November auf dem Kaffenflur des Stadtbahnhofes Alexanderplat ein Bortemonnaie, dessen Inhalt aus einem Hundertmarkschein, etwas Gold- und Silbergeld, sowie 2 Fahrbillets der Stadtbahn bestand. W. erkaufte zunächst das Schweigen des Knaben S., welcher Beuge des Fundes gewesen war, indem er demselben 23 M. abgab. Dann wurde von Beiden ein Theil des gefundenen Geldes vernascht, hierdurch aber die Aufmerksamkeit Ser am Alexanderplat umherlungernden halbwüchsigen Burschen erregt. Einer derselben preßte dem Knaben W. eine Hand voll Silbergeld ab, während zwei andere den S. verfolgten. Letterer steckte während der Flucht das Geld einem ihm begegnenden Knaben zu, dem es abgenommen wurde. Bei dem Knaben W. wurden nur noch 5 M. 70 Pf., sowie ein Fahrbillet vorgefunden. Den Hundertmarkschein will er aus der Westentasche verloren haben.
Nach einer uns von dem Schankwirth Herrn J. in der Forsterstraße zugehenden Mittheilung scheint die Szene, welche fich am Sonnabend Abend in seinem Lokal abspielte, fich nicht so zugetragen zu haben, wie uns dieselbe zuerst ge= schildert wurde. Die Schuld an dem unliebsamen Vorfall trugen vielmehr die Maurer, die sich in dem Lokal des Herrn J. nicht in passender Weise benahmen.
Wo fommen unsere alten Schuhe hin? Ja, wird Mancher sagen, die werden umgearbeitet und zu neuen verbraucht. Sie finden jedoch eine viel anständigere Verwerthung! Wer glaubt, daß er vielleicht einmal mit einem abgetragenen Stiefel den Rod zuknöpfen, mit alten Hausschuhen sich die Haare kämmen und zu Mittag speisen wird? Und doch ist dem fo. Das alte Schuhleder wird nämlich in kleine Stücke geschnitten und ein paar Tage in Schwefelchlorid gelegt. So wenigstens berichtet ein englisches Fachblatt. Durch die erwähnte Manipulation wird das Leder hart und spröde; später wird das Leder gewaschen und sorgfältig getrocknet, dann wird es in Mühlen gemahlen und als Pulver mit Gummi oder Leim gemischt. In Mulden gepreßt und gefärbt kommt es in Form dieser präparirten Substanz als born"," Elfenbein", artgummi" c. in den Handel und wird besonders zu Knöpfen, Kämmen und Mefferklingen verarbeitet. So vergeht nichts auf der Welt.
Die königlichen Ersatz- Kommissionen der Aushebungsbezirke Berlin erlaffen folgende Bekanntmachung: Für die nächstjährige Heeres- Ersay- Aushebung wird denjenigen jungen Männern, welche in dem Zeitraum vom 1. Januar 1865 bis zum 31. Dezember 1867 geboren sind und sich hierselbst aufhalten, in Erinnerung gebracht, daß, soweit dieselben mit Taufscheinen oder sonstigen Beweismitteln über die Zeit und den Drt ihrer Geburt noch nicht versehen sind, fie fich zur Abwen dung sonst unausbleiblicher Nachtheile dergleichen Bescheinigun Die für diesen Zweck aus gen nunmehr zu beschaffen haben. den Kirchenbüchern 2c. zu ertheilenden Bescheinigungen werden toftenfrei ausgefertigt. Der Zeitpunkt zur Anmeldung behufs Aufstellung der Rekrutirungs- Stammrolle wird in der ersten Hälfte des Monats Januar t. J. bekannt gemacht werden.
Eine ebenso wichtige als interessante Frage wirft einer unserer Berichterstatter auf: Was wird aus den 8272 Stück offenen Karten, mit Marken von Privat- Bestellunternehmungen beklebt, welche innerhalb zweier Monate irrthümlich in die Reichspost- Briefkasten zu Berlin niedergelegt und von der Beförderung durch die Poſt ausgeschlossen worden find? Die bezügliche postalische Vorschrift lautet: Unfrantirte oder unzureichend frantirte Postkarten werden nicht befördert." Unter der amtlichen Bezeichnung Postkarte" kann die Reichspostbehörde doch nur die von ihr verausgabten Postkarten bezw. Postkartenformulare verstehen, wie dies auch daraus hervorgeht, daß fie die Karten der Privatunternehmungen irrthümlich als herrenlos aufgefundene Gegenstände" betrachtet und der OberDiese subtile UnterPostdirektion in Verwahrung gegeben hat. scheidung zwischen amtlichen und Privatpostkarten hätte die Postbehörde gerade veranlassen sollen, die irrthümlich in die Reichspostbriefkästen niedergelegten Privatkarten als genügend frankirte Briefsendungen anzusehen und
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Umgang stattfinden," sagte er, dann wird man mich einsperren. Wenn ich nur bis zum Donnerstag mich durch schlage." Das Gefängniß und die Etappenreise erschienen ihm wie ein gelobtes Land.
Während er sprach, bestätigten drei Mann aus dem Haufen seine Worte und sagten, daß sie sich genau in derselben Lage befänden. Ein hagerer, junger Mensch, bleich, mit langer Nase, am Oberkörper in bloßem, auf den Schultern zerrissenem Hemde, mit einer Müge ohne Schirm, drängte sich seitwärts durch den Haufen zu mir heran. Un aufhörlich zitterte er, von argem Schüttelfrost erbebend, aber er bemühte sich, verächtlich die Reden der Bauern zu belächeln, indem er meinte, damit meinen Ton zu treffen und sah mich an. Ich bot ihm Sbitenj( heißes Honigwasser) an. Auch er, indem er das Glas ergriff, wärmte seine Hände daran, und kaum fing er an, was zu sagen, als ein großer schwarzer, frummnafiger Mensch in 3ighcmd und Weste, ohne Hut, ihn fortdrängte. Der Krummnasige bat
an die respektiven gegen Erhebung des Strafportos gegen Erhebung Adressaten bestellen und aushändigen zu lassen. Daß übrigens der Packetfahrt- Gesellschaft auf ihre Reflamation um Rückgabe der mit ihren Werthmarken versehenen Karten ein abschläglicher Bescheid seitens der Oberpostdirektion ertheilt worden ist, erscheint gesezmäßig richtig, denn leztgenannte Be hörde liefert die in ihrem Verwahrsam befindlichen Fundstücke nur dem rechtmäßigen Eigenthümer nach entsprechender Legiti mation aus. Eigenthümer der nicht bestellten Privatkarten find aber die resp. Absender bezw. Adressaten, und von diesen sind Reklamationen in größerer Zahl nicht zu erwarten. Besonderes Interesse wird das Publikum an der Zurücklieferung jegt, nach dem die Mittheilungen auf den Karten veraltet find( wenn sie nicht Bestellungen auf Lieferungen 2c. betrafen), kaum haben; die Oberpostdirektion wird sich aber darüber schlüssig werden müssen, was mit den aufgefundenen Gegenständen", welche ungenau als herrenlos"" bezeichnet sind, geschehen soll, und es ist kaum anzunehmen, daß sie über Fundstücke, deren Ver lierer bezw. Empfänger ihr bekannt sind, als„ herrenloses Gut" verfügt.
Ueber den entseßlichen Unglücksfall, der sich, wie von einer hiesigen Morgenzeitung furz berichtet, am Sonnabend Abend in der Hoppe'schen Maschinenbauanstalt, Gartenstr. 9 11, zutrug und der mit dem sofortien Tod eines Menschen endete, erhalten wir folgende Details. In der genannten Fabrit war kurz vor Feierabend ein ca. 60jähriger Arbeiter, mit Namen Weiß, mit noch ca. 20 anderen Arbeitern dabei be schäftigt, einen etwa 6000 Pfd. schweren Formkasten, der an zwei riefigen Krähnen hing, umzukehren. Durch Festhalten sollten run die Arbeiter den schweren Kasten im Gleichgewicht halten. Bei dieser Arbeit neigte sich angeblich durch ein Ver schieben der Krähne der Kasten plöglich zur Seite, dabei den gerade an dieser Stelle stehenden, oben genannten Arbeiter Weiß derart an einen andern Kasten drückend, daß dem Un glücklichen der Brustfasten total zerquetscht reurde und der Tod fofort eintrat. Die Leiche soll, wie wir hören, gerichtlich obduzirt werden.
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Der
Polizei- Bericht. In der Eisengießerei von Hoppe, Gartens Straße 9, wurde am 26. d. M. der Arbeiter Weiß bei der Be wegung eines an zwei Krähnen hängenden 60 3entner schweren Formkastens so mit der Brust gegen einen hinter ihm stehenden Formkasten gedrückt, daß der Tod in Folge der Quetschung des Brustkorbes auf der Stelle eintrat. Die Leiche wurde nach dem Leichenschauhause gebracht. Um dieselbe Zeit machte ein unbe tannter, etwa 50 Jahre alter Mann auf einer Bank in der Großen Quer- Allee des Thiergartens einen Selbstmordverfuch, indem er sich mittelst eines Terzerols einen Schuß in die linke Brust beibrachte. Der Verlegte wurde nach der Charitee ge bracht. An demselben Tage Mittags stürzte der Schlächters geselle Brackel in der Proskauerstraße mit dem Pferde und erlitt hierbei einen Bruch des rechten Unterschenkels. Bremser Ziemke glitt an demselben Tage Nachmittags, als er beim Abfahren eines Eisenbahnzuges von der Station Städtifcher Bentral Viehhof" den leßten Wagen besteigen wollte, vom Trittbrette und zog sich hierbei eine Quetschung des rechten Fußes zu. In beiden Fällen wurden die Verlegten nach dem Am 28. d. M. Krankenhause im Friedrichshain gebracht. gegen Mittag wurde der Stadtreisende Schmuckler in der Beuth straße in Krämpfen auf der Erde liegend vorgefunden und mittelst Droschte nach der nächsten Polizeiwache gebracht. Da er fich auch dort während längerer Zeit nicht erholte, erfolgte feine Ueberführung nach der Charitee mittelst Krantenwagens. Nachmittags wurde am Weinbergsweg ein Knabe durch eine Trauerfutsche überfahren und an der rechten Hand so schwer verlegt, daß die Hilfe der Sanitätswache in Anspruch genommen werden mußte.
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Gerichts- Zeitung.
+ Drei jugendliche Taubenliebhaber mit stark enk wickeltem romantischen Triebe standen gestern unter der flage des schweren Diebstahls vor der dritten Straffammer des hiesigen Landgerichts. Es war in den Michaelis ferien d. J. Drei Schulfnaben, Franz Schmidt , der Sohn eines Aufsehers, Hermann Schulze, der Sohn eines Weber und Wilhelm Grünberg, Jungen im Alter von vierzehn, drei zehn und zwölf Jahren, empfanden das brennende Verlangen, auf eigene Faust eine Herbstreise nach Angermünde zu unters nehmen. Dort sollte die Großmutter Grünbergs wohnen und der gehorsame Enkel gedachte sie mit seinen beiden Freunden Leider fehlte es an durch einen Besuch zu überraschen. dem nöthigen Reisegelde. Grünberg hatte zwar einen Thaler, aber der vierzehnjährige Franz wußte, daß man damit nicht drei Billets nach Angermünde lösen könne. Da wußte Hermann Schulze Rath. In der Rügenerstr. 37 hatte der Arbeiter Reiche einen schönen Taubenschlag, voll von prächtigen, stolzen Tauben, an denen er seine Freude und außerdem, wenn er junge Brut verkaufte, einen fleinen Nebenverdienst hatte. Auf diese Tauben hatten es die Jungen abgesehen. Sie gingen um 10 Uhr Abends in das Haus Rügenerstr. 30, welches erft um 11 Uhr geschlossen wird, stiegen zum Trockenboden hinaufe der unverschloffen war, und fletterten durch die Dachlufe auf das Schieferdach des Hauses. Auf der schmalen Bank, die in der Mitte des Daches entlang läuft, schritten sie mit der Geschicklichkeit eines Schornsteinfegers dahin, spazierten über die Dächer der beiden Nachbarhäuser und gelangten endlich an den Tauben
rief dem Haufen zu, man möge doch das Trottoir feines Hauses räumen; der Haufe erfüllte den Befehl demüthight Es tauchten Ordner aus dem Haufen auf und nahmen mid unter ihren Schutz- sie wollten mich aus dem Gedränge herausführen; aber der Haufe, der früher dem Trottoir ents lang in Reihen aufgestellt gewesen, hatte sich gelöst und Alle blickten auf mich und drängte zu mir heran. bettelten; und ein Gesicht war elender als das andere, zerquälter und erniedrigter. Ich vertheilte Alles, was ich bei mir hatte. Ich führte nur wenig Geld mit mir, ca. zwanzig Rubel, und ich trat mit dem Haufen zusammen in das
Schlafstellenhaus.
Dieses Schlafstellenhaus ist gewaltig groß. Es be steht aus vier Abtheilungen. Die Männer in den oberen Etagen, die Weiber in den unteren. Ich trat zuerst in die weibliche Abtheilung ein. Der große Raum ist ganz eingenommen von Bänken, ähnlich denen der EisenbahnDiese Bänke sind in zwei Etagen sich auch Sbitenj aus. Darauf ein alter, langer, betrunkener disponirt, eine über der anderen. Die Frauenzimmer, alle sonderbar zerlumpt und nur in Stubenkleidern umgürtet, in Bastschuhen. Darauf ein kleines Männchen mit junge, traten ein und plazirten sich anf die Bänke, manche
Kerl, mit spißem Barte, in einem Paletot, mit einem Stride
farbenen Nankingröckchen, mit nackten Knien, die aus den Löchern einer Sommerhose hervorguckten und vor Frost zitternd aneinanderschlugen. Bor Bittern fonnte er das Glas nicht festhalten und goß den Inhalt über. Man fing an, ihn zu ſchimpfen. Er lächelte nur mit Bebauern und zitterte, Darauf eine frumme Mißgeburt in Lumpen und mit Pan
alte und
oben, andere unten. Einige alte bekreuzten sich und beteten für den, der das Haus erbaute, andere lachten und schimpften. Ich stieg hinauf. Dort plazirten sich ebenso die Manns personen; unter ihnen erblickte ich einen von Denjenigen, denen ich Geld gegeben hatte. Als ich ihn fah, stieg in mir entsetzliche Scham auf und ich eilte, fortzugehen. Und mit dem Gefühle, eine Missethat begangen zu haben, verließ ich toffeln an den nackten Füßen. Darauf jemand Offizier das Haus und ging nach Hause. Zu Hause stieg ich über
artiges, dann Einer geistlichen Standes, dann ein sonderbares nasenloses Wesen alles das hungrig, erfroren, flehend; alles das drängte sich demüthig um mich und strebte zum Sbiteni hin. Dieses wurde ausgetrunken. Einer bat um Geld; ich gab ihm welches. Ein Anderer bat, ein Dritter; der Haufe belagerte mich. Es entstand ein Wirrwarr, ein Gedränge. Der Hausknecht des Nachbarhauses
die Teppiche der Treppe hinauf zum Vorzimmer, dessen Fuß boden mit Tuch ausgeschlagen war und, nachdem ich den Pelz abgelegt hatte, setzte ich mich zu meinem Diner von fünf Gängen, bedient von zwei Lakaien im Frad mit weißen Halsbinden und Handschuhen.
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