der Direktion der Südbahn   über den angeklagten Lokomotiv­führer lautet für diesen außerordentlich günstig. Dabei erwähnt die Direktion in ihrer Aeußerung das beachtenswerthe Moment, daß Trnka vor Jahren im Dienste von einem schweren Kohlen­stück getroffen worden sei und sich seit dieser Zeit in frank­haftem Zustande befinde. Verkehrsbeamter Bugsförderungs- Ober­inspektor Sochor glaubt, daß es ein Fehler der Station war, Bahnfrei zu geben. Der Lokomotivführer habe in erster Linie das Dienstsignal zu beachten. Die Handfignale sind, nach Ansicht des Zeugen, dem Trnka zu spät gegeben worden. An der Lokomotive Trnka's konnte man bemerken, daß derselbe Alles aufbot, um den Zug zum Stehen zu bringen. Der Beuge widerspricht der Angabe des Mödlinger Stationschefs Holli­schet, daß es eine Rangordnung in Signalen gäbe. Diesen Ausführungen schließt sich auch der als Zeuge vernommene Bug­förderungs- Oberingenieur Puscher an und fügt hinzu, daß rothe Lichter im legten Waggon auf sehr kurze Entfernungen fichtbar find. Fünf Lokomotivführer, die als Zeugen vernommen wurden, geben einmüthig die Aufklärung, daß ein Zug mit Eilzugsgeschwindigkeit 300 Meter brauche, um zu halten. Sie Alle erklären, daß die Aufmerksamkeit nur der Distanzscheibe zugewendet sein müsse, und zwar derart, daß alle anderen Signale beim besten Willen unbeachtet bleiben müssen.

Wien  , 30. November. Heute Mittag wurde das Urtheil in dem Prozeß gefällt. Der Lokomotivführer Wenzel Trnka wurde freigesprochen, der Stationsbeamte Scherer, der die falsche Signalstellung veranlaßt hat, zu vier Monaten einfachen Arrestes verurtheilt. Die Ürtheilsgründe lauten im Wesent lichen wie folgt: Es ist außer Zweifel und durch die Ergeb­niffe der Verhandlung festgestellt, daß am 29. Auguſt bei der Station Mödling   ein Busammenstoß zweier Eisenbahnzüge er­folgte, welcher den Tod von fünf Menschen nnd die körperliche Beschädigung von zirka 30 Personen zur Folge hatte. Der Angeklagte Trnka bestreitet dies nicht, aber er verantwortet fich dahin, daß ihm das Signal auf freie Fahrt mit der Distanzscheibe gegeben wurde und daß cr im Vertrauen auf dieses Signal die Fahrt mit wenig verminderter fortsette. Es wird Schnelligkeit auch von allen Seiten zugegeben, daß auf der Distanzscheibe das Signal auf freie Fahrt gestellt wurde, und es ist erklärlich, daß Trnka dieses Signal auf seinen Bug bezog. Es wird nun behauptet, daß neben diesem Signal noch andere gegeben wurden, welche Trnka vor dem Einfahren abhalten sollten, daß der Stockmann ihm abgewinkt und auch der Heizer ihn wiederholt angesprochen habe. Es ist aber auch richtig, daß Trnka im legten Augenblick fich bemüht hat, den Zug anzuhalten, indem er die Vakuum­bremse anzog. Der Gerichtshof mußte darüber schlüssig wer­den, ob ein Beweis dahin erbracht ist, daß Trnka in einer sol­chen Entfernung von der Unglücksstelle gewarnt wurde, daß das Unglück noch rechtzeitig hätte verhütet werden können. Ein folcher Beweis hatte sich nicht ergeben. Der Heizer Pankraz fagte wohl, er habe Trnka etwas früher gewarnt und keine Antwort erhalten, es fehlt aber der Beweis, ob Trnka die Warnung verstanden hat. Das Zeichen des Stockmannes aber kam viel zu spät und in viel zu kurzer Entfernung von dem Eisenbahnzuge, welcher bedroht wurde, Trnka hätte zur Anhaltung des Buges einen freien Raum von 200 bis 300 Metern gebraucht. Der Angeklagte mußte somit freigesprochen werden. Was nun den Angeklagten Scheerer anbelangt, so stellt er nicht in Abrede, daß er das Signal Freie Fahrt" ge­geben hat; er stellt auch nicht in Abrede, daß ihm nach Ar­fitel 116 der Instruktion das Einfahren eines Buges strenge untersagt ist, so lange ein anderer noch in der Station steht. Er giebt zu, daß ihm bekannt war, daß ein anderer Bug im Einfahren begriffen war, und er wußte, daß die Distanzscheibe das wichtigste für den Lokomotivführer, sein heiligthum sei. Scheerer hat auch eingesehen, daß er unkorrekt gehandelt; er sagte jedoch, daß seit jeher dasselbe in der Station Mödling  geübt wurde, er habe also dasjenige gethan, was seit jeher dort geschehen ist, ohne daß eine Rüge ertheilt oder eine Ab­änderung getroffen wurde. Allein, wenn es auch richtig ist, daß dieser Vorgang ein instruktionswidriger ist, so erfulpirt ihn sein Vorgehen dennoch nicht, denn der Umstand, daß Andere dasselbe dulden, ermächtigt ihn nicht, sich über das Gefeß hinauszuseßen; dieser Umstand kann als mildernd, teineswegs aber als entlastend in Betracht gezogen werden. Als erschwerend beim Strafausmaße mußte der schwere Erfolg in Betracht gezogen werden, indem ein bedeutender Verlust an Menschenleben zu beklagen ist; als mildernd das Geständniß, die Unbescholtenheit und außerdem der Umstand, daß er in Fortsegung einer bestehenden instruktionswidrigen Uebung das­jenige gethan, was das Uebel herbeigeführt hat. Der Gerichts­hof hat demnach das Urtheil, welches zwischen 6 Monaten bis 3 Jahren strengen Arrests auszumeffen gewesen wäre, blos mit Der Präsident 4 Monaten einfachen Arrests bemessen." richtet an Scherer die Frage, ob er von dem ihm geseßlich zu­stehenden Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde Gebrauch machen wolle. Scherer: Ich bin unschuldig, ich habe meine Pflicht erfüllt und werde durch meinen Vertheidiger die Nich­tigkeitsbeschwerde einbringen.

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Lady

Aus der besseren" Gesellschaft. Im Londoner   Ehe­scheidungsgerichtshof begann am vergangenen Freitag ein sen­fationeller Doppelprozeß, der großes Aufsehen erregt, da die Betheiligten hocharistokratischen" Kreisen angehören. Colin Campbell, die im März 1884 eine Scheidung von ihrem Gatten, dem fünften Sohne des Herzogs von Argyll und Bruder des Marquis von Lorne, der mit der Prinzessin Louise, einer Tochter der Königin von England, vermählt ist, erwirkte, flagt nunmehr auf völlige Auflösung der Ehe ( divorce) in Folge eines von Lord Colin Campbell verübten Ehebruchs. Letterer hat eine gleiche Klage angestrengt und bes schuldigt seine Gemahlin, mit vier Männern Ehebruch verübt zu haben, nämlich mit dem Herzog von Marlborough, Kapt. Shaw( Chef der Londoner   Feuerwehr), General Butler( Gatte der berühmten Schlachtenmalerin Elisabeth Thompson) und Doktor Birdwood, einem Arzt, der Lady Colin Campbell längere Zeit behandelte. Die Verhandlungen dürften geraume Zeit in Anspruch nehmen.

Eine seltsame Scheidungsklage kam am 24. November in Paris   vor dem Gericht der Seine   zur Verhandlung. Der Arzt Dr. D. hatte im Jahre 1884 seiner Frau unter dem er­dichteten Namen Gaston D." Briefe mit Liebeserklärungen zugehen lassen, die Antwortbriefe seiner Frau auf der Post in Empfang genommen, dann der Frau durch ihren eingebildeten Anbeter ihre Entführung vorgeschlagen und zur Erleichterung Derselben 500 Fr. überschicken lassen. Die Frau entfernte fich in der That heimlich aus dem ehelichen Hause und reiste nach Dran. Der Dr. D. sandte auch dorthin während sechs Mos naten regelmäßig Briefe an seine Frau unter dem Namen des Gaston D.", welcher nach diesen Briefen zuerst durch Geschäfte, bann durch lange Krankheit verhindert war, sich mit ihr zu ver einigen, aber ihr monatlich für ihren Unterhalt 150 Fr. schickte. Endlich ließ er ihr durch einen ebenso erdichteten Freund des Gafton D." anzeigen, daß lepterer gestorben sei und ihr eine Rente hinterlassen habe, auszahlbar, so lange die Frau in Afrika  bleibe. Gleichzeitig strengte aber Dr. D. gegen seine Gattin Scheidungsklage wegen böslichen Verlaffens und Untreue an, als Beweise die von Frau D. an ihren vermeintlichen ,, Gaston" gerichteten Briefe vorlegend. Allein hierdurch kam an den Tag, Saß der Kläger   selbst den Briefwechsel und die Abreise seiner Frau veranlaßt habe, und legtere beantragte ihrerseits die Scheidung wegen schwerer Kränkung. Das Gericht entschied zu Gunsten der Frau und begründete sein Urtheil wie folgt: Die Leichtigkeit, mit welcher Frau D. die Anträge eines Unbekannten angenommen, bekundet zwar eine tiefe Unfittlichkeit, aber der Kläger   ist nicht berechtigt, fich auf dieselbe zur Erlan

gung der Scheidung zu berufen. Denn als er die Thatsachen, über die er fich heute beschwert, in ihren geringsten Einzelheiten vorbereitet hatte, fühlte er nicht die geringste Kränkung, darum war feine Klage abzuweisen. Hingegen ist, was die Klage der Frau D. betrifft, festgestellt, daß D. sich gegen seine Frau der schwersten Kräntung schuldig gemacht, indem er sie durch die erwähnten Manöver aus dem ehelichen Hause entfernte. Die Unwürdigkeit der Klägerin vermag diese Kränkung nicht zu ver­wischen. Außerdem wäre es der öffentlichen Drdnung und den guten Sitten zuwiderlaufend, wenn ein Ehemann sich dadurch, dag er die schlechte Aufführung seiner Gattin begünstigt und so sich zum Urheber seiner eigenen Schande macht, Scheidungs­gründe verschaffen könnte. Dies gilt um so mehr für den vor­liegenden Fall, als außer den vom Gatten selbst hervorgerufenen unfittlichen Handlungen der Frau keine weiteren zur Last gelegt find. Das Verhalten des Gatten bildet also eine schwere Kränkung, weshalb die Scheidung zu Gunsten der Frau auszu­sprechen war." Ein allerliebstes Ehepaar das.

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Kleine Mittheilungen.

Innsbruck  , 30. November. Ueber das bereits gemeldete Erdbeben in Tirol am 28. d. M. wird aus Imst   folgendes be= richtet: Genau um halb 12 Uhr Nachts wurde ich mit meiner Familie durch ein donnerähnliches Getöse aus dem Schlafe geschreckt, und unmittelbar darauf fingen die Wände der Wohnung sowie der Fußboden an, in wellenförmige Wohnung sowie der Fußboden an, in wellenförmige Schwingungen zu gerathen. Die Schränke schlugen an die Wand, an einem öffnete sich die Thür von selbst, die Gläser flirrten, der Boden hob und senkte fich, und wir glaubten im ersten Schrecken, das Gebäude müsse einstürzen. Wir hatten das Gefühl, als würden wir uns in einem schüttelnden Eisen­bahnwagen befinden. Bald erkannten wir, daß wir ein mehrere Sefunden andauerndes Erdbeben durchgemacht, welches von Ost nach West gegangen war. Wir untersuchten das Haus, und bei diesem Rundgange sahen wir, daß ganz Jmst auf den Beinen war. Vom Kamin eines Hauses wurden Bretter herabge= schleudert; ein neues Haus zeigt Sprünge."

Charleston, 10. November. Die Charleſtoner Deutsche Zeitung" schreibt über die Folgen der Erdbeben: dn Folge der außerordentlichen Naturereignisse in unserem sonnigen Süden hat eine merkwürdige Unruhe fich der Gemüther be mächtigt und eine Nervosität in manchen Fällen, die zu Krank­heiten führt. Vor dem Erdbeben bemerkte man diese Unruhe unter den Thieren, besonders die Hausthiere, Hunde und Kazen, waren sehr unruhig und manche Hunde heulten die paar Nächte vor dem Erdbeben fortwährend, während die Katzen sich in die Zimmer an den Menschen hindrängten. Diese Unruhe unter den Thieren scheint verschwunden zu sein, nur die Vögel in der Luft scheinen noch immer zu fühlen, daß die Luftströmung noch abnorm ist, und besonders Abends flattern sie hin und her, während viele ganz von der Stadt fort sind. Es scheint, daß durch die Ausströmung der Gase aus dem Erdinnern die Atmosphäre sich theilweise verändert hat und daß die Menschen darauf angewiesen sind, eine neue Lebensweise zu beginnen, um sich den neuen chemischen Ver­bindungen der Luft anzuschmiegen. Dem sei wie ihm wolle, Faktum ist, daß die Unruhe eristirt und daß ein Wandertrieb der Menschen sich bemachtigt hat, der, wenn er ausgeführt wer den könnte, die halbe Stadt entvölkern würde. Auch die Neger find allenthalben am Wandern. Erst neulich gingen eine An­zahl von Nord- und Süd- Karolina nach New- York   ab, um von bort nach Liberia   zu wandern, während hier im Staate jett Tausende bereit sind, dorthin zu folgen, wenn ihnen die Mittel geboten würden. Der jährliche Auszug der Neger um die Neujahrszeit nach dem Südwesten verspricht dieses Jahr eine außerordentliche Ausdehnung gewinnen zu wollen."

Paris  , 28. November. Ueber eine Standalgeschichte, welche hier viel Aufsehen erregt, weil der Held derselben ein sehr bekannter und in der sogenannten vornehmen Gesellschaft sehr geschäßter Priester, Abbé Roussel, ist, wird der Frankf. 3fg." folgendes geschrieben: Wir haben, als die Geschichte zum ersten Male vor vierzehn Tagen etwa auftauchte, nichts bavon gesagt, weil wir fie für unmöglich hielten. Nun mehren sich aber die Beweise gegen Roussel und es hat der bekannte Deputirte Laguerre den Prozeß gegen ihn übernommen. Rouffel dirigirt ein von ihm gegründetes, gute Erfolge erzielendes Waiseninstitut" in Auteuil   bei Paris  , wo mittellose Kinder zum Handwerk oder zum Hausdienste erzogen werden. In diese Anstalt wurde ein junges Mädchen verbracht, das dieselbe bald verließ und auf unbekannte Weise dazu gelangte, in Paris  eine eigene Wohnung zu halten und Herrenbefuche" zu empfangen. Der freigebige Liebhaber des Mädchens soll nun niemand anders gewesen sein, als der Abbé Rouffel selbst, ja das Mädchen soll vorher gegen den Willen ihres Stiefvaters, eines geachteten Handlungsreisenden, dem das Gericht die Erziehung berselben wegen schlechter Aufführung der Mutter zugesprochen hatte, auf Anftiften der Mutter und Roussels in die Anstalt von Auteuil   verbracht worden sein. Bald jedoch wünschte sich Rouffel der Dame, die neben ihm noch andere Liebhaber an nahm, zu entledigen und gab ihr, um sie gütlich abzufinden, einen Wechsel von 1000 Franken, mit der Weisung, denselben nicht in den Handel zu bringen. Diese Weisung wurde nicht befolgt und als der Wechsel in Auteuil präsentirt wurde, erklärte die Direktion denselben für gefälscht. Zu seiner Rechtfertigung publizirte Rouffel einen Brief des Mädchens, worin daffelbe die Fälschung zugiebt. Heute nun behauptet der Vater des Mädchens, dieser Brief sei seiner Tochter im Beisein der Mutter und Rouffels Advokaten diftirt worden, unter der Vorspiegelung, daß sie auf Grund desselben sofort freigelassen würde.

Vermischtes.

Ueber einen großen Eisenbahndiebstahl auf der Strecke Ostend- Verviers wird folgendes berichtet: Als Sonnabend früh der um drei Uhr Nachts von Ostende   abgelassene Boftzug, mit den Brief- und Werthschaften aus England für Deutschland  und die Hinterländer, in Verviers   anlangte und diese Güter der deutschen Post übergeben werden sollten, stellte sich heraus, daß zweiundzwanzig Briefsäcke aufgeschnitten waren, und zwar alle diejenigen, welche dem Brauche gemäß durch Aufkleben eines blauen Papierzettels als Werthschaften enthaltend be zeichnet waren. An dem besonderen Wagen, der im Durch gangsverkehr das plombirte Gepäck der Reisenden in einer, die Brief- und Werthschaften in einer anderen Abtheilung mitführt, zeigte fich das bewegliche Schloß an der einen Thüre der legteren gesprengt und durch ein anderes, mit einer Schnur an­gebundenes erseßt. In Verviers   war die Thüre auf der anderen Seite geöffnet worden, sodaß man nicht schon durch jenen Um­stand aufmerksam gemacht war. In der die Briefschaften ent­

an der erwähnten Abtheilung das von der Zollverwaltung im Durchgangsverfahren angehängte Blei verlegt war, und zeigte es diesem an, der jedoch den Umstand der Unvorsichtigkeit eines Bugbeamten zuschrieb und im Halbdunkel des schlecht erleuchte­ten Bahnhofs nichts Außerordentliches am Verschluß der Postvers waltung bemerkte. So vermuthete man denn, daß der Diebstahl zwischen Ostende   und Brüssel begangen wurde. Die sofort eins geleitete Untersuchung ergab, daß fünf verdächtig aussehende" Reisende in dem legten Personenwagen des Zuges, vor dem bestohlenen Wagen, Plas genommen hatten; drei hatten Reise farten von Dover   nach Mecheln  , einer eine Karte von Ant werpen nach London   mit Rückreise über Ostende   nach Brüssel  , einer eine Karte von Ostende   nach Brüssel  . Einer der Reisen­den von Dover   nach Mecheln   verließ den Zug in Gent  , die beiden anderen stiegen in Brüssel   aus. Die Diebe waren, wie es scheint, auf den Fall der verspäteten Ankunft des Posts schiffes in Ostende   vorbereitet; beträgt die Verspätung nämlich mehr als fünfzig Minuten, so fährt der Drei- Uhrzug von Ostende   nach Brüffel ab und die englische Post wird über Dendermonde   und Mecheln   nach Löwen  , Lüttich   und Verviers  geführt. Gehalten wird unter gewöhnlichen Umständen nur in Brügge  , Gent  , Brüssel, Löwen  , Ans  , Lüttich   und Verviers  . Die Begehung der Bahn zwischen Ostende   und Brüffel ergab, daß zwischen Brügge   und Gent Papierfeßen vorgefun den wurden, welche von den Begleitscheinen zu den Werth­sachen herrührten. So trifft denn der Verdacht zuerst den noch Unbekannten, welcher in Gent   ausgestiegen; dieser wird wohl das Gestohlene mitgenommen haben. Einen der vier, die in Brüffel ausstiegen und den Bahnhof verließen, dürfte der Bahnhofswärter, der die Reisekarten abnahm, wiedererkennen; der Verdächtige fiel jenem durch hohe Gestalt, bartloses Gesicht und etwas absonderliche Kleidung auf. Droschten wurden von den vier nicht benutt. Laut späterer Schäßung sind andert halb Millionen Franks weggefommen; es fehlen einhundert undachtzig Stücke. Da die Begleitbriefe als vernichtet betrachtet werden können, so werden Monate vergehen, bis der Bestand der einzelnen Sendungen ermittelt ist, es müßten denn die letteren noch rechtzeitig in unversehrtem Zustande vorgefunden werden, was bei so geschickten Gaunern schwer zu vermuthen ist; dieselben müssen sich wohl auf alle Fälle vorbereitet haben, wie der Umstand mit den Reisekarten nach Mecheln   beweist. Der Schadenersaß, welchen der belgische Staat zu leisten hat, dürfte nicht außerordentlich hoch sein, da englische und ameri tanische Banken nur einen geringen Theil des Werthes ihrer Bostsendungen anzugeben, sich in der Hauptsache vielmehr bei Gesellschaften zu versichern pflegen.

Literarisches.

Von der Neuen Zeit", Stuttgart  , Verlag von J. H. W. Diet, ist soeben das zwölfte eft des 4. Jahrgangs er schienen.

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Inhalt: Abhandlungen: Die chinesischen Eisenbahnen und das europäische Proletariat. I.-V. Von Karl Kautsty Verschwörer und Polizeispione in Frankreich  ." Gift" und Fortuna" von Alexander Kielland. Von Julie Zadek­Literarische Rundschau: Otto Stoll  , Zur Ethnographie der Republik Guatemala. Notizen: Die Entwicklung des Schul wesens.

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Markthallen- Bericht von J. Sandmann, städtischem Verkaufs- Vermittler, Berlin  , den 2. Dezember 1886.

Geflügel. Die Preise gestalteten fich heute etwas günstiger, es brachten in der Auftion Gänse unter dem Halse geschnitten, vollständig gerupft, Flügel und Füße auf den Rücken gebun den, nicht gebrüht und nicht gesengt, 8-10 Pfd. schmere 44-52 Bf., über 10-15 Pfd. 50-60 Pf., Fettgänse über 15 f schwer sehr rar und gut bezahlt 63 Pf. und mehr per Enten, Puten und Hühner sollen am Halse geschnitten sein. Der Kopf, die Flügel und Schwanzfedern werden nicht abgenom men. Junge Enten 1,50-2,50, fette Enten 46-50-60 Bf. per Pfund, über 10 Pfund schwere fette Puten 70-80 Bf. per Bid., Hühner 0,55 bis 0,80 und 1,20-1,70 M., Tauben 30 bis 40 Pf., Poularden 4,50-8 M. Mageres Geflügel schwer verkäuflich. Lebende Gänse zum Mästen 2,00-3,00 m., lebende Enten 0,90-1,50 M. Auftion täglich im Bogen 4 um 6 1hr Nachmittags.

Im

Wild. Die Zufuhr war heute sehr mäßig. Mit dem 1. Dezember beginnt die Schonzeit für Rebhühner. Handel dürfen diefelben noch bis zum 14. geführt werden. Es wurden in der Auktion folgende Preise erreicht. ausgeweidet 68-80 B., II. 60-70 Pf. pr. Pfund, Hirsche, sehr starke

Rebe

und fehlerhafte 30-36, 1. 35-40, Dammwild 50 bis 70, I a 40 bis 50 Pf. per Pfund. Wild schwein 30 bis 46, fleine 50 bis 66 Pf. pr. Pfund. Fafanen Rebhühner, junge 1,30-1,60, alte 90-110 Pf., hennen 2,50 bis 3,00, Fasanenhähne 3,50 bis 4,00 Hafen ausgeworfen, bei falter Witterung mit Kaldaune aut Stangen von 10 Stüd 3,60-4,00 m. pr. Stück, sehr kleine und sehr fehlerhafte entsprechend weniger. Raninchen, aus geweidet 45-55-70 Pf. pr. Std., Krametsvögel 30-33 per Stück. Schnepfen 2,10-4,00, Bekassinen 40-75 f pr. Stück. Die Wildauktionen werden täglich im Bogen um 6 Uhr Nachmittags abgehalten.

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Fleisch. Nach Errichtung der Fleischschau in der Markt halle wird es möglich, den Verkauf von geschlachtetem Vieh hier zu vermitteln. Den Interessenten gebe ich gern jede nähere Auskunft. Der Fleischkommissionshandel in unserer Markthalle dürfte für viele Landwirthe und Schlächter von weittragender Bedeutung sein.

Die Preise steigend.

Obst und Gemüse. Größere Zufuhren sehr erwünscht. Birnen 6,00 bis 8,50, Tafelbirnen 10-20, feinfte Sorten 20-40 M., Aepfel 6,00-9,00 M., Tafeläpfel 10-20 M., feinste Sorten 20-36 M., Wallnüffe 20-30 M., geringe 15 M. pr. Ztr. Böhmische Backpflaumen 10-13 M. Magdeburger Sauerkraut 6-7 M. per Drhoft.

Weißfleischige Speisekartoffeln 3,00-3,60, rothe 2,80-3,00, blaue 2,80-3,20 per 100 Ro., groß Sellerie 7-10 M., flein 3-7 M., Meerrettig 7-12 M., Zwiebeln 4,50-6-8 M., Blumenkohl 30-40 M. pr. 100 Stüd, Kohlrüben 1,50-2,00 M

per Zentner.

Pflanzen. Rosen- Hochstämme 35-55, niedrigveredelte Auktion jeden Dienstag und Freitag um 5 Uhr Nachmittags. 15-20 M. pr. 100 Stüd, Primeln 13-15 M. pr. 100 Stüd

um 7 Uhr Nachmittags im Bogen 4. Regelmäßige Zufuhren Geräucherte und marinirte Fische. Engros- Auktion täglich erwünscht. Bratheringe per Faß 1,50-2,25 M. Ruffifche Sardinen 1,50-1,60 M. Rheinlachs 2,50-2,90, Wefer- und Ostseelachs 1,20-1,60, Flundern, fleine 2,50-5,00 M., mittel 7,50-16 M., große 18-27 M., Bücklinge 1,80-4,00 M. per haltenen Abtheilung fand man eine Blendlaterne. Nach erster Rieler Sprotten 25 bis 35 Pf. per Pfund. Rauchaal mittel

Schäßung mußte wenigstens für eine Million Franks ge stohlen worden sein. Es geschehen nämlich die bedeutendsten Sendungen zwischen England und dem Festlande von Dienstag auf Mittwoch und von Freitag auf Sonnabend. Unter den gestohlenen Gegenständen befand sich eine werthvolle Sendung von New- York   für einen russischen Play. Die Briefsäcke mit den gewöhnlichen Briefen und Drucksachen waren unberührt. Die Diebe hatten selbst die Begleitbriefe zu dem Entwendeten mitgenommen. Sofort tauchte die Vermuthung auf, daß der Diebstahl von Reisenden, welche im Buge Blaz genommen hatten, ausgeführt war, die dann das Gestohlene in ihren Reisetoffern und Säcken verbargen und unterwegs abstiegen. Schon in Brüffel glaubte der Zugführer, der einem andern den Zug zur Leitung bis Verviers   übergab, zu bemerken, daß

100 Stück.

1 M. per Pfd.

Butter. Tendenz flau. Preise unverändert. Ila. Qualität in größeren Posten vorhanden. Frische feinste Tafelbutter 2c. 120-125, feine Tafelbutter I. 110-118, II. 95-108 M., 111. fehlerhafte 85 bis 90. Landbutter I. 90-96, I. 80 bis 85 M. Galizische und andere geringste Sorten 55-72 M

pr. 50 Ro.

Käse. feiner Quadrat- Sahnentäse knapp und gut be zahlt. Emmenthaler 70-75  , Schweizer 1. 56-63, 11. 50-55, ill, 42-48, Duadrat- Backstein J. fett 22-30, II. 12-18 M., Limburger I. 30-35, 1. 20-25, Rheinischer Holländer Käfe 45-58 M., echter Holländer 60-65 M., Edamer I. 60-70, II. 56-58 M. Größere Vorräthe von Schweizerkäse find zu

begeben.

Berantwortlich für den politischen Theil und Soziales Max Schippel  , für Vereine und Versammlungen F. Tutauer, für den übrigen Theil der Zeitung R. Cronheim, sämmtlich in Berlin  .

Drud und Verlag von Mar Bading in Berlin   SW., Beuthstraße 2.