dieses auch anderswo geschieht, ihre Kraft für die Reichstags wahl, die auch hier in verblüffender Weise darthun wird, eine wie vortreffliche Agitation der große Chemniß- Freiberger So­zialistenprozeß für die Sozialdemokratie in Sachsen war. Schon jest läßt sich auch hier erkennen, daß die vielfachen Schreiereien der legten Zeit die Partei nicht nur innerlich gefestigt und ziel­bewußter gemacht, sondern ihr einen Buwachs neuer Anhänger verschafft haben, deren Zahl bei den nächsten Reichstags­wahlen die Meinung des Dresdener Journals" über den Niedergang der sächsischen Sozialdemokratie doch etwas bes richtigen dürfte.

Einen Angriff auf das allgemeine Wahlrecht hat sich fürzlich unter dem lebhaften Beifall der Anwesenden der der nationalliberalen Partei zuzurechnende Privatdozent der Volkswirthschaft Dr. Warschauer in Leipzig gestattet, als er im faufmännischen Verein einen Vortrag über Steuermesen hielt. Er sprach bei dieser Gelegenheit für eine Reichsein­fommensteuer, die mit dem allgemeinen Wahlrecht in Verbin­bung zu bringen sei, nämlich so, daß lezteres wenigstens von einem Minimum der Einkommensteuer abhängig gemacht wer­den müsse. Da nun andererseits Herr Dr. Warschauer das Einkommen bis zu 1200 M. von der Einkommensteuer befreit wissen will, so ergiebt sich flar, wie allgemein" das Wahlrecht bann noch sein würde. Charakteristisch ist, daß es wiederum ein Nationalliberaler sein mußte, der solchen Verrath an den Freiheiten des Voltes predigt, Diefe nationalliberale Gesellschaft ist noch reaktionärer als mancher Konservative.

Furcht vor Frankreich ? In demselben Augenblid, wo nationalliberale Blätter von der traurigen Lage der französischen Staatsfinanzen sprechen, wo das Ministerium Freycinet mit Sammt Boulanger seine Entlassung eingereicht hat, in demselben Augenblick, wo man von den verkommenen Franzosen spricht, die faum ernsthaft zu nehmen seien, da ertönt in denselben Drganen ein lautes Geschrei von Gefahr, die uns von dem unberechenbaren Nachbar im Westen" drohe. Und auf diese lächerlichen Widersprüche will man von Seiten dieser chauvinistisch angehauchten Partei die Heeresvermehrung des Deutschen Reichs aufbauen! Etwas mehr Logik dürfte die deutsche Reichsregierung von diesen ihren Bundes­genoffen doch verlangen können. Wenn aber eine derartige Tattit zu einem baldigen Kriege führen sollte, so haben die Nationalliberalen durch ihr chauvinistisches Geschrei eine große Mitschuld daran fich aufgeladen. Wenn dann aber der Krieg nicht glücklich für Deutschland ausfiele, so würden all' die jezigen Kriegsschreier und Kriegsförderer die ganze Schuld auf die Regierung schieben, die sich vor solchen Freunden schüßen möge.

-

Sozialistisches. Mannheim , 4. Dezember. Ein fozialistisches Flugblatt, welches die Wahl Dreesbach's be fürwortete und in 30 000 Exemplaren hergestellt war, wurde vor der Ausgabe polizeilich beschlagnahmt. Eine auf den 25. November zum Zweck der Wahl eines Delegirten in Barmen einberufene öffentliche Tischlerversammlung wurde auf Grund des bekannten§ 9 des Sozialistengesezes verboten. Konservative Blätter melden aus Leobschüß, 3. De­zember: Vor einigen Tagen ist in dem Dorfe Braniß im dies­feitigen Kreise, ganz nahe an der österreichischen Grenze be­legen, ein Packet sozialdemokratischer Schriften, unter denen sich auch die Most'sche Freiheit" befand, mit Be­schlag belegt worden. Das Packet war in einem Orte der Rheinprovinz aufgegeben. Die Thür. Waldpost" berichtet aus Pößneck , Ende November: Welche herrlichen Früchte durch die über den Friseur P. Seige verhängte Briefsperre gezeitigt werden, beweist der Fall, daß zwei Sendungen Bigarren von Brauckhoff u. Rödiger in Gera von der kaiserlichen Postanstalt Pößnect als sozialistengefeßverdächtig an das Amtsgericht ab geliefert wurden! Da Seige die Annahme der Bigarren von Seiten des Gerichts verweigert hat, so wird wohl dasselbe in Bälde Auktion anstellen, denn es ist nicht anzunehmen, daß die betreffende Firma die Zigarren retour nimmt. Alle an Seige gefandten Sachen, Briefe, Packete 2c., wandern ins Amtsgericht und gehen die Verdächtigen" nach Rudolstadt an die Staats­anwaltschaft, während Manufakturarbeiter- Beitung" und Bau­gewerkschafter" von Amtswegen dem Gesperrten" ausgehändigt werden. Allwöchentlich mehrere Male muß der Amtsdiener mit ,, angehaltenen" Schriften in die Jüdeweiner Vorstadt wandern und dieselben dem Gemaßregelten" abliefern. Es wird in dieser Sache mehr Papier verschreiben, als die ganze Angelegen heit werth ist. Die Formel zu jedem Protokoll lautet:" In Untersuchungsfachen gegen mich wegen Vergehens gegen das Gesez vom 21. Oftober 1878 erhalte ich vom Amtsdiener Höhn folgende Blätter( folgt Name) ausgehändigt" 2c. 2c. Brandenburg a. H. Am 3. d. M. fanden hier auf Requisition der Altonaer Staatsanwaltschaft Maffen- Haus­fuchungen statt. Gesucht wurde, so weit bis jetzt bekannt, bei fünfzehn Personen nach verbotenen Schriften, vor allem jedoch nach einer Korrespondenz mit den Altonaer Sozialdemokraten, wozu ein Brief aus Brandenburg veranlaßte, welcher bei einem in Hamburg auf dem Bahnhof Verhafteten gefunden wurde. Das Resultat war, abgesehen von einigen Broschüren, gleich Null. Es fehlte auch nicht an humoristischen Szenen. So

später erkennen, wenn es überhaupt noch ein ,, Später" für uns geben soll."

Die Venetianerin zog bei diesen Worten den Hand­schuh ab und ließ den Ungar eine Hand sehen, deren Weich­heit und sorgsame Pflege auf eine hohe Abkunft deutete; fie löfte einen dünnen Reifring mit einer einfachen Diamant fassung vom Finger und gab ihn mit dem dargebotenen Ringe zugleich die zarte, rosige Hand, und bezaubert durch den leisen Druck, der ihm als Erwiderung des seinigen zu Theil ward, rief er: Verfüge über mich, Du reizende Zauberin, ich mache mich ganz zu Deinem Eigenthume!"

Ich verlange von Ihnen nichts, als daß Sie jenen Antonio hier festhalten; vermögen Sie selbst nichts über ihn, so nehmen Sie die Hilfe Ihrer Freunde in Anspruch; bieten Sie Alles auf, ihn zu berauschen, thun Sie, was sie wollen, nur lassen Sie ihn nicht fort."

" Ich schwöre es Dir, er soll hier bleiben und müßte ich ihn mit meinen eigenen Händen fesseln; aber nur eine Bitte gewähre mir, Du verführerische Bauberin, ver­sprich mir, daß es mir gestattet sein soll, Dich außer der Maske zu sehen."

" Es hängt vom heutigen Abend ab, ob und wie wir uns wiedersehen wollen."

Der Ungar wollte noch etwas sagen, die Maske aber hatte ihm sanft den Arm entzogen und war davon geeilt. Von diesem Augenblicke an war das Blumenmädchen von der Redoute verschwunden. Ihre geistvolle Unter­haltung hatte Aufsehen erregt; sie ward von Vielen gesucht, aber Niemand wußte, wo sie gewesen, wo sie hin­gekommen.

Es war gegen drei Uhr nach Mitternacht . Die

Masken hatten sich verloren oder vielmehr die Larven hatten sich entpuppt und flatterten nun im glänzenden Ballfostume als Schmetterlinge dahin.

wurden bei dem Vergolder Ewald außer zwei Broschüren auch ein Deutsches Wochenblatt" vom Jahre 1885, sowie ein Privatbrief beschlagnahmt, bei einem anderen zwei Pfund Stullenpapier, auf einer anderen Stelle sollte ein Gebetbuch beschlagnahmt werden.

Ueber die Wahl in Mannheim und über die Parole des Wahlkomitees der Volkspartei, in der Stichwahl für den Sozialdemokraten zu stimmen, schreibt das Leipz. Tagebl": ,, Daß die Demokraten das nicht thun, hat schon die erste Wahl bewiesen; bei dieser haben mindestens 2000 ehrliche Demo fraten für Diffené abgestimmt und werden so jetzt auch in der Stichwahl handeln. Die übrigen Demokraten haben gar nicht gewählt und werden auch am 6. wohl nicht, feinesfalls aber Dreesbach wählen. Unter solchen Verhältniffen hat, wie bereits berichtet, der nationalliberale Kandidat einen Vorsprung von 1700 Stimmen vor dem Sozialdemokraten, die dieser letztere schwerlich wird einholen können."- Ob sich die National­liberalen bei dieser Berechnung nicht schneiden? Köstlich ist nur, daß diejenigen Demokraten, welche für den nationallibe ralen Kandidaten stimmen, ehrliche Demokraten genannt werden. Danach sind diejenigen Demokraten, welche für den Sozialdemokraten sich erklären, falsche Demokraten. Wir würden dahingegen die ersteren Renegaten nennen, während die letteren ihrer politischen Ueberzeugung treu geblieben sind.

Der Reichstagsabgeordnete Harm erläßt in der Elber felder Freie Preffe" folgende Erklärung: Die Notiz einer hiefigen Zeitung, welche darauf die Runde durch die ganze Presse machte, daß am Sonntag, den 28. v. M., bei mir eine polizeiliche Haussuchung stattgefunden, beruht auf unrichtigkeit . Es ist nur, wie die Freie Preffe" richtig geschrieben hat, nach einer Riste geforscht worden. Als ich der Polizei erklärt hatte, daß ich davon nichts wisse, ist auch nicht darnach gesucht Auch worden. Dies zur Steuer der Wahrheit. Fr. Harm." wir haben die betreffende Notiz gebracht. Die ganze Angelegen heit hat nunmehr unseres Erachtens durch vorstehende, Erklärung ihre Erledigung gefunden.

In Bezug auf die jüngsten Verurtheilungen zahl­reicher Sozialdemokraten schreibt die auf dem rechten Flügel der freisinnigen Partei stehende Saale- Zeitung" unter Anderem folgendes:" Als im Jahre 1878 das Sozialistengeset erlassen wurde, erklärte die Regierung, das gemeine Recht reiche nicht aus, um die Ausschreitungen der sozialistischen Agitation nieder­zuhalten. Eben aus diesem Grunde stimmte der Reichstag nach langem Bedenken und Schwanken der Ausnahmemaßregel zu, und in den ersten Jahren nach 1878 hörte man denn auch faum etwas von Verfolgungen sozialdemokratischer Parteimit­glieder auf Grund des Strafgesetzes. Je mehr sich aber herausstellte, daß die Ausnahmemaßregel nicht nur wirkungslos ist, sondern eher noch zur Stärkung der revolutionären Arbeiter­partei gereicht, wird nun wieder auf das gemeine Recht behufs Verfolgung dieser Partei_zurückgegriffen. Da fann man doch nicht mehr die besorgte Frage unterdrücken: Wohin soll diese Echraube ohne Ende führen? Wenn sich polizeiliche Unter­drückung und strafrechtliche Verfolgung so gänzlich unwirksam gegen die drohende Gefahr erweisen, dann sollte man diese Mittel nicht immer noch verstärken, sondern die Frage erwägen, ob auf sozialreformatorischem Gebiete nicht unendlich viel mehr gethan werden fann, als bisher gethan worden ist."- Dieser Nothschrei erscheint uns vom Standpunkt einer Vertreterin der herrschenden Gesellschaft sehr am Plage, da dem Blatte die Gesellschaft durch das Sozialistengeset bedroht erscheint.

Bei der überseeischen Auswanderung scheint leider schon wieder einmal ein Umschwung zu dauernder 3unahme sich vorzubereiten. Nach dem neuen reichsstatistischen Monatshefte ist die Zahl der über deutsche Häfen und Antwerpen Ausge­wanderten auch im Oktober wieder, wie schon im September der Fall war, etwas größer gewesen, als im entsprechenden Monat des Vorjahres. Sie betrug 8560 gegen 8529 im Jahre 1885, 12 745 im Jahre 1884, 19 440 im Jahre 1883, 18 477 im Jahre 1882, 22 212 im Jahre 1881 und 14 387 im Jahre 1880. Mit einer besonders hohen Zahl von Auswanderern ist

dort 852, also 10 pCt. der Gesammtzahl aus. Seit Beginn des Jahres bis Ende Oktober cr. find im Ganzen aus Deutsch­ land über deutsche Häfen ausgewandert 68 136 Personen gegen 96 709, 135 090, 153 394, 179 443 und 194 801 im entsprechenden Zeitraum der Jahre bis 1881 zurück.

Das Branntweinmonopol und das Tabakmonopol find nothwendige Requisite des herrschenden Systems. Die von demselben vorangestellten Bedürfnisse sind so groß, daß sie schon ohne Monopol fast gar nicht gedeckt werden können. Um 29 Millionen sollen die Matrikularumlagen erhöht werden, auf eine Anleihe werden 66 Millionen, größtentheils zur Deckung von Militärausgaben bestimmt, geschoben, aus dem laufenden Etat ist ein Defizit von 25 Millionen zu decken und endlich würde die Militärvorlage im Annahmefalle weitere 15 Millionen beanspruchen. Das verlangt alles allein der diesjährige Etat, der nächstjährige will aber auch seinen Theil haben. Dazu tommen dann noch die vielen Versprechungen, welche die Re­gierung gemacht hat. Darum fagte schon bei der vorjährigen Etatsberathung der damalige Schatsekretär v. Burchard:

Um einen mit Flaschen und Gläsern bedeckten Tisch saßen oder vielmehr lagerten sechs junge Männer, deren Gesichter allein zu Verräthern ihres Bustandes hätten wer den müssen. Die seidenen Mäntel, Masken und Trachten lagen, mit Füßen getreten, entstellt und zerrissen auf dem Fußboden umher, und diejenigen Theile, deren sich die Träger nicht entlebigen konnten, waren an den Körpern der­selben in einem nicht minder desolaten Zustande.

Auf den ersten Blid fonnte man es erkennen, daß die jungen Leute insgesammt Randidaten der Wissenschaft waren, und wenn man sich ein wenig Mühe geben wollte, mußte man auch die Fakultäten erkennen, denen sie angehörten. Der junge Mann in ungarischer Tracht mit dem scharf mare firten, eben so flugen wie sinnlichen Gesichte hätte sicherlich feinen 3wed verfehlt, wenn er sich nicht der Rechtswissen schaft gewidmet hätte; sein Nachbar mit dem schlaffen, schlaf­trunkenen Gesichte fonnte nur ein angehender Beamter sein; der Dritte mit dem weinseligen Vollmondsgesicht und dem forgfältig geträufelten Haar, welch letzteres trotz des wackeln­ben Ropfes nicht aus seiner Lage gerückt worden war, fonnte nur ein Mediziner sein, der sich vorzugsweise zum Frauenarzt qualifizirte; der Vierte ein junger Mensch von angenehmen Aeußern mit dem harmlos gemüth­lichen, faft weichen Gesichte, fonnte gleichfalls nur Arzt sein, aber ein solcher, der in Behandlung innerer Krank­heiten weit glücklicher ist, als in Operationen,

11

" Sollen die zahlreichen übrigen Bedürfnisse des Reichs, welche nun schon allzulange zurückgestellt sind, endlich befriedigt wer den, so wird es geboten sein, auf dem Gebiete der Tabaks und Getränkesteuer dem Reiche wesentlich verstärkte Einnahmen zuzufüh cen." Das Branntweinmonopol ist dieser Ankündigung des Schaßsekretärs alsbald nachgefolgt. Mit noch viel größerer Majorität als seiner Zeit das Tabakmonopol wurde das Branntweinmonopol abgelehnt vom Reichstage. Troßdem aber, weil man eben sich mit den Bedürfnissen nicht einrichtet, stehen die Monopolpläne bei der Regierung unerschütterlich fest. Finanzminister von Scholz erklärte deshalb in der Generaldebatte des Etats: Es find die Aufgaben beinahe allein mit dem Ertrage des Brannt monopols vollständig zu erfüllen, im Reich und in Preußen, und soweit sie nicht vollständig damit zu erfüllen find, würden fie eben nur in tantum zu erfüllen sei.( Heiterkeit links, Rufe: Tabakmonopol!) Der Tabat wird später gewiß noch dazu tommen. Sie wissen, das ist meine pofitive Ueberzeugung." Also Herr v. Scholz nach dem offiziellen stenographischen Bericht. Hier wird flipp und klar das Branntweinmonopol und das Tabaksmonopol als eine sichere Eventualität hingestellt, mit welcher wir bei den Wahlen zu rechnen haben werden. Der Minister suchte zwar am zweiten Tag der Generaldebatte seine Worte zu drehen und zu deuten, aber ein offizielles Dementi gab er nicht. Das Branntweinmonopol fommt und auch das Tabakmonopol. Darum schlägt die Regierung iegt auch keine neuen Steuern vor. Sie will und muß für ihre Politit Monopole haben, deshalb überläßt sie den Bundesstaaten dieses Mal die Deckung der Unterbilanz, um sich nicht die Wahlen zu verderben. Wenn dann die Finanzverhältnisse auch in den Einzelstaaten erschüttert sind, dann hofft man mit den Monos polen durchzubringen. Alle Parteien, welche nicht gewillt find, der Regierung einen neuen Machtzuwachs zu bewilligen, werden daher gut daran thun, fich zum Kampfe gegen alle Monopol projekte zu rüsten und dem Finanzminister für seine vorzeitige Offenheit dankbar zu sein.

Zur Förderung des telegraphischen Verkehrs über­nimmt es jetzt die Reichspost- und Telegraphenverwaltung, auf fürzere Entfernungen Nebentelegraphen zum Anschluß an Reichstelegraphen herzustellen und Privatpersonen zu deren eigenem und ausschließlichem Gebrauche entweder miethweise oder eigenthümlich zu überlassen. Unter Umständen fönnen verschiedene, an eine und dieselbe Reichstelegraphene anstalt in dieser Weise angeschloffene Geschäftsstuben, Fabriken, Wohnungen 2c. telegraphisch miteinander in Verbindung treten. Die Nebenanlage dient dazu, dem Inhaber die für ihn bei der nächsten Reichsanstalt eingehenden und von ihm an diese abzu sendenden Telegramme zuzuführen. Für die Wahrnehmung des Telegraphendienstes bei der Nebenstelle hat der Inhaber selbst zu sorgen, jedoch wird die Reichsverwaltung einer hierzu beſtimmten geeigneten Person unentgeltlich Gelegenheit zur Ausbildung geben, falls ihr daraus keine Kosten entstehen. Die für den Inhaber ankommenden und von ihm abzusendenden Telegramme werden auf der Anschlußleitung gebührenfrei be fördert. Bei miethweiser Ueberlaffung find für die Benutzung des Nebentelegraphen mit einer Anschlußleitung bis zu einem Kilometer Länge der Reichspostkasse jährlich zu entrichten: bei dem Betriebe mit Morfeapparaten 125 M., bei dem Betriebe mit Fernsprechern 75 M. Wünscht der Antragsteller die Auf­stellung weiterer als der unbedingt erforderlichen Apparate, so wird die dafür zu zahlende Vergütung in jedem einzelnen Falle besonders festgelegt, desgleichen bei außergewöhnlichen Dienstleistungen, wie Dienstbereitschaft während der Nacht zc.; für jedes weitere Kilometer Anschlußleitung wobei jedes an gefangene Rilometer für voll gilt eine Zuschlagsgebühr von 20 M. Der Inhaber hat sich auf 5 Jahre mit vorangehender halbjährlicher Kündigung zu verpflichten. Wünscht der Inhaber den Nebentelegraphen als Eigenthum zu erlangen, so hat er die Herstellungskosten der Anlage zu zahlen und auf seinen Wunsch besorgt die Reichsverwaltung die Unterhaltung der Wahrnehmung des Nebendienstes jährlich 50 M. zu entrichten hat. Die Reichsverwaltung fann jederzeit den Betrieb der Nebenanlagen zeitweise oder gänzlich einstellen, ohne daß den Inhabern ein Entschädigungsanspruch zusteht, und in Kriegs oder unruhigen Beiten" die Nebenstellen durch ihre Beamten betreiben laffen.

Holland.

Der von Heemskerk der Zweiten Kammer vorgelegte Gefe entwurf über das Wahlrecht scheint bei keiner Partei die erwartete Billigung zu finden. Zwar ist in demselben das Wahlrecht derart etwas ausgedehnt worden, daß von nun an etwa 300 000 Wähler, also etwa doppelt so viel als bisher, das Recht haben sollen, die hundert Abgeordneten, aus welchen fortan die Zweite Kammer bestehen soll, zu wählen, aber die Rechte wird sich doch nie mit dem Grundfas vereinigen fönnen, daß das bisher dem Wahlrecht zu Grunde liegende Brinzip des Miethwoerthes vollständig über Bord geworfen ist, während die Linke und namentlich der radikalere Theil derselben an dem doch noch festgehaltenen Vermögenszensus Anstoß nimmt. Der Minister wird, wie er sich wiederholt ausgesprochen hat, zu einer

Wein

war

Antonio, der Sechste in der Gesellschaft, war auf das Bureben der Andern, die sämmtlich zu seiner Bekanntschaft gehörten, noch mehr aber seinem Freunde zu Liebe, hier geblieben. Jeder Einzelne gab sich Mühe, ihn zu erheitern, Alle tranken ihm zu; er that Bescheid, und der reich lich genossene fonnte seine Wirkung nicht verfehlen. Anfangs der Gedrückteste und Schweige samste in der Gesellschaft, er bald das belebende Element in ihr, und seine Lust war um so wilder, je mehr sie mit seinem nüchternen Seelenzustand im Widers spruch war. Die Musik im Ballsaale war verstummt, die ermüdeten Tänzer hatten sich verloren, nur aus dem Seitens fabinet schallte noch von Zeit zu Zeit lautes Lachen und Gläserklirren durch den verödeten Raum. Mehrmals schon hatte der Eine oder Andere der sechs jungen Leute zum Aufbruch gemahnt; nur der Ungar hielt sie noch immer, seinem Versprechen getreu und auf die weitere Weisung Blumenmädchens harrend, zurück. Endlich war all sein Bureben vergebens, der Philosoph erhob sich zuerst; ihm folgten Antonio und die Uebrigen.

des

Die jungen Leute taumelten, einer den andern unters stützend, die Treppe hinab, und wurden schon auf dem einem Dutzend bereitwilliger Diener in Empfang genommen, die sie zu einem Wagen geleiten

Korridor von

wollten.

Auf der Straße gefellten sich zu jenen noch eine Anzahl Rudolph Schwarz, so ist der Name dieses angehenden vielstime Arztes, muß sicherlich einmal ein sehr beliebter, aber wenig migen Fahr mer Euer Gnaden?" umschwärmten. berühmter Name werden. Den erwählten Beruf des Fünften Schon in der Vorhalle hatte sich ein fremder Mann an hätte, wenn nicht schon sein turzsichtiges, geschwächtes Auge, Antonio herangedrängt, und da es trop des nahen Morgens

ein Mensch, der zwischen fünf halb und ganz Berauschten nüchtern bleibt, ein Mensch, der nur lächelt, wenn Andere

noch sehr dunkel war, hatte es Niemand, Antonio aber am allerwenigften bemerkt, daß der Mann, auf deffen Arm gestüßt er auf die Straße fam, nicht zu feiner Gesell

Die Nichttänzer toben, der sich nie aufregt, nicht singt, nicht tanzt, nicht schaft gehörte. In der Meinung, daß es Rudolph sei, folgte

hatten sich in besondere Räume zurückgezogen, wo sie je nach ihrer Neigung beim Wein oder Spiel ihr Vergnügen Suchten.

Das fleine Seitenkabinet, in welches wir vorher die beiden Freunde hatten treten sehen, bot jetzt einen eigenthümlichen Anblid bar,

liebt, sich mit Büchern überladet, das Leben aus dicken Fo­lianten studirt und eminente Examen macht, ist ein angehender Lehrer, ein Pedant, ein Denker und Philosoph.

Die Anwesenheit dieses Menschen an diesem Orte hätte man sich nicht anders erflären fönnen, als daß er mit Ge­walt hierher geschleppt worden sei.

er ihm, ohne sich um die Andern weiter zu befümmern, zu einem bereit stehenden Wagen und nachdem er mit Hilfe feines Begleiters eingestiegen war, warf Leßterer den Schlag zu und der Wagen rollte, ohne daß die Einsteigenden dem Führer eine weitere Weifung gaben, im Fluge dahin. Erft I nachdem die jungen Leute sich arrangirt und zwei Wagen in