Staatssekretär im Reichsjustizamt v. Schelling: Die Kommission hat ihre Berathungen am 1. Oktober 1881 begon nen und mit einer solchen Unermüdlichkeit, die auch mein Vor­redner anerkannte, gearbeitet, daß sie jetzt im 5. legten Theile, dem Erbrecht, steht. Voraussichtlich wird sie Mitte des nächsten Jahres auch den 5. Theil fertig gestellt haben. Dann soll der Kritif durch Drucklegung ein weites Feld eröffnet werden. Es ist nicht gesagt, daß damit die Thätigkeit der Kommission zu Ende ist. Vielleicht thut sie gut, sich noch mit einigen Er­gänzungen z. B. mit dem Einführungsgesetz der Grundbuch ordnung und anderen Nachträgen zu beschäftigen. Weil diese Möglichkeit vorliegt, wird die Kommission noch während des ganzen nächsten Jahres fortgefegt werden, und deshalb ist keine erheblich geringere Summe im Etat eingestellt worden. Die Absetzung von 25 000 M. wird dadurch motivirt, daß Er­sparnisse an diesem Fonds gemacht worden find.

Abg. Bock: In der zu erwartenden Vorlage wegen Herab­segung der Gerichts- und Anwaltsgebühren ist in der Haupt­fache nur auf eine Ermäßigung der Anwaltsgebühren Bedacht genommen. Eine derartige Reform des Gebührenwesens genügt dem Volke keineswegs. Auf die Herren Millionäre freilich hat man eine zarte Rücksicht genommen, indem man auch die Gerichtsgebühren für Streitobjekte über 10 000 M. ermäßigen will. Weit mehr liegt uns aber am Herzen, daß der arme Mann mit geringen Kosten seinen Arbeitslohn oder sonst eine geringe Forderung einklagen könne. Man sagt, in Folge der Erhöhung der Prozeßkosten sei keine Störung der Rechtspflege eingetreten. Die Abnahme der Prozesse aber, die feststeht, ist ein deutlicher Be­leg für eine solche Störung, und nichts bewirkt mehr eine Ne­girung der öffentlichen Autorität, die man den Sozialdemo­fraten vorwirft, als wenn das Recht im Lande nicht zu seiner Geltung fommen kann. Die Urtheile des Reichsgerichts, bie Tendenzprozesse der letzten Zeit, das Freiberger Urtheil sorgen für die Herabsetzung der Autorität mehr als hundert sozialistische Reden. Die Gerichtskosten in dem Diäten prozesse Des Abg. Kräcker wegen 1500 m. haben 249 M. betragen, dazu kommen für jeden der beiden Anwalte etwa 150 M., macht zusammen etwa 549 M.; das sind unerträgliche Verhältnisse. Laute und berechtigte Klagen hat auch das Institut der Ge richtsvollzieher hervorgerufen. Während der Exekutor früher stolz zu Fuß zum Auspfänden ging, fommt der Gerichtsvollzieher jest gefahren, theils einspännig, theils zweispännig, um dann dafür dem armen Teufel entweder eine Zwangshypothef auf fein Häuschen zu legen oder ihm das legte Stück abzupfänden. Das muß das Ansehen der Gerichtspflege in den unteren Ständen untergraben. Ich empfehle dem Staatssekretär des Justizamts nicht blos eine Ermäßigung der Anwalts-, sondern vorzugsweise der Gerichtsgebühren eintreten zu lassen.

Tit. 1-4 werden hierauf bewilligt.

Tit. 5-8 werden wegen einer Mehrforderung von 1350 M. für einen neu anzustellenden Boten auf Antrag des Abg. von Bernuth in die Kommission verwiesen.

Der Rest des Etats der Jastizverwaltung, die Etats des Reichseisenbahnamts, des Rechnungshofes, des allgemeinen Pensionsfonds und Reichs­invalidenfonds werden, soweit sie nicht der Budgetfom­mission zur Vorberathung überwiesen sind, ohne Debatte ge­nehmigt.

Um der Budgetkommission und der Kommission zur Berathung der Militärvorlage etwas Raum für ihre Arbeiten zu geben, schlägt der Präsident vor, die nächste Sigung erst am Freitag abzuhalten. Widerspruch dagegen er­hebt sich nicht.

Echluß 2 Uhr. Nächste Eizung Freitag 1 Uhr. ( Etat der Militärverwaltung und des Reichstags.)

Lokales.

-

schaft und es soll zuweilen dort bis zum frühen Morgen recht munter hergehen; fein Echußmann stört fie, das Kaf. National hat Nachtkonzession. Aus einem refervirten Zimmer des Restau­rants zum dustern Keller muß die Einschäßungskommission um 11 Uhr flüchten. Aber freilich warum tagt sie nicht im ,, Kaf National", von der Polizei würde sie dort nicht gestört." Wir unsererseits find nun vollständig von der Solidität des mit echt spießbürgerlicher Gründlichkeit und Genauigkeit ge­schilderten Lokals überzeugt, glauben aber, daß es kaum nöthig gewesen wäre, eine so umfassende Genealogie einer Kneipe zu geben, die von einer Berliner   Einschäßungskommission mit ihrem Besuch beehrt wird. Mag das Restaurant aber nun noch so würdig sein, so fönnen wir uns aus anderen Gründen schon nicht damit einverstanden erklären, daß so wich­tige Geschäfte, wie die Einschätzung der Steuerzahler, wie die Einschätzung der Steuerzahler, in Räumlichkeiten vorgenommen werden, in welchen der " großen Weiße" und der Strippe" gehuldigt wird. Bei allzulangem Sißen kann es den Herren Einschäßungskommiffaren selbst denn doch auch passiren. daß sie alles doppelt sehen" das Einkommen und Vermögen der einzuschäßenden Mitbürger. Wenn man seine Steuerquittungen betrachtet, fommt man un­willkürlich auf diesen Gedanken. Spaßhaft ist es allerdings, wie die Voff. 3tg." sich anstellt, wenn sie gegen polizeiliche Maßnahmen bockbeinig wird. Es müssen doch in Berlin   recht bedenkliche Zustände herrschen, wenn schon die Tante Voß ungemüthlich wird. Um den einen Mißstand zu" rügen, hätte ungemüthlich wird. Um den einen Mißstand zu rügen, hätte sie die bittere Pille freilich nicht in gar so viel Zucker zu hüllen brauchen, namentlich ist das Kafé National" doch so gefährlich nicht mehr seitdem nämlich dort, wie ein anderes Blatt sogar ein besonderer Tisch fürzlich indiskreter Weise verrieth

-

-

-

für Reichstagsabgeordnete refervirt wird. Wo Reichstags abgeordnete verkehren, da kann doch auch ganz getrost eine Berliner   Einschäßungskommission tagen.

-

-

-

Pennbrüder. Das Unglück in seiner trostlosesten Gestalt erregt oft mehr Spott als Mitleid, und das Elend in seiner jammervollsten Gestalt zu sehen, bietet unsere Welt- und Millionenstadt tros ihres Glanzes, troß ihrer Pracht und Herr= lichkeit reichlich Gelegenheit. Die bessere Gesellschaft, die ge­bildeten Stände sind schnell bei der Hand, sich ein Urtheil zu bilden und ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen über das fich ihnen vor Augen stellende Elend und dasselbe mit Namen zu belegen, welche den Stempel absoluter Unfenntniß bestehender Verhältnisse, sowie einer großen Lieb- und Herzlosigkeit an fich tragen. Jene, welche den geschmackvollen Namen ,, Vagabunden" auf die wandernden, nach Arbeit suchenden und von den ärgsten Nöthen des Lebens heimgesuchten Arbeiter in Anwendung brachten, wer fennt nicht das Märchen von den 200 000 Vagabunden, welche das Land durchziehen!- können auch die Ehre für sich in Anspruch nehmen, die nicht minder geschmad­volle Bezeichnung Pennbrüder" erfunden zu haben. Vaga­bunden und Pennbrüder find synonyme Begriffe, denn was die Vagabunden" für das Land, das find die Bennbrüder" für die Stadt. Ihre Beschäftigung besteht nach Ansicht gewisser Leute darin, in den Straßen umher zu schlendern, auf öffent­lichen Pläßen herum zu lungern oder die dort stehenden Ruhe­bänke zu drücken, des Nachts bei Mutter Grün", in Neu­bauten, Vorgärten oder an sonstigen angenehmen Drten zu pennen". Es hieße nur leeres Stroh dreschen und Eulen nach Athen tragen, wollte man sich die Mühe nehmen, Jenen, die absolut kein Verständniß für die soziale Frage" haben, das Unglück der Unglücklichen mitzufühlen außer Stande sind, einen wenn auch nur schwachen Begriff von dem grenzen­losen Elend jener Menschen, welche sie verächtlich ,, Bennbrüder" nennen, beizubringen. Wohl aber möchten Jene bedenken, was fie sprechen und erst etwas über die Ursachen nachdenken, welche die Menschen zu Bennbrüdern" werden lassen. Am Montag brachte die konservative" Post" eine Notiz, das Ende eines Bennbruders" betreffend, welche höchst charakteristisch ist und wohl verdient, namentlich in besseren" Kreisen recht sehr be­In einem ganz eigenartigen Lichte erscheinen gewisse herzigt zu werden. Befagte Notiz meldet in kurzen Worten, Zustände der Reichshauptstadt, wenn man folgenden Bericht der Boff. 3tg.", eines durchaus militär- und polizeifrommen daß am Sonntag Vormittag in der Nähe des Görlizer Bahn­Bourgeoisblattes, liest. Jeder alte Berliner  , so schreibt das hofes ein bewußtloser Pennbruder, an der Erde liegend, aufge­genannte Blatt, erinnert sich noch des Dustern Kellers an der funden und nach der Sanitätswache am Görlizer Bahnhof ge­Bergmann und Bellealliancestraßen- Ecke. Es war, wie man schafft worden sei, woselbst der wachhabende Arzt den einge­tretenen Tod durch Erfrieren konstatirte. Der Pennbruder" früher sagte, eine alte Tabagie mit einem Garten voll herr­licher Bäume, wohin dazumal gern der Berliner der Friedrich- sei von Ungeziefer übersät, seine Taschen vollständig leer ge= wefen. Das aber habe man den Gefichtszügen und den fein­stadt mit seiner Familie wallfahrtete, um seine Weiße zu trinken. Hinten hinauf führte ein Weg lintsab nach einem Birkenhain, gebildeten Händen angesehen, der Pennbruder" habe einst der der jüngeren Welt zum Spiel- und Tummelplatz diente, beijere Tage gesehen! Wie Viele mögen die Notiz gelesen den aber auch zeitweise Lebensmüde sich aussuchten, um dem haben, ohne etwas anderes dabei zu denken, als: Entseglich, Schiffbruch ihres Daseins ein schnelles Ende zu bereiten. An was es doch für Menschen giebt!" Wer aber etwas darüber der Ostseite des Gartens an der Bergmannstraße Band ein nachdenkt und sich die fürchterliche Lage jenes Bedauerns werthen niedriges Häuschen, dessen sauber, aber einfach nach der Väter mag er nun durch eigenes Verschulden oder Unver­schulden in dieselbe gekommen sein vor Augen führt, wer alter Sitte ausgestatteter Gastraum gegen die Unbilden der Witterung zur Sommer- oder Winterzeit Schutz bot, und es die unmenschlichen Qualen, die der Unglückliche erduldet hat, waltete darin ein Musterexemplar eines alten Weißbier- bis zu dem Augenblicke, wo ihn, von Ungeziefer übersät, in wirthes, wie man sich deren in Berlin   noch aus guter den Straßen Berlins   der Tod durch Erfrieren seinem der Beit alter erinnert, Jammer entrückte, vergegenwärtigt, namenlosen Jammer behäbiger Jovialität gegen fann die Gäste, die er gern sah, kurz angebunden und grob allerdings auch den Ausruf nicht unterdrücken: gegen diejenigen Gaste, die ihm nicht behagten. Immer Entsetzlich, was es doch für Menschen giebt!" Aller­aber hielt er auf Ordnung und Sitte, wie es fich für dings in einem anderen Sinne. Es wäre zu optimistisch gedacht, wollte man nicht zugeben, daß auch unter den Benn­eine alte und gut renommirte Bürgertabagie geziemte. Ende der fünfziger Jahre fiel zunächst der Garten mit seinen prächti- brüdern" sich Elemente befinden, welche kein besonderes Mitge gen alten Bäumen der Baufpefulution zum Opfer und es blieb fühl erwecken, das man schließlich auch dem Unmürdigsten nicht von dem Dustern Keller nur das Häuschen stehen, hinter dem verweigern kann, doch heißt es ebenso allzu pessimistisch urtheilen, sich dann von dem Garten nur noch ein schmaler Streif bis zu will man unter Bennbrüdern" nur die Hefe der menschlichen dem Berge hinzog, auf deffen Höhe fich der Berliner   Bock be- Gesellschaft verstehen. Diese beliebte Anschauung wied gründe findet. Nur wenige Ueberbleibsel jenes alten Baumbestandes lich widerlegt durch die gedachte Notiz, welche besagt, daß der fristeten in diesem Gartenstreifen noch ein fümmerliches Dasein." Bennbruder" einst beffere Tage gesehen. Was dieses bessere Aber auch jene alten Ueberreste, die von dem Dustern Keller Tage gefchen", in diesem Falle bedeuten soll, wird hinlänglich nichts mehr als den Namen gerettet hatten, sollten keinen lan  - erklärt durch den Hinweis auf die Gesichtszüge und die feinge­gen Bestand mehr haben; Mitte der siebziger Jahre fielen auch bildeten Hände des Verunglückten, es ist eine milde Umschrei fie und mußten einem Neubau Plaz machen. Der Wirth der bung der Thatsache, daß derselbe einst den besseren Ständen" lezten Jahre mußte sich flüchten und bezog ein neues Lokal schräg angehört hat und diese Thatsache ist ein eindringliches memento gegenüber, und heute erinnert an die vergangene Herrlichkeit mori für die Angehörigen der besseren Stände, indem dieser des alten Dustern Kellers nur noch das Schild, welches die Auf- Fall wiederum beweist, daß das menschliche Schicksal unbe rechenbar ist, daß sich das Bennbruderthum" auch aus den schrift Restaurant zum dustern Keller" führt. In dieser Lofali­tät, die zwar nichts mehr von der Altväterlichkeit ihres früheren ,, befferen Ständen" rekrutirt. Diese Thatsache sollte eine ernste Heim hat, die aber von Berliner   Bürgern noch gern besucht Mahnung sein an Alle, mehr Nächstenliebe zu üben und die wird, spielt sich die kleine Geschichte ab, die wir erzählen wollen." Vermögenden anspornen, Zustände zu schaffen, welche so fürchter An dieser Schilderung, so wird gewiß ein jeder sagen, ist durch- liche Vorkommnisse, wie das geschilderte, unmöglich machen. aus nichts Bemerkenswerthes, es ist eine Reminiszenz, wie man Beffere Tage fieht schließlich immer noch auch der ärmste Ar­fie häufig in den Tagesblättern findet. Bezeichnend für den beiter, der, wenn auch unter den schwersten Entbehrungen sein Standpunkt eines auch" freisinnigen Blattes ist es aber, daß Dasein fristend, wenigstens noch ein Obdach befitt. Doch wie diefe ganze lange Einleitung, die fast vom Anbeginn der Welt schnell ist in heutiger Zeit dieses unscheinbare, wenngleich un anfängt, nothwendig ist, um den Lesern die folgende kleine Ge- schäzbare Befigthum verloren! Man betrachte nur die große Zahl schichte aufzutischen: Eine Berliner   Einschägungskommission der Arbeitslosen, welche verzweifelnd die Straßen Berlins   durch­hatte sich dort, so fährt die Von. 3tg." fort, für ihre Sigungen irren, deren Zahl namentlich zur Winterzeit zu einer erschreckenden zur Erledigung ihrer amtlichen Arbeiten ein besonderes Bimmer Höhe anschwillt! Ist der Mensch erst arbeitslos, so wird er ausgesucht, zu dem kein Gast Zutritt hat. Man weiß ja, die auch sehr leicht obdachlos und die Statistiken der Asyle für Privatwohnungsräume find in Berlin   beschränkt, amtliche Lo- Obdachlose reden eine deutliche Sprache. Arbeits- und obdachlos, falitäten stehen nicht immer zur Verfügung. So tagte jene werden die Menschen Bennbrüder" und enden schließlich auf offener Straße, nachdem sie den Kelch unmenschlicher Leiden Einschäßungskommission dort auch am 2. d. M. Die Ein­schätzung der Berliner   Bürger ist fein leichtes Ant und wenn bis auf den legten Tropfen geleert haben. Diese Thatsachen es gewissenhaft gehandhabt wird, erfordert es 3eit. Die Ar- find schrecklich aber wahr und schreien laut um endliche energi beiten hatten sich derartig gehäuft, daß die Kommission noch sche Abhilfe. Hier helfen feine" humanen" Bestrebungen, teine um 11 Uhr Abends in Thätigkeit war. Da sollte aber die Asyle, feine Wohlthätigkeit, hier helfen allein durchgreifende Arbeit der Kommission ein jähes und unerwartetes Ende er- soziale Reformen! Solche herbeizuführen sollte doch endlich fahren. Ein Schußmann betrat das Zimmer, mahnte die Herren, das Bestreben eines jeden Staatsbürgers sein und zwar im daß es Schlafenszeit sei und gebot Feierabend. Das Lokal hat eigensten Interesse, da jetzt ein jeder, mag er reich oder arm Uhr Abends. nur die Echantfonzession bis 11 Da sein, die Anwartschaft hat, ein Bennbruder" zu werden! half kein Widerspruch, daß es ein abgeschlossenes, be­fonderes Bimmer sei, in dem die Kommission arbeitete, und daß der Vorsitzende derselben den Schußmann darauf aufmerksam machte, daß die Kommission in amtlicher Eigenschaft hier tage; der Schußmann bestand auf feinem Echein und die Kommission mußte das Feld räumen. Im Kafe National in der Friedrichstraße tagt andere Gesell­

von

"

Die Anwendung fünstlicher Beleuchtung scheint in Folge des polizeilichen Verbotes der Maurerarbeit bei einer Tempe ratur unter zwei Grad Kälte sehr umfangreich zu werden. Meist ist es die elektrische Beleuchtung, die z. B. bei den umfang reichen Neubauten in der Beuthstraße und an der Zimmer­und Lindenstraßenecke und bei vielen anderen Neubauten im Innern der Stadt zur Anwendung kommt, und es macht einen

eigenthümlichen Eindruck, mitten auf dem Bauplage in einer kleinen provisorischen Hütte die Dampfmaschine aufgestellt zu sehen, welche für acht bis zehn Lampen berechnet ist, die den Bauplatz und das begonnene Mauerwerk mit ihrem fahlen Lichte erleuchten. Weniger imposant machen sich die hochflackernden Benzinlampen auf anderen Neubauten, z. B. in der Leipziger­straße, mit ihrem äußerst belästigenden Geruch für Jeden, der in ihre Nähe geräth. Selbstverständlich gehört eine größere Bahl folcher Flammen dazu, um in der Dunkelheit die zur Fortführung der Arbeit erforderliche Helle zu verbreiten. Eins aber ist bei dieser fünstlichen Beleuchtung ganz zweifellos, nämlich, daß auch bei der ausgiebigsten Anwendung derselben die ohnehin für die be schäftigten Arbeiter sehr große Gefahr noch mehr erhöht wird. So wird schwerlich eine fünstliche Beleuchtung so einzurichten sein, daß alle Theile eines über das Fundament hinausragen den Rohbaues genügend erleuchtet sind. Ueberall wirft das grelle Licht auch tiefe Schatten und erzeugt bei dem Arbeiter ein Gefühl der Unbehaglichkeit und Unbequemlichkeit, das er während der Arbeit bei natürlichem Tageslicht nicht kennt. Be sonders verhängnißvoll kann dieser Umstand für die mit dem Herbeischaffen des Materials beschäftigten Arbeiter werden. Ein unglücklicher Tritt in eine Deffnung, die zufällig von einem solchen tiefen Schatten bedeckt ist, fostet ein Menschenleben oder die gesunden Glieder eines Arbeiters und macht diesen zum Krüppel. Sind schon bei unseren Bauausführungen all­gemein größere Sicherheitsvorkehrungen wünschenswerth, so find fie es bei diesen künstlich beleuchteten Bauten doppelt und dreifach.

Bon verschiedenen Seiten werden wir auf ein Inserat aufmerksam gemacht, welches fich gestern im Lokal- Anzeiger" fand. Dasselbe lautete: Beitungsfalzer werden gegen guten Lohn für einige Zeit gesucht. Meldungen Dienstag Nachmittag 3 Uhr Simmerstr. 40 41, of Quergebäude part. rechts." Um 3 Uhr hatten sich dort eine große Anzahl von Beschäftigung suchenden Personen eingefunden, die jedoch Alle mit dem barschen Bescheide vom Portier abgewiesen wurden, daß der Bedarf an Leuten bereits um 1 Uhr gedeckt worden sei. Man sollte doch heute, wo es so viele arbeitslose Personen in Berlin  giebt, mit der Abfaffung derartiger Annonzen etwas gewiffen­hafter umgehen, arme Teufel werden durch solche ungenaue Angaben zu ihrem sonstigen Unglück noch obendrein zum Besten gehalten. Mindestens aber dürfen die Genasführten verlangen, baß ihnen ein ausreichender und höflicher Bescheid zu Theil wird und daß sie nicht noch grob angefahren werden.

Der Grunewald, der durch die Stadtbahn den Berlinern so nahe gerückt ist, erfährt jest wichtige Umänderungen, durch welche abermals ein Stück des Grunewald   den Berlinern er schloffen werden soll. Um den Grunewald gewissermaßen an die Schwelle der Stadt zu rücken, muß man planmäßig die Ein Schritt Verkehrswege dahin verbessern und erweitern.

weiter nach diesem Ziel zu ist in aller Stille mit der Anlegung einer neuen Hauptstraße nach dem Grunewald   gethan worden. Einige hundert Arbeiter sind zur Zeit bei der Regulirung der neuen Straße beschäftigt, Die neue Straße zweigt am Kur fürstendamm da ab, wo dieselbe von der Wilmersdorferstraße geschnitten wird, und geht dann gradlinig in ungefähr der selben Anlage wie der Kurfürstendamm   auf den Grunewald zu, den sie in der Nähe von Schmargendorf   trifft, um dann bis an den Grunewaldsee in der Nähe von Paulsborn fortge setzt zu werden. Man kann ermessen, was es heißt, diesen lieblichen Theil des Grunewalds nun ebenfalls erreichbar zit machen, der für alle nicht mit Fuhrwerk gesegneten Menschen sowohl von Dahlem   wie von der Station Grunewald   aus nur nach langem Marsche zu erreichen war. Dort, wo die neue fie wird Kron Straße, welche bereits ihren Namen hat prinzen Damm heißen den Grunewald trifft, unmittelbar an feinem Saume soll ein Erfrischungs Etablissement in großem Stil errichtet werden. Dasselbe befindet sich bereits im Bau Nur für eine kleine Strecke des Kronprinzen- Dammes find noch Terrainregelungen vorzunehmen, alles Wesentliche ist entschie den, ja man hat bereits mit dem Ausholzen an einigen Stellen begonnen und hat an anderen vorläufige Pflasterungsarbeiten in Angriff genommen.

Mittel gegen das Ausgleiten der Pferde auf glattem Pflaster. Das faiserliche Postfuhramt in Berlin  , welches über einen sehr großen Pferdebestand verfügt, hat in jüngster Zeit eine Einrichtung getroffen, die bestimmt ist, den zahlreichen Unfällen vorzubeugen, denen die Pferde auf dem überaus glatten Pflaster Berlins   ausgesetzt sind. Zwischen den Huf eisen der Pferde werden fleine, aus einem brasilianischen Faserstoff geflochtene forfartige Polster, die sogenannten Beds mann'schen Hufpolster", eingeschoben, welche in Folge ihrer starken Reibungsfähigkeit dem Pferde selbst auf dem glattesten Asphaltpftafter und dergleichen einen so festen alt geben, daß das gefährliche Ausgleiten mit den Hufen vollständig ausge schlossen wird. Die Polster konserviren auch sonst den Huf, die Einwirkung des harten Pflasters auf denselben wird durch die Elastizität des Polsters gemildert und auch die Hufeisen werden weniger abgenußt.

Der übliche Redaktionsmailäfer wurde uns vorgestern Abend von einem freundlichen Leser gestiftet. Leider fehlen alle Daten über die Herkunft des braunen Burschen und auch namentlich die Angabe, wer den geehrten Gast wohl veranlaßt haben könnte, die schüßende und wärmende Erde so vorzeitig zu verlaffen. Vorläufig haben wir ihn unserer Menagerie ein verleibt, bis sich vielleicht irgend ein verständnißreicher Maifäfer Hermes findet, der für sein weiteres Fortkommen zu sorgen beffer in der Lage ist als wir.

Das Anfaffen der Backwaaren, welches in der Preffe vielfach gerügt worden ist, giebt jegt auch den Bäckern zu einer lebhaften Besprechung der Frage Veranlassung. Man wünscht allgemein eine Beseitigung der Unfitte, glaubt aber, daß noch eine größere Agitation nöthig sei, um die Frage spruchreif su machen.

" 1

Ausweisung? Das Berl. Tagebl." schreibt: Klempner Weiß, in der Liesenstraße wohnhaft, in den Kreisen der Sozial demokraten unter dem Namen Grünspan" befannt, ist, wie uns mitgetheilt wird, am Sonntag früh auf Grund des So zialistengefeßes ausgewiesen worden. Da derselbe österreichischer Unterthan ist, wurde er nicht nur aus Berlin  , sondern gleich aus dem gesammten preußischen Staatsgebiete ausgewiesen.

Das Farthöfer'sche Tuchgeschäft, welches als letzte Gr innerung an die vornehme Zeit des Mühlendammes in unsere Tage hineinragte, hat am Sonnabend seine Pforten geschloffen Dasselbe gehörte seit alter Zeit den Farthöfer's, einer böh­mischen Kolonistenfamilie. Es fällt, damit an der engen Stelle ein vorläufiger Durchgang für das Publikum geöffnet

werden kann.

Ais

s

Ueber die Festnahme einer Person wegen Wahlbes gestern Mittag ein Wahlberechtigter eins der Wahllofale in der Königstadt betrat und die Stimmzettel entgegennahm, traf auf ihn ein Herr mit den Worten zu: Wählen Sie den

( hier nannte er den Namen eines der aufgestellten Kandidaten), dann trinken wir nachher auch ein Glas Bier zusammen!" Mögen die Worte im Ernst oder im Scherz gesprochen worden der wachthabende Schußmann, welcher die Aeußerung gehört hatte, fistirte den Betreffenden nach der Polizeimache. Wie wir hören, ist es ein Kaufmann aus Hamburg  . Ders

fein

-

selbe wird sich nun megen versuchter Wahlbeeinflussung Etrafrichter zu verantworten haben.

vor dem

Im Rausche beraubt. In der Nacht vom 17. zum 18. Oftober zechten drei Böglinge eines hiesigen Institute in einem Lokal in der Jägerstraße. Nach Mitternacht   trennten fie sich in der Paffage. 3wei von ihnen gingen direkt nach der gemeinschaftlichen Wohnung in der Schönhauser Allee  , während der Dritte, Namens G., welcher stark angetrunken war, noch auf den Straßen umherwanderte. So weit die Erinnerung