Tleberjeugung nur konstatiren in Hinsicht auf seine Produk-tion und die von ihm wirklich beschäftigten Gehilfen. Aberman zähle nicht die für Konfektion u. s. w. arbeitenden Ar-beiter dem Gewerbe zu, sondern der Industrie. Z.Aus®e(}crrcicE.(Vergleiche gestrige Beilage.)II.Die Arbeiterkammern sind offenbar in Analogie zuden bestehenden Handels- und Gewerbekammern gedacht— dienäheren Bestimmungen darüber zeigen aber deutlich, daß esdarauf abgesehen ist, durch den Namen und durch den ähnlichenWortlaut einzelner Bestimmungen in den Kreisen der Arbeiterdie Täuschung wachzurufen, es würden ihnen durch dieses In«stitut gleiche Rechte wie den Unternehmern in Handel und Ge-werbe verliehen. Daß dies nicht der Fall ist, geht vor Allemaus den Bestimmungen über das politische Wahlrecht in dieKammern und der Kammern in den Reichsrath hervor. Diebestehenden Handels- und Gewerbekammern wählen28 Abgeordnete in die Reichsvertretung, die Arbeiter-kammern sollen nur 9 Abgeordnete wählen. In dieArbeiterkammern dürfen ferner nur solche Arbeiter wählen undgewählt werden, die winde st ens zwei Jahre imKammerbezirke in Arbeit stehen und einer imKammerdezirke befindlichen, nach den gesetzlichen Vorschriftenvrganifirten Krankenkasse angehören. Daß durch die Beschrän-kung des aktiven und passiven Wahlrechts auf die seit min-bestens zwei Jahren Ansässigen einer großen Zahl von Arbeiterndas Wahlrecht geraubt wird, ist von vorn herein klar; eine Bestimmung, die für die Klasse der Unternehmer ziemlich bedeu-tungslos wäre, ist für die Arbeiterklasse von Ausschlag gebendemEinflüsse. Tie moderne Freizügigkeit, die periodischm Krisenund die damit in Verbindung stehende zeitweise Arbeitslosigkeitund der Wechsel des Arbeitsortes stempeln diese Beschränkungzu einer reaktionären Maßregel, denn es find im Großen undGanzen die konservativen Elemente des Arbeiterstandes, welcheam Orte bleiben und welche durch diese Gesetzesbestimmung dendominirenden Einfluß in den Arbeitcrkammern erhalten. Manmerkt die Absicht und wird verstimmt.Nicht weniger charakteristisch für die Absichten der Verfasserdes Gesetzentwurfes ist die Bestimmung, daß nur Mitgliederder Arbeiterkammern, also nur die aus den wahlberechtigtenArbeitern gewählten Delegirten, als Abgeordnete in denReichsrath gewählt werden dürfen. Nachdem vorher eine ge-naue Sichtung zwischen Schafen und Böcken vorgenommenworden, wird nun noch besondere Vorsorge getroffen, daß nichtetwa doch durch eine geheime Pforte einer von den bösenBöcken in den großen Schafstall gerathe und die Schafe re-bellisch mache. Es wird Niemandem von normalem Verständebegreiflich zu machen sein, warum nur ein Arbeiter die Jnter-essen der Arbeiter zu vertreten im Stande sein soll, und Nie-mandem fällt es ein, zu verlangen, daß durch Gesetz z. B. denBauern verboten sein soll, anvere als Bauern zu Abgeordnetenzu wählen. Nur die Arbeiter haben so sonderbar beschaffeneInteressen, daß Niemand sie zu verstehen vermag, als wiedernur ein Arbeiter. Aber selbst, wenn man diese Ungereimtheitzugeben wollte, würde man doch noch immer nicht begreiflichfinden, warum nur solche Arbeiter, welche als Telegirte in dieArbeiterkammern gewählt worden sind, befähigt sein sollen, diebeiterangelegenheiten zu verstehen. Die indirekten Wahlenaus den Landtagen hat man mit Recht abgeschafft, für die Ar-Arbeiter führt man neue indirekte Wahlen ein. Nichts andereswill man dadurch erreichen, als daß nur solche Personen ge-wählt werden, welche politisch harmlos genug sind, um in dieausgelegten Fallstricke ohne Besinnen sich zu verwickeln; manwill politisch farblose, unselbstständige, vom Kasten- und Zunft-geiste beherrschte Arbeiter in die Reichsvcrtretung bringen, mitdenen sich leicht politisches.Komödienspiel treiben läßt.Besser, wenn auch keineswegs den berechtigten Anforde-rungen der Arbeiter entsprechend, sind die organisatorischmBestimmungen über die Arbeiterkammern und die Formulirungder sozialen Zwecke, die sie zu erreichen haben. Sie sollenWünsche und Vorschläge über alle Arbeitcran gelegen Helten mit-theilen; Gutachten über Gesetzentwürfe und über die Errichtungvon Institutionen, die das Interesse der Arbeiterschaft betreffen,abgeben. Ferner sollen sie die Pflicht haben, statistische undsummarische Berichte über die Lage der Arbeiter, über Lohn-Verhältnisse, über die Wirkung legislativer und administrativerMaßregeln auf den Arbeiterstand, über Einrichtungen zur För-derung des Arbeiterstandes, namentlich über sachliche Bildungs-anstalten und über den Erfolg der Vorkehrungen für dieFabrik- Hygiene und den Schutz der Arbeiter gegen Unfälle:c.abzugeben. Gewiß kann die Thätigkeit der Arbeiterkammernin allen diesen Beziehungen eine sehr fruchtbare werden, wenndie Regierung und ihre Organe den Berichten und Anträgender Kammern die gehörige Beacktung schenken. Aber daran istzu zweifeln, wenn man die bisherige Nichtachtung der Arbeiter-forderungen und das despotisch willkürliche Verfahren derBehörden gegen die Arbeiter beachtet; es ist vielmehr zukann sich im Frost auch Eis zum Eise paaren, so wie zu derLebenswärme das Gefühl sich gesellt. Doch wie kann Kältesich mit Wärme einen, wie kann die Kälte durch die Gluthzum Frost, wie kann die Gluth durch ewig gleiche Kälte zurbrennenden Lohe gesteigert werden?— Wie kann ich Dichlieben, Adele?— Was soll ich Dir sein?— Warum zwingstDu mich zu einem Verhältnisse, welches mich zum elendestenMenschen macht— und meine, unglückliche Rosarka!"Zn diesem Augenblicke zeigte sich auf der Bahnstreckegegen Prag das Signal des ankommenden Zuges, und gleichdarauf ward dasselbe Zeichen auch auf der andern gegenDresden hin führenden Strecke sichtbar.„Endlich!" sprach der Mann halblaut vor sich hin undverließ nach einigen Augenblicken seinen Platz, um dem Halt-punkt näher zu gehen.Wenige Minuten nachher hielten beide Züge fast gleich-zeitig an. Der Harrende durchlief die Wagenreihe des vonDresden her kommenden Zuges und begegnete bald einerzweiten männlichen Gestalt. Die beiden Männer drücktensich die Hände als Zeichen, daß sie sich erkannt hatten.„Was hast Du erfahren, Rudolph?" fragte dererstere.„Nichts, mein Antonio!" lautete die Antwort.„Erwarte mich hier, vielleicht ist sie mit dem Prager Zugehier— ich will nachsehen. Löse indeß eine Karte, wenn ich siefinde, gehst Du nach Dresden zurück. Oder ist es Dir viel-leicht zu beschwerlich?"„Nichts ist mir zu schwer für Dich, mein Freund!"„Gut denn, wir finden uns an dieser Stelle bei derLaterne wieder."Nach kaum zwei Minuten fanden die beiden Männersich wieder ein.„Im vierten gelben Wagen ist sie," sprach Antonio.„Sei vorsichtig. Lebe wohl!"Zn diesem Augenblicke ertönte da? Glockensignal. Dernach Dresden hin fahrende Zug setzte sich in Bewegung—noch ein Blick und der gelbe Wagen mit seinen früherenund neu hinnigekommeneii Insassen fuhr vor unserem zurückgebliebenen Manne vorbei. Da rief dieser den Namen:�Rudolph!" Der Gerufene steckte den Kopf aus dem her-erwarten, daß diese Berichte, Wünsche und Vorschlägefast immer nur„schätzbares Material" bleiben werden.Manche organisatorischen Bestimmungen sind ebenfalls mehrdazu angethan, die Thätigkeit der Arbeiterkammern zulähmen, als zu fördern, hier ist besonders hervorzuheben, daßdie Mitglieder der Kammern ihre Funktionen unentgelt-l i ch auszuüben haben, also im Sinne des Gesetzentwurfsbloße Ehrenstellen bekleiden; durch diesen Passus wird daspassive Wahlrecht der Arbeiter auf das Empfindlichste be-schränkt, da nur Wenige in der Lage sein werden, eine Funk-tion zu übernehmen, die von ihnen solche Opfer verlangt, ohneirgend welchen Ersatz zu bieten; man wird nicht die Fähig-sten wählen können, sondern nur jene, denen es die Mittelund der Beruf erlauben, nach solcher„Ehre" zu streben. Diäten-lose Parlamente bieten Gelegenheit genug, um über die schlim-men Folgen einer solchen falschen Auffassung des Charaktersvon Ehrenstellen klar zu werden. Wenn Mitglieder von Han-dels- und Gewerbckammem sich den Luxus gestatten können,um der bloßen Ehre willen in der Kammer zu funktioniren, soist doch ihre soziale und materielle Stellung eine ganz andereals die der Arbeiter, die die Gleichstellung von Delegirten derHandels- und der Arbciterkammer in finanzieller Beziehungverbietet. Man kann diese Bestimmung einerseits aus demBestreben der Urheber jenes Gesetzentwurfes erklären, eine Ar-beiteraristokratie zu schaffen, mit der sich macchiavellistischeSozialpolitik treiben ließe.Der Inhalt des Gesetzentwurfes rechtfertigt also voll-auf die Annahme, welche in den Aeußcrungen der öfter-reichischen Arbeiterpresse und in den Resolutionen von Arbeiter-Versammlungen zum Ausdruck gelangte: daß derselbe nur einschlecht maskirter taktischer Koup der altliberalen Partei ist, dieihre bisherige offen arbeiterfeindliche Haltung vergessen zumachen sucht, da sich ihr die Erkenntniß aufgedrängt hat, daßder Arbeiter in der Thätigkeit der Legislative nicht mehr langehintangehalten werden kann. Daß dieser Koup nutzlos bleibenwird, können wir heute schon mit Bestimmtheit sagen. DieArbeiter vergessen nicht, daß die projektirten Ärbeiterkammernein neues Stockwerk zum Gruppenwahlsystem bilden, welchessie perhorreszircn und welches die Quelle zahlloser Ungercchtig-keiten in der politischen Vertretung der österreichischen Völkerist. Sie verwerfen das Fundament, auf welchem der neueGesetzentwurf ruht und sie können daher nicht die Konsequenzenbilligen, welche von politischen Tartüsses daraus in kluger Vor-ausberechnung der für sie erwachsenden Vorthcile gezogen wer-den. Sie werden aber auch nicht in den entgegengesetztenFehler verfallen, die Institution, wenn sie zur Wirklichkeitwerden sollte, unbenutzt zu lassen, weil sie ihnen nicht gefällt,und den Gegnern ein Terrain zur Verfügung zu stellen, auf dem sieihr bekanntes politisches Gaukelspiel fortsetzen können. Siewerden am Platze sein, wenn es gilt, den Kampf um diewahren Arbeiterintercssen auszufechtcn und sie werden beweisen,daß selbst aus dem schlecht gemeinten Projekte Klugheit undBesonnenheit für den Arbeitcrstand dauernde Vortheile erringenwerden. Ter Zeiger an der Uhr geht vorwärts, auch im trägenund versumpften Oesterreich.Politische Ueverstcht.Die Walstbetheiligung im ersten Berliner Reichstags-Wahlkreis betrug nach der statistischen Uebcrficht der„Frcis.Ztg." 66,66 pCt. der eingeschriebenen Wähler. Bei den Reicks-tagswahlcn im Jahre 1884 betrug die Betheiligung 74,25 pCt.Der freifinnige Kandidat siegte 1886 mit 51,46 pEt. der abgegebenen Stimmen, im Jahre 1884 mit 52,36 pCt. Die Nationalliberalen erzielten 3,62 pCt. der abgegebenen Stimmen.Ter Rückgang der Konservativen bekundet sich darin, daß dies-mal nur 34,14 pCt. der abgegebenen Stimmen auf den Kon-servativen fielen, gegen 41,96 pCt. im Jahre 1884. DerA n t h e il der Sozialisten an der abgegebenenStimmenzahl stieg gegen 1884 von 5,11 pCt. auf10,36 pCt. Tie Zahl der eingeschriebenen Wähler scheint imWahlkreise abgenommen zu haben. Sie betrug 1884 21 670,diesmal nur 20014.— Diese Zahlen bekräftigen unsere gesternausgesprochenen Anschauungen. Die Zahl der Wähler ist imersten Wahlkreise zurückgegangen, weil an Stelle derFamilienwohnungen Hotels, Läden, Komptoirs und Bureausentstanden sind. Die Verminderung um mehr als 1600 Wählertrifft offenbar in erster Linie die Arbeiter; die Angehörigender ärmsten Klasse sind es, die vor dem sich ausbreitendenLuxus und Geschäftetreiben in die Außenbezirke Berlins ge-drängt werden. Trotz dieser sich von Jahr zu Jahr schwierigergestaltenden Lage im ersten Kreis ist der Antheil der sozia-listischen Stimmen von 5,11 pCt. auf 10,36 pEt. gestiegen!Hatten wir danach Unrecht, wenn wir von einem glänzendenErfolg sprachen? Und niuß diese unwiderstehliche Entwicklungbei den Gegnern nicht die trübsten Aussichten für die Zukunfterwecken?Zur Mannheimer Wahl. Auch die„Franks. Ztg." be-stätigt beute, daß ein Thcil der Demokraten für den national-liberalen Dissens gestimmt hat. Wir legen diese Knobloch-Demokraten nunmehr zu den Todten!abgelassenen Fenster. Der Rufende sprach dann so laut erkonnte, das Wort:„Bechlin!"— Der Zug rollte vorbeiund verschwand im Dunkel der Nacht.IV.Raudnitz ist der Name eines kleinen, am linken Elbufergelegenen Städtchens in Böhmen. Ausläufer von demeinige Meilen entfernten Mittelgebirge ziehen sich dem Elb-ufer entlang, bis in die Nähe von Prag und bilden einevon anmuthigen Thälern und fruchtbaren Saatengesildenunterbrochene Hügelkette, aus welcher hin und wieder eineinzelner, etwa vier- bis achthundert Fuß hoher Berg her-vorragt. Der höchste unter diesen Bergen ist der St. Georgs-berg, der mit seinem waldigen Abhänge, seinen UngeheuernFelsmassen und der kleinen Kapelle auf seinem Scheitel einrecht ehrwürdiges Aussehen für den hat, der nie die Alpenzu sehen Gelegenheit hatte. Eine kurze Strecke von demFuße dieses Berges entfernt dehnt sich einige Meilen weitdas fruchtbaste Thal aus und in diesem liegen alle zumHerzogthum Raudnitz gehörigen Dörfer und Gehöfte. DasStäotchen selbst liegt zur Hälfte am hohen Elbufer, zurHälfte aber noch am letzten Ausläufer eines Bergrückens,so daß der Marktplatz oder„Ring" einen von ziemlichschlechten, schmutzigen Häusern eingerahmten Abhang bildet.Auf dem höchsten Punkte des Ortes steht das stolze fürstlichLobkowitz'schc Stammschloß. Dieses Schloß mit all den ge-schichtlichen Denkwürdigkeiten und Ereignissen in der fürst-liehen Familie, die sich daran knüpfen, werden wirspäter zum Gegenstande unserer Betrachtung machen; auchRaudnitz und"den Georgsberg müssen wir für heute ver-lassen und uns in ein zur Herrschast gehöriges und vondem Städtchen etwa eine Stunde Weges entferntes Dorfbegeben. Es heißt Bechlin— Bechlin im Winter!Das Dorsleben ist im Frühling das:„Es werde!" imSommer das:„Es ward!" im Herbst das:„Es ist!" undim Winter das:„Es war!" in der Natur.— Bechlin istim Winter ein großer offener Sarg, in welchem die Gliedervon hundert Familien umherkriechen, die menschliche Gestaltund menschliche Bewegung haben und dennoch nicht Menschensind. Erdäpfelnaturen, Branntweingemüther, deren erstesBedürfniß Stoffe für den Magen, deren zweites Holz fürDie Berliner Arbeiterinnenbewegung, seit dem Maid. I. aus dem Versammlungsleben verschwunden, ist am letztenSonnabend durch Gerichtsspruch vielleicht auf lange Zeit zuGrabe getragen worden. Unsere Leser wissen zur Genüge, daßin dem erwähnten Monat die polizeiliche Schließuug der dreiBerliner Arbeiterinnenvereine, des„Vereins zur Vertretung derInteressen der Arbeiterinnen", des„Vereins der ArbeiterinnenBerlins"(des sogenannten Nordvcreins) und des„Fachoereinsder Mäntelnäherinnen" auf Grund des Vereinsgeseyes erfolgte.Die Vorstände wurden wegen Verletzung desselben angeklagt.Nach monatelanger Untersuchung ist zunächst gegen den ältesten,hier zuerst aufgeführten, von Frau Guillaume-Schack begründe»ten Verein seitens der Behörde vorgegangen und ein verurthei-lendes Erkenntniß erzielt worden. Niemand durfte Hoffnunghegen, daß die zwei anderen Vereine besser fahren sollten. Dasergangene Urtheil ist von einschneidenster Bedeutung für dieBestrebungen der Arbeiter und Arbeiterinnen. Nur wenigePessimisten hatten erwartet, daß sich der Gerichtshof in allenPunkten dem Staatsanwalt anschließen und in den ein-fach sten und zwingendsten sozialen Forde-rungen der Arbeiterinnen„politische Ten-denzen erblicken werde. Das ganze Fehlen der Ange-klagten bestand darin, daß sie, auf dem Koalitionsrechtfußend, die immer jämmerlicher werden Lohn- undLebenszustände der Arbeiterinnen zu verbessern suchten.Bei diesen Bemühungen wandten sie sich an alle Parteien,sogar an den Hetzapostel Stöcker. Der Verein protestirte gegenden Nähaarnzoll und den projektirten famosen, das Frauen-erwerbsleben total ruinirenden Ackermann'schen Befähigungsnach-weis. Unserer Anficht nach war dies die Pflicht des Vereins,wenn er seinen Namen zu Recht tragen sollte. Warum werdennicht sämmtliche Innungen und landwirthschaftliche Vereineverboten, die doch ähnliches vertreten? Sollten die Arbeite-rinnenvereine ein Scheinleben fristen oder nach Lina- Morgen-stern'schem System vegetiren? Ten Frauen und Mädchen deSarbeitenden Volkes, die sich zusammenfanden, war es tiefsterErnst mit ihren Bestrebungen. Und wenn auch hier und dadie Zwietracht aufloderte, so war sie nur künstlich entfacht wor-den. Stöcker's Bestechungs- und Versührungsversuche bildeneine drastische Illustration hierzu. Der Staatsanwalt hat den„Verein zur Vertretung der Interessen der Arbeiterinnen" fürAlles verantwortlich gemacht, was in den allgemeinen Ver-sammlungen zum Austrag gekommen. Der Verein soll dieseangeregt und geleitet haben; bewiesen ist es aber nicht worden.Recht stutzig konnte uns die Äegründnng machen, daßder Verein nichts Positives geleistet und den sozialdemokratischenArbeiterschutzgesetz-Entwurf empfohlen habe. Wir wollen dasIrrige hieran etwas beleuchten. Abgesehen davon, daß eine sojunge, nur etwas über ein Jahr bestandene Bewegung indiesem Zeitraum kaum über die ersten Entwickelungsstadicn,mit ihren Gähmngen uud Bemühungen, hinausgelangenkann, ist doch viel geschaffen worden. Wieviel Roth und Elendder Verein gelindert, wissen nur die Geber und Empfänger.Das drohende Gespenst des Nähgarnzolles wurde hauptsächlichdurch den Protest der Berliner Arbeiterinnen verscheucht. Undendlich, welche Saiten mußten viele gewissenlose Arbeitgeberaufziehen, die sich vor der Brandinarkung in öffentlichen Ver«sammlungen fürchteten! Es sei an die umfassende Privat«enquete der Arbeiterinnen u. Ä. m. erinnert. Dies Alles hatdem Staatsanwalt die hochgradige Gefährlichkeit der Arbeite-rinnenvercine bewiesen.� Was den sozialdemokratischen Arbeiter-schutzgesetzentwurf betrifft, der bekanntlich eine rein soziale Ten-Venz hat und selbst in dieser noch sehr zahm ist, so hätten dieArbeiterinnen auch den einer anderen Partei akzcptirt; aber eswar ja keiner da. Sehr treffend führte eine Zeugin in derGerichtsverhandlung aus, daß Männer und Frauen jeder Rich-tung in den Arbeitcrinnenversammlungen zum Worte zugelassenwurden. Sogar Gegner der heutigen Arbeiterinneninteressen-Vertretung, wie der Reichstagsabgeorvnete Rickert, hat in seinerhochbedeutsamen Zeugenaussage dem Vereine und seinen durch-aus nur witthschaftlichcn Bestrebungen das unumschränktesteLob gespendet. Nicht minder war die Stadtmisflonarin Ofiander,die Helfershelferin Stöcker's auf dem Ardeiterinnenfange, ge«zwungen, der Wahrheit die Ehre zu geben.— Das Alles hättezu Gunsten der Arbeiterinnen sprechen sollen. Leider vermögenwir nicht zu glauben, daß der jetzige Zustand unserer Verhält«nisse sich bald ändern wird. Es liegt System in Allem, wasman gegen die Ardeiter und Arbeiterinnen unternimmt.Der Reichstag hat seine nächste Sitzung auf Freitag,nicht, wie allgemein angenommen worden war, auf Montaganberaumt. Man schreibt der„Nat.-Ztg." darüber:„DerPlan des Präsidenten, der Milstärkommisflon drei volle Tagedieser Woche zur Berathung der Vorlage zu überlassen, unddeshalb die nächste Plenarsitzung erst auf Montag anzude-räumen, scheiterte an dem Widerspruch des Zentrums.Der Abg. Windthorst hält es für zweckmäßig, daß während derThätigkeit der Kommission auch die Fraktionen zusammen-bleiben, während bei einer Pause von nahezu einer Woche,noch dazu in unmittelbarer Nähe der Weihnachtsfericn, dieMehrzahl der jetzt anwesenden Mitglieder die Heimreise an-treten würde. Das Zentrum scheint überhaupt Alles daran zuden Lehmofen und deren drittes Dünger für das Feld ist;Geschöpfe, die von den vierundzwanzig Stunden des Tageszwölf verschlafen, acht hinter dem Ofen hocken und vier sichvom Schlafen und Sitzen erholen. Nicht nur die Bären,auch die Menschen schlafen rn ihren Winterhöhlen, und dieBechliner Bauern sind solche Bärencharakter und ihre Woh-nungen Winterhöhlen. Das Landleben hat im Sommerviel Poetisches an sich— im Winter ist es für die schlechtesteProsa zu schlecht.Nur drei menschliche Häuser giebt es in Bechlin, wwelchen menschliche Familien wohnen, nämlich die desPfarrers, des Richters und des Hofpächters. Der Richterist ein gar kluger Mann, der„Latein studirt" hat und selberseine Gesuche und Bittschriften an die Behörde verfaßt>einer seiner Söhne ist Bierbrauer in Prag, der andere istsein Substitut im Dorfe und sein Töchlerlein— o, das istso schön und so gut und so geliebt!Aber auch in einer Hütte in Bechlin wohnen Menschenund in eine solche müssen wir uns begeben, um unfernHelden aufzusuchen..Aus ungebrannten Lehmziegeln aufgeführte, mit Kaübertünchte vier Mauern, mit einem Sttohdach so schlcckgedeckt, daß Regen, Wind und Schnee keinen Widerstanfinden, wenn sie zufällig diesen Ort zum Opfer ihrer Tyra'nei auserlesen haben, und in der Vordermauer drei mGlas und Papier verdeckte viereckige Löcher— Fenster lst-nannt— bilden im Vereine mit einer Holzthür, welche demersten Drucke einer kräftigen Männerfaust weichen«uro,die Außenseite des Gebäudes, in welches wir unsereführen müssen.Treten wir ein!Durch einen geräumigen, in diesem Augenblicke JTheil mit schmutzigem Schnee bedeckten Düngerhof gelangwir zu einer mit Stroh überflochtenen Thür. Wenndiese öffnen, strömt uns ein feuchter, stinkender Qualmgegen, der im Vereine mit der unerträglichen Hitze unvhier herrschenden Dunkelheit an die Geheimnisse der vzu erinnern vermöchte. Zn dem Räume, den man, wennAuge seine Sehkraft wieder erlangt hat, übersieht, woysechs Menschen beisammen: der Hausherr Pepik �