Beilage zum Berliner Volksblatt.

Nr. 288.

Lokales.

Der Bezirksausschus hat am Dienstag als erste Instanz eine sehr wichtige Frage entschieden. Geflüßt auf die Polizei­verordnung zur Regelung des Verkehrs in den Markthallen vom 6. April d. J. hatte das fal. Polizeipräsidium von dem Magi ftrat die Entfernung von Händlern mit sogenannten Nichts wochenmarktsartikeln"( also Händlern mit Gegenständen, welche nicht den eigentlichen Nahrungsmitteln dienen) vom Magistrat verlangt. Der Magistrat hatte bestritten, daß die Bestimmungen des 4. Titels der Reichsgewerbeordnung, welche vom Verkehr auf Wochenmärkten, Messen und Jahrmärkten handeln, analog anzuwenden feien und hatte behauptet, daß hiernach, wenngleich fene Polizeiverordnung zur Regelung des Marftverkehrs mit ihm vereinbart sei, das Polizeipräsidium nicht die Befugniß habe, Die Stadtgemeinde in der Verwerthung desjenigen Raumes Der Markthallen zu beschränken, welche durch den Lebensmittel verkehr nicht in Anspruch genommen werden. Nach lebhafter Verhandlung, in welcher als Vertreter des fal. Polizeipräsidiums Herr Regierungsrath Grundmann und als Vertreter des Magi­Strats Herr Syndikus Eberty erschienen waren, erkannte der Stadtausschuß, dem Antrage des Magistrats gemäß, auf Auf­hebung jener Polizeiverfügung. Daß in diefer wichtigen Frage Das Oberverwaltungsgericht angerufen wird, steht zu erwarten.

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Telephonverbindung zwischen Berlin   und Hannover  . Der Reichsanzeiger" veröffentlicht folgende Bekanntmachung: Die zwischen Berlin   und Hannover   hergestellte Fernsprech­verbindungsanlage ist mit dem heutigen Tage eröffnet worden. Von Berlin   aus fann dieselbe benutzt werden: während der Börsenstunden von 11 Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nach­mittags von Börsenbesuchern von der Fernsprechstelle in der Börse und in den übrigen Tagesstunden( von 8 bis 11 Uhr Vormittags und von 3 bis 9 Uhr Nachmittags) von der beim Haupt- Telegraphenamt, Franzöfifchestraße Nr. 33 c, befindlichen öffentlichen Fernsprechstelle aus. Die Verbindung erfolgt nur mit der öffentlichen Fernsprechstelle in Hannover   in dem Boft- und Telegraphen Gebäude ant Ernst Augustolag. Der gerufene Theilnehmer in Hannover   wird von dem Fern fprechamt daselbst mittelst Fernsprechers kostenfrei davon benach richtigt, daß eine Unterredung init ihm gewünscht wird. Von der öffentlichen Fernsprechstelle beim Haupt- Telegraphenamt in Berlin   aus fann auch die bereits früher von Theilnehmer zu Theilnehmer dem Verkehr übergebene Fernsprechverbindungs­anlage Berlin  - Magdeburg   benugt werden. Die Vergütung für die Benutzung der erwähnten beiden Fernsprechverbindungs­anlagen beträgt für die Zeit von je 5 Minuten oder einen Bruchtheil von 5 Minuten eine Mart.

Der Stadtbahnhof Friedrichstraße wird zu klein, das gewöhnliche Schicksal der öffentlichen Bauten in Berlin  . Die Stadtbahndirektion geht deshalb damit um, den Verkehr zu theilen. Der jezige Bahnhof soll nur dem Fernverkehr dienen, während gegenüber an der anderen Seite der Straße ein Bahn­hof für den Lokalverkehr errichtet werden soll. Man würde zu diesem Zwecke das Haus Friedrichstraße 99 erwerben müssen. Daß eine Erweiterung des Bahnhofs Friedrichstraße, oder eine Theilung oder eine Verlegung einmal nothwendig werden wird, das unterliegt schon jetzt allerdings feinem Zweifel. Aber wenn von einer baldigen Ausführung solcher Pläne gesprochen wird, so ist darin den Ereignissen doch stark vorgegriffen. Von den Schiffern, welche hier am Schifffahrtskanal an legen, um ihre Ladung zu löschen, oder ihre Schiffe zu be= frachten, wird lebhaft Klage darüber geführt, daß sie, ehe ihnen auch nur die Erlaubniß von der Behörde hierzu ertheilt wird, und um diese zu erreichen, oft tagelang umherlaufen müffen. Es ist in der That ein Uebelstand, daß nicht die in der Nähe des Ufers belegenen Polizeibureaus diese nöthigen Formalitäten für den Schiffsverkehr erledigen und die Schiffer stundenweite Gänge bis zu dem behördlichen Bureau nach Rirdorf oder nach bem Polizeipräsidium zu machen haben. Ebenso wie die Markt polizei fich in der Nähe des Marktplages etablirt, tönnte die Strompolizei dies auch in der Nähe des von ihr beaufsichtigten Gewäffers thun.

Der Regierungsbaumeister Kunze hat dem Magistrat vorgeschlagen, eine Heizschule anzulegen, in der den fich zu Heizern ausbildenden Personen folgendes gelehrt werden soll: 1) All­gemeines über Stellung und Pflichten des Heizers, 2) Phyfit der Wärme und des Dampfes, Erklärung der Ausdrücke: Bferdekraft, Atmosphärendruck u. s. w. 3) Die Dampfkessel

Das literarische Geschäft in Deutschland  .

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Unter diesem Titel findet sich in der New Yorker Staatszeitung" ein Berliner   Brief, der, abgesehen davon, daß der Verfasser selbst vielleicht bittere Erfahrungen gemacht hat, doch so viele Wahrheiten enthält, daß wir den Artikel zum Abdruck bringen wollen. Es heißt dort:

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Wenn sich auch die Lage des deutschen   Schriftstellers in den letzten Jahrzehnten im Allgemeinen gegen frühere Betten erheblich gebessert hat, so giebt es doch noch immer unter den ,, Rittern vom Geiste"( und nicht gerade unter den anfähigsten) eine ganze Anzahl solcher, die ihr ganzes Leben lang mit der Sorge um ihr täglich Brod zu ringen haben. Das sind meistens idealistisch veranlagte, unpraktische Naturen, die den Geist der Zeit nicht begreifen, die dem Wahne leben, ein geistig Schaffender dürfe nur dann produziren, wenn ihn ein innerer Drang dazu antreibt und er dürfe die feusche Muse nicht zur Mago der schlechten Neigungen und Instinkte des Publikums herabwürdigen, sondern nur den in ihm lebenden Idealen Einfluß auf die Richtung seiner Geistes­erzeugnisse gestatten. Derartige sonderbare Schwärmer mögen fich vielleicht einen Platz in der Literaturgeschichte erobern, aber Reichthümer werden sie nicht sammeln. Um heut zu Rage literarisch Karriere zu machen, genügt es nicht, Talent u besigen, es ist absolut nöthig, auch über gewisse geschäfts­es sei hinreichend, ein gutes Buch geschrieben zu haben, um männische Fertigkeiten zu verfügen. Es ist naiv zu glauben, Geld und Lorbeeren zu ernten. D nein, ein schweres Stück zu gewinnen, sie zu veranlassen, das Buch zu be­sprechen, was nicht leicht ist, denn die Redakteure der großen Beitungen - und diese können doch nur in Betracht kommen haben genug zu thun, den Produkten ihrer Freunde und Bundesgenossen den Weg zu ebnen.

Donnerstag, den 9. Dezember 1886.

nach ihrer Konstruktion und ihren Zwecken, Reffel mit großem, fleinem und mittlerem Wafferraum; 4) von der Verbrennung und den verschiedenen Feuerungsanlagen, Roste, Heizkanäle, Schornstein, Beurtheilung der verschiedenen Brennstoffe. 5) Kesselreparaturen, Dampffeffelbetrieb, Dampflefselgeseße und Herr Allgemeines über Wartung der Dampfmaschinen 2c. Kunze schlägt zur Bewältigung dieses Lehrplanes einen Kursus von 5-6 Monaten vor, der am geeignetsten in den Winter­monaten, und zwar in den Abendstunden abzuhalten sein würde.

Ueber den schnellen Witterungswechsel wird aus Ham­ burg   unterm 7. Dezember geschrieben: Kaum verschwand, durch Weststürme vertrieben, das Frostgebiet am Montage aus Deutsch­ land  , so daß bis zu 7 Grad Wärme die Temperatur am Diens tag Mittag in Hamburg   gestiegen war, da finkt schon am Abend desselben Tages bei Schneefall die Temperatur auf's Neue bedeutend, sich dem Gefrierpunkt nähernd. Sowohl der Uebergang zu warmem als auch zu faltem Wetter wird durch das Heranwehen von warmer refp. Kalter Luft in Luftschichten mittlerer Höhe hervorgerufen. Zwar meldeten die Stationen Schottlands   heute früh schon Abnahme der Temperatur bis zu 1 und 2 Grad, aber so schnell pflanzt der Wind der Tiefe die Aenderungen der Temperatur nicht von Ort zu Ort fort, als daß diese abgekühlte Luft schon am Abend Hamburg   hätte er­reichen können. Der Umschlag von Frost zu Thau war in Hamburg   am Sonnabend durch eine Wollenhaube im Nordwest angedeutet, welche zu einer daselbst lagernden Depression ge­hörte. Die Depression veranlaßte erst vom Sonntag Nach­mittag ein Sinken des Barometers in Hamburg   und entwickelte fich dann plötzlich bis zum Montag zu einem weiten Gebiet stürmischen Wetters, welches ganz Nord- und Zentral- Europa umfaßte. Diesen Depressionen scheint nun ein Gebiet höheren umfaßte. Diesen Depressionen scheint nun ein Gebiet höheren Druces mit faltem Wetter zu folgen,"

Von einem Oleumattentat gegen einen Polizei­Lieutenant weiß das Berl. Tgbl." folgendes zu erzählen: Es handelt sich um ein Oleumattentat, welches gegen einen hiesigen Polizeilieutenant, und zwar von einem Dienstmädchen, zu dem fener in irgend welchen Beziehungn gestanden hat, vers übt worden ist. Das Mädchen, das sich von dem Lieutenant feit einiger Zeit zurückgefegt glaubte, wollte sich dafür rächen; es lauerte daher dem Beamten im Flur des Hauses, in welchem er wohnt, in einem Hinterhalt auf und schleuderte ihm, als er fich in seine Wohnung begeben wollte, eine größere Menge Oleum ins Gesicht, infolge dessen er sehr erhebliche Berlegungen erlitt, so daß er jetzt frank darniederliegt. Auch ein zweiter Polizeilieutenant, welcher sich in Begleitung des Betroffenen befand, wurde hierbei von der äßenden Flüssigkeit getroffen, tam aber noch mit einem blauen Auge davon, da er blos die Beschädigung seiner Uniform durch die scharfen Tropfen zu be flagen hat. Die Attentäterin wurde sofort festgenommen und nach dem Untersuchungsgefängniß überführt." Soweit das Berl. Tagebl." Jedenfalls ist es die alte Geschichte, die ewig neu bleibt: als das Dienstmädchen dem Herrn Lieutenant nicht mehr gut genug war, ließ er es fißen.

Warum der Rentier und Hausbesitzer X. hierselbst nichts mehr gegen die Schwaben unternimmt nichts mehr gegen die Schwaben unternimmt das ist eine seltsame Geschichte von gefränftem Vaterstolz, verlegtem Rechtsgefühl und vielleicht auch hauswirthlicher Sparsamkeit. Herr X. hat vor etwa 20 Jahren im Südosten der Stadt wacker gebaut; die Gegend hob sich bald und er verkaufte seine Häuser mit bedeutendem Vortheil, so daß er heute Urmähler erster Klaffe ist, und zwar der einzige in feinem Wahlbezirk. Vor einiger Beit kaufte er seinem ältesten Sohne ein fleines Land­gut, auf dem dieser aber weniger als der Herr Papa wirth­schaftet. Die kleine Wirthschaft aber hatte bedeutend von dem Wildstande in der Nachbarschaft zu leiden und da der Herr Rentier durchaus kein Verständniß für das edle Waidwerk be­figt, so tam er auf den idealen Gedanken, sich der Hasen und Rehe, die seinen Kohl und seine Saaten verwüsteten, in der­selben Weise zu entledigen, wie er dies in seinen Häusern in Berlin   mit den bekannten lästigen Hausthieren gethan hatte er legte auf seine Aecker und in seine Gärten Gift. Dies that auch bald feine Wirkung und das verendete und in der Nach­barschaft todt aufgefundene Wild erregte die höchste Entrüstung einiger Sportsmen aus der Nachbarschaft, nach deren waid­männischer Ansicht jedes Stück Wild, das nicht eines gewalt­famen Todes auf der Jagd stirbt, seinen Beruf verfehlt hat. Man erstattete die Strafanzeige gegen X. und dieser wurde auch in letter

zu ihrer Verfügung. Hat eines der Mitglieder einer solchen Gesellschaft ein Buch oder ein Theaterstück geschrieben, so wird auf der ganzen Linie die Lärmtrommel gerührt. Das neue Werk wird in allen Tonarten gepriesen und der Ver­faffer mit allen mur erdenklichen schmeichelhaften Beiwörtern belegt, unter denen neuerdings das aus dem militärischen Lexikon übernommene schneidig" sehr in Aufnahme ge­kommen ist.

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Ein junger Schriftsteller, der es zu etwas bringen will, muß entschieden zunächst danach trachten, in eine dieser Ge­sellschaften aufgenommen zu werden. Ist ihm das gelungen, so fann er getrost zusehen: er wird eines schönen Morgens als berühmter Mann erwachen. Manche der an der Spitze solcher Belobigunsvereine stehenden Blätter haben das Berühmtmachen zu einer wahren Virtuosität ausgebildet. Da wird nach allen Regeln der Kunst vorgegangen. An­genommen, ein Mitglied hat ein Theaterstück geschrieben. Die erste Aufgabe der befreundeten Presse ist es nun, für das Stück Stimmung zu machen und die öffentliche Auf­merksamkeit auf dasselbe zu lenten. Da erscheint dann eines Tages zuerst eine Notiz, etwa dieses Inhaltes: Wie wir hören, ist Herr X., der geistreiche Feuilletonist und schneidige Kritiker mit der Abfassung eines Schauspiels beschäftigt, das einen Konflikt aus dem modernen Leben behandeln soll." Diese Notiz wird natürlich von allen zum Ring" gehörenden Blätter schleunigst n achgedruckt. Einige Wochen später meldet dasselbe Blatt: Berr X. hat soeben die letzte Hand an sein Schauspiel gelegt." Ueber den Titel seines Werkes hat der Autor sich noch nicht schlüssig gemacht." Die Notiz macht natürlich wieder die Runde in dem befreundeten Theil der Presse. Das Publikum wird neugierig und sieht weiteren Mit­theilungen über das mit so großer Wichtigkeit behandelte Werk mit Interesse entgegen. Acht Tage später heißt es: Der Titel des neuen Schauspiels, das, wie wir neulich meldeten, von Herrn X. vor Kurzem vollendet wurde, heißt: ,, Das weiße Spitzentuch". Das Sujet des Stückes ist, wie wir hören, von aktuellem Interesse. Es behandelt gewisse schaften auf Gegenseitigkeit. Jede dieser Gesellschaften hat Gemüther in Erregung versezte." Das Publikum ist nun Es giebt da eine ganze Anzahl von Belobigungsgesell- Vorgänge in der Gesellschaft, die vor nicht langer Zeit alle

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3. Jahrg.

Instanz vom Reichsgericht zu einer Geldbuße verurtheilt, obwohl sein Vertheidiger alle Minen hatte springen lassen. Es ist weder er forderlich so fährt die lestinstanzliche Entscheidung aus- daß der Wille des Thäters darauf gerichtet ist, den Besiz des Wildes behufs Verwerthung für sich zu erlangen, noch daß das Erlegen des Wildes in waidmännischer Art geschieht; der Be griff der Jägerei umfaßt vielmehr Handlungen jeder Art, wel.he Darauf abzielen, sich eines jagdbaren Thieres zu bemächtigen, ohne daß es auf die Motive oder auf die weiter damit vers folgten Zwecke irgendwie ankommt. So sollte fich also sein Sohn die Beraubung seines Eigenthums durch das Wild ruhig gefallen lassen? X. hat seitdem dem kleinen Landgut den Rücken gekehrt und betreibt in Berlin   das weniger mühsame Geschäft des Mietheeinziehens in seinen Häusern. Als aber die Miether in einem dieser Häuser, in dem eine Bäckerei sich befindet, ihn vor einiger Zeit baten, doch gegen die überhand nehmenden Schwaben   etwas zu unternehmen, da traßte Herr X fich den Kopf und erzählte sein Malheur mit dem Giftlegen. Inzwischen wird die Schwabenplage in dem Hauſe immer größer. Sollte fich Herr X. denn so schwer davon überzeugen können, daß Schwaben in Berlin   nicht zu den gesetzlich geschüßten jagd­baren Thieren gehören?

Wie soll ein gutes Weib beschaffen sein? Für dies jenigen unserer Leserinnen, welche ihrer Verchelichung noch hoffnungsvoll entgegensehen, wird folgendes fleine Register weiblicher Tugenden von Interesse sein, welches ein anspruchs loser junger Mann als Minimum berechtigter Forderungen an feine zukünftige Ehehälfte zusammengestellt hat. Nach ihm soll ein gutes Weib sein: Angenehm, artig, anmuthig, achtbar, aufrichtig, bescheiden, bedächtig, belesen, beliebt, beharrlich, bes währt, brav, demüthig, dienstwillig, dankbar, ehrbar, edel müthig, enthaltsam, ergeben, freundlich, fleißig, fromm, fried­fertig, fehlerfrei, freimüthig, geduldig, gesprächig, gesellschaftlich, gütig, gefittet, gebildet, gesund, gehorsam, gefühlvoll, geistvoll, gelaffen, genügsam, gewandt, gewissenhaft, heiter, häuslich, herzlich, harmlos, hold, hilfreich, innig, interessant, jung, feusch, findlich, fräftig, liebenswürdig, liebreich, leutselig, milde, manierlich, mäßig, musterhaft, mitleidig, nachsichtig, nach giebig, nett, ordnungsliebend, pflichttreu, pünktlich, qualifizirt, reizend, reich, rechtlich, reinlich, schön, standhaft, sanft, scharf fichtig, sittlich, sparsam, talentvoll, tugendhaft, tadellos, thätig. theilnehmend, treu, unveränderlich, ungefünftelt, uneigen­nüßig, verschwiegen, vernünftig, wohlwollend, weise, wohl erzogen, wirthschaftlich, züchtig, zärtlich, zuvorkommend, zutrau lich und zuverlässig." Weiter nichts? werden hoffentlich unfere Leserinnen fragen.

Einen ungeheuren Auflauf verursachte vorgestern Abend in der Friedrichstraße nahe den ,, Linden" folgende Szene. Man sah, wie ein älterer Mann unausgefegt mit einem Rohrstock auf ein etwa 17 jähriges, hübsches Mädchen mit teck auf dem Kopf fißenden Baret und weißem Schleier einschlug. Mehrere Baffanten legten sich ins Mittel, doch der Mann erklärte, daß er der Vater des Mädchens sei und dieses die Strafe wohl verdiene. Seine Tochter hätte sich vor mehreren Tagen aus dem elterlichen Hause entfernt, um ein leichtsinniges Leben zu führen und endlich wäre es ihm gelungen, das Mädchen auf einem ihrer Streifzüge zu erwischen. Das Mädchen dagegen bat laut jammernd um den Schuß des Publikums, da ihr Vater es gewesen sei, der an Allem die Schuld trage. Che man fich's versah, war das junge Mädchen verschwunden. Es hatte das entstandene Gedränge dazu benutzt, sich unbemerkt aus dem Staube zu machen.

Auf die Ergreifung des Naubmörders Keller war seitens des hiesigen Polizeipräsidiums eine Belohnung von 300 M. ausgefeßt worden, von welcher der Arbeiter Woischnig aus Kl. Döbern Kreig Brieg 250 W., der Arbeiter Wilhelm Morawe aus Steindorf, Kreis Ohlau  , und der Obstpflücker Joseph Abert, zuletzt in Breslau   am Universitätsplay wohnhaft, je 25 M. erhalten sollten. Die qu. Beträge sind an die beiden erstgenannten Personen bereits ausgezahlt worden, während der 2c. Abert nicht zu ermitteln ist. Vielleicht meldet sich derselbe auf Grund dieser Beitungsnotiz.

Die Polizeibehörde zu Charlottenburg   stellt Ermitte lung über die Persönlichkeit zweier unbekannter Männer an, welche vor einigen Tagen als Leichen aufgefunden worden sind. Einer derselben, ein Mann von 30-35 Jahren, mit dunkel­blonden Haaren und blondem Schnur, Kinn- und Backenbart, hatte sich anf der Bahnstrecke Westend Moabit, zwischen der

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Spannung die Premiere. Bis zum Tage der Aufführung folgen noch einige ähnliche Notizen, so daß das Interesse des Publikums nicht erlahmen kann. Nach der ersten Auf­führung wird das Stück, hat es einigermaßen gefallen, als die bedeutendste Hervorbringung auf dem dramatischen Ge­biete seit Jahrzenten hingestellt. Ist das Stück durchgefallen, so wird von Kabalen und Intriguen, oder auch von beson­ders ungünstigen Umständen, unter denen die Premiere statt­fand, gesprochen. Der Erfolg wird natürlich in der nach­haltigsten Weise ausgebeutet. Von jeder in irgend einem Krähwinkel stattgehabten Aufführung wird ein Bericht ge= bracht und ebenso werden den verschiedenen Wiederholungen des Stückes an der Residenzbühne Worte gewidmet. Der Autor erntet Ruhm und Geld. Ueberhaupt ist die Theater­schriftstellerei diejenige Branche in der Literatur, bei welcher eventuell der meiste Gewinn zu erlangen ist; nnglücklicher­weise aber ist sie auch diejenige, bei der am schwierigsten ein Erfolg erreichbar. Was nüßt der Mantel, wenn er nicht gerollt ist! Was nüßt das schönste Stüd, wird. nicht gespielt Und ein Stück zur Aufführung zu bringen, ist eine Sache, die nur wenig Sterblichen gelingt. Ein junger Schriftsteller, der in der Hoffnung auf glänzende Tantièmen ein Stüd schreibt, thäte besser, ein Lotterieloos zu erwerben, denn das lettere ist entschieden müheloser und mindestens ebenso chanzenreich wie das erstere.

wenn es

Der Erfolg eines Theaterstückes hängt immer von der Berliner   Aufführung ab. Berliner   Aufführung ab. Es giebt Schriftsteller, denen es nach unfäglichen Mühen und mit dem Aufwande heroischer Geduld gelungen ist, ein Stück an einer größeren Provin= zialbühne oder auch an dem Hoftheater einer kleinen Refi­benz zur Aufführung zu bringen. Das hat aber für den Schriftsteller wenig oder gar keinen Nußen. wöhnlich bei der einen Aufführung an dem betreffenden Theater, denn das Gros der Direktoren führt nur Stüde  auf, die an einer Berliner   Bühne. Erfolg gehabt haben. Nun hat aber jede der drei oder vier größeren Berliner  Bühnen ihre Hausdichter mit Ausnahme des Hoftheaters, das bei der Auswahl seiner Stücke wieder von hunderterlei

Es bleibt ge

Rücksichten eingeengt ist. Die Dramatiker des Deutschen