das Bedürfniß ergeben habe, das Krankenkassengesetz in dem durch die Resolution angeregten Punkte abzuändern. Diese Mittheilungen find aber bisher noch nicht vollständig einge­gangen. Wie anderweitig bekannt geworden ist, hat die preu­ßische Regierungen ihre Erhebungen bezüglich der Wirksamkeit des Krankenversicherungsgesezes nicht auf die Frage der Karenz­zeit beschränkt, sondern über eine Reihe von weiteren Punkten Gutachten der Behörden, Krankenkassenvorstände( ob auch der freien Hilfskaffen"?), ja sogar der neuen Gewerbekammern" eingefordert. Ein baldiger Abschluß der Erhebungen steht dem­nach nicht in Aussicht. Uebrigens mehren sich die Petitionen an den Reichstag  , welche eine Abänderung des Krankenkassen­gesezes auch in anderen Punkten in Anregung bringen.

Unterrichtsstunden ertheilt werden sollen, dieses junge Institut durch rege Betheiligung zu unterstüßen, damit es segen­bringend für den Beruf wirke. Er machte gleichzeitig auf die Bibliothek aufmerksam und ersuchte die Mitglieder, behufs Beitritts­flärung sich an Herrn Grunenberg, im Lokale Dresdenerstr. 10, bei Körting, zu wenden. Es wurden vom Kassirer Herrn Bahr noch neu aufgenommene Mitglieder verlesen. Gegen einige derselben wurde von der Versammlung Widerspruch erhoben und konnie deren Aufnahme deshalb nicht erfolgen.

Der Fachverein der Steinmetzen Berlins   hielt am 5. Dezember in Ahlgrimm's Salon, Sophienstr. 34, seine Monatsversammlung ab. Es wurde beschlossen, die Monats­beiträge von Januar bis einschließlich März nächsten Jahres merksam gemacht, daß bis einschließlich Dezember d. J. die Bei­träge bezahlt werden müssen, da sonst die Unterstüßungsberech­tigung bei Krankheiten erlischt(§4 des Vereinsstatuts). Als­dann wurde bekannt gemacht, daß die Arbeitsangelegenheit auf dem in voriger Vereinsversammlung bekannt gemachten Werk­plage laut Vereinsbeschluß geregelt ist, auch die Kollegen er­mahnt, stets am Tarif festzuhalten, damit nicht ein Meister durch Abweichen von demselben konkurrenzfähiger gemacht wird als die anderen. Nachdem wurden etliche Unterstützungsgesuche erledigt.

Die Züricher   Buchdruckergehilfen hielten Sonntag Nach- fallen zu lassen; jedoch werden die Mitglieder darauf auf­mittag eine von 140 Mann besuchte Versammlung ab, um über ihre Lohn- und Arbeitsverhältnisse zu berathen. Veranlagt wurde diese Versammlung durch das Bestreben mehrerer Buch­druckereibefizer, den seit 10 Jahren bestehenden Lohntarif um 3, 6, ja 9 Fr. per Woche zu fürzen, was ihnen in einigen Fällen gelang; diejenigen Arbeiter, welche es wagen, den Prin­zipal an seine gegebene Unterschrift zu erinnern, werden in rück­fichtslosester Weise auf die Gaffe gestellt, trop langjähriger An­stellung und erwiesener Tüchtigkeit und Pünktlichkeit. Auch ist man in einigen Druckereien geneigt, die Arbeitszeit von 10 Stunden zu verlängern, um auch nach dieser Richtung zu profitiren; ebenso wurde nachgewiesen, daß in einigen Ge­schäften die Behandlung der Arbeiter nicht geeignet ist, die­selben auf eine höhere Stufe der Gefittung zu führen. Nun find aber die Buchdruckergehilfen in Zürich   nicht gewillt, ihre durchaus nicht günstige Lebensstellung weder in ökonomischer noch moralischer Beziehung noch tiefer finken zu lassen und haben deshalb ein Komitee gewählt, welches mit den Prinzipalen wegen Einhaltung des bisherigen Tarifes unterhandeln und einer nächsten Versammlung Bericht erstatten soll.

Vereine und Versammlungen.

Die Droschkenbefizer Berlins   und Umgegend hielten am 7. d. M. eine allgemeine Versammlung im Saale des Handwerkervereins ab. Der erste Punkt der Tagesordnung lautete: Wie verhalten sich die Berliner   Droschkenkutscher zu § 1 des Nachtrages vom 30. Juli 1880, die Wohnungsange legenheit betreffend?" über welchen Herr Gnadt referirte. Dieser Nachtrag verbietet den Berliner   Konzessionären, außer halb Berlins   ihren Wohnsis zu nehmen. Der Referent hob die Schädigung hervor, welche diese Bestimmung den Droschken­futschern verursacht und war der Meinung, wenn dieselben laut Reglement 5 Kilometer und zwar nach Berliner   Preis zu fahren gezwungen find, es ihnen auch gestattet sein müßte, in den Vororten Berlins   ihren Wohnfiß zu nehmen und nahm Gelegenheit, die Nothwendigkeit einer großen Vereinigung zu betonen. Herr Göbel hob hervor, daß durch den Abbruch vieler alten Häuser eine große Stallnoth in Berlin   vorhanden sei, um so mehr, als sich das Droschkenfuhrgewerbe wesentlich ers weitert habe, daß für die vorhandenen Stallungen enorme Preise verlangt werden, ja, viele Wirthe sogar den Dung be­anspruchen, so daß die Fuhrherren immer mehr in die Vororte gedrängt werden. Die weitere Diskussion bewegte sich im Sinne dieser Ausführung und faßte die Versammlung folgende Resolution: Die heute tagende Versammlung erklärt sich mit den Ausführungen des Referenten einverstanden und beschließt: 1. In Erwägung, daß nach der Polizei- Verordnung, Nachtrag zu§ 1 des Droschtenreglements vom 31. Juli 1880, den Inter­effenten große materielle Schäden erwachsen, ist die heutige Versammlung der Ansicht, daß der Nachtrag zu§ 1 des Droschkenreglements wohl außer Kraft zu lassen sei, da ver schiedene der umliegenden Ortschaften sich dahin erklärt haben, die polizeiliche Kontrole in ihren Orten zu übernehmen. 2. In Erwägung, daß das Institut der Pferdeeisenbahn Gesellschaft bereits in den Ortschaften, die uns verboten sind domizilirt und laut Gewerbeordnung§ 37 und§ 76 ebenfalls zum öffentlichen Fuhrwesen gehört, so bitten die heute hier ver­fammelten Droschfenbefizer das königliche Polizeipräsidium um wohlwollende Berücksichtigung." Bemerkt sei hier noch, daß alle bisher unternommenen Schritte zur Aufhebung des in Rede Der zweite stehenden Nachtrages erfolglos gewesen sind. Der zweite Punkt der Tagesordnung lautete: Wie verhalten sich die Droschkenbefizer zu§ 40 des Droschtenreglements?" Es ist dies der bekannte Paragraph, welcher die noch immer unentschiedene Streitfrage ins Leben gerufen hat, ob bei Touren die Uhr oder der Wegemesser entscheidet. In dieser Angelegenheit wurde folgende Resolution gefaßt:" Die Berliner   Droschfenbefizer haben zu wiederholten Malen" um Abänderung des§ 40 des Droschtenreglements, welcher bestimmt, daß bei Tourfahrten der Wegemesser entscheidet, an das königliche Polizeipräsidium peti­tionirt, ohne daß bisher ein Resultat erzielt worden ist. Da aber die Mißstände und Unzuträglichkeiten zwischen Fahrgast und Kutscher   immer mehr zunehmen und da in Streitfällen ge­wöhnlich zu Ungunsten des Kutschers entschieden wird, so sehen fich die Berliner   Droschtenbesiger genöthigt, im allgemeinen Interesse noch einmal um schleunige Abhilfe in dieser Ange­legenheit an ein wohllöbliches Polizeipräsidium zu petitioniren." -Der dritte Punkt der Tagesordnung lautet: Wie verhal ten sich die Droschkenbefizer zur Kutscherfrage und wie sind die beiderseitigen Intereffen zu regeln?" Die allgemeine Meinung ging dahin, daß Fuhrherren sowohl wie Rutscher sich alle einer Vereinigung anschließen und beide Vereinigungen Hand in Hand gehen müßten. Nach Besprechung einiger allgemeiner Angelegenheiten fand die Unterzeichnung beider Resolutionen resp. Petitionen statt.

Der Verein der Berliner   Stucateure hielt am Mon­tag, den 6. d. M., eine Versammlung ab, welche sich wiederum mit dem Arbeitsnachweis beschäftigte. Der Referent, Herr Hein­dorf, bedauerte, daß zur Besprechung einer so wichtigen An­gelegenheit so wenig Mitglieder in der Versammlung erschienen feien. Er weist auf die ungünstige Geschäftskonjunktur während der Wintermonate hin und fritifirt das indifferente Verhalten so vieler Kollegen dem Arbeitsnachweis gegenüber. Nur etwa 20 Prozent der hiesigen Berufsgenossen nähmen den Arbeits­nachweis in Anspruch und wären dies fast immer ein und dies felben Personen. Der Arbeitsnachweis hätte sich in vielen Ge werken bewährt und segensreich gewirkt. Sache der Stucateure sei es nun, sich darüber schlüssig zu werden, ob sie den vom Verein errichteten Arbeitsnachweis beibehalten wollen oder nicht. In der darauf folgenden Diskussion sprachen sich verschiedene Redner theils für, theils gegen die Beibehaltung des Arbeits­nachweises aus. Dabei fehlte es auch an Angriffen gegen den frantheitshalber in der Versammlung nicht anwesenden Verwalter des Arbeitsnachweisebureaus nicht. Dieselben wurden jedoch von anderer Seite als unbegründet zurückgewiesen. Herr Werder ersuchte, alle begründeten Beschwerden gegen den! Arbeitsnachweis öffentlich vorzubringen, der Vors stand würde dann gewiß für Beseitigung etwaiger Mängel Sorge tragen. Hierauf nahm die Versammlung mit allen gegen eine Stimme folgende Resolution an: Die Vers sammlung beschließt, den bestehenden Arbeitsnachweis aufrecht zu erhalten und mit allen Kräften für denselben einzutreten. Es ist dafür Sorge zu tragen, daß jeder Fall der Umgebung" des Arbeitsnachweises öffentlich bekannt gemacht und besprochen wird. Unter Umständen soll der betreffende Kollege zur Rechen­schaft gezogen werden. Die Versammlung beauftragt ferner den Vorstand, das Reglement für den Arbeitsnachweis verviel­fältigen zu laffen und jedem Kollegen zu unterbreiten." Herr Gottheiner als Mitglied der Fachschul- Kommission erstattete hierauf Bericht über die bisherige Thätigkeit derfelben und er fuchte die Kollegen, da am Freitag, den 10. d. Mts., die ersten

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Allgemeine Kranken- und Sterbefasse der Metall­arbeiter( E. H. 29 Hamburg  ), Filiale 1. Sonnabend, den 11. Dezember, Abends 8 Uhr, Lindenstraße 106 bei Poppe Mitgliederversammlung. Tagesordnung: Kaffenbericht, Vor­standswahl. Die Zahlstellen bleiben an diesem Tage geschlossen. Beiträge werden in der Versammlung entgegengenommen.

Die ehemaligen Mitglieder des Arbeiter- Bezirks­vereins der Rosenthaler Vorstadt können ihre Bücher am Donnerstag und Sonnabend, Abends 8 Uhr, im Lokale von Schayer, Invalidenstraße 153, in Empfang nehmen.

Zentral- Kranken- und Sterbekasse der Bäcker( E. H.). Donnerstag, den 9. Dezember, Generalversammlung im ,, König­stadt- Kafino", Holzmarktstr. 72. Tagesordnung: Neuwahl des Vorstandes und der Revisoren.

Gesang, Turn- und gesellige Vereine 1c. am Donners tag. Männergesangvererein ,, Lätitia" Abends 9 Uhr in Vettin's Restaurant, Veteranenstr. 19. Männergesangverein Jugend­luft" Abends 9, Uhr bei Bester, Große Hamburgerstraße 4.

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Schäfer'scher Gesangverein der Elfer". Abends 9 Uhr bei Wolf und Krüger, Staligerstraße 126, Gesang. Turnverein Hasenhaide"( Lehrlings Abtheilung) Abends 8 Uhr Dieffen­bachstraße 60-61. Berliner   Turngenossenschaft"( 7. Lehr­lings- Abtheilung) Abends 8 Uhr in der städtischen Turnhalle, Brißerstr. 17-18. Verein ehemaliger Dr. Döbbelin'scher Schüler", Abends 9 Ühr im Restaurant 3um Anhaltiner", Tempelhofer- Ufer, Ecke der Möckernstr.- Mufit- Dilettantenverein Glocke" Abends 8 Uhr Friedrichsbergerstr. 10.- Roller'scher Stenographenverein Alt- Cölln  " Abends 9 Uhr Wallstr. 20 bei Leonhardt." Verein Ziehlke'scher Tanzschüler Tirolienne" Tanzschüler ,, Tirolienne" Abends 9 Uhr im Restaurant Poppe, Lindenstraße 106.- Rauch­flub, Kernspige" Abends 8 Uhr im Restaurant Holzmarktstr. 44. Rauchklub Arcona" Abends 9 Uhr bei Brandt, Forsterstraße, Ecke der Reichenbergerstraße.

Kleine Mittheilungen.

Mannheim  , 6. Dezember. Schon wieder erregte heute Abend eine Liebesaffäre mit tragischem Ausgang die hiesige Bevölkerung. Der 18jährige Gymnastast Leonhard Müller aus Meiden bei Mosbach   befand sich gegen 4 Uhr in der Wohnung der in F 6 wohnenden Wittwe Bayer, deren 17jährige Tochter bettlägerig frant war, und saß vor dem Bett der letzteren, mit welcher er über die Aussichtslosigkeit seiner zukünftigen Studien sprach und dabei mit einem Revolver hantirte. Che das im Bett liegende Mädchen es verhindern konnte, gab der junge Mann einen Schuß gegen fich ab und traf sich mitten in die Stirne. Auf den Schuß eilten sofort die Hausbewohner hinzu und wurde der tödtlich Verwundete alsbald nach dem allge­meinen Krankenhause gebracht, woselbst die Aerzte fonstatirten, daß die Kugel in das Gehirn eingedrungen und feine Aussicht auf Erhaltung des Lebens ist. Müller hatte eine hef=

tige Leidenschaft zu dem Fräulein Bayer gefaßt und soll, bei seiner Abneigung zum Studium, in jugendlicher Gefühlsüber­wallung keine Aussicht auf eine Vereinigung mit seiner Ge­liebten gehabt haben, was ihn zu dem verzweifelten Selbstmord getrieben hat.

Prag  , 6. Dezember. Ein trauriges Zeichen der Zeit bildet folgender Vorfall: Der zwanzig Jahre alte Schuhmacher­geselle Wenzel Matucha erschlug gestern in Czakowitz bei Prag  feinen sechsjährigen Stiefbruder mit einem Hammer, ging dann nach Prag   und stellte sich selbst der Polizei, wo er als Grund der Blutthat angab, sein Vater habe ihm seinen unordent­lichen" Lebenswandel vorgeworfen und gerathen, er möge ent­weder etwas stehlen oder Jemanden erschlagen, um eine Ver sorgung im Kriminal zu finden. Deshalb habe er seinen Bruder ermordet. Er wurde dem Strafgerichte eingeliefert.

Budapest  , 6. Dezbr. Im Ofener Hotel Bum Propeller" spielte sich in der verfloffenen Nacht ein blutiges Selbstmord­drama ab, das noch nicht in allen Einzelheiten aufgeklärt ist. Die verheirathete Raffeehauskaffirerin Asztalos fam mit ihrem Geliebten, dem gleichfalls verheiratheten Portier der Musik­Akademie, Namens Mack und dem Kellner Joseph Wagner   vors gestern Abend in das bezeichnete hotel, wo sie soupirten. Wagner verließ dann für kurze Zeit die Beiden, um sich in an­rüchigen Lokalen zu amüfiren. Gestern Morgen fand man nun diese drei Personen todt auf dem Boden, alle durch die Brust geschoffen. Zuerst hatte Mack seine Geliebte, dann sich selbst erschoffen, und zulegt richtete Wagner die Pistole, die man neben ihm fand, gegen sich. Die Untersuchung ergab, daß Mack 560 fl. defraudirt hat und deshalb beschloß, im Verein mit seiner Ge­liebten zu sterben. Aus einem hinterlassenen Briefe Wagner's geht hervor, daß er feine Ursache zum Sterben gehabt, daß er aber nicht zusehen konnte, wie seine Bekannten zu Grunde gingen und daß er deshalb(?) den Tod gemeinsam mit ihnen gesucht habe. Um dieselbe Zeit etwa war auch das Café Gutfreund" Schauplatz einer grauenhaften blutigen Szene. Lieutenant Schneeweiß, welcher zu den täglichen Gästen von Brugmayer's Orpheum zählte, bewirthete die Künstlerfamilie Tacianu( Schweiger), welche aus dem Vater und den zwei

Töchtern Leona und Rosa bestand, in der Restauration des Orpheums und forderte dann die Gesellschaft zum Besuche eines Kaffeehauses auf. Die Geschwister Leona und Rosa wollten Anfangs hiervon nichts wiffen und willfahrten erst auf dringendes Bitten des Offiziers seinem Verlangen. Ursprüng lich wollte man in das Kaffeehaus zur Oper gehen; dasselbe war jedoch schon gesperrt. Man begab sich daher in das Guts freund'sche Kaffeehaus. Während des Gespräches zog Schnee weiß seinen Revolver aus der Tasche und versprach der kleinen

gjährigen Rosa Tacianu, ihr gleichfalls einen solchen zu kaufen. Schneeweiß hielt hierbei die Waffe gegen Leona Tocianu ge­tehrt, worauf ein Freund des Dffiziers diesem den Revolver mit den Worten: Mit Revolvern ist nicht gut spaßen" aus der Hand nahm. Schneeweiß gab die Waffe in die Tasche zurück, zog jedoch bald darauf den Revolver neuerdings hervor und rief der kleinen Rofa zu: Nun Rosa, gieb Acht!" Kaum war das legte Wort gefallen, als der Schuß aus dem Revolver, den Schneeweiß auf die Brust des fleinen Mädchens gerichtet hielt, losging. Rosa richtete fich ferzengerade auf und machte einige Schritte zu ihrem ihr entgegen eilenden Vater, brach aber nach wenigen Schritten in der Nähe des Billardtisches zu sammen. Anfangs glaubte die Gesellschaft, daß Rosa durch den Schuß nur erschreckt worden sei, bald jedoch entfärbte sich

das Antlig des Mädchens und Rosa hauchte in den Armen ihrer Angehörigen ihren legten Seufzer aus. Während die im Kaffeehause anwesenden Personen fich um die Todte bemühten, erdröhnte ein zweiter Schuß, der dem Leben des Offiziers ein Ende machte. Nach derselben Darstellung giebt es in diesem Drama noch einige mysteriöse Details, die wohl niemals aufgeklärt werden können, da die beiden Hauptbetheiligten todt find.

Genua  , 6. Dezember. Die Polizei entdeckte nach langen Nachforschungen eine große Verbrecherbande, welche seit Mo­naten die Stadt unsicher machte und am lichten Tage Mord­thaten vollführte. Die Zahl der verhafteten Mörder, Diebe und Hehler übersteigt 40. Außerdem wurden große Mengen gestohlener Werthfachen konfiszirt. Die Bande scheint mit einer weitverzweigten Verbrechergesellschaft in Verbindung zu stehen, deren Filialen in mehreren italienischen und französischen  Städten kürzlich aufgehoben wurden.

Vermischtes.

Die Ansteckungsfähigkeit der Lungenschwindsucht, die man gewöhnlich für ein Resultat neuer medizinischer Forschungen hält, scheint nach aufgefundenen Urkunden doch schon anderen Kulturvölkern bekannt gewesen oder doch von ihnen geahnt worden zu sein. Im Jahre 1782 wurde vom Magistrat in Neapel   nach einer vorhandenen Urkunde angeordnet, daß jeder Arzt, sobald er bei einem Kranken Schwindsucht festgestellt hatte, verpflichtet sein sollte, der Behörde Anzeige zu erstatten und zwar zur Vermeidung von Geldstrafen und Verbannung. Die Kranken wurden dann einem Spital zugeführt, ihre Effekten vernichtet, der An- und Verkauf ihrer Kleider mit schweren Strafen belegt; die von den Kranten innegehabten Wohnungen wurden auf das Sorgfältigste gereinigt, neu geweißt 2c. Dies merkwürdige Gesetz bestand noch im Jahre 1848. Nachdem man die Ursache der mörderischen Krankheit seit einiger Zeit in einem Bacillus ermittelt hat, erwiesen sich alle die drakonischen Maß regeln als überflüssig. Freilich kann kein Arzt die tückische Krankheit heilen, aber frische, reine Luft hindert den Eiterungs­prozeß bei den Lungen und bringt sehr oft noch die Krankheit zum Stillſtehen. Der gewissenhafte Arzt bekennt dabei gern, daß er mit seiner Kunst zur Heilung der Schwindsucht nichts thun fann; helfen kann allein die Natur, wobei es natürlich Hauptbedingung ist, daß die Krankheit noch nicht sich soweit entwickelt hat, daß der Körper die Anstrengungen eines Luft­wechsels nicht zu ertragen vermag.

Theaterbrände im Jahre 1886. Es sind in dem hier zu besprechenden Zeitraume folgende Theaterbrände zu vers zeichnen: 7. Dezember 1885. Das deutsche Theater( Paradies) in Moskau  . Zuschauerraum total abgebrannt, während Bühne und Foyer erhalten blieben. 2. Januar 1886. Wheite's Theater in Detroit  ( Michigan  , Nordamerika  ) brannte vollständig nieder. 12. März. Stadttheater in Lemberg  . Das Feuer brach Mittags 2 Uhr im Bodenraume aus und konnte einer der selteneren Fälle auf dieses Terrain beschränkt bleiben. Die Bühne blieb vollständig unversehrt. 5. Mai. Das Theater in Derby  ( England) brannte bis auf die Grundmauern nieder; es war erst am 25. März d. J. eröffnet worden. Das Feuer brach hinter der Bühne infolge einer Gaserplosion aus. Von dem Theaterpersonal erstickte ein Schauspieler in seinem Ans fleidezimmer, während zwei Arbeiter durch den Einsturz des Daches getödtet wurden. 15. Mai. Das sogenannte alte Stadt­theater in Bochum  ; dasselbe reduzirte fich auf einen größeren Gasthofsaal, der nicht unter die Rubrik" Theater  " fallen kann. 29. Juli. Das Hindutheater in Tinnervelly( Stadt in British­Indien mit 25 000 Einwohnern) war nur ein ganz leicht ges bautes Theater. Bei diesem Theaterbrande sollen hundert Eingeborene( nach anderer Lesart nur siebzig) in den Flammen umgefommen fein. Mitte Oktober. Das Teatro del filo­dramatici in Ravenna  ( Italien  ) ist total abgebrannt. Das Feuer brach in einer Privatwohnung des Theatergebäudes aus, welches zur Zeit des Feuerausbruches gesperrt war. Eine in dieser Wohnung befindliche Frau wurde verkohlt aufgefunden. Noch find zwei weitere Theater, nämlich in Madrid   und Orleansville  ( Frankreich  , Provinz   Algier  ), niedergebrannt, je doch fehlen Datum und nähere Angaben dieser anscheinend nicht sehr belangreichen Theaterbrände. Es sind mithin nur sechs Theater faktisch niedergebrannt, das Hindus theater in Tinnervelly mit eingerechnet, trotzdem dies ebenfalls faum im Sinne moderner Theatergebäude aufgefaßt werden darf. Auch das in der Provinz   Algier   nieder gebrannte Theater wird kaum mehr als eine primitive Holz­oder Leinwandbude gewesen sein. Es ist dies seit der Ring­theater- Katastrophe das günstigste Jahr in Bezug auf Theater brände und namentlich auch hinsichtlich der dabei gebliebenen Opfer, wenn wir von der Europa   nicht berührenden schweren Ratastrophe in Tinnervelly absehen. Im Jahre 1885 waren 8, 1884 10, 1883 22 und 1882 25 Theaterbrände zu verzeichnen. In engem Zusammenhange mit den Theaterbränden stehen naturgemäß die Zirkusbrände. Vollständig brannten nieder: 1. April: Baese's Affen- und Elephantentheater in Mainz  ; es gingen 34 dreffirte Thiere zu Grunde, außerdem brannte eine angrenzende Schießbude nieder; 22. Mai: der Zirkus Ferroni in Wilna  ( Rußland  ); 7. August: der fliegende Zirkus Franklow in Pest  ; das Feuer brach in dem aus Brettern leichtfertig ge bauten Birkusstalle aus und verbrannten 10 werthvolle Pferde.

Das Herz auf der rechten Seite. In Wien   starb fürz lich ein Mann, von dem alle Welt wußte, daß er das Herz in der rechten Brusthälfte hatte. Es ist zwar nicht richtig, wie vielfach geglaubt wird, daß die linke Brusthöhle allein der Ort ist, wo das Herz schlägt"; dieser für den Blutumlauf so wich tige Muskel ragt oft mit seiner größeren Hälfte in die rechte Brusthöhle hinein, bei dem Drechslergehilfen Josef Chotebor aber, der in der Hofergaffe Nr. 15 wohnte, war in Folge ab normen Baues des Brustkastens das Herz ganz nach rechts hins über verschoben und die Leute nannten ihn deshalb den Mann mit dem Herzen auf dem rechten Fled". Er war bruft leidend und die Folge davon war, daß er mit seiner Familie am Hungertuche nagte. Im allgemeinen Krankenhauſe, wo er vor längerer Zeit Hilfe suchte, erkannte man den regel widrigen Brustbau des Drechslers, deffen Herzschlag deutlich auf der rechten Seite, feineswegs aber auf der linken Seite wahrnehmbar war. Die jungen Mediziner besuchten den Mann öfter in seiner ärmlichen Wohnung, um gegen ein Geldgeschenk an dem so abnormal Gebauten Studien zu machen. In seiner bitteren Noth offerirte er einmal der Anatomie seinen Leichnam im voraus zum Kaufe, doch zerschlug sich damals das Ge schäft". Josef Chotebor erlebte ein Alter von 51 Jahren.

Briefkasten der Redaktion.

Bei Anfragen bitten wir die Abonnements- Quittung beizufügen. Briefliche

Antwort wird nicht ertheilt.

Schrader. Ihre Karte empfingen wir erst gegen 7 Uhr Abends, das Inserat konnte daher nicht mehr in die Mittwoch nummer aufgenommen werden. Die Expedition.

H. H.   Heft 1 und 2 der Internationalen Bibliothek find augenblicklich vergriffen, nach einigen Tagen können Sie dies selben wieder durch die Expedition beziehen.

W. S., Reichenbergerstraße. Ihre Sache wird in der morgigen Nummer zur Sprache gebracht werden.

B. 2. Da Jhr Bruder ohne Hinterlassung von Kindern gestorben ist, so ist seine von ihm testamentarisch eingefeste Ehefrau nicht auch erbberechtigt hinsichtlich des Nachlaffes Thres Ist aber Ihr Vater vor dem Bruder gestorben, so fällt dessen Erbtheil an seine Ehe frau, auch wenn die Höhe des Erbtheils noch nicht fest

später verstorbenen Vaters.

stand.

Verantwortlich für den politiſchen Theil und Soziales Wax Schippet, für Vereine und Verſammlungen F. Tutauer, für den übrigen Theil der Zeitung N. Gronheim, ſämmtlich in Berlin  .

Drud und Verlag von Max Bading in Berlin   SW., Beuthstraße 2.