gern entgegenkommen, wenn ihm nachgewiesen werde, daß das Vaterland in Gefahr sei.
Abg. v. Helldorff( tons.): Aus dem vorgelegten Ziffern material geht hervor, daß die Präsenzstärke der Armee des Deutschen Reichs hinter der Stärke des französischen und auch des russischen Heeres zurückſtehe. Das gebe er freilich zu, daß die Zahl der ausgebildeten Soldaten in Deutschland die von Frankreich und besonders auch die von Rußland bei Weitem übersteige. In Frankreich aber würde durch allerlei Heßereien beim Volfe Kriegsstimmung erzeugt; dem Nachbar im Often traue er auch nicht. Das Wort, der Weg nach Kon stantinopel führe über Berlin , wollten große Parteien in Ruß : land zur Wahrheit machen. Er sei zwar ein Laie in der Diplomatie, aber er halte den Krieg im Laufe des nächsten Sommers nicht für unwahrscheinlich. Dies sei auch die Ansicht in höheren Kreisen. Er empfehle angelegentlichst die Annahme der Vorlage. Der Blick in die Zukunft sei sehr trübe, und es würde am Ende aller Anspannung der Kräfte Deutschlands ers fordern, um die drohenden Gefahren abzuweisen.
Abg. Windthorst nahm abermals das Wort, um darzulegen, daß aus allen seitherigen Verhandlungen nicht hervor gehe, weshalb die Vorlage eine so große Eile habe. Diese Eile seitens der verbündeten Regierungen sei überhaupt die einzige Andeutung einer getrübten Situation in Eurova. Daß der Weg der Rufsen nach Konstantinopel nicht über Berlin führe, gehe schon aus den offiziösen Mittheilungen hervor, daß Deutschland gar keine Interessen im Südosten Europas hätte. Wenn aber, wie mehrfach gesagt worden sei, in der Schwäche der französischen Regierung eine Kriegsgefahr liege, dann sei der deutsche Reichsfanzler Schuld daran, der diese Schwäche immer gefördert habe.
Kriegsminister v. Bronsart erklärt, daß er weder Auftrag habe, noch die genügende Wissenschaft befize, Aufklärungen in Bezug auf die politische Weltlage zu geben.
Abg. v. Benda( nat.- lib.) spricht sich für die Vermehrung der Armee aus, damit der Friede für die Zukunft gesichert bleibe. Die Nachbarstaaten müßten in dem Glauben erhalten werden, daß Deutschlands Heeresmacht unüberwindlich sei.
Abg. Dr. Bamberger( freis.) gab seine Bereitwilligkeit fund, für alle Forderungen zu stimmen, welche eine Kriegsgefahr abwenden, oder einen ausgebrochenen Krieg stegreich für Deutschland gestalten könnten. Die Vorlage behandle aber lediglich dauernde Institutionen. Er könne sich des Gedankens nicht erwehren, daß die immer größeren Rüstungen, welche die europäischen Staaten sich anzögen, geeignet seien, wie Graf Moltke sich ausdrückte, baldige Entscheidungen" herbeizuführen. Die Dffizierstreise im Deutschen Reiche, die eine so große Bedeutung bei solchen Fragen hätten, trügen sich mit solchen Gedanken. Einen Angriff Seiten Frankreichs von halte er vor= läufig für ausgeschlossen. Frankreich würde nur dann einen Krieg mit uns beginnen, unter welcher Regierung es auch stehen möge, wenn die Regierung die volle Ueberzeugung habe zu fiegen. Und das könne noch lange dauern. Die Hauptgefahr drohe von Rußland ; von dort sei ein Angriff schon in nächster Zeit wohl zu erwarten. Diesem Angriff würde sich, nach seiner Kenntniß der französchen Zustände, Frankreich sofort anschließen. Aber dieser allgemeinen Angriffsgefahr gegenüber empfehle fich eine allgemeine Abrüstung der europäischen Mächte. Und Deutschland müsse damit als mächtigste Nation den Anfang machen. Wenn nicht Deutschland den Anfang mache, würde der Anfang niemals gemacht werden.
Graf Behr( Reichspartei): Die Ausführungen Bambergers müßten jeden bisher noch Schwankenden veranlassen, für die Vorlage zu stimmen. Eine Abrüstung sei wohl das ungeeignetste Mittel, einer Kriegsgefahr zu begegnen.
Kriegsminister v. Bronsart hält sich verpflichtet, dem Abg. Bamberger einige Worte zu erwidern. Eine unmittelbare Kriegsgefahr sei nicht vorhanden, denn sonst hätte eine ganz andere Vorlage gemacht werden müssen. Nur das Bestreben, den anderen Staaten in der Rüstung nicht nachzustehen, habe die Vorlage gezeitigt. Die baldigen Entscheidungen habe Graf Moltke nicht so aufgefaßt wie der Abg. Bamberger es dargestellt habe. Das Wort Moltke's sei allerdings gegen Frankreich gerichtet gewesen, doch sollte damit nicht gemeint sein, daß die schweren Rüstungen die baldigen Entscheidungen herbeiführen, sondern die inneren Bustände in Frankreich .
Abg. Frhr. v. Stauffenberg( freij.) glaubt nicht an eine nahe Kriegsgefahr und hält mit dem Abg. Windthorst weitere Aufklärungen über die Weltlage für erforderlich, ehe man fich über einen so einschneidenden Gesezentwurf entschei den könne. Die Fortsetzung der Debatte wurde darauf bis heute, Freitag, Vormittags 10 Uhr, vertagt.
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Kommunales.
Stadtverordneten- Versammlung.
Deffentliche Sigung vom 9. Dezember. Der Stadtverordneten Vorsteher Herr Dr. Stryck er öffnet die Sigung um 5% Uhr mit einer Reihe geschäftlicher Mittheilungen.
welche die politischen Zeitungen für den ersten Abdruck solcher nach der Schablone geschriebenen oder übersetzten Romane zahlen, ist, wie bereits erwähnt, gering. Die Haupteinnahme rührt von der Gestattung des Nachdrucks an zahlreiche Provinzialblätter her. Ein solcher Roman wird, zumal wenn es eine spannende Kriminalgeschichte ist, wohl fünfzigmal und öfter an verschiedene Zeitungen verkauft. Natürlich sind die Honorare für den Nachdruck außerordent lich gering und sie sind in Folge der lebhaften Konkurrenz, welche sich die vielen literarischen Bureaus gegenseitig machen, auf den denkbar niedrigsten Satz gesunken. So machte, um hier nur ein Beispiel anzuführen, türzlich ein hiesiges literarisches Bureau bekannt, daß es die Romane der„ berühmtesten" Autoren zu den nachstehenden Preisen abgebe: z. B. ,, Die Liebe des Liberati"( ca. 5000 3eilen) von Fritz Brentano für 3 M., ,, Des Lebens Räthsel" von W. Grothe für 3 M., eine andere Erzählung von 1000 3eilen für 1 M. u. s. w. Eine Besserung dieser schwachvollen Verhältnisse ist nicht zu erwarten, so lange es noch Uebersegerinnen giebt, die ein Abkommen eingehen, wie das oben erwähnte Frl. v. B. Diese Dame steht in beständiger Verbindung mit einem hiesigen literarischen Bureau. Sie liefert Jahr aus Jahr ein Ueberfegungen meist amerikanischer Romane und sie erhält, ähnlich wie ihre stickenden und strickenden Schwestern, an jedem Sonnabend ihren Wochenlohn für die während der Woche dem Bureau gelieferte Waare. Als Honorarfat berechnet der generöse Agent ganze 35, sage und schreibe fünfunddreißig Pfennige für die geschriebene Seite und er achtet mit Argusaugen darauf, daß die Schriftstellerin nicht zu oft Säge, wie: Ja, sagte er" Nein, meinte fie, bringt, um damit eine Beile zu füllen. Ich weiß leider nicht genau, ob dieser Biedermann mit jenem anderen ge= schäftstüchtigen Agenten identisch ist, der das Honorar der von ihm gekauften Romane nach- Metern berechnet. Süd für Stück pro Meter fünf Mark. Herz was willst Herz was willst du mehr? O welche Lust Poet zu sein!
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Die Abtheilungen find zusammengetreten und haben die Wahl von 10 Mitgliedern für den Ausschuß zur Vors berathung der Vorlage, betreffend den Ankauf des Moser'schen Lohmühlen- Grundstücks in der Schlesischenstraße und am Lobmühlenwege; von 10 Mitgliedern zur Vorberathung der Vorlage, betreffend die Festsetzung von neuen Baufluchtlinien für das Grundstück Königgrägerstraße 12; von 15 Mitgliedern für den Ausschuß zur Vorberathung der Vorlage, betreffend die Festlegung einer neuen Baufluchtlinie für die Ostseite des Neuen Marktes, sowie den Ankauf der Grundstücke Neuer Markt 3, 4 5, 6 und 7; und von 15 Mitgliedern für den Ausschuß zur Vorberathung der Vorlage, betreffend den Ankauf der Grundstücke Andreasstr. 56, Krautstr. 48a und Grüner Weg 95 bes hufs Erbauung einer Markthalle im Osten der Stadt vollzogen.
Der Vorsteher theilt der Versammlung das Ableben des Stadtv. 3ippel mit, dessen Verdienste er feiert. Die Versammlung ehrt das Andenken des Verstorbenen, der ihr seit 1873 angehört hat, durch Erheben von den Plägen.
Von der Wittwe des Stadtkämmerers Runge ist ein Dankschreiben eingelaufen.
Nach Eintritt in die Tagesordnung werden eine Anzahl Anstellungs- und Penfionirungs- Gesuche geschäftsordnungsmäßig erledigt.
In das Kuratorium der Reichenheim'schen Stiftung werden gewählt die Stadtv. Horwit und Dr. Hermes. 3um Kirchenbau für eine von der ThomasParochie abzuzweigende neue Kirchengemeinde soll die Stadt auf Antrag des Magistrats einen Beitrag von 200 000 M. leisten. Ueber die Vorlage ist ein Ausschuß eingesetzt, welcher durch seinen Berichterstatter, Stadtv. Karsten, die Bewilligung dieser Summe ohne Anerkennung der rechtlichen Verpflichtung" und unter der Bedingung, daß von den firchenregimentlichen Behörden dieser neuen Gemeinde Patronatsfreiheit gewährt wird, sowie die unentgeltliche Ueberlaffung des erforderlichen Terrains auf dem Laufizer Plaz unter Vorbehalt des Eigenthums an Grund und Boden beantragt. Die Gemeinde soll einen Beitrag von 100 000 M. leisten. Der Ausschuß war der Ueberzeugung, daß eine rechtliche Ver pflichtung der Stadt, die Beihilfe zu leisten, nicht existire.
Stadtv. Gördi: Wer Jahre lang in jener Gegend gewohnt hat, weiß, daß die Ansicht, die Thomasgemeinde sei zu groß und die Kirche zu klein, vollkommen unrichtig ist. Für uns ist die Rechtsfrage zunächst wichtig. Der Ausschuß ist der Ansicht, daß eine rechtliche Verpflichtung nicht eristire, während der Magistrat in seiner Vorlage eine solche nachzuweisen sucht. Wenn aber eine rechtliche Verpflichtung nicht vorlag, so ist es sonderbar, daß der Ausschuß zu einem Antrage gelangt ist, den er selber als Kompromiß bezeichnet. Kompromiffe werden nur zwischen gleichen Machtfaktoren abgeschlossen, die eine unangenehme Eventualität vermeiden wollen. Wenn es aber über allen Zweifel erhaben ist, daß eine solche unangenehme zu befürchten ist, Eventualität für die Stadt nicht so ist es um so weniger angebracht, heute einen Kompromiß abzuschließen, wo, wie der Ausschuß selber sagt, eine Strömung besteht, die es gefährlich macht, auch nur ein Jota von dem Rechte in dieser Hinsicht aufzugeben, das wir haben. Es kann durch diese Bewilligung ein sehr bedenklicher Präzedenzfall geschaffen werden, welcher der Stadt Millionen kosten kann. Deshalb ist ein schwächliches Nachgeben, wie es sich in dem Ausschußantrage ausspricht, durchaus unangebracht. Wie steht es nun mit der Nothwendigkeit einer neuen Kirche an jener Stelle? Man weist auf die 140 000 Seelen" der Thomas parochie hin. Solange aber der Austritt aus der Landeskirche so umständlich, solange es die Beitläufte vielen nicht gestatten, ihre Anficht offen zu bethätigen, haben diese Bahlen feine Be deutung. Wohl aber hat der Umstand Bedeutung, daß in jener Parochie/ aller abgeschlossenen Ehen kirchlich nicht eingefegnet werden. Man hat in jener Gegend eingesehen, daß die Abmachungen auf dem Standesamt genügen, um eine glückliche Ehe zu führen.( Große Unruhe. Rufe: Oho!) Nun, die glücklichsten Ghen werden in der Kirche überhaupt nicht abgeschlossen.( Unruhe und Heiterkeit.) 3 jener 140000,, Seelen " haben durchaus kein kirchliches Bedürfniß. Gerade dort, wo die Kirche Hinkommen soll, haben von 700 Wählern 650 mir die Stimme gegeben und damit die Uebereinstimmung ihrer Ansichten mit den meinigen bekundet.( Unruhe.) Ich glaube, daß Kirchen in der heutigen Beit sehr gut entbehrt werden können.( Große Unruhe. Glocke des Vorsitzenden.) Von 700 Wählern find 650 gleich mir der Ansicht, daß man mit der moralischen Vorschrift: Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst" ganz gut auskommen fann. Sie sind wie ich der Ansicht, daß keine firchliche Lehre im Stande ist, auch nur ein Jota an ihren wirthschaftlichen Verhältnissen zu verbessern. ( Unruhe und Gelächter.) Wenn man die Meinungen dort hören würde, so würde man merken, daß von einem Bedürfniß dort nichts gefühlt wird. Es soll aber auch zu einseitigen Zwecken die Allgemeinheit in Anspruch genommen werden. Die Steuern werden nicht allein von evangelischen Christen aufgebracht. Ich glaube nicht, daß die Majorität bereit sein dürfte, eine Beihilfe für einen Synagogenbau zu leisten.( Unruhe.) Nur zu Gunsten der Allgemeinheit dürfen die Gelder der Allge meinheit benutzt werden. Mit der wachsenden Aufklärung werden die Kirchen immer weniger benugt werden und eine Menge solcher Gebäude werden dann leer stehen.( Unruhe und Gelächter.) Wir können die 200 000 m. wahrhaftig zu befferen Zweden verwenden. Viele von Ihnen sind in ihrer Jugend für Trennung der Kirche vom Staat" eingetreten. Wer diese Forderung nicht stellte, war fein guter Liberaler". Heute ist es Ihnen unangenehm, an solche Dinge erinnert zu werden, heute, wo Sie die Macht in der Kommune in Händen haben. Der herrschenden kirchlichen Strömung gegenüber wäre es ein großes Verdienst, wenn Sie die Vorlage ablehnen würden. ( Unruhe.)
Vorsteher: Bum Wort meldet sich Niemand weiter. ( Bahlreiche Bravos aus der Versammlung.)
Es meldet sich dennoch der Stadtv. Prof. Bellermann ( Rufe des Bedauerns).
Stadtv. Bellermann: Die Schilderung der Verhält nisse seiner Gegend, die der Herr Vorredner gegeben hat, das offenherzige Brkenntniß seiner Ansichten, das er gegeben hat, machen es uns zur Pflicht( Bravo !), mehr Kirchen zu bauen, damit auf diese Weise solche Ansichten beseitigt werden.( Lebhaftes Bravo!)
Nachdem der Referent noch bemerkt, daß dadurch, daß der Ausschuß der Meinung sei, eine rechtliche Verpflichtung für die Stadt eristire nicht, noch nicht erwiesen sei, daß das Gericht event. denselben Standpunkt theilen würde, nimmt die Ver sammlung den Ausschuß- Antrag mit großer Majo
rität an.
Der Ankauf des Grundstücks Müllerstr. 151 zum Preise von 105 000 M. wird debattelos genehmigt.
In betreff der Müllabfuhr beantragen die Stadtv. Spinola und Gen.:„ Die Stadtverordneten Versamm lung wolle beschließen, den Magistrat zu ersuchen, mit der Verfammlung in gemischter Deputation darüber zu be rathen, ob die Abfuhr des Mülls und sonstigen Rebrichts aus den Häusern durch die städtische Verwaltung übernommen werden kann."
Es erhebt sich eine längere Diskussion, in der von den Gegnern des Antrages darauf hingewiesen wird, daß die Pri vatunternehmer die Abfuhr bis jest gut besorgt hätten und daß die Uebernahme durch die Stadt erheblich mehr Kosten verursachen würde, während die Befürworter des Antrages auf die Unzuträglichkeit des bisherigen Modus und auf seine sanitären Gefahren hinweisen.
Der Antrag Spinola wird angenommen.
Die Vorlage betr. Anstellung eines Generaldirektors für die Verwaltung der Rieselgüter wird auf Antrag des Stadto. Langerhans von der Tagesordnung abgesezt und seine Erörterung für die nicht öffentliche Sigung bestimmt.
Einige Rechnungen werden dem Rechnungsausschuß über wiesen. Damit ist die Tagesordnung erledigt. Schluß 7 Uhr.
Es folgt eine nicht öffentliche Sigung.
Lokales.
Aprilwetter ist der Charakter des diesjährigen Dezember Noch einem furzen Ansaz zum Winter kam Regen mit grau in grau gefärbter Atmosphäre, und gestern beim ersten Morgens grauen sogar mit dem Regen gemischter praffelnder Hagel, auf den am Lage warmer Sonnenschein folgte.
Es ist taum glaublich, was sich alles von Zeit zu Zeit bei der Postverwaltung ansammelt. So harren jetzt wieder bet der Ober- Postdirektion der Versteigerung zum Besten des Poste armenfonds( falls sich die Eigenthümer bis zum 25. d. M nicht melden sollten) zahlreiche Gegenstände, welche in Packeten ohne Aufschrift enthalten gewesen bezw. Postsendungen entfallen oder bei hiesigen Bostanstalten herrenlos aufgefunden worden sind. Es sind dies: 1 Billet zum Nationalpanorama, 25 Fünfgrammgewichte, 10 Messingketten, 2 Paar Strümpfe, 16 Hosenfnöpfe, 2. Bände, Männerchöre von Koschat( Tenor, 1 Baß und Baß 11), 3 Dußend Korsetstangen, Zwirn, 2 Patentleuchter, 14 Nickelknöpfe, 3 Hammer ohne Stiel 1 lederner Handgriff, 2 und 16 Schnüre Perlen, 1 Duzend Birkel, 2 Schiffchen zu einer Nähmaschine, 1 Stück Kleiderstoff, Uhrgehänge, Rollen Abfagstifte, 1 Stück Ver schnürung für Damenmäntel, 1 Charnier, 1 Stück Seife, Kleid und 1 Taille, 1 Knäuelhalter von Glas, 1 Medaille, 1 Paar Handmanschetten, 1 leinene Decke, 1 Rolle Befag, 6 Paar vernickelte Hülsen, 4 hefte„ Conferenza sulla storia autica", 2 Patent- Tafelreiniger, 1 Bund Etiquetten papier, 1 Korfzieher, 1 Thermometerstala, 1 kleines Trinkglas, 1 Kapfel mit Stempel, 1 Dgd. Uhrschlüssel, 8 Meter Band, 1 Wagenbüchse, 1 Saarzopf, 1 Büchse mit Schmiermaterial, 12 Nähmaschinentheile, 1 Notizbuch, 1 Buch„, the smuggler ty James", 3 Dyd. Schraubenstifte, 1 Blechbüchse, 3 Lampen brenner, 1 Petschaft, mehrere Vorlegeschlösser, 1 Buch, Geschichte der Landwirthschaft von Dr. Traas", 1 Katalog der kaiserlich russischen Boten- Bibliothek, 1 Buch„ Deutsch- französische Gram matit von Otto", 3 Bücher Friedrichsroda und seine Umge bung von Roth", Germaine von About" und" la morte", und endlich eine Geldtasche, enthaltend- 10 Pf. Wer find nun die Eigenthümer?
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Für die praktische Handhabung der Unfallversiche rung sind soeben aus Anlaß zweier aus Berlin zur Erörterung gekommener Fälle von der obersten Zentralbehörde für die Un fallversicherung, dem Reichsversicherungsamt, wichtige Ent schließungen getroffen worden. Bei einem Neubau war ein hiefiger Maurer verunglückt und zwar in der Weise, daß er beim Heben eines schweren Gegenstandes einen Nezbruch erlitt, der zwar geheilt wurde, aber die Arbeitsfähigkeit des Mannes nach dem Urtheil der Berufsgenossenschaft um neun Behntel verminderte. Der Arbeitgeber des Verunglückten bot nach der Wiederherstellung des Maurers demselben eine leichtere Be schäftigung an, für welche er seinen früheren Lohn voll erhal ten sollte. Der Maurer selbst aber hatte sich entschlossen, mit einem kleinen Vermögen seiner Frau einen Handel zu etabliren und sich diesem zu widmen und bestand des halb darauf, daß ihm daß ihm neun Behntel seines jährlichen Durchschnittsverdienstes als laufende Rente gezahlt würden. Da die Berufsgenossenschaft unter den obwaltenden Umständen fich weigerte, diese Zahlung zu leisten, so wendete sich der Maurer an die vorerwähnte Kontrolbehörde und diese wies die Berufs genoffenschaft zur sofortigen Zahlung an, indem sie das Ver langen des Bittstellers als durchaus berechtigt erklärte. einem anderen Falle hatte ein hiesiger Papierhändler, der eine sogenannte Kopfdruckpresse zur Herstellung von Visitenkarten und Kouverts, die durch sein Geschäftspersonal ohne weitere Motoren oder elementare Kräfte in Bewegung gefegt wurde, in seinem Geschäftslotal aufgestellt hatte, gegen feine Heranziehung zur Unfallversicherung seines Personals Einspruch erhoben; feine Heranziehung war nämlich erfolgt auf Grund der fürzlich ge faßten Entschließung, wonach Druckereien sämmtlich als Fabriken und deshalb auch als versicherungspflichtig zu erachten seien. Das Reichsversicherungsamt erachtete jedoch unter den ob waltenden Umständen diesen Betrieb nicht für verficherungs pflichtig.
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In
Der orfanartige Sturm, welcher am Mittwoch Abend plöglich losbrach, hat in den benachbarten Forsten und nament Die lich im Grunewald bedeutenden Schaden angerichtet. Vehemenz des plößlich auftretenden Sturmes war auch eine ganz ungewöhnliche. Mehrere Berliner Herren, welche von dem Unwetter auf der freien Chauffee in der Nähe von Spandau überrascht wurden, mußten an die nächsten Bäume flüchten und sich an denselben festhalten, um nicht von dem Winde auf das freie Feld getrieben zu werden. Auf den Eisenbahnstationen hatte der Telegraph stundenlange Verspätungen der vom Westen tommenden Personenzüge gemeldet, die den nachfragenden Reisenden mitgetheilt wurden. Nachdem der Drkan fich gelegt fuchten aber die Züge die erlittene Verspätung möglichst aus zugleichen, so daß die Reisenden, wenn sie zu der amtlich an gekündigten Zeit zur Abfahrt sich einfanden, zu spät kamen was mehrfach zu großen Unzuträglichkeiten, namentlich auf dem Hamburger Bahnhof in Spandau Veranlassung gab.
Die deutsche Kaffeevisite in französischer Beleuchtung. Die Pariser llustration" enthält eine satirische Skizze über wir in Nachstehendem zur Erbauung unserer Leserinnen aus zugsweise veröffentlichen: Was in Paris eine Vesper( goûter), in London ein Fünf- Uhr- Thee ist, heißt in ganz Deutschland Kaffeevisite. Ein Mann fann sich kaum damit brüsten, diefe Männer find von der Kaffeevifite in unbarmherziger Weise au geschloffen, wie von einem Herensabbath auf dem Brocken. Aus Schilderungen eingeweihter Damen fann man fich indeß einen Begriff von der Beremonie" machen. Warum wird diese Vesper Visite genannt? Antwort: Weil sie in der gewöhn
Damen in halbfeiner Toilette erscheinen, auch wenn fie formell eingeladen find. Warum nimmt man den Kaffee um diese un gewöhnliche Stunde? Ganz einfach, weil der Kaffee, dieser be fannte fleine Schwarze mit Bichorie, einer Deutschen in der Taffe in Literquantität, in Defaliter oder Hektolitermengen zu allen Zeiten und Stunden willkommen ist, ob fie an Rang, Alter oder Ansprüchen hoch oder niedrig steht. Sie schwärmt für den Kaffee genau so wie unsere( die Pariser ) Haushälterinnen, Köchinnen oder alten Straßenweiber. Die deutsche Frau ist ja auch, in den höchsten Kreisen sowohl wie in den niedrigsten, in erster Linie
nur Weib in gewöhnlichem Sinne( femme à( abas)
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wir
wollen sagen, eine vollkommene Wirthschafterin, eine hausfrau in des Wortes höchster Bedeutung. Sie ſegt ihre Ehre darein, fie ist stolz darauf, die beste Hasenpastete zu machen, die hem den des Gatten vorzüglich auszubessern und wunderbar schön Strümpfe stopfen zu können. Sie ist damit zufrieden und hält Afich obendrein noch für das Wunder der Schöpfung. Die Ausdauer der Engländerin hält fie für Härte, die Unabhängig Eleganz der Franzöfin ist in ihren Augen nur Frivolität, die feit der Amerikanerin für höchst unpassende Ueberspanntheit; alle drei können ihr nur leid thun, denn sie ist die wahre Mutter, die gute Gattin, sie hat Gemüth", gepaart mit dem Talent, Gurken einzulegen. Kein Wunder, wenn fie
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