Spreche doch wahrlich nicht für eine Vermehrung der Artillerie. Der Redner beleuchtet nun die Kriegsmacht Rußlands und Tommt zu dem Resultat, daß die Kriegsmacht Rußlands unges mein überschäßt werde, wenigstens diejenige Kriegsmacht, die gegen Deutschland ins Feld geführt werden könne. Die meisten russischen Truppen seien an der asiatischen Grenze dislozirt und fönnten von dort nicht leicht weggezogen werden. Zahlenmäßig versucht Richter sodann den Nachweis, daß Rußland in den Tetzten Jahren seine Friedenspräsenzstärke nicht vermehrt, sondern eher vermindert habe. Die heute von der Regierung gegebene Auskunft stehe übrigens im Gegensaß mit der Ausfunft von 1880. Damlas habe man genau erfahren, wozu die einzelnen Ausgaben dienen sollten, während man jetzt mehr auf allgemeine Kombinationen verwiesen werde. Man wisse nicht einmal, ob die verlangten 18 000 Mann über die ganze Armee vertheilt werden, oder ob sie nur einzelne Bezirke treffen sollen.
Hierauf nahm Kriegsminister von Bronsart das Wort: Derselbe führte zunächst aus, daß die Vorlage ganz den Bwed verfolge, das Land recht rasch vertheidigungsfähiger und die Armee friegstüchtiger zu machen. Schon vom 1. April 1887 an würden durch die vermehrten Refrutenaushebungen die Regimenter bald schon mit einer größeren Anzahl, wenn auch nur halb ausgebildeter Soldaten, vermehrt. Hierauf gab der Minister noch weitere Aufklärungen über Dislokationen, die er aber als streng vertrauliche bezeichnete. Dann meinte er, daß er die innere Tüchtigkeit der österreichischen Armee nicht bestreiten wolle, und daß er als Soldat auch erfreut sei über die Lobsprüche, welche in der Kommission über die innere Tüchtigkeit der deutschen Armee gefallen seien, aber die innere Tüchtigkeit einer Armee sei ein viel unsichereres Element als das der Zahlen. Es fei nicht richtig, was der Abg. Richter( welchen der Kriegsminister lediglich den Herrn Abgeordneten" nennt) in Bezug auf die frauzöfifche Streitmacht gesagt habe, da das Algierische Armeekorps, wie wir 1870 gejehen hätten, recht rasch auf den europäischen Kriegsschauplatz gebracht werden könne. Im Uebrigen aber mußte der Kriegsminister zugestehen, daß in Bezug auf die neue Vorlage in Frankreich die Dinge so lägen, wie der Abg. Richter ausgeführt habe. Einige interffante Mittheilungen machte der Minister noch über die Zustände in der Artillerie, wo die nöthige scharfe Trennung zwischen Feld- und Fußartillerie noch nicht überall erfolgt sei. Dieser Uebelstand werde aber durch die Annahme der Militärvorlage beseitigt. Die Geschüßbespannung sei in Frankreich eine weit beffere als in Deutschland . Auch hier müsse Wandel geschaffen werden. Der Minister meinte dann, daß er der Ueberzeugung lebe, die Vorlage werde angenommen. Der französische Minister sei übrigens in der gleichen Lage; derselbe könne nur mit noch größerer Sicherheit auf die Annahme seiner Vorlage rechnen. Dabei gestand der Minister zu, daß der französische Gefeßentwurf vorläufig an der Situation auch nichts ändere; es dauere eine längere Beit, ehe sich die Wirkungen desselben zeigen würden. Ferner erkläre der Kriegsminister, daß er sich weniger mit der russischen Armee als mit der französischen beschäftige. Ferner theilte er mit, daß er bei der Spezialberathung noch weitere Aufklärungen geben würde. Die Sigung wurde darauf vertagt. Die nächste Sigung wurde auf heute Vormittag 10 Uhr anberaumt. Die Generaldebatte soll heute zu Ende geführt werden, die Spezialdiskussion Montag beginnen.
Politische Uebersicht.
Bon der Berliner tonservativen Bewegung. Christoph Cremer, einstmals Redakteur der Germania ", rheinisches Zentrumsmitglied des Abgeordnetenhauses und Freund des spa nischen Don Carlos, jetzt, nachdem ihn das Zentrum verstoßen, Abgeordneter für Teltow - Beeskow - Storkow, chriftlich- sozialer antisemitischer Agitator und in dem Kleeblatt Stöcker- WagnerCremer der Spaß- und Radaumacher, hat, um den schlechtunterrichteten Kanzler eines Besseren zu belehren, einen langen Klagebrief an die Nordd. Allgem. 3tg." geschrieben, den diese, ohne ihr Unrecht einzugestehen, veröffentlicht. Cremer flagt Darin über die sogenannten besseren und gebildeteren Kreiſe der Residenz", welche die Berliner fonservative Bewegung durchaus im Stich ließen. Von Interesse ist in dem Briefe eine Mittheilung über die besonderen Kosten, die bei der Wahl von 1884 der fünfte Berliner Reichstagswahlkreis gehabt hat. Dort erhielt Gremer im ersten Wahlgange 6431, in der Stichwahl 7891, in der Ersagwahl 5274, zusammen 19 596 Stimmen. Für diese drei Wahlen hatte der Wahlkreis, wie Cremer versichert, 20 000 M.", die vielleicht zu einem Drittel durch größere Posten gedeckt werden konnten, aus eigenen Kräften aufzubringen den Opfermuth( übrigens fnabbert er noch jegt an einer Reſtschuld von etwa 1000 Mart)." Danach toftete jeder Stimmzettel für Cremer feinem Wahlkreife eine Mart zwei Pfennig!- Statt den Opfermuth der Wähler des Wahlkreises zu preifen, in welchem er fich rühmt, fünfmal durchgefallen zu sein, sollte Herr
und so unter fortwährenden Dualen und Sorgen aller Art setzte er seine Studien fort.
Rosarka indeß dachte nichts und nichts als an Tonda. Sie hatte jetzt Niemand, mit dem sie ihre kleinen Freuden und Leiden theilen, Niemand, dem sie vertrauen, der sie loben oder tadeln fonnte, aber sie lobte und tadelte sich selbst im Sinne Tonda's, vergegenwärtigte sich jede feiner Handlungen, jeden seiner ausgesprochenen Gedanken, jeden 3ug seines Charakters und überredete sich, daß sie das darum thue, um ihm in allen Stücken ähnlich zu werden.
So erhielt das Bild Tonda's im Herzen Rosarka's eine immer deutlichere Gestalt, und dieses Bild beherrschte, ohne daß sie es wußte, ihr Inneres so sehr, daß sie ihm ohne 3wang jede leise Regung, jede fremde Neigung als Opfer darbrachte.
Tonda verlebte die jährlichen Ferien in Bechlin und größtentheils im Hause des Richters. Das war für ihn und Rosarka die glücklichste Beit. Der Abschied führte jedesmal beiderseits Thränen herbei, später gab man sich das Versprechen zu schreiben, und hielt Wort. Rosarka erhielt allmonatlich mindestens einen Brief durch ihren Vater zugestellt und beantwortete ihn jedesmal sogleich. Manchmal ließ sie den Vater ihre Antwortschreiben lesen, so oft fie aber von ihren Sparpfennigen ein gewisses Sümmchen zusammengebracht hatte und es Tonda überschicken konnte, besorgte sie ihren Brief selbst an seine Adresse und that, als ob sie Tonda und seinen Brief ganz vergessen habe.
So entspann sich zwischen diesen beiden gleich guten Menschen ein Verhältniß, welches ihrerseits auf's Wärmste angeregt und von ihm gleich innig erwidert wurde.
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Wir übergehen hier einen Beitraum von mehreren Jahren. Londa schien Rosarka ganz vergessen zu haben, zog längere Zeit in Deutschland umher, kehrte dann nach Wien zurück, und wie wir ihn in Bechlin wiederfinden,
Cremer dieselben zu größerer Sparsamkeit anhalten. 20 000 m. find wahrlich seine drei Durchfälle nicht werth.
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Der Hirsch- Dunderianer Sache ist prinzipielle Klarheit und zielbewußtes Handeln zwar niemals gewesen. Wie weit es aber die Schildknappen des genialen Harmoniestabstrompeters Dr. Hirsch unter Umständen bringen können, zeigt folgende kleine gut verbürgte Geschichte aus Fürth in Bayern , welche wir dem Fürther Arbeiterorgan, der Fürther Bürgerzeitung" entnehmen. Dieselbe schreibt: Der Sekretär des Gewerkvereins der Schreiner( Hirsch- Duncker) Herr Heuger in Fürth erstattet in der legten Nummer des Gewerkverein" Bericht über die Thätigkeit" seines Vereins. Als Kuriosum theilen wir daraus folgenden Baffus mit:„ Auch in nationaler Sinficht waren wir thätig, indem wir beim Besuch unseres Prinzregenten mit der uns be reitwilligst überlassenen Fahne der vormaligen Drechslerzunft marschirten." In der That föstlich, das Marschiren hinter einer alten Bunftfahne als nationale Thätigkeit" zu deklariren. Die Driginale sterben wicht aus." Und um so beachtenswerther, als das Bentralorgan, das Amtsblatt der Gewerkvereine, feelenruhig dies Geschreibsel abdruckt, und damit Brief und Siegel zu dieser nationalen Thätigkeits".Aeußerung giebt. Wer die Hirsche und ihre Führer fennt, wird dies Geschichtchen -zum Uebrigen thun.
Aus dem kleinen Sachsen , dem höchstindustriellen deutschen Staate, sind von 1871-1885 nicht weniger als 47 766 Personen, darunter 29 335 männlichen und 18 411 weiblichen Geschlechtes, ausgewandert. Wie sagt doch Fürst Bismarck ? Die Wohlhabenheit treibe die Leute in die Fremde. O du wohlhabendes Sachfen!
Die Innungsschwärmer finden plöglich, daß die so sehnlich erstrebten und so freudig begrüßten Handwerkerverbände auch sehr häßliche und unangenehme Seiten haben. Der Liegniger Magiftrat, als Aufsichtsbehörde der dortigen Innungen, hat an die Vorstände folgendes Birkularschreiben, datirt 24. November, gerichtet: Nach§ 100 b der Gewerbeordnung dürfen zu anderen 3 wecken als der Erfüllung der statutarisch oder durch das Gesez bestimmten Aufgaben der Innung, tarisch oder durch das Gesetz bestimmten Aufgaben der Innung, sowie der Deckung der Kosten der Jnnungsverwaltung weder Beiträge von den Innungsmitgliedern oder von den Gesellen derselben erhoben werden, noch Verwendungen aus dem Vermögen der Innung erfolgen. Unter Bezugnahme auf diese Vorschrift hat das Reichsgericht durch Erkenntniß vom 1. Dftober c. die Vorstandsmitglieder einer Innung wegen Un treue( welche nach§ 266 Strafgesetzbuches mit Gefängniß bestraft wird) für schuldig erachtet, weil sie einen Beschluß der Generalversammlung ausgeführt hatten, wonach ein zum Innungsvermögen gehöriges Kapital unter die Mitglieder der Innung vertheilt werden sollte. In gleicher Weise würden hiernach die Vorstandsmitglieder einer Jnnung bestraft werden fönnen, wenn fie Einfünfte der Innung, z. B. die statuten mäßigen Beiträge, Binsen und sonstigen Einnahmen unter die Innungsmitglieder vertheilen oder zu anderen Zwecken, als zur Erfüllung der Aufgaben der Innung, wie z. B. zu Ergöglichkeiten verwenden oder verwenden lassen." Dieses Schreiben ist dem Innungsverbande in Liegniß schwer in die Glieder gefahren. Es war bis jest herkömmlich und fein zünftiger Mensch fand darin etwas Unrechtes, daß die Innungskaffen bei Schmausereien und Trinkges Tagen gehörig bluten mußten. Wer erinnert sich nicht der splendiden Festivitäten, die eine gewiffe Innung einer gewissen Stadt alljährlich beging und bei welchen die reichlichen Einfünfte der Innungstassen herhalten mußten! Das soll nun fortfallen? Dann hätten wir ja gar nichts mehr von den In nungen! Eine sehr unangenehme Bugabe der Innungen ist außerdem der fonfeffionelle Haber, der darin, wie es scheint, einen sehr günstigen Boden findet. Der Allgemeine Deutsche Handwerkerbund( München ) und der Ostdeutsche Handwerkerbund( Breslau ) fahren fort, fich gehörig schlecht zu machen. Das Präsidium der süddeutschen Gesellschaft hat ein Birfular an 1500 ostdeutsche Innungen versandt, mit der Aufforderung, fich dem Münchener Bund anzuschließen. Darüber ist man nun in Breslau sehr entrüstet.
fangenen, die eine Reihe von Ausnahmezuständen zur Folge habe, in dem Gefängniß an der Baaderstraße zu übernehmen, sowohl aus lokalen als aus dienstlichen Gründen. Er müsse diese Ansicht des Staatsanwalts um so mehr respektiren, als derselbe außer der Leitung des Gefängnisses eine volle Arbeits leistung auf seinen Schultern habe, ihm daher derartige beson dere Pflichten ohne zwingende Nothwendigkeit nicht auferlegt werden fönnten. Es vergehe ohnehin kein Monat, wo nicht zwei bis drei derartige, besondere Mühewalturg in Anspruch nehmende hiesige Gefangene, die man aufnehmen müsse, in die Anstalt gelangten. Auch scheine der Chemnißer Arzt den Zu stand Viered's nicht für so bedenklich gehalten zu haben, wie die Herren Nußbaum und Martin. Auf den Einwand, daß der Bustand Viered's einerseits nicht so viel fortwährende Aufmerk samkeit erfordere wie der Vollmar's, daß aber andererseits die Gefahr, wenn ein Krankheitsfall eintrete, mindestens ebenso groß sei, wie bei Vollmar, hielt der Justizminister angesichts der pofitiven Erklärung des Staatsanwalts, die er respektiren müsse, die Unmöglichkeit der Aufnahme Viereck's im Gefängniß an der Baaderstraße aufrecht, äußerte aber die Ansicht, daß, wenn auch seitens des sächsischen Arztes die Unmöglichkeit der Fortsetzung der Strafverbüßung in 3widau fonstatirt werde und auf Grund dieser Thatsache ein neuerliches Gesuch hierher gelange, die Sache aufs Neue unter Berücksichtigung der obe waltenden Verhältnisse werde geprüft werden. So lange die Sachsen die Verantwortung glaubten tragen zu können, müsse er seinerseits sich allein auf den Boden der hier vorliegenden Thatsachen stellen, die nebenbei so gelagert seien, daß man sich in Sachsen unter Umständen werde zu einer Unterbrechung der Strafvollstreckung entschließen müssen.
Sozialistisches. Kiel , 8. Dezember. Auf Requisition der hiesigen Staatsanwaltschaft fanden am 4. b. M. gleich zeitig in Kiel , Neumünster , Rendsburg und wahrscheinlich auch in anderen Städten Haussuchungen auf Grund der §§ 128 und 129 des Strafgesetzbuches( Theilnahme an ge heimen Verbindungen) statt. In einzelnen Fällen sollen sozialistische Schriften beschlagnahmt sein. In Neu münster fand eine Verhaftung statt. Hier wurde gestern der sozialistische Redakteur Johannes Frers wegen Beleidigung des Justizministers und des Richterkollegiums der Straffammer des Landgerichts zu Freiberg in Sachen des Kopenhagener Kon greffes zu sechs Monaten verurtheilt und sofort verhaftet.- Chemniz, 9. Dezember. Der Kölln. 3tg." wird von hier geschrieben:„ Zu der neulichen Ausführung Ihres Berliner Berichterstatters, wonach die Sozialdemokraten sich in neuester Beit außerordentliche Mühe geben und viele Kosten aufwenden, um attive Soldaten für ihre Grundsäße zu gewinnen, fann ich Ihnen aus unserer Stadt einen neuen Beleg mittheilen, der demnächst vor dem hiesigen Gerichte zur Aburtheilung kommen wird. Ein hiesiger bekannter Sozialdemokrat, der Handarbeiter Möckel, ist auf Veranlassung mehrerer Soldaten des hiesigen Regiments am 1. d. m. verhaftet worden, als er bei Gelegen heit des Jahrmarktes versucht hatte, die Soldaten gegen ihre Vorgesetzten aufzuheben. Unter anderm versuchte er sie davon zu überzeugen, daß die Arbeiter beabsichtigten, sowohl die Offiziere wie die Fabrikanten zu tödten oder unschädlich zu machen, um an deren Stelle fich der Herrschaft zu bemächtigen. Möckel suchte den Soldater klar zu machen, daß sie bei einer solchen Gewaltthat nicht die jesigen Machtinhaber beschüßen dürften, sondern treu zum Volfe stehen müßten. Die gericht liche Untersuchung ist bereits soweit gediehen, daß die Verhand lung schon am 14. Dezember auf Grund des§ 112 des Straf gesetzbuches( Aufreizung von Soldaten) stattfinden wird." Wahrscheinlich ist der größte Theil dieser Darstellung erlogen.
Zu den Ausweisungen. Wie der Voff. 3tg." aus Petersburg geschrieben wird, soll im Zusammenhang mit den Arbeiten der Plehweschen Kommission eine Konvention zwischen Deutschland und Rußland vereinbart werden. Fürst Bismarck habe sich durch den Schuwalow bestimmen lassen, ruffischen Unterthanen, falls fle nicht jüdischer und polnischer" Nationalität sind, den Aufenthalt auf preußischem Territorium ohne die bisherigen Beschränkungen zu gestatten. Die erwähnte Kommiffion ihrer
Gegenseitigkeit zu regeln, d. h. die Rechte des Bürgers eines fremden Staates in Rußland genau nach den Rechten zu bemessen, welche Russen in dem in Frage kommenden Staat genießen.
Ueber die Freiberger Verurtheilten berichtet die Frkf.feits beantragt, die Ausländerfrage vom Standpunkt der 3tg." noch folgendes aus München , 8. Dezember: In der feitens des Oberstaatsanwalts Schwabe an die hiesige Allgem. 3tg." und den Preßausschuß Münchener Preffe, eine Vereinigung, in der sich der größte Theil der hiesigen Presse seit Kurzem organifirt hat, in der Angelegenheit der Strafverbüßung des Reichstagsabgeordneten 2. Viered gerichteten Notiz war darauf hingewiesen, daß das seitens Viered's nachträglich ge= stellte Gesuch um Gestattung der Strafverbüßung in München nur dann genehmigt werden könnte, wenn die Staatsanwaltschaft daselbst sich zur Uebernahme der Strafvollstreckung bereit erflärte". Der Breßausschuß wandte sich daher durch seinen engeren Ausschuß in persönlicher Vorstellung an den Justizminister Dr. v. Fäustle mit der Bitte, die hiesige Staatsanwaltschaft zur Üebernahme der Strafvollstreckung anweisen zu wollen. Leider mit vollkommen negativem Erfolge. Herr v. Fäustle erklärte, daß die hiesige Staatsanwaltschaft es absolut abgelehnt habe, die Ueberwachung eines zweiten derartigen Ges
nicht, die Augen aufzuschlagen, vor Furcht, einem gerechten Vorwurfe in den Blicken Rosarka's zu begegnen, und doch sprach sich in ihrem erröthenden Gefichte nichts als die lebhafteste Freude, die innigste Liebe aus. Er streckte ihr die Hand entgegegen, fie aber fiel ihm um den Hals, und erst als er ihre brennenden Lippen auf den seinen fühlte, schlang er beide Arme um ihren Leib und hielt sie lange an seinem stürmisch flopfenden Herzen fest.
Warum weinst Du, mein Lieber?" fragte Rosarka leise," als sie die brennenden Thränen Tonda's auf ihrem Halfe fühlte.
Ich weiß es selbst nicht, ob vor Freude oder Schmerz, aber mir ist zu Muthe, daß ich Dich fragen möchte, warum Du nicht weinst?"
,, Warum sollte ich weinen, da ich glücklich bin," ewiderte Rosarka, indem sie sich von den Armen Tonda's Losmachte.
,, Glücklich?" fragte Tonda mit einem Seufzer.
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" Ja ich habe Dich wieber, und das ist Alles, was ich wünschen kann."
Tonda sah sie so wehmüthig an, als hätte er fie fragen wollen: Und liegt Dir denn gar nichts daran, wie Du mich wieder haft?
,, Du hast Dich sehr verändert," fuhr Rosarka nach einer furzen Pause fort Deine Mutter erzählte mir Vieles, Du bist zurückhaltender und tälter."
In dem Ministerium des Innern soll die Frage erörtert werden, in wie weit eine Abänderung der Kreisord nung für die in unmittelbarer Nähe der Hauptstadt liegenden und mit dieser in unmittelbare amtliche Berührung fommenden Amtsbezirke auf gefeßlichem Wege herbeizuführen fei. Vielfach foll die Ansicht geltend gemacht sein, in mehrere dieser Amts bezirke die Städteordnung einzuführen, sie zu Bürgermeistereien zu machen und an ihre Spige Bürgermeister zu stellen, welche aus der Bahl der geschulten Beamten zn wählen wären, da die gegenwärtigen Zustände unhaltbare seien. Wieder ein Stüd Bureaukratie mehr!
Die ultramontane„ Germania " schreibt heute febr wigig: Ein alter Ravallerist" wigelt in der Kreuzztg." in
fette er mit schmerzlich bewegter Stimme hinzu:„ Geh', Rosarka, geh'! ich bin Deiner Liebe und Deiner Freundschaft unwürdig geworden."
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Das Gesicht des Mädchens entfärbte sich bei diesen Worten bis zu jenem Grade von frankhafter Blässe, welche schwächliche, bis zum höchsten 3orne getriebene Menschen ihren ruhigen, starten, unantastbaren Widersachern gegen über, oder auch kräftige, unbeugsame, durch einen einzigen Schlag zusammengedrückte Naturen anzunehmen pflegen. Rosarka wich einen Schritt zurück und fragte mit zitternder, halb von Schmerz erstickter Stimme: Tonda, bist Du ver heirathet?"
Er fah fie traurig lächelnd an und erwiderte in einem Tone, den sie zu hören gewohnt war, so oft er eine ihrer Handlungen oder Ansichten mißbilligte:„ Weißt Du, Rofarla, wenn ich ein Weib hätte nehmen wollen, würde ich hierüber erst Deinen Rath eingeholt und Dir nachher das Mädchen meiner Wahl zur genauen Prüfung überlassen haben."
,, Du hast Recht, mein Lieber, es war eine Dummheit von mir, daß ich dies fragte." Bei diesen Worten trat fie wieder zu Tonda heran, drückte ihn sanft auf den lehnlosen Sessel nieber, sette sich auf seine Knie, schlang ihren Arm um seinen Nacken und fuhr dann fort: Hast Du so viel Vertrauen zu mir, mein Tonda, daß Du mir sagen könntest, wodurch Du zum Verräther an mir und Dir geworden?"
Ich werde es Dir sagen, wenn Du es zu wissen ver
langft."
" Ich bin alt geworden," unterbrach sie Zonda. Aber ich weiß, daß Du Dir innerlich gleich geblieben Ich verlange es nicht zu wissen, ich glaube, ich habe bist; Du kannst nichts Böses gethan haben, das ist unmöglich; und daß Du so lange nichts von Dir hören ließeft? Auge! Nicht wahr, Du hast eine Liebschaft gehabt? es schon errathen. Sieh' mich an, so, fest sieh' mir ins Du hast mich vielleicht nur prüfen wollen, ob ich die Kraft Du scheuest Dich, es mir einzugestehen und thuft es doch,
habe, Dir über alle Versuchungen hinweg treu zu bleiben.
indem Du nicht Nein sagst. Das schadet ja nichts, mein D! ich hätte auf Deine Rückkehr noch viele Jahre lang Tonda, ich nehme Dir das gar nicht übel; es giebt gewiß
warten können, und wenn Du gar nicht gekommen und mich auch gar nicht Dir gerufen hättest, so hätte ich gestorben."
maite et Rofarta ſeit brei Jahren nicht gesehen und ihr fajt Trauer um Dich angelegt- ich hätte gewußt, Du jeieft
feit 18 Monaten nicht geschrieben.
VI.
Mehrere Sekunden lang standen die beiden Jugendgespielen einander regungslos gegenüber. Tonda wagte es
,,! wäre ich gestorben, bevor ich zum Verräther an mir und Dir wurde!" rief Tonda, indem er mit beiden Händen sein Gesicht bedeckte. Nach einer langen Pauſe
noch viele Rofsarka's in der Welt, und hätte ich nur noch einen einzigen Toda nach Dir gefunden, ich hätte ihn gleich gefüßt. Ernst war es Dir ja doch nicht um jene Liebe, sonst würdest Du mit Deiner Strenge gegen Dich selbst es nicht dulden, daß ich jetzt auf Deinem Schoße size und Dich füsse."
,, Nein, Rosarka, ich habe nur nicht die Kraft, Dir zu