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nicht in der Absicht der Verwaltung. Einen häufigeren als den naturgemäßen Wechsel und Abgang eintreten zu laffen, liegt nicht in unserem Intereffe, vielmehr empfiehlt es sich schon aus Dekonomie, daß die Herren sich möglichst lange in einem Bezirk bewegen, seine Büchungsverhältnisse kennen lernen und einen günstigen Einfluß auf dieselben üben. Das Gerücht wird dadurch entstanden sein, daß ich Herren, die im Winter hier zu wenig zu thun hatten, jezt anderweit dienstlich ver­

wenden will.

Abg. Dirichlet konstatirt demgemäß, daß das erwähnte Gerücht grundlos ist.

Das Kapitel wird bewilligt.

Die übrigen Kapitel des Militäretats, soweit ste nicht der Budgetfommission überwiesen werden, werden ohne Debatte bewilligt.

Es folgt der Etat des Reichstages. In demselben werden dem Bibliothekar und dessen Assistenten Gehaltszulagen von 900 M. bezw. 600 M. bewilligt; im Entwurfe waren nur Bulagen von 600 bezw. 300 M. vorgesehen.

Der Etat des Reichstages wird bewilligt. Nächste Sigung Montag 1 Uhr.( Antrag Reichens­perger, betr. das Duell, und Anträge Lieber, Hize, Blos, betr. Arbeiterschuß.

Schluß 4 Uhr.

Lokales.

Die Erbauer der Häuser auf dem Mühlendamm haben ihre Grundsteindokumente nicht in die Grundpfeiler legen können, weil diese auf den Pfeilern der Brücke ruhen, sondern zur Aufnahme das obere Mauerwerk benugt, wie ein beim Ab­bruch des Hauses Nr. 14 gemachter Fund ergiebt. Dort lag nämlich in dem Fensterpfeiler der Hinterfront eine messingene, innen verzinnte Kapsel und in derselben ein vielfach zusammen­gefaltetes Papier mit folgender Aufschrift: Im Jahr... Christi 1754 d. 16. Juli haben zu diesem Haus den Grundstein mit Gott geleget der Hochedle Herr, Herr Justus Michael Sprögel, Bornehmer Kauf- und Handels- Mann als Eigenthümer und Bauherr dieses Hauses, welches nunmehro mit dem fördersten auf dem Mühlendamm belegenen ehemaligen Reißland'schen Hause vereiniget, da es vordem nicht dazu gehöret, sondern ab­getheilt und mit dem ehemaligen Richter'schen, welches nun­mehro zum Vorderhaus gemacht wurde, in Eins gewesen. Gegenwärtiger Befizer ist deffen Herr Schwiegersohn, der Hoch­edle Herr, Herr Joh. Georg Sieburg, Kauf und Handels- Mann. Gott der Allmächtige erhalte sämmtl. Familie in Seegen, daff fie dieses Haus bis auf die spätesten Seiten in Frieden und Rube befigen. Zum steten Andenten haben ihre mehrte Namen mit einverleiben lassen Madame Maria Elisabeth vorbenanndten Herrn Sprögel hochedle Frau Liebste, dessen Kinder seyndt nach­folgende: Maria Sophia, vorbenanndten Herrn Sieburg's Hoch­edle Frau Liebste. Mademoiselle Johanna Dorothea. Made­moiselle Christiana Amalia. Mademoiselle Maria Charlotta. Der Herr behüte dieses Haus vor Feur und allen widrigen Bu fällen 2c. Ich Johannes Baur , habe die Ehre, gegenwärtiges zum Andenken beizulegen und an dem Vergnügen theilzunehmen, auch immerwährendes Wohlfein anzuwünschen, der ich derzeit als Handlungsdiener in diesem Hause stehe." Muß ein frommer Mann gewesen sein.

V

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Zur Verhütung von Unglücksfällen auf der Pferde­bahn. Wir haben gestern eine dringliche Warnung an das Publikum veröffentlicht, welche von der Direktion der Großen Berliner Pferde Eisenbahn Gesellschaft ausging und darauf hinwies, auf welche Weise Unfälle bei Benugung der Tram­ways am besten zu vermeiden seien. Die Angelegenheit ist von so außerordentlichem Interesse, daß es sich wohl verlohnt, noch einmal an dieser Stelle darauf zurückzukommen. Der Pferdebahnbetrieb in Berlin ist jeẞt so umfangreich und so großartig, wie taum in einer zweiten Stadt Europas . Auf den Linien der Großen Berliner Pferde Eisenbahn- Attien­Gesellschaft find im November d. J. 7 353 155 Personen be fördert und dafür 886 723,66 M. oder durchschnittlich auf den Tag 29 557,45 m. vereinnahmt worden. Die verschiedensten Stadttheile find jetzt durch das Schienennetz der Pferde- Eisen­bahn in bequemste Verbindung gebracht, dem Verkehre ganz neue Straßen erschlossen worden. Mit dieser mächtig fort schreitenden Entwickelung des Pferdebahnwesens ist aber leider auch die Ziffer der Unglücksfälle auf der Pferdebahn stark angewachsen. Es vergeht keine Woche, in welcher der amtliche Polizeibericht oder die beständig die Stadt durchstreifenden Ber­finer Reporter nicht von Unfällen oder schweren Verstümmelungen, die fich beim Besteigen oder beim Verlassen der Tramways ereignet haben, zu rapportiren hätten, und mitunter bringt ein einziger Tag zwei, drei dieser Unglücksfälle. Die Schuld liegt stets an den davon Betroffenen. Merkwürdig ist es, daß, während die Stadtbahn erst seit wenigen Jahren eristirt, und die Eröffnung des Pferdebahnverkehrs ihr um geraume Zeit vorangegangen ist, das Publikum mit der ganzen Einrichtung der Stadtbahnzüge fich viel schneller vertraut gemacht hat als mit den Tramways. Die Selbstdisziplin der die Stadtbahn benußenden Basagiere ist geradezu bewundernswerth. Das Bublifum öffnet und schließt die Thüren eigenhändig, steigt behende ein und aus, ohne der geringsten Anweisung zu be­dürfen, und mit Ausnahme eines einzigen Falles, in welchem der Diener eines Herrn aus der Behrenstraße auf dem Bentral­Bahnhofe Friedrichstraße in gräßlicher Weise seinen Tod fand, find Verlegungen ernsterer Natur unter den Passagieren der Stadtbahn überhaupt nicht vorgekommen. Wer viel auf der Pferdebahn fährt, hat Gelegenheit, die Gewandtheit zu be obachten, mit welcher jüngere und ältere Herren sich während Der Fahrt auf die Pferdebahn hinauf, und von dem Perron wieder auf den Straßendamm hinabschwingen. Es find dies die Habitues der Pferdebahn, und es ereignet fich fast niemals, daß einer von ihnen strauchelt oder fte sezen sogar ihren Stolz zu Falle kommt, ja, Darin Ge mit möglichster Eleganz abzuspringen. wöhnlich find es Fahrgäste von außerhalb, die bei Benugung der Pferdebahn verunglücken; so hatte fich 3. B. ein Arbeiter, der vor einigen Wochen so unglücklich vom Borderperron absprang, daß ihm der Wagen über beide Beine ging, erst seit zwei Tagen in Berlin aufgehalten. Solche Pferdebahn- Neulinge sind an der Unbeholfenheit ihres ganzen Auftretens leicht zu erkennen, und nicht nur die Pferdebahn­Rondufteure sollten auf diese Fahrgäste ihr Augenmert richten, sondern es ist auch die Pflicht der anderen Mitfahrenden, die Fremden, welche fich in ersichtlich ungeschickter Weise zum Ab­springen bereit machen, 31 warnen. Namentlich im Sommer, während der Jubiläums- Runstausstellung, hat so mancher biedere Provinziale seine geringe Vertrautheit mit der Pferde­bahn durch eine recht unsanfte Berührung des Berliner Pflasters büßen müffen. Für diesen Theil der Fahrgäste, würde fich auch die Anbringung möglichst auffälliger Warnungs- Plakate innerhalb und außerhalb des Wagens empfehlen. Unbegreif ist der Leichtsinn, mit welchem Personen, die Kinder auf dem Arme halten oder mit dem Arme umspannen, den Versuch machen, Pferdebahnwagen während der Fahrt zu erklimmen. Springen in solchem Falle nicht Kondukteur und die auf dem Hinterperron Stehenden bereitwilligst hinzu, so ist ein Unglücks­fall fast unausbleiblich. Mitunter ereignen sich auch Unfälle dadurch, daß Personen, welche sich im Wagen geirrt oder auf einen völlig besetzten Tramway gerathen sind, von dem Kon­dufteur aufgefordert werden, wieder auszusteigen und dann in ihrer Haft ausgleiten und stürzen. Die Pferdebahn- Kondukteure müßten die Weifung erhalten, solche Personen bis zur nächsten Haltestelle mitfahren zu lassen, um so cher, als dann häufig eine theilweise Entleerung des Wagens eintritt. Leider steht hier noch eine polizeiliche Verordnung hindernd im Wege. Die Stondufteure, welche überzählige Passagiere dulden, werden mit

einem polizeilichen Strafmandate belegt, wenn fie ein allzu eifriger Schußmann anzeigt. Sollte es nicht möglich sein, diese polizeiliche Bestimmung ein wenig zu lindern? In anderen Hauptstädten mit bedeutend größerer Einwohnerzahl ist die Be­hörde in dieser Hinsicht viel weniger rigoros und das Publikum fährt ganz gut dabei. Auch möchten wir der Großen Berliner Pferdeeisenbahn den Vorschlag machen, es einmal mit einer Ein richtung zu versuchen, die sich in Brüssel, Paris 2c., bewährt hat. Dort klappt der Kondukteur mittels einer einfachen Vor­richtung ein Täfelchen mit dem weithin fichtbaren Wort: Komplet!" auf, sobald der Wagen befest ist. Auf diese Weise wird dem Publifum ein unnöthiges Hinterbreinlaufen erspart. Ist ein Plaz wieder frei geworden, so klappt der Kondukteur das Täfelchen einfach wieder zusammen.

Wir stehen mitten in dem Trubel der Weihnachtszeit. Noch wenige Tage, und die Budenstadt auf dem Schloßplat und ihre Filialen in den anderen Stadttheilen wachsen aus der Erde empor. Hunderte von Familien bangen der Zeit ent­gegen, in der fie durch Verkauf der bekannten kleinen Nichtig­feiten sich einen vorübergehenden Verdienst verschaffen können. Ihre Vorposten und Tirailleure find schon vor Wochen aus gerückt. Sie haben mit knarrender Stimme ihre Knarren und Zubehör unterzubringen versucht. Jeder regenfreie Tag zeigt bereits, welche große Bewegung in die Bevölkerung gekommen ist. Von 4 Uhr Nachmittags an begiebt sich das weibliche Berlin auf die Wanderschaft. Wie ein Trichter zieht das Zentrum der Stadt aus der Peripherie die Maffen in sich hinein. Vor den glänzend beleuchteten Schaufenstern staut es fich, auf den schmalen Seitenwegen schieben sich die Strömungen an einander vorüber, das Packet beginnt seine Herrschaft aus­zuüben. Der Ausverkauf aber herrscht souverän. Seine Viel seitigkeit ist erstaunlich. Wegen Abbruch des Hauses, wegen Aufgabe des Geschäfts, wegen anderer Unternehmungen- voll, groß, umfassend, schleunig, der Variationen ist kein Ende und nur in wenigen Fällen befigt er die Ehrlichkeit, sich als ein Weihnachts- Ausverkauf zu geben, obwohl auch in diesem Falle nicht recht klar ist, worin seine Besonderheit besteht. Den Geschäftsleuten ist zu wünschen, daß die günstigere Witterung, welche seit zwei Tagen herrschte, anhalten möge. Auf den Dezember hin richten sich ihre Hoffnungen, ihre Berechnungen. Er muß für manche Enttäuschungen im Laufe des Jahres ent­schädigen.

Wie folgenschwer verdächtigende Andeutungen wirken können, das hat eine arme Wittwe erfahren müssen, die bei einem älteren Fräulein in der Reichenbergerstraße als Auf­wärterin fungirte. Das alte Fräulein war eines Abends spät aus einer Gesellschaft nach Hause gekommen und vermißte am anderen Morgen unter ihren Schmucksachen einen werthvollen, aber alterthümlichen Ring, den sie als ein ererbtes Werthstück besonders schäßte; fie glaubte fich mit Bestimmtheit zu erinnern, daß sie den Ring noch am Abend in ihrer Wohnung gehabt, und so fiel der Verdacht der Entwendung auf die Aufwärterin, die unter nicht mißzuverstehenden Andeutungen von dem alten Fräulein entlassen wurde; diese theilte auch den Verlust ihres Ringes anderen Leuten mit und zwar bei Gesprächen über die Entlassung der Aufwärterin und in einem Zusammenhange, daß zwar die Aufwärterin nicht direkt des Diebstahls beschul­digt wurde, wohl aber die Beschuldigung leicht gefolgert wer­den konnte. Auf diese Weise war es der armen Frau lange Beit unmöglich, eine andere Beschäftigung zu erlangen, und den Weg der Injurientlage gegen das alte Fräulein zu beschreiten wurde ihr widerrathen. Vor einigen Tagen nun hat aber die gegenwärtige Aufwärterin des Fräuleins beim Auseinander­nehmen des Bettes den Ring zwischen Matraße und dem Bett­gestell eingeklemmt gefunden, so daß anzunehmen ist, die Be fizerin habe sich mit dem Ringe am Finger zu Bett gelegt und es ist ihr während des Schlafes der Ring abgeglitten, was besonders dadurch wahrscheinleich wird, daß der Ring nach dem Bugeständnisse des Fräuleins nur lose auf ihrem Finger saß. Nunmehr hat man der zu Unrecht verdächtigten armen Frau den Rath ertheilt, eine Entschädigungsklage gegen das Fräulein anzustrengen, da durch Zeugen zu beweisen ist, daß die Frau in mehreren Fällen Beschäftigung gefunden haben würde, wenn man gewußt hätte, daß die Behauptung des Fräuleins von dem Ringdiebstahl unrichtig war. Der Ausfall dieses Prozesses verdient in der That Beachtung, denn wird dies Fräulein verurtheilt, so wäre damit der Grundsatz anerkannt, daß die Verdächtigung Unschuldiger Schadensansprüche derselben be­gründet, was bekanntlich bei der Verurtheilung Unschuldiger nicht der Fall ist.

Gestohlene Werthpapiere. Nach einer aus London hier­her gelangten Nachricht sind in Haro, einer kleinen Stadt in Spanien , Werthpapiere im Betrage von 94 000 Frks. gestohlen worden, und zwar 51 000 Befetas in 4 prozentigen Spanischen Exterior Bonds und 43 000 Pesetas in 4 prozentigen Spanischen Interior Bonds.

Das Gerücht von der Vergiftung eines Arbeiters Sch. durch seine Ehefrau in Bris hat sich wieder als eine arge Uebertreibung erwiesen. Es ist richtig, daß die Frau fich Pillen hatte für ihren Ehemann, der an der Trunksucht litt, ver­schreiben lassen. Dieselben rührten indeffen von einem Berliner Arzt her. Der Verstorbene lam vor einigen Tagen zu einem Arzte nach Rixdorf , der bei ihm eine hochgradige Entzündung des rechten Lungenflügels feststellte, in Folge deffen der Kranke Aufnahme in der Charitee nachsuchte, die ihm jedoch nicht ge­währt wurde, weil ihm ein Attest der Krankenkaffe fehlte, deren Mitglied er war. Er begab sich wieder in seine Wohnung, wo fich alsbald zu der Lungenentzündung noch ein Anfall von Delirium gefellte, der seinen baldigen Tod zur Folge hatte. Von jeder weiteren Untersuchung soll bereits Abstand ge­nommen sein.

Durch einen Brand ist am Freitag Abend das Kessel­und Maschinenhaus der großen Sargfabrit von Klee , Kaiserin Augusta- Allee 30- Charlottenburger Terrain- bis auf die Umfassungsmauern zerstört worden. Umfassungsmauern zerstört worden. Daffelbe bildet einen Anbau zu dem eigentlichen, freistehenden Fabrikgebäude und stand, als die Feuerwehr durch den öffentlichen Feuermelder in der Thurmstraße furz nach 8 Uhr alarmirt wurde, schon vollständig in Flammen, so daß hier eine Rettung überhaupt ausgeschlossen war. Die Hauptaufgabe der Feuerwehr bestand deshalb darin, die angrenzende Fabrit, über deren Decke fich die Flammen bereits ebenfalls verbreitet hatten, vor einer weiteren Zerstörung zu schüßen. Dies ist in vollstem Umfange gelungen, das Feuer über seinen ursprünglichen Herd nirgends hinausgekommen. Etwas später, als die hiesigen Abtheilungen, tam auch die Drtsfeuerwehr zur Stelle und fand noch aus. reichende Gelegenheit, sich mit einer Sprige an der Löscharbeit zu betheiligen. Gegen 11 Uhr konnten bereits die von hier entsandten Löschzüge die Stätte ihres Wirkens verlassen. Ueber die Entstehungsursache hat sich nichts Bestimmtes ermitteln laffen. Die Inhaberin des Schirmgeschäfts Spandauerbrücke Nr. 14, ein Fräulein Weimann, welche in einem abgesonderten Raum des Ladens ihre Lagerstätte hat, erwachte gestern früh gegen 6 Uhr von Hiße und Rauch start belästigt und sah sich plöglich von Flammen umgeben. Bevor es derselben möglich war, das brennende Bett zu verlassen, hatte sie bereits Brand­verlegungen an der Brust und an den Armen, leider nicht Die durch einen ungefährlicher Natur, davon getragen. Straßenpaffanten herbeigerufene Feuerwehr machte dem Brande, der sich inzwischen auch einigen Ladenutensilien mitgetheilt hatte, sehr schnell ein Ende. Die Inbrandsezung des Bettes ist jedenfalls durch ein beim Schlafengehen neben dasselbe gestelltes und brennen gelassenes Licht hervorgerufen worden.

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Der parlamentarische Korrespondent der Bresl. 8tg." schreibt von hier unterm 8. Dezember: Gestern wurde beim Bezir sausschuß hierfelbst ein Prozeß zwischen der Stadtgemeinde und dem Polizeipräsidium verhandelt. Die große Markthalle

enthält außer den Räumlichkeiten, welche dem Marktverkehr dienen und darum der Aufsicht der Marktpolizei unterliegen, noch einige Galerien, die von dem Markttreiben völlig getrennt find. Man steigt zu denselben auf Treppen hinauf, während der eigentliche Marktbesucher nur im Erdgeschoß zu thun hat. Der Magistrat hält diese Galerien für sein Privateigenthum, in deffen Benuzung er feinen anderen Beschränkungen unterliegt als denen, welche die Landesgeseze jedem Hauseigenthümer vors schreiben. Er hat auf denselben Stände zum Verkauf solcher Artikel vermiethet, welche dem eigentlichen Wochenmarktsverkehr nicht angehören, aber doch Gegenstände allgemeinen Verbrauchs sind, wie Pfeifenköpfe, Spazierstöcke, Eimer u. s. w. Die Eins nahmen, welche er aus diesen Vermiethungen zieht, find nicht unerheblich und dienen dazu, das in die Markthallen gesteckte Vermögen rentabel zu machen. Das Polizeipräsidium hat nun diesen Gebrauch der Galerien untersagt und der Magistrat ist dagegen flagbar geworden, hat auch gestern in der ersten Jne stanz ein obstegendes Urtheil erstritten. Die Sache, isolirt be trachtet, mag nicht von übermäßiger Wichtigkeit sein, aber wenn ich recht gezählt habe, ist dieser Prozeß der sechste, der über die Markthallen zwischen der Kommune und dem Fiskus zum Aus bruch gelangt ist, und bisher ist der Magistrat in keinem der selben unterlegen, wenn auch einige nicht durch Richterspruch, sondern durch vermittelndes Eingreifen des Ministers erledigt worden find. Man wird aus dieser Thatsache entnehmen fönnen, mit welchen Schwierigkeiten zuweilen der Weg gepflastert ist, den die Kommunalbehörden zu gehen haben.

Polizeibericht. In der Nacht zum 9. d. M. glitt der Drechsler Richter vor dem Hause Reichenbergerstraße 162 aus und brach beim Fallen das rechte Bein im Knöchelgelenk. Er wurde mittelst Droschke nach dem Krankenhause Bethanien ge bracht. Am 9. d. M., früh, wurde in der Bärwaldstraße ein Mann todt auf dem Bürgersteig liegend vorgefunden und nach dem Leichenschauhause gebracht. Aeußere Verlegungen waren an der Leiche nicht wahrnehmbar. Anscheinend ist derselbe am Schlagfluß verstorben. Am Nachmittag machte in einer Klinik für Hautkranke ein Mädchen den Versuch, sich zu ver­giften. Es wurde noch lebend nach der Charitee gebracht. Um dieselbe Zeit wurde ein Arbeiter an einer Laube auf dem freien Felde unweit der Rügenerstraße erhängt vorgefunden. -Am 9. d. M. fanden Königstraße 45, Krausenstraße 39 und Kaiserin Augusta- Allee 30 unbedeutende Feuer statt; in dem ersten Fall veranlaßt durch Funken, welche von dem Tags vorher dort stattgefundenem Brande unbemerkt zurückge­blieben und durch den Wind wieder angefacht worden waren. Außerdem wurde die Feuerwehr aus Unfug von dem Heizer Linder, Klosterstraße 38 wohnhaft, durch den öffentlichen Feuer­melder in der Klosterstraße alarmirt. Am 10. d. M., früh brannte in einem Laden des Hauses An der Spandauerbrücke 14 ein Bett. Die Inhaberin des Geschäfts erlitt dabei schwere Brandwunden.

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Gerichts- Zeitung.

+ Unflare Eigenthumsverhältnisse. Vor der ersten Straffammer des hiesigen Landgerichts I hatte sich gestern die eheverlassene Auguste Harnisch gegen die Anklage der wiffent­lich falschen Denunziation zu verantworten. Die Angeklagte lebt seit elf Jahren mit dem Schuhmacher W. zusammen; sie selbst betreibt einen fleinen Handel, während der Mann in seiner Profeffion arbeitet. Das Zusammenleben der beiden Leute war etwas sonderbar: es tamen sehr häufig Streitigkeiten vor, und dann verließ der eine oder der andere Theil die ge­meinschaftliche Wohnung und quartirte fich irgendwo anders ein. Nach einiger Zeit versöhnte man sich wieder, zog wieder zusammen und vertrug sich so lange, als es gerade ging, um dann das Spiel von Neuem zu beginnen. Der letzte Streit, der in diesem Frühjahr vor sich ging, scheint aber ernsthafter als seine Vorgänger gewesen zu sein. Die beiden Leute hatten gemeinsam etwas erübrigt, 217 M. im Ganzen, das in einem Spartanenbuche auf dem Namen der Frau Harnisch eingetragen war. Den Inhalt desselben nahm jeder von beiden in Anspruch. Als nun wieder eine häusliche Szene den Frieden gestört hatte und eine Separation auf einige Beit nothwendig er schien, nahm M. das Sparkassenbuch an fich und erhob 100 Mark darauf, die er für fich verbrauchte. Frau Harnisch gerieth in große Wuth über diese Schmälerung der gemeinschaftlichen Ersparnisse und denunzirte den Schuhmacher wegen Diebstahls. Es wurde ein Verfahren eingeleitet; in der Hauptverhandlung aber gewannen die Richter die Ueberzeugung, daß ein Diebstahl nicht vorliege und sprachen den Angeklagten frei. Aus dieser Freisprechung entnahm die Staatsanwaltschaft, daß die Denunziation der Harnisch falsch sei und gelangte zu der Annahme, daß die Denunziantin sogar gewußt haben müsse, daß ihre Anzeige falsch sei, da man von ihr erwarten könne, daß sie über die Besitzverhältnisse an diesem Sparkassene buch genau unterrichtet gewesen sei. Die erste Straffammer schloß sich jedoch gestern dieser Ansicht der Staatsanwaltschaft, die auch in der Hauptverhandlung aufrecht erhalten und auf Grund deren eine Gefängnißstrafe von einem Monat gegen die Angeklagte beantragt wurde, nicht an. Der Gerichtshof sprach die Angeklagte frei, da er durch die Beweisaufnahme es nicht für genügend festgestellt erachtete, wem von beiden am meisten" das Buch mit dem werthvollen Inhalt gehöre. Nache dem die beiden das Vergnügen gehabt, fich gegenseitig auf die Anklagebank gebracht zu haben, werden sie sich wohl zufrieden geben und sich wieder mit einander versöhnen.

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+ Die Glanzzeit des Mühlendamms ist längst vorüber. Wenige Monate und er wird ganz verschwunden sein und statt der engen, schmutzigen Gaffe mit den finsteren Säulengängen an beiden Seiten, wird sich eine breite Straße dahinziehen, durch welche sich der großstädtische Verkehr in tobender Stree mung wälzt. Und mit ihm werden auch jene alte und neue Kleiderläden" verschwunden sein, die ein Jahrhundert lang die verschoffene Pracht glänzender Livreen bis zum fadenscheinigsten Ueberzieher und zur vielgeflickten Hose herab ausgehängt haben; verschwinden werden jene jüdischen Trödler mit dem pfiffigen Gesicht, den liftigen Augen, dem fohlschwarzen Haar, verschwin den werden jene handfesten Anrufer und Anreißer" mit den blaurothen, aufgesprungenen, übergroßen Fäusten, die sich so oft dem schüchternen Provinzialen auf die Schulter gelegt, um ihn zum billigen Einkauf in das verschwiegene Dunkel jener Kleiderhöhlen zu ziehen; verschwinden wird alles die guten und die schlechten Wize, welche der Volksmund über den Mühlendamm und seine Bewohner geriffen, das ausgetretene Asphaltpflaster, die schmußigen Bohlen, die grellen Plakate, und Hammer und Meißel werden das Vernichtunge werk vollenden, das fie auf der Nordseite des Mühlendamms bereits begonnen haben.- Bald wird auch eine Reminiszenz die Geschichte sein, mit der sich gestern die 93. Abtheilung des hiesigen Schöffengerichts zu beschäftigen hatte, und die wir schmucklos, wie es dem gewissenhaften Chronisten geziemt, den Annalen des Mühlendamms einver leiben wollen. Es war am 12. Juni d. J. Drei Leute ,, von außerhalb" gingen in Begleitung eines guten Freundes, eines Eingeborenen, die Arkaden des Mühlendammes entlang. Möge lich, daß der Blick der Fremden etwas länger an dem Reich thum der Ausstellung alter Kleider haften blieb, ein gewandter Geschäftsinhaber hatte es bemerkt, und wie die Spinne auf das Insekt, das ihrem Neße zu nahe gekommen, stürzte er fich auf die drei, packte einen am Arm und flüsterte ihm menschen freundlich in's Ohr, er solle die günstige Gelegenheit benußen und seinen äußeren Adam bei ihm erneuern. Diese Geschäfts­empfehlung traf aber kein geneigtes Dhr. Der Provinziale schüttelte fich und ließ den Trödler stehen. Doch damit nicht genug das Auge eines Schußmannes hatte die Szene gesehen und schon fragte er in strengem Tone den Kleiderhändler, ob er auch wiffe,

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