Beilage zum Berliner Volksblatt.

Nr. 291.

Aus der Militärkommiffion.

Die geftrige Sigung der Militärkommission des Reichs tags wurde um 11 Uhr eröffnet. Das Wort nahm zunächst der Bundeskommiñar Major von Haberling. Terselbe gab eine nähere Uebersicht über die Kriegsstärke der deutschen , frans zösischen und russischen Armee. Die einzelnen Zahlen müssen als vertraulich" betrachtet werden. Doch sei mitgetheilt, daß banach die Kriegsstärke von Deutschland und Frankreich fast gleich, die Rußlands fich etwas höher stellt. Zu Ungunsten Deutschlands aber spreche ganz erheblich, daß in Frankreich nur 6000 Wehrpflichtige fich im Durchschnist der Kontrole entziehen, in Deutschland aber 40 000. Jn Rußland werde auch die vors her festgestellte BZiffer der Aushebung vielfach überschritten. Bu Ungunsten der Heeresstärke Frankreichs theilte Redner mit, daß bie im Etat veranschlagten Refruten immer erst das folgende Jahr eingestellt würden, während die Einstellung der Refruten in Deutschland in demselben Jahre aefchehe. In Rußland falle ins Gewicht, daß die weibliche Bevölkerung die männliche um 1 200 000 Köpfe übersteige, so daß dort bei der Aushebung Die männliche Bevölkerung bei 0,92 pCt. ebenso angespannt werde, wie in Deutschland die Bevölkerung bei einer Aus bebung von 1 vet. Ferner falle in's Gewicht, daß bei der dünn gefäeten Bevölkerung in Rußland die Aushebung eines arbeits­fichtigen Mannes in wirthschaftlicher Beziehung viel ungünstiger set als in Deutschland und Frankreich bei größerer Bevölkerungsdich tigkeit. Der Herr Regierungsfommiffar wies ferner darauf hin, baß bel den vergleichenden Bablen zwischen Deutschland und Frankreich meist außer Acht gelaffen werden die mannigfachen Institute, die unter anderem Namen eigentlich doch dem Ar­Weeverbande angehörten, wie die Gendarmerie und die Marine­truppen, welche im Kriegsfalle direkte Militärdienste auch zu Lande leisteten. Bezüglich der Stellung Rußlands zur Türkei glaubte der Redner, daß im Kriegsfalle die Ballanstaaten dem ersteren zirka 240 000 Mann als Hilfstruppen zur Verfügung #tellen würden. Dadurch sei Rußland in der Lage, feine ganze reguläre Tryppenmacht gegebenen Falles an die deutsche Grenze zu werfen. Im weiteren stellte der Re gierungskommiffar die russischen Heeresverhältnisse unter Heran­ziehung umfaffenden statistischen Materials in fehr günstiges Licht. Herrn Major von Haberling gelang es in der That, die Macht Rußlands als bedrohlich für Deutschland hinzustellen. Allerdings, meinte der Kommissar, sei die deutsche Armee die Musterarmee der ganzen Welt, der Geist in derselben sei der beste und deshalb brauche man keinerlei Furcht zu haben, menne gleich die wirkliche Kriegsstärke Rußlands 2 Millionen 900 000 Mann beträgt. Wenn man alles in allem betrachte, ständen den 2 Millionen Truppen, die Deutschland im äußersten Falle stellen könnte, zirka 5 Millionen französische und russische Mannschaften entgegen. Die österreichische Heeresstärke stellte der Redner ganz im Sinne des Kriegsministers dar.

Der Kriegsminister nahm darauf das Wort, um noch einige Angaben des Kommissars von Haberling als ganz be sonders vertrauliche zu bezeichnen, namentlich soweit dieselben Die Kriegsstärke der russischen Armee betreffen.

Hierauf trat eine Pause ein.

Nach der Pause nahm Abg. Freih. v. Wöllwarth ( Reichs­partei) das Wort. Er war der Ansicht, daß die große Mehr­heit des deutschen Voltes, mit Ausnahme der Sozialdemo fraten, für die Vorlage set. Die Nation wolte nicht ver­weigern, was nothwendig sei zur Vertheidigung des Vaterlandes. Er selbst erkläre fich für die Vorlage in allen ihren Theilen, mit besonderem Nachdruck betonte Redner die Nothwendigkeit der Vermehrung der Artillerie.

Abg. Hasenclever( Sozialdem.) erklärte, daß er bei der bekannten Stellung, welche seine Partei der Vorlage gegenüber einnehme, eigentlich die Absicht gehabt habe, fich an der General bebatte nicht zu betheiligen. Die Ausführungen des Freih. v. Wöllwarth nöthigten ihn jedoch zu kurzer Erwiderung. Die gegenwärtige Vorlage nüße nichts zur Vertheidigung des Vater landes, wenn Gefahr im Vorzuge fei. Wenn aber eine direkte und unmittelbare Gefahr für das Vaterland überzeugend nach­gewiesen würde, dann sei er und seine Freunde jederzeit bereit, diejenigen Geseze und Mittel zu bewilligen, welche geignet seien, Dieser Gefahr wirksam entgegenzutreten. Redner stellte darauf die Frage an den Minister, woher es komme, daß in Deutschland 40000 Personen sich der Kontrole entzögen, während in Frankreich nur 6000 Renitente vorhanden seien, ob dies die Folge einer besonderen Abneigung der Deutschen gegen den Militär­dienst sei oder durch überstrenge Disziplin bewirkt werde. Dem Kriegsminister gab er den Rath, nicht so eifrig auf Durch­berathung der Vorlage vor Weinachten zu bestehen, da frühere parlamentarische Vorgänge bewiesen, daß viele Mitglieder des

Berliner Sonntagsplauderei.

R. C. Ueber Nacht hat der Weihnachtsbaum seinen Einzug in Berlin gehalten. Ein Stück Waldesduft und Waldespoesie ist auf das Straßenpflaster der Reichshaupt­Stadt verpflanzt, an den zugigen Straßenecken ruht der ge­fällte Tannenbaum und mischt seinen würzigen Duft mit dem Qualm der dampfenden Asphalikessel.

Eine merkwürdige Zeit, diese Weihnachtszeit! Poesie und Prosa verwebt sich mit einander; wenn den eilenden Paffanten flüchtig der Hauch des fernen Waldes umspielt und er sinnend und vergangener Beiten gedenkend einen Augenblick verweilen möchte, so trifft sein Ohr das rafselnde Geräusch der Knarre, der dumpfe Ton des Waldbeibels", oder ein frierender Junge preist ihm die Vorzüge eines ge­lentigen Hampelmannes an- wenn ihm nicht gar die Imitation bes Landvogts Kaulbars zum Rauf angeboten wird. Auch ber alte Weihnachtsmarkt ist wieder erstanden, man hat jedoch feinen Raum mehr für ihn in den Straßen, alljährlich hat man ihm mehr Boben entzogen, und wenn er früher mit heißer Sehnsucht als willkommener Gast von unseren Altvorderen erwartet wurde, so fehlt dem gegenwärtigen Geschlecht das Verständniß für die primitive Budenstadt mit ihren qualmenden Lampen, ihrem unentwirrbaren Getöse und dem berühmten Duft der Berliner Knoblauchwürfte. Man spricht nicht mehr viel vom Weihnachtsmarkt, wo der leine Mann seine selbstverfertigte Waare immer noch an bringen konnte; was unsere Väter noch entzückte, hat für uns den Werth vollständig eingebüßt. Man feiert heute das Weihnachtsfest ganz anders als noch vor wenigen Jahrzehnten. Es scheint, als ob uns in dem brausenden und haftenden Getriebe der Gegenwart der zarte Sinn für bie tlemen häuslichen Arbeiten abhanden gekommen ware; was früher fich ein Jeder zu seinem Vergnügen selbst anfertigte, deffen hat sich auch heute schon die Industrie be­

Sonntag. den 12. Dezember 1886.

Reichstags vor den Ferien ein entschiedenes Nein" einer Re­gierungsvorlage zugerufen bätten, die durch Familienbeziehungen und den Einfluß gesellschaftlicher Verhältnisse in ihrer Heimath fich bestimmen ließen, nach den Ferien ein ebenso entschiedenes " Ja" auszufprechen. Er und seine Partei stimme rundweg gegen die Vorlage, was nicht ausschlösse, bei den verschiedenen Bofitionen für einzelne Amendements zu stimmen, um die Vor­lage zu Gunsten des Volkes zu mildern.

als

Kriegsminister von Bronsart erwiderte, daß er dafür, daß fich in Deutschland eine so große Zahl von Gestellungspflich tigen der Wehrpflicht entziehen, teinen anderen Grund tenne, den großen Auswanderungstrieb, der gerade die Deutschen beseele. Keinesfalls sei der Grund für diese Erscheinung in der Behandlung der Soldaten im deutschen Heere zu suchen. Der Herr Minister berichtete sodann eine gestern mißverstandene Aeußerung, welche dahin ging, daß die Bahlen wichtiger seien bei den europäischen Heeren, als der Geist, der sie beseele. Er halte viel darauf, daß ein frischer Volksgeist in der Armee herrsche.

Sodann suchte Abg. Nichter in längerer Auseinander­fegung eine Reihe von Zahlen des Herrn Regierungskommissars fegung eine Reihe von Zahlen des Herrn Regierungskommissars zu widerlegen. Derselbe wies auf einige Widersprüche hin, die seiner Ansicht nach in der Rede des Major Haberling enthalten seien, besonders bezüglich der französischen Heeresverhältnisse. Er suchte nachzuweisen, daß durch die Bewilligung der Vorlage sämmtliche Dispositionsurlauber ca. 20 000 Mann vom 1. April nächsten Jahres ab wieder eingezogen würden. Die Vorlage bedeute also eine Verlängerung der Dienstzeit. Fünf Monate habe man in Frankreich gebraucht, um die Vorlage des Kriesministers Boulanger zu berathen, und bei uns erhebe man in einigen Preßorganen bereits Vorwürfe, daß die Vorlage nicht sofort en bloc angenommen worden sei. Er wenigstens brauche Zeit, um die Vorlage gründlich zu berathen.

Kriegsminister Bronsart v. Schellendorff: Eine Ver längerung der Dienstzeit werde durch die Vorlage nicht bezweckt, denn Niemand würde über die Dauer der gefeßlichen Dienst­pflicht herangezogen. Die deutsche Kriegsstärke sei nicht so groß, wie sie vielfach angesehen werde. Die dabei vom Herrn Minister gegebenen Zahlen sind nicht für die Deffentlichkeit bestimmt. Auf die russische Heeresstärke übergehend, erklärt der Minister, daß es unendlich schwieriger sei, diese genau zu ermitteln als die franzöfifche. Das liege an der Abgeschlossenheit der russischen Preffe und an dem dortigen Regierungssystem, welches gerade in Militärsachen mit großer Strenge über die Geheimhaltung ihrer Pläne und Absichten wache. Bei den Franzosen liege es insofern anders, als man dort die Kriegs­stärke leicht aus dem Etat ersehen könne. Aus diesem gehe aber auch hervor, daß die Heeresmacht Frankreichs durch die viel größere Bahl der Refruten, welche ausgehoben werden sollen, in den nächsten Jahren in hohem Maße fich steigern. Darauf hin müsse er in Aussicht stellen, daß auch nach Annahme der gegenwärtigen Vorlage es nicht ausgeschlossen sei, daß später die verbün deten Regierungen auf eine weitere Er höhung der Präsenzziffer der Armee hin wirten.

Abg. Dr. Buhl( nationallib.) hält die russische Kriegsge fahr für außerordentlich groß und empfiehlt die Annahme der Vorlage schon aus diesem Grunde. Aber auch von Westen drohe Gefahr. Das Boulanger'sche Gesetz bringe für die Bu funft eine ungemeine Heeresvermehrung, welcher durch die Vors lage entgegengewirit werden müsse. Redner bedauert, daß feine Mittheilungen des Auswärtigen Amts über die europäische Lage vorliegen, aber als einfacher Zeitungsleser vermöge man schon die jesige gefährliche Lage zu erkennen. Boulanger werde in Frankreich Der Mann angefehen, der bald losschlagen werde, darin liege allein schon die Kriegs. gefahr bei dem heißblütigen Charakter und dem Chauvinismus der Franzosen .

Abg. Nidert hält die eingehendste Berathung aller Einzel­heiten der Vorlage für erforderlich und hebt hervor, daß eine Verständigung über das Gefeß nur möglich sei, wenn die Regie­rung auf planmäßige größere Beurlaubungen während der Dienstzeit eingehe.

Nachdem der Kriegsminister nochmals die Dringlichkeit der Vorlage betont, wurde die Debatte vertagt. Nächste Sigung Montag Vormittag 10 Uhr.

Kommunales.

* Der Etat für die städtischen Gemeindeschulen pro 1887 88 erfordert aus dem Stadtsäckel die Summe von 7 395 853 M., während aus den eigenen Einnahmen noch die

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zu

3. Jahrg.

Summe von 69 531 M. zur Verfügung steht, also eine Gesamme ausgabe von 7 465 384 M. erforderlich ist. Die Zahl der in Gemeindeschulen und auf Kosten der Stadt in Brivatschulen eingeschuiten Kinder betrug im Jahre 1886 152 567 und wird fich Ende 1887 auf rund 160 000 belaufen. Das Lehrpersonal betrug Ende März cr. in den 163 Gemeindeschulen bei einer Klaffenzahl von 2748 163 Reftoren, 1726 Lehrer und 859 Lehrerinnen. Da im Jahre 1887 noch 8 neue Gemeinde schulen eröffnet werden, so vermehrt sich auch das Lehrpersonal um 8 Rettoren, 83 Lehrer und 39 Lehrerinnen. An Befol dungen find zu zahlen 6 173 134 M., für Heizung, Erleuchtung und Wasserverbrauch 265 739 M.; für gemiethete Schulräume ist ein Miethszins von 298 360. und für bauliche Unter­haltung 171 000 M. zu zahlen, denen noch eine Ausgabe von 220 628 M. für Hausbedürfnisse hinzutritt.

* Der Etat der städtischen Taubstummenschule, welche 184 Schüler zählt, von denen nur 12 einen Beitrag als Schul geld leisten, während 172 Schüler freien Unterricht genießen, ist vom Magistrat für das Rechnungsjahr 1887 88 in Einnahme. auf 1157 M. und in Ausgabe auf 53 684 M. festgesetzt worden. Demnach ist ein städtischer Buschuß von 52 527 M. erforderlich Zur Unterhaltung der städtischen Blindenschule ist eine Summe von 12 498 M. erforderlich. Der Fortbildungss unterricht erfordert einen Aufwand von 209 090 M. Der Etat der ersten höheren Bürgerschule meist eine Einnahme von 20 850 M. auf, bei einer Ausgabe von 68 982 M.

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Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 28. Novbr. bis inkl. 4. Dezember cr. zur Anmeldung gekommen: 254 Eheschließungen, 826 Lebendgeborene, 33 Todtgeborene, 540 Sterbefälle.

Lokales.

Der Weihnachtsmarkt Berlins ist über Nacht entstan den. Am gestrigen Abend gegen 10 Uhr konnte man sein Werden von Anfang an beobachten. Schwerfällige Möbel­wagen brachten in langer Reihe die Planten, Bretter und Plane herbei. Rasch ist der rumpelhafte Inhalt entladen eine furze Auseinandersegung mit dem rechthaberischen Nach bar, welcher die polizeilich gesteckte Grenze zu überschreiten Luft hatte dann ein gedämpftes Hämmern und Zimmern und in fürzester Zeit steht schweigend und starrend in dunkler Nacht, bescheidener Hüttchen hölzerner Pracht." Wenn heute Morgen das junge" Berlin mit verlangenden Blicken die aufgethürm ten Schäße mustert, so deckt grellbunter Tand die primitive Budenstadt. Hier dieses stattliche Pferd von Holz und Leder läßt schneller des Knaben Pulse schlagen, dort ist es die schim­mernde Puppe, auf welcher begehrlich des Mädchens Auge ruht. Der diesjährige Weihnachtsmarkt ist wahrscheinlich der legte in in seiner jezigen Form. Bormals ala er doch anspruchsvoll den Fahrdamm der Breiten straße deckte, war feine Blüthezeit. Dann wurde er, wenn wir nicht irren, im Jahre 1872 von hier verdrängt und mußte fich neben dem Schloßplaz mit dem stillen Lustgarten begnügen. So haust er noch in diesem Jahre, im nächsten wird er vor aussichtlich die großstädtische Markthalle beziehen müssen. Daß mit diesem abermaligen Umzuge der letzte Rest des nur müh sam gewahrten poetischen Schimmers verloren geht, ist faum zu bezweifeln. Soll man es bedauern? Uns will scheinen, als ob der Weihnachtsmarkt überhaupt nicht mehr mit dem Getriebe der Weltstadt in Einklang zu bringen ist. Und eins ist sicher: zum urwüchfigen Trubel des Weihnachtsmarktverkehrs gehört so heute wie von jeher der freie Simmel und ein flarer Frost. In der dunstdurchwärmten Markthallenluft fehlt ihm die erhaltende Kraft. Vielleicht vegetirt er noch eine kurze oder längere Spanne, dann wird auch dieses Ueberbleibsel aus großväterlicher Zeit im Strudel der fortschreitenden Aera der Elektrizität unter gehen.

Seit einiger Zeit wird Berlin durch eine besondere Art von Versammlungen heimgesucht, deren Zweck eigentlich schwer verständlich ist. Es find dies nämlich religiöse Versammlungen, in welchen die heifelsten Dinge von den Vortragenden er örtert werden. Mit besonderer Vorliebe wird die Frage nach dem Fortleben im Jenseits erörtert und so interessant das Thema auch sein mag, so vermag die genugsam bekannte Art, wie dasselbe von orthodorer Seite erörtert wird, diesen Vor trägen, trog aller Liebeswerbungen für dieselben, fein größeres Publikum zuzuführen. Was aber die Beliner mit ihrer be­fannten Ignoranz bei diesen Vorträgen versäumen, das mögen fte aus den nachfolgenden Mittheilungen über einen kürzlich hier von einem Paftor gehaltenen Vortrag über: Den neuen Himmel und die neue Erde", entnehmen. Es werde dort, so

Winterabende besser vertreiben können, wie in die kalten Straßen, wo der erbarmungslose Dezemberwind ein hartes Wort redet.

mächtigt, sie stellt uns Alles fix und fertig hin, der mo derne Weltbürger hat nichts anderes zu thun, als möglichst tief in seine Tasche zu greifen und und Merkwürdig, wie die Ansichten verschiedener Leute zahlen. über denselben Gegenstand verschieden sind. das ist das große Wort, welches dem Es ist Ja, zahlen Man Weihnachtsfest ein eigenartiges Gepräge aufbrückt. ja selbstverständlich, daß die kleinen Kaufleute, die liest so häufig von den Leuten, die es dazu haben," daß mit so eindringlicher Stimme zu bitten verstehen, gerade jetzt wahrhafte Verheerungen in ihren Baarbeständen jedermann auffallen. Nun hat man in unserem er­angerichtet werden, daß die theure Gattin so lange schmeis findungsreichen Beitalter nicht nur anderweitige epoche­chelt und schmollt, bis ihr der Herzenswunsch erfüllt ist, und machende Entdeckungen gemacht, sondern man hat auch ge­daß nach Befriedigung des letzten Wunsches Alles wieder funden, daß jene Kinder sich nur zu ihrem Privat­beim Alten bleibt. Die Bourgeoisie ist wirklich um die vergnügen Hände, Füße und Nasenspißen auf den Straßen Gabe zu beneiden, die es ihr gestattet, sich über sich selbst erfrieren. Es muß nämlich ein ganz herrliches Vergnügen luftig zu machen. sein, an einer zügigen Straßenecke in möglichst defekter und mit hungrigem Kleidung Magen zu stehen und bis tief in die Nacht hinein zu warten, ob man für einen Hampelmann nicht doch noch zehn Pfennige lösen kann.

Bon Rechtswegen fönnte man in das Hohngelächter mit einstimmen. Es würde dadurch nur garnichts an der Sache geändert werden. Trogdem aber bleibt man dabei, daß Weihnachten die Verkörperung eines allgemeinen Frie dens- und Freudenfestes ist die einzige Konsequenz, bie man bisher hierauf beziehen konnte, ist die, daß man bei dieser Gelegenheit alten und jungen Kindern Soldaten schenkt.

Einen 3wed mindestens muß jedes Ding auf der Welt haben. Wenn wir von den Wohlthätigkeitsbazaren absehen, die das Weihnachtsfest gezeitigt hat, so bleiben eigentlich nur die armen Kleinen übrig, die allabendlich jetzt mit ihren winzigen Erzeugnissen auf den kalten Straßen Handel treiben.

Auch sie sind bereits lästig" gefallen. Man machte sich über die Rleinen luftig, die Presse derjenigen Leute, die sich für die allein existenzberechtigten halten, forderte energisch ihre Entfernung von der Straße. Wir auch, Kinder gehören Nachts nicht auf die Straßen, wo sie den Insulten aller befferfituirten Müffiggänger ausgesetzt sind,- häufig bleibt es sogar nicht einmal bei Insulten sie gehören ebenso gut in wohl durchwärmte und erleuchtete 3immer, wo sie sich die langen

Probiren geht über Studiren, und durch die nüchterne Praxis ist schon mancher superfluge Schönredner bekehrt worden. Wir sind Freunde der praktischen Erfahrung, bloßes Reben und alleinige Entwickelung von Theorien thur's freilich nicht bei uns, wir machen den Vor­schlag, baß alle die weisen Herren und höchstwahrschein lich noch weiseren Damen, denen die armen Kinder lich noch auf der Straße ein Gräuel sind, selbst nur einen einzigen Abend mit Blumen oder Schäfchen handeln; wir glauben kaum, daß man dann noch den Kindern unserer ärmsten Dlitmenschen übermäßige Vergnügungssucht vorwerfen wird. Man muß sich aber in der Weihnachtszeit amüsiren, und wenn die mildherzigsten Menschen nichts besseres wissen, sa unterhalten sie sich damit, daß sie über die bedauerns werthesten ihrer Mitgeschöpfe herziehen. So war's von. Alters her!