Herrschaft zu lange geblieben, weshalb fich einmal eine der Töchter des Hauses veranlaßt fand, dem Mädchen nachzugehen und diese dann auch richtig beim traulichen tête à tête mit einem Manne überraschte. Es wurde dem Mädchen diese Vernachlässigung ihrer Dienstpflichten untersagt und als dasselbe später nach Ansicht der Herrschaft wieder zu lange Beit bei den abendlichen Gängen brauchte, wurde es ohne Kündigung entlassen. Der Vormund des Mädchens flagte jedoch gegen die Herrschaft auf Bahlung des Lohnes und auf Entschädigung für die Verpflegung während der Dauer des Miethsverhältnisses, da die plösliche Entlassung unberechtigt gewesen sei. Die verflagte Herrschaft machte den Einwand, daß das Mädchen wegen wiederholten Ungehorsams entlassen worden sei, konnte denselben jedoch nicht beweisen. Das Mädchen gab zu, einige Male mit ihrem Bräutigam des Abends zusammengetroffen zu sein, jedoch habe sie derselbe nur auf ihren Gängen begleitet, so daß eine Zeitversäumniß für die Herrschaft daraus nicht entstanden sei. Die Herrschaft war nicht in der Lage, das Gegentheil zu beweisen und aus der männlichen Begleitung allein erklärte der Richter einen Grund zur Alageabweisung nicht entnehmen zu fönnen, wenn nicht eine fortgesetzte überflüssige Zeitversäumniß des Mädchens bei den Gängen desselben nachgewiesen würde. Dieser komplizirte Beweis fonnte nicht erbracht werden und die Herrschaft wurde verurtheilt, dem Mädchen auf zwei Monate so lange bestand das eigentliche Miethsverhältniß noch- Lohn und KostentSchädigung zu zahlen.
Wieder ist durch das unsinnige Fahren eines Schlächterfuhrwerks ein schwerer Unglücksfall herbeigeführt worden. Als die Wittwe B. gestern Abend gegen 6 Uhr in der Nähe des Einfahrtportales des Polizeipräsidiums am Molkene markt den Fahrdamm überschreiten wollte, wurde sie von einem aus der Poststraße nach dem Mühlendamm in vollem Galopp einbiegenden Schlächterfuhrwerk niedergerissen und erlitt so bedeutende Quetschungen, daß sie bewußtlos zu einem in der Nähe wohnenden Barbier gebracht und von da per Droschke nach ihrer Wohnung befördert werden mußte. Die Urheber dieses Unglücks versuchten auf ihrem leichten Fuhrwerk zu entkommen, wurden jedoch von einem Schußmann, der dem Pferde in die Bügel fiel, angehalten und zur Anzeige notirt
Um seinen Winterüberzieher im Werthe von 100 M. ist der Maurer S. auf folgende Weise gekommen. Als er am 12. b. M. Abends ein Schanklokal in der Mühlenstraße nach Schluß des Lokals mit einem unbekannten jungen Mann verlaffen hatte, wurde er von seinem Begleiter überredet, vom Nebengrundstück aus in das Lokal durch die Hinterthür zurückzukehren. S. ging auf den Vorschlag ein. Um die Mauer des Nebengrundstückes besser übersteigen zu können, zog er seinen Ueberzieher aus, welchen der Fremde über die Mauer warf und eiligst nachkletterte. Als S. folgen wollte, stieß ihn der Fremde von der Mauer herunter und ergriff mit dem neuen Ueberzieher des S. die Flucht, seinen alten Ueberzieher von sich werfend.
Die von einem Berichterstatter verbreitete Nachricht, daß eine Amputation des Beines an dem von dem Militärposten in der Dranienstraße angefchoffenen Kellner- Adolph" vorgenommen werden muß, bestätigt sich, dem B. B.-K." zufolge, nicht. Im Gegentheil hat Geheimrath Bardeleben in einer Sigung des neubegründeten Chirurgenvereins den Patienten vorgestellt und seine Behandlung als einen Triumph der modernen Chirurgie bezeichnet, da die Wunde des Verlegten durch eine antiseptische Behandlung bereits fast völlig verheilt ist.
Nach einer Mittheilung des Untersuchungsrichters zu Dortmund ist ein Mann, der sich Anfangs November d. J. Carl Neumann genannt hat und Arbeiter, insbesondere Schweiß meister zu sein behauptet, aber, nachdem er die Legitimationspapiere des Arbeiters Martin Gipson gestohlen, den Namen Martin Gipson geführt, und vielleicht auch jetzt wieder einen anderen Namen angenommen hat, dringend verdächtig, zu Dortmund am 28. v. M. einen Raubmord und am 2. d. M. einen Straßenraub ausgeführt zu haben.
Die bei einem Kaufmann in der Friedrichstraße im Dienst stehende unverehelichte A., welche seit einiger Beit ticffinnig geworden ist, beabsichtigte gestern Abend fich das Leben zu nehmen. Vorher wollte sie jedoch ihre Sachen vernichten, packte dieselben in einen Reiseforb, begoß fie mit Petroleum und zündete dieselben an. Das entstandene Feuer wurde noch Techtzeitig gelöscht. Das Mädchen selbst entfernte fich nach Aus führung der That und irrte in der Stadt umher in der Absicht, fich ins Waffer zu stürzen. Da die A. feine Gelegenheit hierzu fand, meldete fie sich bei einem Schußmann und bat um Verhaftung wegen Brandstiftung. Die A. wurde zur Feststellung ihrer Burechnungsfähigkeit zur Charitee überführt.
Eine Starambolage zwischen einem sogenannten„ Grünen" oder Polizeiwagen und einem dem Fuhrwerksbefizer Joseph Gerlach, Dresdenerstraße 35, gehörigen, mit Getreide beladenen Frachtwagen fand vorgestern Nachmittag gegen 5 Uhr auf dem Mühlendamm statt. Durch Unachtsamkeit des Frachtkutschers stieß deffen Gefährt so heftig gegen den aus dem Thor des Bolizeigebäudes tommenden grünen Wagen an, daß der Scheerbaum des ersteren tief in die Seiten des Polizeimagens drang und denselben erheblich beschädigte. Zum Glück war, da der Wagen gerade auf der Ausfahrt begriffen war, Niemand in demselben, da sonst gewiß ein größeres Unglück zu beklagen gewesen wäre.
Polizeibericht. Als am 15. d. M. gegen Mittag eine Frau am Elisabeth- Ufer, in der Nähe der Königinbrücke, unmittelbar vor einem in furzem Trabe fahrenden Flaschenbiermagen trop des lauten Warnungsrufes des Kutschers den Straßendamm überschreiten wollte, wurde fie von der Deichfel des Wagens niedergestoßen und überfahren. Sie erlitt dadurch so schwere innere Verlegungen, daß fie bald darauf während der sofort veranlaßten Ueberführung in ein Krankenhaus vers Starb. Abends wurde in der Haidestraße ein obdachloser Mann frank auf dem Bürgersteig liegend vorgefunden und nach der Charitee gebracht. Um dieselbe Zeit zersprang in der Blumenthal'schen Appreturanstalt, Röpniderstraße 111, Dampfapparat und wurde der Arbeiter Wittig durch den fortAeschleuderten Verschlußdeckel desselben getroffen und auf der Stelle getöptet. Abends nach 9 Uhr gerieth PotsdamerStraße 21 in einer Küche ein auf der Kochmaschine stehender Kotb mit Kleidern in Brand. Die Feuerwehr war zur
Etelle.
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Gerichts- Zeitung.
Eine ziemlich kostspielige Ohrfeige verabreichte am 18. Auguſt d. J. der Dachdeckermeister Schmidt einer Nauener Einwohnerin auf dem Korridor des dortigen Gerichtsgebäudes. In einer gegen ihn anhängig gewesenen Straffache war Schmidt wegen Erregung öffentlichen Mergerniffes und Vornahme un fittlicher Handlungen zu acht Tagen Gefängniß verurtheilt; in diesem Prozeß hatte die verebelichte Tischler Elsner als Belastungszeugin fungirt. Beim Verlassen des Gerichtssaales nach geschehener Urtheilsverfündigung trat Schmidt auf diese Zeugin Bu, pacte diefelbe mit einer Hand am Halse und versette ihr mit der anderen einige fräftige Badenstreiche. In Folge Strafe antrages von Seiten der Frau Elener verurtheilte das Schöffen gericht zu Nauen den Schmidt hinterher wegen förperlicher Mishandlung der Frau Elsner zu 4 Monaten Gefängniß. Die Berufung, von Seiten des Schmidt eingelegt, wurde im ge= firigen Audienztermin von der Straffammer des Landgerichts II verworfen und das schöffengerichtliche Urtheil einfach bestätigt.
† Wegen Uebertretung einer Polizeiverordnung und eines Gesetzes aus dem Jahre 1851, das öffentliche Anschlage wefen betreffend, waren der Tischler Paul Bielecke und der
Tischler Hermann Selig durch Polizeimandat zu einer Woche Haft verurtheilt worden. Sie beruhigten sich bei dieser„ Verfügung" nicht, sondern trugen auf richterliche Entscheidung an, die gestern durch das hiesige Schöffengericht ihnen gegeben wurde. Es handelte sich um folgenden Sachverhalt: Am 6. September d. J. waren die beiden Angeklagten gegen 10 Uhr Abends damit beschäftigt gewesen, gemeinschaftlich ein fozialdemokratisches Flugblatt an der inneren Seite der Hausthüren der Waldemarstraße anzukleben. Nach ihrer Darstellung hatten sie die Flugblätter sowohl wie das Handwerkszeug, Kleiſtertopf und Pinsel, von einigen Leuten erhalten, die sie zufällig getroffen und die sie aufgefordert, das nicht verbotene Flugblatt anzuheften. Sie hatten den Auftrag ausgeführt, da fie ihre Handlungsweise nicht für strafbar gehalten hätten. In einem Hause der Waldemarstraße feien sie von einer Frau, wohl der Frau eines Kriminalbeamten, beobachtet worden, denn_bald darauf hätte man sie auf der Straße verhaftet. Der betreffende Kriminalschußmann Lange war als Zeuge erschienen. Er behauptete, die beiden freiwilligen Anschläger" gerade abgefaßt zu haben, als sie ein Flugblatt an die Anschlagsäule anklebten. Die beiden Angeklagten bestritten dies und behaupteten, daß das Flugblatt bereits an der Säule, sowie an den meisten derselben im dritten Wahlkreise geseffen habe, als sie herangetreten seien. Der Gerichtshof ließ sich auf eine nähere Prüfung dieser Be hauptung nicht weiter ein, da er es für genügend erachtete, daß die Angeklagten das Ankleben der Flugblätter an den Hausthüren zugegeben hatten und verurtheilte beide zu je einem Tage Haft, indem er zu ihren Gunsten annahm, daß ihnen die entgegenstehende Polizeivorschrift nicht bekannt gewesen sei. Der Staatsanwalt hatte eine Woche Haft beantragt.
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Wird das Sammeln für Streikende als Bettelei angesehen? Diese Frage so wird aus Altona geschrieben- gelangte vorgestern vor der Straffammer II des Landgerichts zur Entscheidung. Am 22. August d. J. ging der Bigarren arbeiter Paul Franken, in der Parallelstraße wohnhaft, zu den in derselben Straße wohnhaften Krämern Klingmann und Hansen und zu dem Kaufmann Püschel, um Gaben für die zur Zeit streifenden Schmiede zu erlangen. Mit ihm waren die Schmiedegesellen Rich. Engler und Th. Reinhardt. Dieselben gingen nicht mit in die Wohnungen, sondern blieben vor den Thüren stehen. Von diesen drei Kaufleuten will Franken schon seit längerer Zeit seinen Bedarf für den Haushalt beziehen, und will er daher geglaubt haben, von diesen Leuten bestimmt Unterstügung zu erhalten. Sämmtliche drei Kaufleute weigerten sich, Unterstützung zu geben, und soll Klingmann gesagt haben, daß, wenn die Leute fireifen wollen, fie auch Geld dazu haben müssen. Hansen soll geäußert haben, daß er zu sozialistischen Zwecken" nichts verabfolge. Auf diese Aeußerungen hin will Franken die Leute auf die Vorgänge in Belgien , Frankreich und England aufmerksam gemacht und ferner daran erinnert haben, daß die Betreffenden doch auch von dem Gelde der Arbeiter existiren. Diese Aeußerungen wurden von den Zeugen als Drohungen aufgefaßt und standen alle drei Angeklagten daher vor dem Schöffengerichte I unter der Anklage, unter Drohungen gebettelt zu haben". Durch die Beweisaufnahme in der Schöffengerichtssigung ist nicht fest gestellt worden, daß die Angeklagten unter Drohungen gebettelt haben. Die beiden Schmiede wurden wegen mangelnden Bes weises kostenlos freigesprochen, dahingegen wurde Franken wegen Sammelns für Streifende, welches als Betteln" ange schen wurde, zu 10 Tagen Haft verurtheilt. Die Anträge des Aitsanwalts lauteten für die beiden Schmiede wegen Bettelns auf je 14 Tage Gefängniß und gegen Franken wegen Bettelns auf 6 Wochen Haft und Üeberweisung an die Landespolizeibehörde. Diese Anträge will der Amtsanwalt hoch halten, und legte derselbe daher Berufung ein, welche vorgestern vor der Straftammer des Landgerichts zur Verhandlung gelangte. Den Vorfis führte Landgerichtsdirektor Blumenbach, während die Staatsanwaltschaft durch den 1. Staatsanwalt Groschuff vertreten war. Als Vertheidiger für die Angeklagten fungirte Rechtsanwalt Dr. Düfer. Franken bestreitet in der vorgestrigen Verhandlnng, gebettelt" zu haben. Er führt aus, daß das Sammeln für Streifende auf Grund des§ 122 der Reichsgewerbeordnung erlaubt sei. Was die von den Beugen angegebenen Drohnungen, die Franken beim Verlassen ihrer Lokalitäten ausgesprochen haben soll, anbetrifft, so bestreitet Fr. dieses und hält die angeführten Aeußerungen aufrecht. Die mitangeklagten Engler und Reinhardt sagen aus, wohl mit Franken zusammen gewesen zu sein, sich jedoch nicht um das, was Fr. that, gefümmert zu haben. Die Antwort auf die Frage, ob er Sozialdemokrat" sei, verweigert Franken. Der Staatsanwalt hält die Anklage für die beiden Schmiedegesellen nicht für erwiesen und beantragt deren Freisprechung. Dahingegen beantragt er betreffs Franken, daß der Ge richtshof fich für unzuständig erklären und die Sache an die Straffammer I des Landgerichts vermeisen möge. Der Staatsanwalt wünscht Franken unter der Anklage wegen ,, Bedrobung mit einem Verbrechen" und außerdem noch wegen Bettelns unter Anklage zu stellen. Der R.-A. Dr. Düler widerspricht dem Antrage des Staatsanwalts und hebt hervor, daß das Sammeln unter feinen Umständen als Bettelei aufe gefaßt werden könne. Franken sei nicht mit der Absicht zu den Leuten gefommen, um zu betteln, sondern lediglich um dies selben aufzufordern, an einer Sache Theil zu nehmen. Er beantrage die Freisprechung für die drei Angeklagten. Nach längerer Berathung verkündet der Gerichtshof folgendes Urtheil: Das Sammeln, wie es von Franken geschehen, ist als„ Betteln" anzusehen. Er ist in drei in einer Straße gelegene Häuser gegangen, um Unterſtüßungen zu erhalten. Was die Aeußerungen anbetrifft, die Franken gemacht haben soll, so sind diese nach der Zeugenaussage als Drohung anzusehen und ist gegen Franken daher erwiesen,„ unter Drohungen gebettelt zu haben" und wurde derselbe deswegen zu 5 Wochen Haft verurtheilt. Betreffs der beiden Mitangeklagten wurde die Berufung des Amtsanwalts verworfen.
Augsburg , 13. Dezember. Die bereits acht Mal wegen Arbeitsscheu und Landstreicherei vorbestrafte 35 Jahre alte Hauptmannswittwe Maria v. Schirnding, zulegt in Ingolstadt wohnhaft, wurde heute vom hiesigen Schöffengericht wegen Landstreicherei zu 21 Tagen Haft verurtheilt, dagegen von einem ihr zur Last gelegten Diebstahl freigesprochen.
Paris , 11. Dezember. Ein entfeßlicher Prozeß begann gestern in Privas( Frankreich ), nämlich der Prozeß von Jean Faure und seiner Frau, die mit Hilfe des Bruders der letteren, Blancher, Faure's Bruder Claude ermordeten, die Leiche fochten, das Fleisch an Schweine verfütterten, die Knochen rösteten und in die Sevennenschluchten verstreuten. Frau und Claude ist die Enkelin eines Mannes, der seine Gattin lebendig briet; sie stammt vom Wirthe Leblanc, der um 1830 hingerichtet wurde, weil er 25 Jahre lang in seinem Bergwirthshaus einkehrende Reisende ermordete und ihr Fleisch tochte.
Vereine und Versammlungen.
Der Fachverein der Metallarbeiter in Gas, Waffer, und Dampfarmaturen hielt am 12. d. M. in Gratweil's Bier hallen eine Mitgliederversammlung ab. Die Versammlung chrte zunächst das Andenken des am 18. v. m. verstorbenen Mite gliedes Robert Brandt durch Erheben von den Eigen. Bei der darauf folgenden Wahl eines zweiten Vorfißenden wurde Herr Stiller einstimmig gewählt. Die Versammlung beauftragte hierauf den Vorstand, beim Todesfelle eines Mitgliedes jedesmal auf Kosten des Vereins einen Kranz zu kaufen und den Die selben auf das Grab des Verstorbenen niederzulegen. Kosten dürfen jedoch für jeden einzelnen Fall 10 Mark nicht übersteigen. Die Mitglieder wurden aufgefordert, etwaige
Todesfälle dem Vorstand schnellstens anzuzeigen. Auch wurde bekannt gemacht, daß bei Herrn Ehrlich Billets zum„ Kaifer Banorama"( 2 Stüd 25 Pf.) zu haben find. Für ein franfes Mitglied bewilligte die Versammlung 20 Mart. Die nächste Versammlung soll, sobald ein Lokal beschafft ist, nicht wieder Sonntags, sondern am Sonnabend stattfinden.
Zur Ausbreitung des„ Sanitätsvereins für Arbeiter beiderlei Geschlechts" fand am Dienstag, den 14. d. M., in Keller's Salon, Andreasstr. 21, eine gut besuchte Versammlung von Männern und Frauen unter dem Vorfiz des Herrn Dietrich statt. Herr Dr. Sturm hielt einen Vortag über Lungenleiden, welcher mit vielem Beifall aufgenommen wurde. Redner wies darauf hin, daß die Thätigkeit der Lunge für die übrigen Organe des Menschen von höchster Bedeutung sei; athme die Lunge eine gefunde, reine Luft, so werden viele Beschwerden dem Menschen erspart bleiben. Bei Einathmung von schlechter, unreiner Luft dagegen wird umgekehrt die Lunge frank werden müssen; bei tranten Lungen aber fönnen die übrigen Organe niemals gesund sein. Wolle man die Heilung des Kranten erreichen, so solle man in erster Linie für eine gesunde Ath mungsthätigkeit sorgen, welche dem Körper gesunde Säfte zus führen wird; diese gesunden Säfte würden dann die franken Säfte aus dem Körper verdrängen. Ganz besonders aber solle man sich vor Erkältung hüten, da dieselbe eine akute, ja felbft chronische Krankheit der Lunge verursachen könne. Auch eine vernünftige Ernährungsweise sei von größter Wichtigkeit; auf feinen Fall dürfe dem Erkrankten Fettigkeit, Fleischbrühe 2c.. als Nahrung gegeben werden, dieselbe enthalte Waffer mit Salz und dieses könne der Magen nicht verdauen. Gestüßt auf praktische Erfolge empfahl der Vortragende Haferschleim und Weißbrot, denn ebensowenig wie der starfe, fette Mensch gesund sei, sei anch das fette, gemästete Thier gesund, und deshalb seien die fetten Speisen, besonders Fleisch vom Schwein, dem franken Menschen schädlich. Auch bei der Pflanzenkost müsse man vors fichtig sein, oft bemerke man schon an dem Geruch der Pflanze ob sie gesund sei. Redner zeigt dann, wie unter verschiedenen Stellungen des Körpers Luftgymnastik zu üben sei, empfiehlt aber für gewöhnlich das Athmen durch die Nase. Eine vorsichtige Abhärtung des Körpers würde durch besondere Hautpflege, tühle Luft und besonders durch milde Bäder erreicht. Eine Diskussion über diesen Vortrag lehnte Herr Dr. Sturm mit dem Bemerken ab, daß er dann 4 Wochen dazu gebrauchen würde, um alles zu widerlegen; dagegen sei er sehr gern bereit, an ihn gerichtete Fragen zu beantworten." Die Herren Glaubig und Querbach bemerkten, daß eine Diskussion auf der Tagesordnung stehe und stattfinden müsse. Herr Dr. Sturm lehnte dies kurz ab und verließ den Saal. Hierauf nahm der Vorsitzende das Wort und gab einen kurzen Abriß über die Thätigkeit des Vereins, welcher ganz besonders den Arbeitern Berlins zu empfehlen sei. In demselben Sinne sprachen die Herren Hundt, Glaubit, Auerbach und Dr. Rosenstein. Letterer be tonte besonders, daß gerade der Beruf des Arztes Gelegenheit böte, das Elend unter den Arbeitern in seiner nacktesten Ge stalt fennen zu lernen, er selbst wohne in einem Arbeiterviertel und habe nach dieser Richtung hin sehr trübe Erfahrungen machen müssen. Diesen Nothstand wenigstens in Krankheitsfällen zu mindern, sei die Aufgabe des Sanitätsvereins, welcher bereits über ca. 100 Aerzte, darunter Sanitätsräthe und Spezialärzte, verfüge, die dem Arbeiter um so bereitwilliger Hilfe leisten, als ihnen das Honorar für die Hilfeleistung von dem Sanitätsverein garantirt sei. Er empfehle jedem Arbeiter den Beitritt zum Verein.
Der Fachverein der Metallschrauben-, Façondreher und Berufsgenossen Berlins hielt am 12. d. M. eine ordent liche Generalversammlung bei Weick, Alexanderstr. 31, ab. Bei der Wahl des Vorstandes wurden gewählt: Zum Vorfizenden Herr Jacobs, Stellvertreter Herr Weber, Rendant Herr Magnus, 1. Schriftführer Herr Kühne, 2. Schriftführer Herr Berndt und zu Beifizern die Herren Emil Geiseler und Klose. Den streifenden Metallarbeitern der Firma Jachmann bewilligte die Versammlung eine Unterstützung von 20 Mark.
Gewerkskrantenverein. In der letten Sigung des ge schäftsführenden Komitees des Gewerkskrantenvereins wurde der Abschluß für das abgelaufene Geschäftsjahr festgestellt. Es haben danach bei einer Mitgliederzahl von rund 180 000 die Einnahmen betragen 532 303 M., die Ausgaben 502 066 R., so daß ein Ueberschuß verblieben ist von 30 137 M. Aud gegeben wurden für Arzeneien, Bruchbänder, Brillen, Bäder 2c. 382 785 M.; Honorar an die Aerzte des Vereins 111 866 M und an Verwaltungsfoften 7515 M. Auf den Kopf der Mita gliederzahl entfallen also an Koften für Arzeneien 2c. 2,13 M., an Arzthonorar 62 Pf. und an" Verwaltungstoften 4 Pf. Die Verwaltungskosten betragen 1,41 pбt. der Gesammt Einnahme.
Fachverein sämmtlicher an Holzbearbeitungsmaschinen beschäftigten Arbeiter. Die letzte Vereinsversammlung fonnte nicht stattfinden, weil der Vorsißende versäumt hatte, die Ge nehmigung hierzu nachzusuchen. Diejenigen Mitglieder, welche noch im Befig von Fragebogen find, werden ersucht, dieselben möglichst bald Mariannenufer 4 bei Herrn Jähn, oder Frieden straße 61 bei Herrn Blankenschein abzuliefern. Die beabsich tigte Weihnachtsbescheerung fann nicht stattfinden, weil es dem Borstand nicht gelang, an dem in Aussicht genommenen Tage ein paffendes Lokal zu finden. Die nächste Vereinsversamm lung findet am 10. Januar 1887 bei Säger, Grüner Weg 29, statt.
Fachverein der Lithographiefteinschleifer und Berufs nossen. Versammlung am 20. d. M., Abends 9 Uhr, bei Domad, Johannisstr. 20. Vortrag über: 3wed und Ziel des Fachvereins und wie verhalten sich die Kollegen dazu". Referent: Herr Rose. Billets zum Stiftungsfest werden aus gegeben. Gäste willkommen.
Zentral- Kranken- und Sterbekasse der Drechsler( E.H.48) Bezirf D. Den Mitgliedern zur Kenntniß, daß am heiligen Abend und an den Feiertagen feine Beiträge in den Bahlstellen entgegen genommen werden, jedoch find die Zahlstellen am Sylvester abend wieder eröffnet. Der Vorstand ersucht die Mitglieder dringend, ihre restirenden Beiträge bis Schluß dieses Jahres zu
begleichen.
Generalversammlung der Allgemeinen Kranken- und Sterbekaffe der Metallarbeiter( E. H. Nr. 29 zu Hamburg ), Filiale 7. Sonntag, den 19. Dezember 1886, Vormittags 10 Uhr, in Jakob's Salon, Lindowerstraße 26. Wahl des gesammten Vorstandes. Das Mitgliedsbuch legitimirt. Freireligiöse Gemeinde. Sonntag, Vormittags 10 Uhr Rosenthalerstr. 38: Vortrag des Herrn Schäfer über: Das Verhältniß von Gleichgiltigkeit und Verzweiflung".
Der Turnverein Froh und Frei" feiert sein diesjähriges Weihnachtsfest am ersten Feiertag in der Tonhalle, Friedrich straße 112, wozu frühere Mitglieder und Freunde herzlich will tommen find. Näheres auf dem Turnsaal und bei A. Strube, Alexanderstr. 36.
Kranken- und Begräbnißkaffe des Vereins sämmt licher Berufsklassen( E.. 11.). Versammlung jeden dritten Sonnabend im Monat, Abends 9 Uhr, bei Kuß , Karlsbad und Flottwellstraße. Ede. Neue Mitglieder beiderlei Geschlechts werden daselbst aufgenommen.
Gesang, Turn- und gesellige Vereine c. am Freitag Gesangverein Nord- Jubal" Abds. 9 Uhr Veteranenftr. 19.Turnverein Hafenhaide"( Männerabtheilung) Abends 8 hr Dieffenbachstraße 60/61. Bitherklub Alpenveilchen" Abends 8 Uhr im Anhaltiner", Tempelhofer Ufer, Ecke der Möckers Straße. Rauchflub„ Westend" Abends 9 Uhr im Hohen zollerngarten, Stegligerstr. 27. Steno- tachygraphische We sellschaft Abends 8 Uhr im Restaurant Stein, Rosenthalerstr. 38
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