Beilage zum Berliner Volksblatt.
Nr. 296.
Bum Schutz für Winterkrankheiten.
Freuden und Leiden find uns bekanntlich so ziemlich gleichmäßig zugetheilt, wie Regen und Sonnenschein, wie Sommer und Winter. Wie dafür gesorgt ist, daß im Sommer die Bäume nicht in den Himmel wachsen, so hat es die Natur be= stimmt, daß der Mensch vor lauter Wintervergnügen nicht übermüthig werde. Namentlich für den Winter hat sie hinter jede Annehmlichkeit auch gleich die Sorge gestellt, die ihre gespenstigen Arme drohend ausstreckt, sobald fich das lebenslustige Menschenfind einmal einen Uebergriff erlaubt.
Oft genug auch wartet die Natur nicht erst die Uebergriffe ab; fie schickt dann plößlich und unvermuthet die Sorge ins Haus, die sich da einnistet, wächst und immer größer wird, je schwächer die Strahlen der Sonne werden, je mehr die raue Jahreszeit fortschreitet. Dann erscheinen vor den Augen der Hausfrau die Gespenster jener gefährlichen Hausfeinde, welche, mitunter epidemisch auftretend, besonders die Jugend manchmal über Nacht überfallen: Reuchhusten, Scharlach, Kroup
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Diphtherie, Typhus böse Uebel, gegen welche sich die Kunst des Arztes häufig recht ohnmächtig erweist.
Es ist schwer, diese heimtückischen Feinde zu bannen, wenn fie einmal von einem Hause Befis ergriffen haben. Schließt man ihnen aber vorsichtig den Eingang zu, so fällt es um so leichter, fie möglichst lang und vielleicht ganz fern zu halten, oder mindestens ihre Kraft zu schwächen, wenn sie sich den Eintritt erzwungen haben. Das ist eine Aufgabe, welche fast ausschließlich der Hausfrau zufällt, die durch Aufmerksamkeit und Energie mehr als alle Aerzte befähigt und berufen ist, das Wohl der Familie zu wahren und sie vor Unfall zu schüßen.
Und ein einfaches, scheinbar nichtssagendes und selbstvers ständliches Mittel ist es, das für diesen Schuß den Ausschlag giebt: Die Reinlichkeit! Eine gute Hausfrau, die kein Stäubchen in ihrer Wohnung duldet, wird über dieses Wort lächeln, und doch müssen wir ihr sagen, daß all' ihr Scheuern, Wischen und Pußen für diesen Zweck, nämlich zum Schuße vor Krank heiten, nicht hinreicht. Was wir hier unter Reinlichkeit verstehen, erfordert eine andere als die sonst gewohnte Handhabung und auch etwas andere als die gebräuchlichen Mittel.
Diese
Unsere schönen Leserinnen werden uns gewiß sogleich vers stehen, wenn wir daran erinnern, was wir vor kurzem von den Feinden der Menschheit" erzählt haben, von jenen gefährlichen Pilzen oder Bakterien, die überall in der Luft sich vorfindend, die schlimmsten Krankheiten hervorrufen. Bilze und ihre Keime dringen in die Nahrungsmittel ein mnd führen Fäulniß und Vermesung herbei, fie feßen sich fest auf den Wänden, auf den Möbeln, in den Kleidungsstücken und Teppichen und dringen von allen Seiten in das Innere des menschlichen Körpers ein, sich dort entwickelnd und die Schlimmsten Uebel erregend. Masern, Scharlach, Diphtheritis, Typhus find vorwiegend die Krankheiten, welche durch das Eingreifen der Batterien entstehen. An die Hausfrau tritt nun die Pflicht heran, diese Feinde vom Hause fern zu halten und fie dort, wo sie Eingang gefunden haben zu zerstören. Das geschieht durch strenge Reinlichkeit, deren Wirkung vor Allem eine desinfizirende sein muß. Es handelt sich ja dabei zunächst darum, den Nährboden", auf welchem fich die Pilze und ihre Keime am günstigsten entwickeln, zu vernichten, ein Wert, zu welchem die sonst in der Wirthschaft verwendeten Reinigungsmittel nicht ausreichen. So genügt es nicht, die Fußböden einfach aufzuwaschen" und die Möbel troden abzuwischen, vielmehr müssen Böden und Möbel öfters mit einer Lösung von 15-30 Gramm grüner, schmieriger Kaliseife, die sehr gut desinfizirt, abgewaschen werden. Die größte und strengste Aufmerksamkeit muß besonders der Küche gelten, jenem Orte in der Wohnung, in dem sich die Bakterien am stärksten anhäufen. Koch- und Eßgeschirre, Abfall- und Koblenkisten find, ehe man fich's versieht, voller gefährlicher Pilze, deren wühlende Arbeit nur durch die penibelite Desinfektion uns Schädlich gemacht wird. Da auch die Betten, Wäsche und Kleidungsstücke günstige Nährböden für Bakterien find und nicht so leicht desinfizirt werden können, so sollten sie täglich in der Wohnung einem scharfen Windzug ausgesetzt werden, welcher die Pilze in Bewegung bringt und sie in die Luft entführt. Während der Zug durch das Zimmer streicht, kann dieses verlassen werden, um der Gefahr einer Erkältung vorzubeugen.
Es ist also durchaus nicht schwer, die Wohnung, das Haus vor den Feinden zu schüßen, von den Fußböden, Wänsden und Gebrauchsgegenständen sind sie leicht zu entfernen; schwerer aber wird es dem Menschen, sich selbst ihrer ener gisch zu erwehren. Der gesunde Mensch freilich befizt unter normalen Verhältnissen natürlicher Schußmittel genug, um dem Angriff der Batterien zu widerstehen. Troßdem diese Pilze von allen Seiten auf ihn einstürmen, sich auf der Haut, noch stärker in den Haaren und am meisten in den inneren Drganen festsegen, bleiben fie unschädlich, weil das menschliche Blut in gesundem Zustande die Eigenschaft befigt, diese Barafiten aufzuzehren und so ihre Wirkung lahm zu legen. Gefährlicher werden sie aber, wenn sie statt durch die Luftröhren oder den Darm direkt in die Blutbahn, etwa durch eine Hautwunde eindringen. Wie nachhaltig ihre Wirkung dann sein kann, fieht man am auffälligsten bei manchen schweren Eiterungsprozessen, welche ausschließlich durch Parafiten hervorgerufen wurden, die sich nie eingestellt hätten, wenn die Wunden rein erhalten worden wären. Wenn Epi demien herrschen, find deshalb leichte Schnittwunden sehr oft die unmittelbaren Erreger der epidemischen Krankheiten. Und ganz dasselbe ist der Fall, wenn die inneren Organe, besonders die Schleimhäute affizirt find. Im normalen Zustande bieten die Schleimhäute einen energischen Widerstand gegen den Angriff der Parafiten; stellt sich jedoch eine leichte Ent zündung, ein Schnupfen, ein Katarrh der Luftröhren oder des Darmes ein, so wird der Widerstand sofort reduzirt und die Gefahr der Empfänglichkeit für die herrschende Krankheit erhöht. Wie nun in der Wohnung die Rüche einen Stapelort für Parafiten bildet, so ist es beim Menschen die Mundhöhle, welche mit den darin zurückbleibenden Speisereften ein vorzüglicher Nährboden" ist, von wo aus die Krankheitserreger überall hindringen. Hier ist also ein energisches und gleichzeitig unschädliches Desinfektionsmittel recht nothwendig, nicht nur für den unpäßlichen, erkrankten, sondern auch für den gefunden Menschen, dem das bunte Ronglomerat von Pilzen schwerlich zum Vortheile gereichen kann. Das beste Desinfet tionsmittel ist hier eine Lösung von einem Theelöffel fein pulverifirtem Borar in einem halben Liter Waffer, mit welcher man Mund und Rachenhöhle mindestens täglich einmal ausspülen sollte, und ganz besonders müßten Kinder dazu angehalten werden, täglich mit diesem Mittel einmal zu gurgeln. Damit jedoch nichts halb gethan werde, würde es fich empfehlen, noch ein Mittel anzuwenden, das eigentlich als bekannter Gradmesser der Kultur kaum erst der Empfeh lung bedarf, nämlich öftere Bäder oder häufige Waschungen bes ganzen Körpers und besonders der haarigen Stellen mit
Sonnabend, den 18. Dezember 1886.
Waffer und guter Seife. Nicht nur, daß solche öfteren Waschungen an sich das Wohlbefinden und die Gesundheit fördern, fte befreien auch die Haut von allen fremden. Keimen und schüßen den Körper vor vielen Ansteckungen und Gefahren.
Und was in dieser Hinsicht für die Erwachsenen gilt, ist in weit erhöhtem Maße auf das Kind anwendbar. Jede Mutter wird sehr bald die Erfahrung machen, daß Kinder, die für jede Ansteckung empfänglich, für jede geringe Erkältung zugänglich find diese hohe Empfindlichkeit rasch verlieren, wenn sie täglich fühl und gründlich gewaschen und sonst im Munde und in der Kleidung rein gehalten werden. Diese Thatsache allein ist der schlagendste Beweis für die Nothwendigkeit dieser hygienischen Maßregeln. Meldet fich aber beim Kinde ein unbedeutender Schnupfen, eine leise Heiserkeit, oder eine geringere Magenindisposition an, so find sofort alle Anstalten zu treffen, durch Wärme, Ruhe, Schonung und reine Zimmerluft das Unwohlsein zu beseitigen. Das Kind ist weit empfindlicher und empfänglicher als der Erwachsene, ein leichtes Uebel wächst, vernachlässigt, sich schnell zu einer schweren Krankheit aus. Deshalb ist Nachlässigkeit und Sorglosigkeit bei der Erziehung der Kinder ein selbstverschuldetes Unglück, ein strafwürdiges Verbrechen. Nur weise Vorsicht und streng durchgeführte Reinlichkeit des Körpers und der Umgebung bieten Schuß gegen Krankheiten und die Ges fahren ihrer fleinen unsichtbaren Verbreiter.
12. Sigung vom 17. Dezember, 2 Uhr. Am Tische des Bundesraths von Boetticher und Kommiffarien.
Die Aufnahme der Albuminpapierfabriken in das Verzeichniß der besonderer Genehmigung bedürftigen Anlagen wird in britter Berathung genehmigt und darauf die Spezialberathung des Etats des Reichsamtes des Innern fortgesetzt.
Abg. Witte referirt über die der Budgetkommission über wiesenen Rapitel dieses Etats.
In Tit. 9 werden 30 000 m., 10 000 m. mehr als im v. J. zur Unterstüßung des Deutschen Fischereis vereins zur Förderung der tünstlichen Fisch zucht gefordert. Schon im v. J. überwies der Reichstag eine in diesem Sinne abgefaßte Petition des Vereins den verbün deten Regierungen zur Kenntnißnahme.
Abg. Rickert: In der Werthschäßung der Vorstands mitglieder des Vereins, dem ich selbst angehöre, und in der Anerkennung der Wichtigkeit der Vermehrung der Fischnahrung Anerkennung der Wichtigkeit der Vermehrung der Fischnahrung für das Volt stehe ich keinem der Herren nach, welche diese Position bewilligen wollen, ich lehne es aber ab, mit Reichsmitteln für für eine private Thätigkeit einzutreten. Der Reichstag hat sich durch seinen Beschluß, die Petition betreffend, Reichstag hat sich durch seinen Beschluß, die Petition betreffend, im vorigen Jahre keineswegs für die Erhöhung der Subvention engagirt, und die Budgetkommission hat sie bis jeẞt nur mit 13 gegen 12 Stimmen zu bewilligen beantragt. In den meisten Ländern werden die Privaten in einer viel stärkeren Weise für diesen Zweck herangezogen, und wenn Sie diese Subvention bewilligen, welche Gründe haben Sie dann, andere ebenso nüßliche Bestrebungen nicht in derselben Weise zu subven tioniren? Unsere Finanzlage fordert auch bei kleinen Summen zur Sparsamkeit auf.
der
Staatssekretär v. Boetticher: Allerdings hat sich der Reichstag im vorigen Jahre in dieser Frage nicht engagirt. Reichstag im vorigen Jahre in dieser Frage nicht engagirt. Allein die Wünsche auf Erhöhung der Subvention wurden da mals so laut und übereinstimmend ausgesprochen, daß die verbündeten Regierungen gar nicht im Zweifel darüber sein konnten, in der That den Abfichten des Reichstages zu entsprechen, wenn sie diese Position um 10 000 Mart erhöhten. Die Ueberweisung der vorjährigen Peti tion an Die Regierung entsprang nur dem konsti tutionellen Bedenken, aus auf einen Antrag Mitte des Hauses eine Mehrforderung gegenüber der von den verbündeten Regierungen geforderten Summe zu bewilligen, und der Erwägung, daß vom Bundesrathstische aus erklärt wurde, man würde geneigt sein, die Sulässigkeit einer Mehrbes willigung für das nächste Jahr wohlwollend zu prüfen. Wir glaubten von Neuem und energischer von diesem Hause gemahnt zu werden, wenn wir diese Pofition nicht erhöhten. Sie können dieselbe ruhig bewilligen. Der Grund, daß man hier mit dem selben Recht für jeden guten Zweck im Lande mit Reichsmitteln eintreten tönne, spielt gar keine Rolle. Es handelt sich hier um einen Zwed, dessen Ünterstüßungswürdigkeit Sie seit Jahren durch Bewilligung von Subvention anstandslos anerkannt haben; die Nüglichkeit einer Mehrbewilligung aber ist für mich außer Frage. Wir wissen Alle, daß die Leitung des Vereins in sehr guten, sachverständigen Händen liegt, daß er schon ganz außerordentliche Erfolge erreicht hat und seine Biele mit so schwachen Mitteln, wie sie ihm zur Dis position stehen, nicht erreichen kann. Wenn der Vorredner an unsere Finanzlage erinnert, so erwidere ich es handelt fich hier um einen eminent produktiven Zwed im Intereffe einer Aufbesserung unserer wirthschaftlichen Verhältnisse. Bet reicheren Mitteln würden die Erfolge des Vereins nicht nur größere sein, wir werden auch wirklich mehr und vor allen Dingen billigere Fische bekommen und damit dem Ziele, ein billiges Bollsnahrungsmittel herzustellen, auf diesem Wege näher tommen.( Lebhafter Beifall).
Abg. v. Massow: Das Interesse des Herrn Rickert für den Verein ist doch wirklich nur ein sehr platonisches, und ich hoffe, daß seine Freunde, die zum Theil selbst dem Vorstande angehören, thn desavouiren und für die Position stimmen werden.
Abg. v. Stauffenberg: Diese Frage hat mit dem Parteistandpunkt absolut nichts zu thun. Ich für meine Person werde für die Bewilligung der 30 000 M. stimmen. Ueber die Nüglichkeit der Verwendung dieser Position fann ja nur eine Stimme sein. Die Summe, welche wir dem Verein gewähren, ist dazu bestimmt, unsere zum großen Theil leider sehr entvöllerten Flüsse mit neuer Fischbrut zu besezen. Wir in Süddeutschland wiffen ganz genau, was wir dem Institut in dieser Beziehung bereits zu verdaufen haben. Ein großer Theil unserer früher sehr fischreichen, aber in neuerer Beit sehr zurückgegangenen Gewäffer ist gerade durch den Deutschen Fischereiverein in sehr nachhaltiger Weise wieder neu bevölkert worden. Ich habe schon früher Buschriften und Eingaben, unter anderen vom oberpfälzischen Fischereiverein bes kommen, welche aufs Wärmste eine Vermehrung der Mittel im bayerischen Intereffe befürworteten. In Bezug auf die Bus führung neuer Fische für die Donau ist ja bereits sehr viel ge leistet worden, es ist aber zweifellos. daß in dieser Beziehung außerordentlich viel mehr noch geleistet werden muß. Es han delt sich hier um ein wesentliches Reichsintereffe. Ein preußis
3. Jahrg.
scher Fischereiverein könnte eene Maffe von Dingen leisten, welche ein bayerischer, württembergischer und badischer nicht leisten fann. Die Beschaffung der ausländischen Fischbrut geht über die Mittel eines fleinen Landes absolut hinaus und kann nur von einem großen Verein mit ausreichenden Mitteln geleistet werden. Am wenigsten reicht die Privatthätigkeit aus. Bei der Besetzung eines Jagdreviers geht die Sache sehr einfach, der Fisch hat aber die üble Gewohnheit, an dem Orte, wo er ausgesetzt wird, nicht zu bleiben. Die ausgesetzten Fische kommen nicht dem Einzelnen, sondern Tausenden von Menschen zu Gute, flußauf oder abwärts. Die Sache ist mithin eine gemeinnüßige und von großer wirthschaftlicher Bedeutung. Ich bitte Sie, die Position anzunehmen. ( Beifall.)
Abg. v. Heereman: Auch ich möchte Ihnen die Bewilli gung warm empfehlen. Wenn sich auch der Reichstag im vorigen Jahre nicht gebunden hat, so hat er sich doch so günstig über die Mehrbewilligung ausgesprochen, daß der Verein vermuthen konnte, den Zuschuß zu bekommen und wohl damit gerechnet hat. Bei einem Minimum von 10 000 M. tann man doch kaum von Sparsamkeit reden.
Abg. Rickert: Ich habe für den deutschen Fischereivercin mindestens dasselbe Interesse wie der Abg. von Massow. Ich hätte nur ein platonisches Interesse? Es ist ja sehr leicht, hochherzig zu sein auf Anderer Kosten, wenn ich die Mittel den Taschen meiner Mitbürger entnehme. Privatim für den Verein etwas zu thun, bin ich fiets bereit gewesen.
Abg. Kalle: Es handelt sich hier um ein relativ unendlich fleines Opfer, durch welches große Vortheile für die Gesammtheit erreicht werden. Ich werde mit meinen Freunden für die Position stimmen.
Die Bofition wird hierauf bewilligt. Für dieselbe stimmt auch ein Theil der deutschfreisinnigen Partei.
Bur Förderung der Hochseefischerei find im Etat 200 000 M. ausgeworfen( im vorigen Etat 100 000 M.). Die Rommission schlägt vor, auch diesmal nur 100 000 M. zu be willigen.
Referent Witte: Ein dringendes Bedürfniß für die Erhöhung der Summe sei nicht nachgewiesen. Die bisherige Verwendung des Fonds habe in verschiedener Beziehung zu schweren Bedenken Veranlassung gegeben; auch die erzielten Resultate seien nicht derartig, daß man unbedenklich zu einer Erhöhung schreiten könne. Angesichts dieser Thatsachen unserer miglichen Finanzlage empfehle die Kommission, nur 100 000 m. zu bewilligen.
Abg. Gamp: Jm vorigen Jahre ist die Nüglichkeit der Forderung an sich nicht in Fra e gestellt. Der einzige Einwand der Linken war, daß die 100 000 M. nur ein Tropfen auf einen heißen Stein sein und uns dem erwünschten Ziel nicht näher bringen würden. Diese Prophezeiung hat sich nicht ganz erfüllt. Die Unterstüßung der Hochseefischerei hat schon gute Ergebnisse gebracht, allerdings hat sich zugleich ein dringendes Bedürfniß nach einer Erhöhung der Summe herausgestellt. Nach der warmen Fürsprache des Abg. v. Stauffenberg nehme ich an, daß er und seine Freunde dasselbe Wohlwollen auch hier befunden werden, um so mehr als die Bedeutung der Hochseefischerei doch eine ungleich höhere ist, als die der künst lichen Fischzucht. Die Hochfeefischerei führt gerade den ärmeren Voltstlaffen ein wohlfeiles Nahrungsmittel zu. Bisher war dieselbe nicht in der Lage, den Bedarf Deutschlands an Fischen auch nur annähernd zu decken. Auch vom militärischen Gefichtspunkt empfiehlt sich eine Erhöhung dieser Position. der Denkschrift der Marineverwaltung ergiebt sich, ein wie hohes Jutereffe dieselbe daran hat, eine größere Anzahl seemännisch vorgebildeter Mannschaften zu erhalten. Die weitere Entwickelung der Hochseefischerei würde wesentlich dazu bei tragen, eine Vermehrung dieses Personals zu fördern. Es soll eine Unterſtüßung gewährt werden den Fischereigen offen schaften zu Prämien für den Bau seetüchtiger Schifferfahrzeuge und für die Anlage von Räucheranstalten, endlich soll die Emdener Heringsfischerei eine Subvention erhalten. In Folge solcher Unterstügung seitens des Staates wird fich auch das binnenländische Kapital diesen Unternehmungen mehr zuwenden und dies wird jedenfalls vortheilhafter sein, als wenn daffelbe in ausländischen, z. B. argentinischen fest gelegt wird.
Aus
Abg. Gebhard: Referent berichtet, daß die Budgetkom miffion fich zur Ablehnung der Erhöhung durch die schlechte finanzielle Lage des Staates und einzelne Verwendungsarten des Geldes habe bestimmen lassen. Endlich soll auch das Ergebniß nicht ein derartiges gewesen sein, daß wir in diesem Jahre eine größere Summie für diesen Zweck auswerfen könnten als im vorigen Jahre. Wenn die Verwendungsart mangelhaft gewesen ist, so könnte das nur ein Grund sein, den ganzen Posten, nicht aber die Erhöhung abzulehnen. Erkennt man den ganzen Poften an, so billigt man damit das Prinzip, auf Grund dessen die Erhöhung gefordert wird. Die Motivirung für die Erhöhung sei nicht genügend. Man hat angeführt, um wie viel die Forderungen fich gesteigert haben, aber feinen Aufschluß gegeben, ob dieselben begründet sind und für welchen Bwed fie gefordert werden. Gegenwärtig bestehen an der Nordsee nur einige wenige Versicherungskaffen, aber es ist ein thatsächliches Bedürfniß nach Vermehrung derselben vorhanden, und diesem wird abgeholfen werden in dem Augen= blide, wo der Reichstag größere Mittel bewilligt haben wird. Ich habe erst heute Mittheilungen in dieser Richtung erhalten, daß man weiter gehen wolle auf diesem Wege, wenn nur die Regierung größere Mittel für diesen Zweck bewilligen wollte, so daß Gelder für einen Garantiefonds hinterlegt werden tönnten. Was das Genossenschaftswesen betrifft, so könnte ich eine weitere Entwickelung dieser Organisationen befürworten. Die Fischereigenossenschaften nehmen bisher eine unklare Stellung ein. Sie sind zum Theil auf Grund des Genossenschaftsgesetzes gegründet, theils Vereine auf Grund gemeinrechtlicher Bestimmungen. Das Bestreben, noffenschaften zu bilden, wächst, es handelt sich nur darum, die ersten Sicherheitsfonds für dieselben zu beschaffen durch Gewährung von Darlehen. Dabei müßte das Hauptaugenmerk darauf gerichtet werden, die Darlehen in einer Form zu gewähren, daß von denselben nicht nur die gegenwärtige Generation, sondern auch der Nachwuchs Vortheile zieht. Die Gewährung von Bauprämien ist gleichfalls zu billigen, aber nicht in der Form von Subventionen; ebenso ist die Anlage von Bergungs- und Nothhäfen wünschenswerth; die Nordseefischer wären sehr vergnügt, auf Norderney einen solchen Hafen zu befizen. Bu beklagen ist, daß für die Bewilligung der Unterftügungen aus diesem Fonds keine einheitliche Behörde eingeführt ist, von der die leitenden Grundfäße für die Vertheilung anfgestellt und die Verwendung der Gelder überwacht werden tönnte.
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Abg. Schrader: Herr Gamp hat so gesprochen, als ob es fich darum handelte, diesen Posten zum ersten Mal zu bewilli gen, während es doch allein auf die Frage ankommt, ob die im Vorjahr ausgeworfene Summe noch erhöht werden soll