" bes modernen Industrialismus ihren Höhepunkt erreicht haben, werden die Regierungen froh sein, daß dieser Gedanke vor handen ist.
Dom
Büricher Schlofferftreik und feinen Prozellen.
II.
Der Chef der Polizeikommandos, Polizeihauptmann Fischer, begleitete den angeführten Utas mit folgenden Erläuterungen": An die betr. Verfügung der hohen Polizeidirektion knüpfe ich bie Aufforderung, unverzüglich jedes demonstrative Vorgehen während Ihres Streils, sei es durch Blokiren der Werkstätten, sei es durch Verfolgung der einzelnen Arbeiter auf dem Wege von und nach der Arbeit, sei es endlich durch irgendwelche moralische Nöthigung oder Bedrohung von Fachgenossen, welche die Arbeit wieder aufgenommen haben, zum Zwecke, die Arbeitenden von der Arbeit abzuhalten, dadurch von den Arbeitern Zugeständnisse erhalten, zu unterlassen und verbinde damit die Anbrohung, daß Zuwiderhandelnde unnachsichtlich festges nommen und dem Strafrichter überwiesen würden.
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Man sieht, das Päpstlein Fischer ist päpstlicher als der Papst Spiller. Während der leztere in der Strafandrohung etwas vorsichtiger ist, zieht Fischer in diesem Punkte andere Saiten auf. Dagegen ist Spiller rücksichtsloser in der Motivirung seines Wesens. Er zeigt sich offener als Anwalt der Arbeitgeber und will dieselben gegen die Streifenden schüßen. Fischer dagegen ist vorsichtiger; er will nur die in der Arbeit verbliebenen Schlosser schützen" und geht in seinem Feuereifer für dieselben soweit, daß er sogar die moralische Nöthigung strafrechtlich zu verfolgen droht. Beide Erlasse haben, nach dem, was wir über die Nöthigung und den Aufenthalt auf der Straße ausgeführt, das miteinander gemein, daß fie gefezwidrig find. Weder Spiller noch Fischer finden irgend einen Paragraphen zur Motivirung ihres Vorgehens. Sie schufen ein ganz neues, sonst nur nach Berfügung des Belage rungszustandes übliches Verbrechen, daß des Stebens und Patrouillirens auf den Straßen. Mit der Androhung der sofortigen Verhaftung setzten sie sich in Widerspruch mit Art. 7 Der Züricher Staatsverfassung. Derselbe lautet:„ Die persön liche Freiheit ist gewährleistet. Niemand darf verhaftet werden außer in den vom Gesez bezeichneten Fällen und unter den im Gesetz vorgeschriebenen Formen." Eine Verhaftung darf nur vorges nommen werden(§ 785 u. ff. der Rechtspflege), wegen Ver brechen oder Vergehen, die durch das Strafgesetz verfolgt werden, auch wegen Polizeiübertretung, aber nur dann, wenn der Betreffende direkt betreten wird, sich über seine Person nicht ausweisen oder für Buße und Kosten teine Raution leisten fann(§ 1047). Ueber diese Verfassungs- und Gesezesbestimmungen fegten sich die Herren Spiller und Fischer mit tühnem Saltomortale hinweg, überzeugt, daß den Arbeitern gegenüber auch in der Republik alles erlaubt sei. Die Arbeiter machten sich nach den Erlassen eines Verbrechens schon dann schuldig, wenn sie einfach vor den Werkstätten standen. Sie fonnten verhaftet werden und wurden es auch, ohne daß ein Polizist ihnen das Fortgehen anbefahl.
Wie fingen jetzt die Berliner ,, demokratischen" Blätter, die fich so absprechend über den Streit und die sieben verurtheilten Arbeiter geäußert haben. Ob eine solche Rechtsbeugung nicht ganz dazu angethan war, die Milch der allerfrömmsten bürgerlichen Denkungsart in gährend Drachengift zu verwandeln und die Arbeiter zu erbittern? Ein solches Ausnahmsverfahren, das fich von demjenigen anderer Staaten dadurch unterscheidet, daß es schamlos auftritt und auf das Feigenblatt der gefeßlichen Form verzichtet, ist ganz dazu angethan, zum Widerspruch aufzureizen.
In seiner späteren Rechtfertigung vor dem Kantonsrath vertrat Herr Spiller die Ansicht, daß ein Polizeiverbot noch nicht ungefeßlich sei, wenn es sich auf kein Gesez stüßen könne. Es werde erst denn ungefeßlich, wenn ihm eine gesetzliche Be stimmung direkt widerspreche. Was das Gesetz nicht ausdrück lich verbiete und was von bestimmten Verhältnissen gefordert werde, das dürfe Gegenstand eines polizeilichen Erlaffes sein. Diese luge Argumentation ist natürlich absolut baltlos. Denn wenn das Gesez auch oft nur allgemeine Grundsäße nufstellt, weil es nicht alle im Leben vorkommenden bestimmten Fälle voranssehen oder gar aufnehmen kann, so muß doch solch ein bestimmter Fall immer unter den allgemeinen Gesichtspunkt des Gefeßes fallen, wenn ein Polizeiverbot zulässig sein soll. § 1 des Strafgesetzes läßt darüber keinen Zweifel. Er lautet: " Eine Handlung fann nur dann mit Strafe belegt werden, wenn diese Strafe gese slich bestimmt war, bevor diefe Handlung begangen wurde."
Gesetz und Verfaffung waren verlegt worden. Vielleicht wäre troßdem seitens der Arbeiter der gefeßliche Weg niemals verlassen worden, wenn die Polizei nicht durch ihren Feuereifer für die Sache der Meister dem Faffe der Geduld den Boden ausgeschlagen hätte. Sie nahm auf die schonungsloseste Weise
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bruck verwunderte, welchen sie auf das Mädchen übte. Denn Länger konnte sich Rosarka nicht mehr halten; mit gerötheten Wangen und heftigem Athemzuge sagte sie: Frau Thomas, ich muß einen nothwendigen Gang machen- ich werde wiederkommen, sobald ich kann. Leben Sie wohl!" Sie eilte nach der Thür, und indem sie die Klinke ergriff, tehrte sie sich noch einmal um und sagte in einem weichen Zone, als bereue sie die Hast, mit der sie die Kranke verlassen: Gute Frau, ich werde bald wieder bei Ihnen sein!"
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Es war bereits tiefe Dämmerung, als Rosarka über die Straße nach ihrem Hause schritt. Sie hörte, fie sah nichts, sie eilte die Treppe hinauf, sie eilte über den Gang, ihrem Bimmer zu. Da trat ihr ein Mann entgegen tein 3weifel, sie fühlte es am Schlage ihres Herzens, sie hörte es am Klange seiner Stimme. Mit dem Freudenfchrei:„ mein Zonda!" sank sie dem Manne in die Arme.
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" Ich bin es," sagte er.„ Aber ich bin nicht gekommen," fuhr er fort, indem er sich von dem Mädchen losmachte, das ihn leidenschaftlich umfangen hielt, ich bin nicht gekommen, um in Deiner Nähe ein Glück zu genießen, für das ich die Empfindung verloren habe."
nicht.
Rosarta lachte und weinte, aber sprechen fonnte ste
Ich bin gekommen," sprach Antonio weiter ,,, um Dich ernst und dringend zu bitten, heimzukehren zu Deinem Vater, der schmerzlich um Dich trauert. Ich komme von Bechlin; Dein Vater hat mir Alles anvertraut, auch, daß er bitter, bitter Deinetwegen leidet und daß er keinen Wunsch mehr hat, als Dich wieder zu haben. Mein Loos heißt: ich bin unglücklich; aber soll es Dein Vater auch werden?"
„ Aber so höre mich doch, mein Tonda, höre mich doch!" jagte Rofarla, die endlich die Sprache wiedergefunden hatte. Und sie sagte das mit einem so weichen und doch zugleich so unwiderstehlichen und strengen Ton, daß Antonio ihr in das Bimmer folgte, wo sie rasch Licht machte.
Erst muß ich Dich sehen, Tonda!" jubelte fie, sonst glaube ich gar nicht an das Glück, Dich wieder zu haben, Dich zu sehen und zu küssen!"
Verhaftungen vor, transportirte verhaftete Arbeiter geschloffen durch die Stadt ins Gefängniß und provozirte durch ihr Auftreten förmlich die späteren Tumulte. Es floß bei dem Handel auch einmal Arbeiterblut. Die Polizei transportirte nämlich zu einer Zeit, als die Arbeiter aus den Fabriken heimkehrten, den Schreiner Müller, der fich irgendwie bemerkbar gemacht hatte, geschloffen nach dem Gefängniß. Die heimkehrenden Arbeiter, durch diesen Transport auf daß Tiefste erregt, machten einen Versuch, den Gefangenen zu befreien. Die Polizei schoß mit ihren Revolvern. Sie verwundete mehrere Personen, darunter schwer Parketbodenleger Richard Fischer. Diese Affäre bildete den Gegenstand des vor dem Obergericht verhandelten Straf prozesses. Legterer wurde am 6. Oftober vor dem Bezirksgericht verhandelt und sprach dieses über 9 Arbeiter das folgende Urtheil:
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1. Müller, Schreiner, Ungehorfam gegen eine amtliche Ver fügung( Spiller'scher Erlaß), 3 Wochen Gefängniß, 20 Fr. Buße.
2. Wüstenfeld, Schloffer, Widerseßung gegen eine amt liche Verfügung und Versuch von Körperverlegung, 2 Monat Gefängniß, 6 Jahre Landesverweisung.
3. Pfenninger, Agent, Reizung zur Widersetzung gegen die amtliche Verfügung, 4 Wochen Gefängniß, 20 Fr. Buße. 4. Eichenberger, Svengler, Widersetzung gegen eine amt liche Verfügung, sechs Monate Arbeitshaus.
5. Weidmann, Tapezirer, Widersetzung gegen amtliche Verfügungen und Versuch von Körperverlegung, 6 Wochen Gefängniß.
6. Baida, Versuch von Körperverlegung, 3 Wochen Gefängniß.
Politische Uebersicht.
Die Entrüstungstomödianten find eifrig an der Arbeit, die Beschlüsse der Militärkommission für ihre 3wede auszu nußen. Das Deutsche Tagebl." fieht in dem Vorgehen des Herrn Windthorst einen Aft, der eine Verleugnung von echtem deutschen Nationalgefühl und von wahrem Patriotismus in fich schließt, die ganz unverkennbar ist, auch wenn sie noch so ge wandt bemäntelt und noch so spisfindig als das ausgegeben wird, was fie nicht ist." Daß diese Herren mit dem mangel haften Deutsch sich immer noch einbilden, die deutsche Gefinnung" in Erbpacht genommen zu haben! Weiter spricht das D. Tagebl." von ,, Konfliktsmomenten" und die nationalliberaloffiziöse National- 3tg." von etwaigen Neuwahlen". Auch ein sogenannter Freifinniger, der sächsische Landtagsabgeordnete Schreck, der eine Beit lang als Mitglied der Fortschrittspartei dem Norddeutschen Reichstage angehörte, kann nicht umhin, in der Komödie mitzuspielen. Seine Achterklärung gegen die freifinnige Parteileitung sucht er als Anhänger des be schränkten Unterthanenverstandes darauf zurückzuführen, daß die politische Situation flar sei, nachdem Graf Moltte fich für die Militärvorlage erklärt und die Verantwortlichkeit damit übernommen habe. Die Freis. 3tg." bemerkt hierzu:„ Die Vorstellung, daß Jemand glaubt, seine Verantwortlichkeit als Reichstagsabgeordneter bei der Uebernahme großer neuer Lasten durch die Berufung auf den Grafen Moltke decken zu können, ist allerdings eine unglaublich naive. Graf Moltke ist stets für alle Militärvorlagen eingetreten, seiner Zeit selbst für das Aeternat, von welchem nicht einmal die Nationalliberalen das mals etwas wissen wollten." Ganz unberührt von dem ganzen
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Sturm ist und bleibt nur die Arbeiterpartei. en Ge
7. Rühmer, Versuch von Körperverlegung, 4 Wochen Gefängniß, 6 Jahre Landesverweisung.
8. Haußer, Kupferschmied , Versuch der Befreiung eines Verhafteten, 6 Wochen Gefängniß.
Der Belagerungszustand ist für Frankfurt schon wiederholt in Sicht gewesen.„ Buerst, so schreibt die Frankf 3tg.", nach den Entdeckungen anarchistischer Umtriebe, die Polizeirath Rumpff mit des wackeren Beugen Horsch Hilfe gemacht Ermordung
9. Fischer, Aufreizung zum Aufruhr, 2 Monat Ge fängniß.
Erläuternd fei hier bemerkt, daß der Angeklagte mehrere Monate im Spital zugebracht und daß es nur der sorgfältigsten Behandlung und Pflege gelang, ihn am Leben zu erhalten. Eichenberger hatte Steine in sein Schnupftuch gethan und das mit mehrere Schläge gegen einen Polizisten geführt, war da für jedoch von der Polizei schwer mishandelt worden. Er ist sonst als ein durchaus friedlicher und stiller Mann bekannt. Die andern Angeklagten haben entweder Steine geworfen oder in der Tasche gehabt oder Drohungen ausgestoßen. Einzelne hatten nichts weiter gethan, als daß fie fich in dem großen Haufen befanden, der damals dem Transporte Müllers folgte. Beuge in diesem Prozesse war die Polizei selbst nebst einigen ihrer Helfer.
Das Obergericht hat diesen drakonischen" Spruch, wie ihn treffend der Vertheidiger N. Hanhart charakterisirte, trotz dessen dringender Mahnung, kein Klaffenurtheil zu fällen, aufrecht erbalten, für Eichenberger auch die sechs Monate Arbeitshaus festgehalten, obwohl der Vertheidiger betonte, daß doch kein gemeines Verbrechen von ihm verübt worden sei.
Der Polizei ist durch diesen Prozeß Genugthuung geworden, die einzige überhaupt, die sie in der ganzen Affäre erzielt. Der liberal- konservative Große Rath hat in seiner Majorität die Handlungsweise Spiller's gebilligt, auch die Regierung hat er unterstüßen zu müssen geglaubt, was ihm rechtlich aber feineswegs gelungen ist. Im Großen Nathe, sowie in öffentlicher Volksversammlung und in der demokratischen Preffe haben da gegen die hauptsächlichsten Führer der Raditalen entschieden gegen den Rechts- und Verfassungsprozeß Stellung genommen und die Sache der Arbeiter zur Sache des Volkes gemacht. Ein Versuch der Liberal- Konservativen, auf dem Wege der Zu stimmungsadresse eine Volksdemonstration für Spiller und die Polizei zu Stande zu bringen, scheiterte am Rechtsbewußtsein des Volkes; die Unterschriften liefen so spärlich ein, daß die leitenden Kreise den Adressensturm desavouiren mußten.
Die Berichte hielten sich sonst im Allgemeinen gut. So viele Arbeiter die Polizei auch der Untersuchungsbehörde zuführte, um sie wegen Nöthigung u. s. w. in Anklagezustand zu vers setzen, so wenig Untersuchungen wurden eingeleitet. Ein Röthis gungsprozeß, der ans Oberlandesgericht gelangte, endigte mit Freisprechung, da das Gericht fich der Auffassung Spiller's und der Polizei nicht anzuschließen vermochte. Hat die Polizei auch eine Genugthuung in dem Prozeß gegen Müller und Ronsorten erhalten, so hat ihr Auftreten bei Gericht doch zu einer mora lischen Niederlage geführt, da die ganze Spiller- Fischer'sche Rechtsbafts dabei in die Brüche ging.
Die Arbeiter werden sich mit diesem moralischen Erfolge zufrieden geben müssen. Su einem Prozesse wegen Amtsmiß brauch , Verfassungsverlegung u. s. w. ist es nicht gekommen und wird es auch nicht mehr tommen. Theils find die Intereffenten an einem solchen Prozeß nicht mehr da, theils befinden fie fich in Arbeitsverhältnissen, welche einen Prozeß gegen die Polizei als nicht sehr wünschenswerth erscheinen lassen. Auf keinen Fall hat die demokratische Presse Anlaß, auf die Streifenden oder die jest verurtheilten Arbeiter Steine zu werfen und über sie den Stab zu brechen. Das hieße zum Unrecht noch den Hohn hinzufügen.
Antonio wußte nicht, wie ihm geschah. So hatte er das Mädchen noch nie gesehen, noch nie gehört. Er ließ Alles mit sich machen.
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Und nun mußt Du hören," sagte fie, als Antonio sich an ihrer Seite niedergesezt hatte, und in furzen, lebendigen Worten theilte sie dem erstaunten Geliebten mit, was wir dem Leser schon in dem Vorhergehenden erzählt haben.
Antonio hatte ein Gefühl, wie man es hat, wenn sich nach schwülem Traume endlich der Alpdruck von der Brust gelöst hat und das verwirrte Auge in das freundliche Mor genlicht sieht, welches durch die Fenster scheint. Sein Auge war von einem seltenen Glanze erhellt.
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,, Dann bist Du wieder mein mein mein meine Rosarka!" sagte er mit unaussprechlicher Seligkeit und drückte einen langen, heißen Ruß auf die Lippen des vor Freude weinenden Mädchens. Nun aber fort, auf der Stelle fort! Die Geliebte ist mir gerettet!- Aber ich habe auch einen Freund, den sie mir tödten wollte. Ich will sehen, ob ich auch den noch retten kann. Rofarta, Du siehst mich bald wieder!" be do ( Fortsetzung folgt.) and
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und zulegt nach der Friedhofsaftale der Bolizet, die mit der Begnadigung des Polizeikommissars Meyer einen Abschluß gefunden hat, der nach Ansicht der Kreuzztg." der Polizei die Freudigkeit und Schneidigkeit im Berufe erhalten wird. In allen diesen Fällen ist man ernstlich darüber zu Rathe gegangen, ob nicht der Ausnahmezustand zu verhängen sei; das Resultat war aber stets ein negatives. Sehr erklärlich, denn die Breuder und Genoffen hatten keine Verbindung mit den Sozialdemo fraten gehabt, Lieske's Frevelthat war ein anarchistischer Rachealt gewesen und am 22. Juli 1885 war die öffentliche Ruhe und Ordnung, wie die Gerichtsverhandlungen dargethan haben, weniger durch die Sozialdemokraten als durch die Polizei ges fährdet worden. Das Ereigniß der jüngsten Zeit, mit dem man die Maßregel in Verbindung zu bringen Veranlassung hat, ist die Verhaftung zahlreicher Sozialdemokraten bei Abbaltung einer vertraulichen Berathung im Hause des Gastwirths Prinz, eines der hervorragenden Führers der Partei. Die Untersuchung schwebt noch darüber, wahrscheinlich handelt es sich um eine geheime Verbindung". Ohne Zweifel wird die Behörde un verzüglich mit Ausweisungen vorgehen, denn sie allein können ja der Zweck der Maßregel auf Grund des Art. 28 des Sozia listengefeßes sein, und wie man sagt, ist die Liste der Personen, denen man den Aufenthalt hier versagen will, nicht erst aufzu stellen. Und sonst? Es bleibt Alles beim Alten, wenigstens bis zum nächsten Jahre, bis zu den Reichstagswahlen. Dann aber werden sich die Konservativen und Nationalliberalen nicht mehr wie Anno 1884 zu bemühen brauchen, einem Sozialdemo fraten gegen einen Demokraten zum Siege zu verhelfen. Die Sozialdemokratie wird das schon allein besorgen und durch ihre Stimmenzahl zum Ausdruck bringen, was sie dem kleinen Belagerungszustand zu danken hat." Stimmt, die Verhängung des Belagerungszustandes bedeutet mindestens einen Stimmen zuwachs von zehn Prozent für die Sozialisten.
Zum Autrag Kayser schreibt die„ Pos. 3tg.": Die Art und Weise, wie durch Herrn v. Puttkamer das Sozialistengeset angewandt wird, macht die gesetzlich garantirte Koalitionsfreiheit der Arbeiter vollkommen illusorisch. Bekämpft wurde der Antrag hauptsächlich von dem Vertreter der Konservativen, dem bekannten fächsischen Hofrath A dermann, der in einer per sönlichen Bemerkung am Schluß der Debatte ausdrücklich er flärte, daß er im Auftrage seiner Partei gesprochen habe. Der fächsische Herr Hofrath will die soziale Frage mit Innungen, Berufsgenossenschaften und Arbeitsbüchern lösen, und wo diese Mittel nicht ausreichen, stellt er den Arbeitern im Interesse seiner Partei den lieben Gott entgegen; sein denkwürdigster Ausspruch ist der:" Die Arbeiter müssen mit dem ihnen vom lieben Gott zugewiesenen Lohn zufrieden sein." So wörtlich nach dem ausführlichsten und von den Blättern verschiedener Parteien benusten Barla mentsbericht. Was Herr Ackermann in dem stenographischen Bericht aus diesem weisen Ausspruche machen wird, mögen vor läufig die Götter allein wissen. Wenn die Arbeiter nach dem offiziell beauftragten Sprecher der konservativen Partei, den Lohn von Gott zugewiesen bekommen haben und fich dagegen nicht durch Anspannung der eigenen Kraft auflehnen sollen, so darf man fich füglich wundern, daß die Konservativen den
Im Deutschen Theater findet heute, Sonntag, die erste Aufführung von Shakespeare's" Macbeth " in neuer Ueber segung von Otto Gildemeister statt. Morgen, Montag, wird " Der schwarze Schleier", Dienstag„ Der Königslieutenant" und Mittwoch" Macbeth " gegeben. Am nächsten Donnerstag, den 23. d. M., geht das vierattige Lustspiel„ Goldfische" von Franz von Schönthan und Gustav Kadelburg zum ersten Mal in Szene. Freitag, am Weihnachtsabend, bleibt das Theater ge schloffen. Für die Weihnachtsfeiertage ist Sonnabend, 25, Goldfische", Sonntag, 26.," Macbeth ", und Montag, 27., " Doktor Klaus" angefeßt.
Die Weihnachts- Ausstellung mit den intereffanten erscheinenden Tableaux im Kaiferpanorama übt auch in diesem Sehenswürdigkeiten Palästinas und den wunderbar plastisch Jahre wieder eine große Anziehungskraft auf Jung und Alt aus, viele Schulen haben in legter Zeit dieselben besichtigt. Da diese Sehenswürdigkeiten nur bis zum kommenden Freitag ausgestellt bleiben, machen wir hierauf noch besonders auf merksam. Neben der Reise durch Süddeutschland gelangt für diese Woche eine Montblancbesteigung zur Ausstellung.
Eine totale Sonnenfinsterniß gehört bekanntlich zu den erhabensten Schauspielen, welche uns die Natur bietet. Im nächsten Jahre, und zwar am 19. August 1887, wird eine totale Sonnenfinsterniß stattfinden, welche auch in einem Theile von Deutschland sichtbar ist, am günstigsten in Eydtkuhnen , einer fleinen Eisenbahnstation an der russischen Grenze. Auch in diesem Jahre( am 29. August) hat ein solch schönes Nature schauspiel stattgefunden, welches leider nicht bei uns fichtbar Tam war. Ein Seemann, der Gelegenheit hatte, diefe Sonnen finsterniß während einer Seereise zu beobachten, schreibt darüber: Am Morgen das 29. Auguſt war der Himmel fast ganz flar, nur einige Cirruswölfchen zogen langsam südwärts, die See war vollkommen ruhig. Noch strahlte die Sonne in ihrem vollsten Glanze; durch ein Fernrohr dieselbe beobachtend, fahen wir, daß um 9 Uhr der Schatten des Mondes die Sonne zu verfinstern begann. Mit bloßem Auge war hiervon anfänglich nichts wahrzunehmen, nachdem jedoch reichlich die Hälfte der Sonnenscheibe verdunkelt war, konnte man bereits eine Abnahme des Tageslichtes bemerken. Die Luft erhielt ein dunstiges, graues Aussehen. In der Ka jüte herrschte schon starte Dämmerung. Immer mehr nahm die Dunkelheit zu, so daß wir uns genöthigt sahen, das Licht beim Kompaffe anzuzünden. Um 10 Uhr 40 Minuten verschwand plöslich der legte Lichtstrahl der Sonne: der Anblick des Hime!
bag pied Aus Kunst und Leben. Projektirtes Repertoir der königlichen Schauspiele den 19.: Fra Diavolo; Montag, den 20.: Die Verlobung bei vom 19. bis 26. Dezember. Im Opernhause. Sonntag, der Laterne, Deutsche Märsche; Dienstag, den 21.: Der Barbier von Sevilla ( Frau Sembrich als leßte Gaſtrolle, Herr Ehrte als Gast); Mittwoch, den 22.: Lohengrin ; Donnerstag, den 23.: Symphonie- Soiree der königl. Kapelle; Sonnabend, den 25.: Die Hugenotten; Sonntag, den 26.: Matinée, Carmen.Im Schauspielhause. Sonntag, den 19.: Bürgerlich und romantisch; Montag, den 20.: Die Geier- Wally; Diens tag, den 21.: Tartüffe, Caftor und Pollur; Mittwoch, den 22.: Der Kaufmann von Venedig ; Donnerstag, den 23.: Uriel Acofta; Sonnabend, den 25.: Die Braut von Meffira; Sonntag, den 26.; Ein Wintermärchen. de this 10: 2
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