Beilage zum Berliner Volksblatt.

Mr. 299.

Bur hygienischen Pflege der aufwachfenden und reiferen Jugend.

Von Dr. P. Niemeyer.

( Nachdruck verboten.)

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Für die hygienische Büchtung des Stehlings und Läuflings werden zunächst Aenderungen in der Hautpflegepraris erfor­berlich. Muß ich einerseits nachträglich der Muhmenpflege des Säuglings darin alles Lob spenden, daß sie ihn wenigstens täglich badete, so muß ich andererseits schwer beklagen, daß von fest an die Sonderegger'sche Vorschrift vernachlässigt wird: das Kind soll täglich so lange gebadet werden, bis es das Techzigste Jahr erreicht". Thatsächlich kommt nun zur luft­noch die wasserscheue Pflege", wobei das bischen morgendliche Waschung von Hals und Brust sowie allenfalls noch sonnabend liche Allgemeinwaschung oder vielmehr was man so zu nennen beliebt, so gut wie nichts bedeutet. Wo's an der Wanne und Brause fehlt, bietet der von Kopff( früher Lipowsky) in Heidel Berg gefertigte Badeschrank ebenso kompendiösen als haltbaren, von der ganzen Familie täglich benußbaren Ersatz. Wo auch der fehlt, hilft man sich mit einem geräumigen Zink- oder Holzbecken, in welchem dem auf einem Stuhle sigenden was zugleich den Kleinen großen Spaß macht

ein Anderer

über dem Scheitel einen großen, erst mit warmem, dann mit faltem Waffer getränkten Pferdeschwamm ausdrückt, während er selbst sich zwischendurch mit dem Seifenlappen fräftig be= arbeitet.

In der Bekleidung wird, wie dies für den Tag mit dem Habit" geschieht, auch die Nacht mit der Bettung nach und nach in der Art abhärtend vorgeschritten, daß Federkissen immer Leichter und spärlicher gewährt und besonders die Decke durch Wolle oder Wattegestepp ersetzt wird. Wer sich's etwa nicht gleich denken kann, wolle fich wenigstens durch einen Versuch mit den Augen überzeugen, daß Kinder sich nur da blos­liegen" wo ihnen mit warmer, schlechter Luft und dichter Be deckung die Hölle heiß gemacht wird," daß sie sich dagegen, wenn bei öffenem Fenster schlafend, ohne aufzuwachen, in dem Maße unter die Decke verkriechen als die Außenluft fühler wird.

Wenn Du ihn unbeschuht läßt, ersparst Du Dir nur Lederkosten, ihm selbst aber einen Leichenzug von Uebeln" mit diesen Zeilen warnt schon ein Jean Paul   einen Vater vor der Eile, die Kinder mit dem drückenden Schuh" und seiner unausbleiblichen Folge, dem mannigfaltigen Fußweh, bekannt zu machen. Wie wenig ihrer Natur diese Fesselung zusagt, verrathen fie durch die Unart", am liebsten barfuß zu gehen, welcher im Seebadeleben erlaubte Ausnahmezustand nachher zu den fröhlichsten Erinnerungen gehört. Daheim quäle man die Knaben wenigstens nicht mit den allerdings hübsch aussehenden, aber durch ihr Gewicht belästigenden Stulpstiefeln, entnehme die Beschuhung auch nicht aus dem über einen Leisten ges Schlagenen Bazarvorrath", sondern lasse nach hygienischer Vor­schrift für jeden Fuß von ehrsamer Meisterschaft Maß nehmen. Gegen die unheilvollen Pfeifenstopfer- Absäte am weiblichen Schuh lehnte sich soeben löblicher Weise die tonangebende Pa­riser Mode selbst auf.-

Daß Ihr klettert, liebe Buben, Will ich Euch erlauben, Warum solltet Ihr in Stuben Hängen wie Schlafhauben!"

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Mit diesem Verse erklärt ein Fr. Rückert   die Neigung der Knaben für berechtigt, welche Gouvernantenweisheit als Gaffen fungentrieb" tadeln zu müssen glaubt, und so lange sie nicht bazu angehalten werden, treiben sie sich am liebsten ohne Kopf bedeckung herum. Um das hier nachzutragen, so kann das Kopf haar unbedenklich mit der Scheere gefürzt werden, wenn immer die Augen oder das Wärmegefühl davon belästigt werden, und muß die wissenschaftliche Hygiene die sogar von unserem jett größten Staatsmanne vertretene Regel, daß dies nur bei abnehmendem Monde geschehen dürfe, als eitel Aberglauben verwerfen.

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Mit dem Schulbesuche beginnt eine Art Dienst" mit einer folchen Reihe von möglichen Gesundheitswidrigkeiten, daß vom hygienischen Standpunkte die unweigerliche Einstellung der ge­fammten Altersklasse von sieben Jahren unberechtigt, dagegen, wie bei Refrutenaushebung, eine förmliche Musterung noth wendig erscheint, bei welcher die den Anforderungen dieses

Erdbeben und und ihre ihre Ursachen.

Was uns so wunderbar ergreift bei dem Ereignisse eines Erdbebens, fagt Humboldt, was den unaussprechlichen, tiefen und ganz eigenthümlichen Eindruck in uns zurückläßt, ist vor Allem die Enttäuschung von dem angeborenen Glauben an die Ruhe und Unbeweglichkeit, das Starre der festen Erd­rinde. Bon frühester Kindheit sind wir an den Kontrast zwischen dem beweglichen Elemente des Wassers und der Unbeweglichkeit des Bodens, auf dem wir stehen, gewöhnt und alle 3eugnisse unserer Sinne haben diesen Glauben befestigt. Wenn jetzt plötzlich der Boden unter uns wantt, fo tritt geheimnißvoll eine unbekannte Naturmacht, das Starre bewegend, als etwas Handelndes auf. Ein einziger Augenblick vernichtet die Illusion des ganzen früheren Lebens.

Rann man es bei solchen Empfindungen dem armen Men schen verdenken, das Bestreben, sich Vorstellungen von den Ursachen jener furchtbaren Naturereignisse zu machen und den Schleier, der diese geheimnißvollen Vorgänge bedeckt, zu Tüften? Schon seit den, urältesten Zeiten versuchte sich der menschliche Geist, wenn auch vergeblich, an der Lösung dieses Problems. Aber die nie rastende Naturwissenschaft, die von leinen Anfängen ausging und immer weitere Kreise ziehend auch immer schwierigere Fragen löfte, wird wohl auch ge­Rügende Erklärungen zu jenen räthselhaften Erscheinungen der physikalischen Erdkunde finden.

Die nächsten Vorstellungen von der Ursache der Erd­beben, welche sich den Alten aufdrängten, wurzelten in der Annahme unterirdischer Stürme und Dämpfe. Aristoteles  fagt: ,, Das Leben der Erde hört nicht eher auf, bis jener Wind, welcher die Erschütterung verursacht, aus der Erd­rinde ausgebrochen ist. So ist es vor kurzem zu Heraklea im Pontus geschehen und vormals auf der äolischen Insel Hiera." Ovid   schildert den Vorgang eines Erdbebens mit Hebung des Bodens sehr anschaulich: Einen schroffen baumlosen Erdrücken sieht man bei Trözene. Einst war dort eine Ebene, nun erblickt man einen Berg. Die in

Mittwoch, den 22 Dezember 1886.

Dienstes vermöge unzureichender Widerstandsfähigkeit noch nicht Gewachsenen, vorläufig zurückgestellt werden. Mit dieser Maß­regel würde ein großer Theil der gewöhnlich auf Rechnung der Ueberbürdung" gefeßten Nothstände vorweg beseitigt werden. Das amtliche Schulwesen seinerseits arbeitet bereits mit Kraft an der Beseitigung der von mangelhafter Lüftnng unhygienischer Sigvorrichtung und dergleichen drohenden Gesundheitsstörungen, sowie überhaupt an lebhafterer Bethätigung des mens sana in corpore sano" durch gleichzeitige Pflege der" förperlichen Ausbildung nach altklassischem Gymnafialvorbilde( nackend, in welchem Naturzustande die Gliederübungen vorgenommen wur­den). Aus dem Volle heraus sekundirt ihm die vom muthigen Düsseldorfer Amtsrichter Hartwich ins Leben gerufene Vereins­bildung, welche hoffentlich bald in allen deutschen Städten Ver­tretung findet. Doch auch troß dieses von außen her gegebenen Anstoßes fällt der Hauptantheil an der Pflege des stillen, stetigen Wachsthumes", wie Sonderegger fich ausdrückt, der elterlichen Bucht, namentlich was folgende Einzelheiten betrifft:

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1. Verhütung des Schiefwuchses, Rückgratverkrümmung oder sogenannter hoher Schulter. Auch daheim muß das Schulkind seinen ordentlichen Platz und Siz zum Arbeiten, am besten den auch am Eßtische und Klaviere benußbaren Dr. Staffel'schen, von Kißling in Wiesbaden   gefertigten Kreuzlehn­stuhl haben und die Mädchen überdies angehalten werden, die Röcke gleichmäßig vertheilt, nicht aber unter der linken Sigfläche aufgebauscht zu lagern.

2. Verhütung der Flach- und Schmalbrüftigkeit als Disposition zu Lungenspißenschwindsucht, theils durch zeitweilige Unterbrechung der Sithaltung überhaupt, theils durch ausdrücklich auf Uebung des Athemorganes und Ausweitung des Brustlastens gerichtete, im Freien oder wenigstens am offenen Fenster vorgenommene Uebungen. Ein treffliches Mittel zu Schnellübung dieser Art von Zimmer­gymnastik bietet der elsässische Schuldirektor Largiader mit seinem von Engler u. Weber in Stuttgart   vertriebenen Arm und Bruststärker", ein Apparat, welcher einerseits die Heil­wirkung des Gummi- Armstrongs, andererseits die der eisernen. Hanteln nach Kloß in fich vereinigt, dabei aber die diesen Vor­richtungen anhaften Mängel, dort Leichtzerreißlichkeit, hier un­gemessene Stoßarbeit, vermeidet, fich auch zum Gebrauche für Mädchen besonders gut eignet.

3. Verhütung der Kurzsichtigkeit oder vielmehr der gewohnheitsmäßigen Spielerei mit der unblutigen Waffe des famosen Binotle's. Jst's zwar bei einmal vorhandener Kurzsichtigkeit- die aber Dank der von Seiten der Schule getroffenen Verhütungsmaßregeln immer seltener werden muß- beffer, das Auge zu bewaffnen, als den Kopf zum Buche hinabzuneigen, so sollte dazu doch immer nur die altväterische Brille in die hand gegeben werden, wo­gegen besagtes Binokle, wie der Augenschein lehrt, gar zu gern auch da, wo Bewaffnung völlig zmedlos, rein als Mittel zur Stußerei benutzt wird. Schon sezen diese Unglücklichen Brille und Kneifer gleichzeitig auf und sehen doch nichts Gescheites. Es wird die Zeit tommen, wo jeder Deutsche einen Opern­gucker auf der Nase tragen wird" mit diesen Worten richtet Herr Hartwich einen ebenso gerechten als zeitgemäßen Vorwurf gegen das Volk der Denker" und in der That überzeugt sich der hygienische Beobachter besonders bei akademischen Feſtauf­zügen, daß unsere liebe Jugend Dank der elterlichen Nach­fichtigkeit das ihr Antlig entstellende Binokle nicht wie einen Nothbehelf, sondern wie ein Zubehör des Wichses" hand­habt, womöglich die ungesattelt getragene Nase als Bildungs­defekt bemitleidend!

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4. Studentisches Kneip- und Paulwesen oder, wie Son deregger fagt, handwerksmäßige Jovialität gehört von diesem Standpunkte so wenig zu den berechtigten" Eigenthümlich­feiten unserer Jugend, daß man erklären muß: ein hygienisch gebildeter Mediziner und Arzt kann nicht daraus hervorgehen, weil Luft, Waffer- und Bewegungsscheu sich dem Leben in den Bier- und Tabakshöllen( eine Gerstäder'sche Diagnose!) zwillingsschwesterlich hinzugesellen. Unseren vollen Beifall findet daher die vom Allgemeinen deutschen Burschenbunde unter Ermunterung seitens akademischer Lehrer wie Profeffor Haeckel's, unternommene und auf Befreiung von der mittelalterlichen Swingberrschaft des Korps- Kastenunwesens, wie's die Jenenser Burschenschaft   Alemannia nennt, ges Die Elternschaft ihrerseits sollte richtete Reformbewegung. die von einem Lammers längst ausgesprochene Mahnung be­

Spalte Ausweg. Da

finſtere Söhlen eingefchloffenen Dämpfe fuchten vergebens der sich dehnende Boden wie eine luftgefüllte Blafe, wie das Fell eines zweigehörnten Bodes. Die Erhebung ist dem Orte geblieben und der hoch emporragende Hügel hat sich im Laufe der Zeit zu einer nackten Felsmaffe erhärtet."

Die Dampfwolken der süditalienischen Vulkane leiteten schon frühe auf die Annahme gewaltiger unterirdischer Feuer­herde und die Vorstellungen der alten Griechen von der Unterwelt und dem Feuerstrom des Tartarus wurden sehr wahrscheinlich durch die Bulkane Oberitaliens veranlaßt. Noch Dio Cassius   erzählt, es seien 3yklopen gewesen, die aus dem Krater des Vesuvs aufsteigend mit Posaunenschall die Städte Herculanum   und Pompeji   begruben. Im Mittel­alter fabelte man von großen unterirdischen Lagern von Kohle, Schwefel und Salpeter, die in Brand gerathen und mit furchtbarer Macht explodiren sollten. Bald darauf lernte man die Elektrizität fennen und nun sollte diese durch ge­waltige bligartige Schläge gegen die Wollen die Erd­erschütterungen veranlassen. Mehr Anhang gewann dann die Meinung, welche in diesen Erscheinungen Wirkungen unter­irdischer Brände erblickte und noch Leop. von Buch war Anfangs der Ansicht, daß in dieser Weise die Thätigkeit des Vesuv   zu erklären sei. Erst in späterer Zeit hielt er die Ursachen der Erdbeben und ber Bultane für eine weit all­gemeinere und tieferliegende. Humboldt ftimmte biefer letzteren Meinung zu. Elastische Flüssigkeiten", sagte er, sind es gewiß, die sowohl das leise, ganz unschädliche, mehrere Tage dauernde Zittern der Erdrinde, als die sich durch Getöse verkündenden furchtbaren Explosionen verursachen. Der Herd des Uebels, der Sitz der bewegenden Kraft, liegt tief unter des Uebels, der Sitz der bewegenden Kraft, liegt tief unter der Erdrinde, wie tief, wissen wir ebenso wenig, als welches die chemische Natur so hoch gespannter Dämpfe sei. An zwei Kraterrändern gelagert, am Vesuv   und auf dem thurm artigen Fels, welcher ben ungeheuren Schlund des Pichincha bei Quito   überragt, habe ich periodisch und sehr regelmäßig Erdstöße empfunden, jedes Mal 20 bis 30 Se­funden früher, als brennende Schlacken oder Dämpfe aus

3. Jahrg.

herzigen und aufhören, die ungezogenen Lieblinge zu ver hätscheln und auf alle Art zu verwöhnen."

Um so bereitwilliger dagegen sollten Eltern sowohl als Gemeindewesen den sich bei einem andern Theile unserer Jugend immer lauter regenden Sinn zur Turnerei Ruderei, Radfahrerei, Bewegungsspielerei,( Croquet, Cricket, Lawntennis), an welch' letterer sich auch die Madchenwelt betheilige, wecken und fördern helfen.

5. Das Tanzvergnügen stellt zumal bei der sich ihm in gesundheits-, besonders athemwidriger Brkleidung hingebenden Mädchenwelt eine ebenso ungewöhnliche Anstrengung dar, wie beim Jünglinge der Soldatendienst Da man die an einem Ballfeste im Rundschritte durchgemessene Strecke auf gut drei Meilen in der Länge veranschlagen muß, so erscheint vorherige Musterung und Burückstellung" der dieser Arbeit nicht Gewachsenen als bringende Eltern- und Doktorpflicht. Außerdem verfehlt die Mumenweisheit nicht, die Reihe der damit verbundenen Ge­fundheitswidrigkeiten( Schnürung, Ueberanstrengung, Staub­einathmung) noch durch das finstere Verbot des dringend be­gehrten Trunkes um eine böse Nummer zu vermehren. Wie jetzt endlich schon beim Militär Wassertrinken auf Märschen nicht mehr ver-, sondern vielmehr geboten wird, wie sich, wenn der allerdings unzart flingende Vergleich gestattet, aller Orten Schutzvereine zur Tränkung der abgehegten Bugthiere zusammen­thun, so sollte, wenn nun einmal getanzt werden darf, auch in Ballfälen für hygienische Ausgleichung der Strapaze durch reichliche Spendung frischen Labetrunkes Sorge getragen

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werden.

Lokales.

Ueber den Vertrieb von Kunstbutter liegt dem Reichss tage ein Gefeßentwurf vor, auf den wir, da der Gegenstand viele unserer Leser intereffiren dürfte, hier ausführlicher zurück­tommen wollen. Der Entwurf lautet:§ 1. Die Geschäfts­räume und sonstigen Verkaufsstellen einschließlich der Markt­stände, in welchen Kunstbutter gewerbsmäßig verkauft oder feil­gehalten wird, müssen an in die Augen fallender Stelle die deutliche nicht verwischbare Inschrift: Verkauf von Kunstbutter" tragen.§ 2. Die Gefäße und äußeren Umhüllungen, in welchen Kunstbutter gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten wird, müssen an in die Augen fallender Stelle eine deutliche nicht verwischbare Inschrift tragen, welche die Bezeichnung Runstbutter" enthält. Wird Kunstbutter in ganzen Gebinden oder Kisten gewerbsmäßig verkauft oder feilgehalten, so hat die Inschrift außerdem den Namen oder die Firma des Fabrikanten zu enthalten. Wird Kunstbutter in einzelnen Stücken gewerbs­mäßig verkauft oder feilgehalten, so müñen die legteren von rechteckiger Form sein; auch muß denselben eine die Bezeichnung Runstbutter" und den Namen oder die Firma des Verkäufers enthaltende Inschrift eingedrückt sein, sofern sie nicht mit einer diese Angaben tragenden Umhüllung versehen sind. § 3. Kunstbutter im Sinne dieses Gesezes find diejenigen der Milchbutter ähnlichen Zubereitungen, deren Fett­gehalt nicht ausschließlich der Milch entstammt. Die Vor­schriften dieses Gefeßes finden auf solche Erzeugnisse der im Absatz 1 bezeichneten Art, welche zum Genuß für Menschen nicht bestimmt sind, keine Anwendung.§ 4. Zuwiderhand­lungen gegen die Vorschriften der§§ 1 und 2 werden mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft be­straft. Neben der Strafe kann auf Einziehung der diesen Vor­schriften zuwider verkauften oder feilgehaltenen Gegenstände er­tannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten ge= hören oder nicht. Ist die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Ein­ziehung selbstständig erkannt werden.§ 5. Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Ge nußmitteln und Gebrauchsgegenständen, vom 14. Mai 1879 ( Reichs Gesetzbl. S. 145) bleiben uuberührt. Die Vorschriften in den§§ 16 und 17 deffelben finden auch bei Zuwiderhand­lungen gegen die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes Anwen­Dung.§ 6. Das gegenwärtige Gesez tritt am 1. Juli 1887 in Rraft. Der Begründung der Vorlage entnehmen wir die folgenden auch für weitere Kreise interessanten Er­örterungen: Die Kunstbutter steht hinsichtlich ihres Nährwerthes hinter der reinen Milchbutter nicht wesentlich zurück, nur wird fte als etwas schwerer verdaulich betrachtet. Fälle, in denen der Genuß der Kunstbutter Erkrankungen zur Folge gehabt hat, find bisher nicht bekannt geworden. Allerdings ist es nicht ausgeschloffen, daß im Falle der Verwendung des Fettes

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gestoßen wurden. Die Erderschütterung war um so stärker, als die Explosionen später eintraten und also die Dämpfe länger angehäuft blieben." In dieser einfachen Erfahrung des großen Reisenden liegt die allgemeine Lösung des Problems und lange erfreute sich diese Hypothese des leb= haften Beifalls der Geologen. Nach und nach machten sich aber verschiedene Bedenken gegen diese vulkanische Theorie. geltend und schon Necker sprach die Idee aus, daß manches lokale Erdbeben durch den Einsturz unterirdischer Hohl­räume, die durch Auflösung von Steinfalz, Gyps 2c. oder durch Auswaschung entstanden seien, hervorgerufen wür­ben. Volger hat diese Hypotheſe besonders aus­gebaut, und eine vorurtheilsfreie Betrachtung kann nicht leugnen, daß in der That durch den Einsturz unterirdischer Höhlen Erdbeben entstehen können und wirklich entstanden" sind. Man hat sich neuerlich vielleicht etwas gar zu steptisch und ablehnend gegen die Einsturzhypothese verhalten, die auf verkarstete und höhlenreiche Gegenden- wie nach Fraas auf die Länder am Jordan und auch auf das Walliser  Rhonethal doch wohl gut anwendbar sein dürfte.

Diese Erschütterungen, in welcher Art sie auch. auf­treten mögen, gehören zu den furchtbarsten Naturereignissen, welche der Mensch erfahren kann. In vulkanischen Gegenden sind solche Vorkommnisse ganz gewöhnlich, sie kommen z. B. in Chili und Japan   fast täglich vor und sind überhaupt eine. weit häufigere Erscheinung, als man gemeiniglich glaubt, wie denn auch A. v. Humboldt der Ansicht ist, daß zu feiner 3eit die innere Thätigkeit der Erbrinde vollständig aufhöre, daß vielmehr an einem oder anderen Orte diese Aktion un unterbrochen sich geltend mache. Wenn die Erdbebenstatistiker ziemlich für jedes Jahr eine 3ünahme der beobachteten Erd­stöße erkennen lassen, so darf aus diesem Umstande nicht auf eine wirkliche Vermehrung solcher Vorfälle, sondern nur auf eine Vermehrung der Beobachter und auf eine er= höhte Aufmerksamkeit dieser letzteren geschlossen werden. Nach den heutigen Erfahrungen läßt sich erkennen, daß kein Land der Erde sich einer absoluten Immunität den Erdbeben gegenüber rühmen kann, obgleich natürlich