Umfall") und ihren Verbündeten, dem Zentrum, haben, daß die Regierungsvorlage glatt durchgeht.
Die einzige Partei, welche geschlossen gegen die Vorlage stimmen wird, ist selbstverständlich die Arbeiterpartei.
Politische Uebersicht.
Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung" muß um sachFiche Gründe gegen die Militärkommission recht verlegen sein. Heute versteigt sie fich in ihren fünftlich erzeugten Wahnvor stellungen bis zu der Behauptung, der schlechte Geschäftsgang sei auf das langsame Tempo der Kommissionsberathungen zurückzuführen! Es heißt da an leitender Stelle: Dadurch, daß die Oppositionsparteien des Reichstags es verstanden haben, hinsichtlich der Militärvorlage die Entscheidung länger, als nöthig und wünschenswerth gewesen, hinauszuschieben, ist ein gewiffer Bustand des Schwankens eingetreten, welcher auf die mirthschaftlichen Verhältnisse unmöglich günstig einwirken konnte. Die Wirkungen dieses Schwankens haben sich in Handel und Mandel bereits dadurch deutlich bemerkbar gemacht, daß jene Anzeichen einer kleinen Befferung, die in der Lage der Jnbustrie sichtbar geworden war, in die entgegengesette Tendenz umgeschlagen find, und daß die Nachrichten von diesem Gebiete schon jest ohne erkennbaren anderen Grund un günstiger lauten, als noch vor kurzem. Wenn man aber die jenigen Berlufte, welche ein derartiger Rückschlag für das ge famimte Erwerbsleben im Gefolge hat, zuſammen addiren und ziffernmäßig zur Darstellung bringen tönnte, so würde sich un zweifelhaft ergeben, daß der Betrag derselben weit hinausreicht über dasjenige, was die durch die Heeresvorlage geforderten neuen Aufwendungen gekostet haben würden." Auf diese Ent beckung sollte fich das Kanzlerblatt wirklich ein Patent geben laffen! Daß der Industrie durch die Aussicht auf neue Steuerbelastungen und durch dunkle Kriegsgerüchte, wie sie von den Offiziösen beliebt wurden, zu kräftigem Aufschwung verholfen wird, und daß die Männer, welche dem Militärmoloch weniger eifrig opfern und welche das Volk vor neuem Steuerdruck be wahren wollen, dem geschäftlichen Aufschwung das Grab graben, das ist wahrlich eine Behauptung, die an Ünver- gleichlichkeit alles übertrifft, was wir bisher von den Offiziösen gewöhnt waren.
Für das„ Chriftlich soziale Korrespondenzblatt" muß selbst das unglückliche Schicksal des allen Berliner Arbeitern wohlbekannten Herrn Hofstetten zu verlogenen Angriffen gegen die Berliner Sozialdemokratie dienen. Alle anständigen Men schen waren bisher einig in dem Gefühl der Trauer, daß der Geist eines Mannes plößlich rettungslos umdüstert wurde, der noch wenige Wochen vorher, in seinem Alter und seiner Noth, jüngere Leute durch seinen hoffnungsfreudigen Jdealismus be schämen konnte. Die christlich- sozialen Fischweiber allein waren es, die auch bei dieser Gelegenheit nur zu feifen und zu lügen wußten. Wir haben keine Veranlassung, den Leuten, die solch ein trauriges Handwerk treiben, ihre Entstellungen der Wahrheit des Einzelnen nachzuweisen. Nur dagegen protestiren wir, daß H. ein Opfer der Sozialdemokratie" geworden sei. 5. lebte bis zu den Maierlaffen des Ministers Buttkamer als Vereinsberichterstatter, bescheiden, aber doch erträglich; mit der gewerkschaftlichen Bewegung bestens vertraut, hat er ihr außerdem in uneigennüßigster Weise mancherlei Dienste ge leistet, Dienste, die ihm zugleich die einzige innere Befriedigung gewährten, welche ihm in seinem Alter noch beschieden war. Die Unterdrückung der Fachvereine und der Fachvereinsversammlungen verschloß dem Echwergeprüften den letzten Wirkungsfreis und die letzte Nahrungsquelle und wenn er als ein Opfer" gefallen ist, dann gewiß nicht als Opfer der Sozialdemokratie, sondern als ein Opfer des Sozialistengesetzes!
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Krieg oder Frieden? Das ist jetzt die Frage, die überall selbst am Familientisch verhandelt wird. Die Rede des Grafen Moltke im Reichstage stimmte die Friedenshoffnungen im Volfe sehr herab, aber förderte die Kriegshoffnungen des Offizierstorps. Die Anwesenheit deffelben Herrn auf dem sogenannten Empfangsabende des französischen Botschafters und Die verschiedenen Ansprachen des letzteren an die Gäste erwecken wieder Friedenshoffnungen und dazwischen triselt die neue Militärvorlage. Schon daraus erfieht man, daß diefelbe gar nicht auf einen sofortigen Krieg berechnet ist, daß sie eine dauernde Militärinstitution sein soll, welche dem deutschen Wolfe weitere Lasten auflegt. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, ist das arge Drängen nach Erledigung des neuen Militärgefeßes faum verständlich, wenn man nicht annimmt, daß durch das hastige Verlangen das Gefühl der Kriegsgefahr erweckt werden und die Bewilligung ganz flott und glatt vor fich gehen soll. Bedenkt man das alles, so hat es noch niemals eine albernere Entrüstungskomödie gegeben, wie sie jetzt von nationalliberaler und fonservativer Seite gegen die sogenannte Opposition in Szene gesezt wird. Wir sagen sogenannte" Opposition, um dadurch den Schlag ins Waffer", den die rationalliberalen und konservativen Klowns mit ihrer papiernen Seule jezt führen, noch schärfer zu kennzeichnen.
Angstschrei in ihrer Rehle zurückgepreßt wird, um dort auf immer stecken zu bleiben.
trennen
Der Mensch nicht trennen eine Ehescheidung? Sie kann boch
aber es besteht doch doch..... sie würde sie würde
Der Geistliche liest noch aus dem alten Testament die Geschichte von der Erschaffung des Weibes vor, und es ist, als ob von der orientalischen Gluth jener Worte sich den Anwesenden ein Hauch mittheilt:
Und zum Weibe sprach er: Ich will Dir viele Schmerzen Schaffen, und Du sollst mit Schmerzen Kinder gebären; und Dein Wille soll Deinem Manne unterworfen sein und er soll Dein Herr sein."
Laut tönen diese Worte durch das hohe Gewölbe endlich erstirbt der letzte Klang.
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Agnes fühlt sich so ängstlich zu Muthe... Es ist ihr, als höre sie in der Ferne etwas Drohendes, wie das Rollen eines sich nähernden Gewitters, das über ihr Leben losbrechen soll. Der Blick ihres Gatten ruht fortwährend auf ihr; schon vor dem Altare beginnt er von seiner jungen Frau Besitz zu nehmen.pd
Das Christusbild steht rein und erhaben, in Marmor gemeißelt. Die zitternden Lichter zaubern jetzt ein mitleidvolles Lächeln in die Mundwinkel und es ist, als ob den reinen Lippen ganz leise ein Seufzer entschlüpft. Während die Gemeinde den Schlußgesang anhebt, kehrt bie junge Frau auf ihren Platz zurück, sie weiß eigentlich felbst nicht, wie sie ihn erreichte, halb mechanisch ließ sie sich führen. Sie hört wohl das Singen, die Töne umschweben fie, aber keiner dringt bis in ihre Seele.
Der Gesang verstummt, und sofort beginnt die Unterhaltung in ihrer Umgebung, und zwar eine recht lebhafte Unterhaltung, gerade wie bei Kindern, die zu lange haben schweigen müssen. Die Damen lächeln, als ihnen die Herren der Arm bieten und Schmeicheleien über die geschmackvolle Toilette ober die liebliche Erscheinung sagen.
Bon allen Seiten umringt man sie mit Glüdwünschen, und unter allen Eindrücken bemerkte sie doch, wie lächerlich
Wirren in Ostafrika . Wenn man angenommen bat, daß die Verständigung der betheiligten Mächte" über die Abs grenzung der Suahelifüfte( die Afrikaner selbst wurden natür lich dabei nicht gefragt!) den Streitigkeiten in Oft Afrika selbst ein Ende machen werde, so hat man fich offenbar in einer Täuschung befunden. Der Sultan von Sansibar befümmert sich nicht um das, was in London beschlossen wurde. Seine Angriffe erstrecken sich immer wieder auf Witu, welches von jeher von den Arabern aus Mastat beansprucht wurde. Bunächst respektirt Said Bargasch die als Südgrenze für Witu festgesezte Linie des Of Fluffes nicht, er hat den Fluß durch seine Leute überschreiten lassen und möchte das linke( deutsche) Ufer besetzen. Dann aber ist sein Augenmerk auf die nordwärts von Lamu vor Deutsch - Witu gelegenen Inseln Manda und Batta gerichtet, welche nach den Lodoner Vereinbarungen zu Witu gehören sollen. Dieses Bestreben ist bemerkenswerth, da der von den genannten Inseln eingeschlossene Hafen von Reisenden, die ihn besucht haben, verglichen wird mit dem Hafen von New- Yort an Größe, Tiefe und Sicherheit. Blieben diese Inseln in den Händen der Araber, so wäre der schöne und große Hafen, das werthvollste Stück der den Deutschen zugesprochenen Küste, geradezu unzugänglich gemacht. Es ist daher besonders bemerkenswerth, daß der Sultan gerade hierauf seine Aufmerksamkeit richtet. Die Anwesenheit des ostasiatischen deutschen Geschwaders vor Sansibar wird vielfach mit dem Ernst der Lage begründet. Dagegen schreiben die B. P. N.":" Die Anwesenheit des deutschen Geschwaders vor Zanzibar wird verschiedentlich dahin gedeutet, als habe daffelbe die Aufgabe, irgend welche Konzeffionen vom Sultan Said Bargasch zu erzwingen oder ihn zu bedrohen. In Wirklichkeit bedarf es feinerlei Pression, denn derSultan hat die von der internationalen Grenzkommiffion gefaßten Beschlüsse akzeptirt und das deutsche Geschwader hat eben die Aufgabe, die Besetzung der Witu- Küste, welche die Leute des Sultans gemäß fenem Abkommen der internationalen Kommiffion zu räumen haben, deutscherseits durchzuführen. Auch handelt es sich für unser Geschwader darum, die Angelegen beiten von Kismaju in Ordnung zu bringen. Sobald diese Doppelaufgabe gelöst ist, werden die deutschen Kriegsschiffe die Gewässer von Sansibar verlassen. Im übrigen verlautet, daß der Sultan Said Bargasch fich bereit gezeigt habe, die KongoAfte anzuerkennen." Wir hoffen auch, daß man friedlich auseinanderkommt, denn Menschenleben scheint uns die ganze Kolonialpolitit nach ihren bisherigen Erfolgen nicht werth.
H
Ueber die Frankfurter Sozialistenverhaftungen wird gemeldet: Die Maffenverhaftung hiefiger Sozialdemokraten ist selbstverständlich fortgesezt Gegenstand der eifrigsten Unter fuchung, über deren Verlauf nur durch hie und da entlassene Arrestanten und durch Zeugen etwas in die Deffentlichkeit bringt. Zunächst hat die Untersuchung nach außen hin unaufhörlich Haussuchungen zur Folge, die bis heute aber ein nennenswerthes Resultat nicht ergeben haben, wenn man von der Bes schlagnahme eines Sädchens mit Gips, in dem andere Sachen vermuthet wurden, bei der Durchsuchung des Füllgrabe'schen Geschäfts absehen will. Ueber die heute noch im Polizeigefängniß figenden Untersuchungsgefangenen ist sammt und sonders die Briefsperre verhängt, so daß keine Mittheilung in ihre Hände gelangt, welche nicht durch die Untersuchungsrichter vorher gelesen worden wäre. Kürzlich langte ein Brief an, der denjenigen schmähte, der ihn außer dem Adreffaten öffnete und inwendig standen eine Reihe von Majestätebeleidigungen" und Gotteslästerungen", welche aber für den Absender nicht gefähr lich werden fännen, weil er in Amerika weilt. Die Unterfuchung wird von Dr. jur. Fabricius geführt. Vielfach wurden die Frauen und die nächsten Anverwandten der Verhafteten geladen, um Beugniß abzulegen, welches indessen fast von allen auf Grund des§ 51 der Strafprozeßordnung verweigert wor den ist, ein Umstand, welcher Herrn Dr. Fabricius zu der Bemerkung veranlaßte, daß er wieder beweise, wie gut die Partei ihre Angehörigen zu instruiren pflege; gleichzeitig äußerte er fich dahin, daß vor Mitte Januar 1887 an eine Beendigung des Borverfahrens faum zu denken sei. In sozialistischen Kreisen wird mit großer Bestimmtheit auf eine Maffenausweisung gerechnet und die Maßnahmen für dieselbe bereits in Erwägung gezogen. Mehrere Personen, darunter folche, welche seiner Beif in den ersten Hochverrathsprozeß verwickelt gewesen waren und die mit der sozialistischen Partei nichts zu thun haben, erhielten Vorladungen vor das Polizeipräsidium, das ein Vorgehen gegen fie zu beabsichtigen scheint. Einer der im Polizeigefängnisse fizenden Sozialisten, seines eichens ein Schneidermeister, ist außer des Vergehens gegen bie§§ 128 und 129 des Strafgesetzbuches noch auf Grund der Denunziation eines gewissen Bickel, der Fahrbursche sein soll, wegen Beleidigung des Reichskanzlers Fürsten Bismard in Untersuchung gezogen worden. Was nun die Mittheilung be trifft, die Verhafteten würden wegen Hoch- oder Landesverrath an das Reichsgericht verwiesen werden, so ist dieselbe, wie uns aufs bestimmteste versichert wird, nicht nur undentbar, sondern auch unmöglich, da der Behörde hierzu jedes Material mangelt. Eine Verweisung vor das Reichsgericht sei übrigens auch gar nicht beabsichtigt. Das Vorgehen der Verhafteten gehört, wenn
die Tante Lise mit dem verweinten Gesicht aussieht. Nun wendet man sich dem Ausgange zu. Die Orgeltöne rauschen. Eine unabsehbare Reihe neugieriger, untersuchender, neidischer Gesichter, an welchen sie vorüberschreiten muß. Die ganze Kirche ist ein einziges spähendes Auge geworden. Je nach dem der Hochzeitszug weiter vorrückt, folgt die summende Menge, hier und da noch ein Laut der Bewunderung und verstohlenes Richern.
Nun erreicht man endlich die Thüre. Er flüstert ihr etwas zu, beugt sich über sie und füßt ihr die Stirn. Sie fühlt, daß seine Lippen sehr heiß find.
Dann fährt die Hochzeitsfutsche vor. Er legt den Arm Sie um ihre Hüfte und hilft ihr beim Einsteigen ordnet die Schleppe des Kleides, lehnt sich in die Kissen zurück und starrt mit abwesendem Blick zum Wagenfenster hinaus
Der Kirchendiener schließt mit geheimnisvoller Miene das Portal des Gotteshauses.
Aus Kunst und Leben.
Jm Wallner- Theater ging vorgestern Abend ein Wiener Voltsstück„ Einer vom alten Schlag" in Szene. Man hat, wie uns scheint, nicht gerade besonderes Glüd damit gehabt, ein Stück Wien nach Berlin zu verpflanzen. Der Berliner ist nicht so harmlos wie der Wiener abgesehen von den Bahlfellnern, die auch hier genugsam bekannt find-. Der Berliner , der vorwiegend nüchterner und praktischer Natur ist, kann sich wohl nur schwer für die wirths- und kaffeehausduseligen Gestalten, die uns von den Wiener Autoren vorgeführt werden, begeistern. Das Stück leidet an einer unendlichen Rührfeligkeit, an wenig Handlung und noch weniger Humor. Es ist überhaupt immer ein mißliches Unternehmen, eine den natürlichen Verhältnissen entgegenstehende Sache auf die Bühne zu bringen. In dem Volksstück hat hat man darzustellen versucht, wie ein von seinem Sohne leichtsinniger, eigenwilliger Vater wieder zum ordentlichen Menschen" gemacht wird. Für gewöhnlich ist das Umgekehrte der Fall. Wenn wir auf die Wiedergabe des Inhalts verzichten, so müssen wir doch noch auf das Spiel der mitwirkenden Künstler zurück kommen. Ein wahres Prachtstück von fein durchgeistigtem Humor lieferte Herr
es fich erweisen läßt, vor das Forum der Straffammer. Schließlich sei noch erwähnt, daß das Amtsgericht abgelehnt hat, gegen den Kommissar Meyer vorzugehen, weil die Klage der bei der Friedhofsaffäre beschädigten Mitglieder der fozialdemokratischen Partei auf Entschädigung für die erlittene Unbill zur Kompetenz des Landgerichts( Bivilkammer) gehöre, und außerdem sei noch angeführt, daß der Staatsanwalt gegen den Beschluß der zweiten Straffammer, welcher den Redakteur des mittlerweile aufgehobenen Sozialistenblattes, der ,, Pionier", Herrn Ulerander Kapp auf freien Fuß sezte, beim Oberlandes gericht anmeldete, welches indeß zur Verwerfung derselben ges langte, da fich eine Inhaftirung Kapp's, welcher lediglich be schuldigt wird, dem aus dem Fenster gesprungenen Sozialisten Schäfer einen Nachruf in Gestalt einer Todesanzeige gewidmet zu haben, nicht rechtfertigen laffe."
Die Thüringer Waldpost"( dem Reichstagsabgeordneten Viered gehörig) ist auf Grund des Sozialistengesetzes seitens der Regierung für Oberbayern definitiv verboten worden. Die Beschlagnahme einer Nummer war bekanntlich schon vor Wochen erfolgt, doch gelang es dem Verleger, durch Gerichtsbeschluß die Freigabe zu erwirken. Immerhin tonnte man das polizeiliche Vorgehen als das erste Anzeichen dafür betrachten, daß man das Blatt verbieten wollte. Somit tam es für den aufmerk famen Beobachter nicht überraschend, als vorige Woche von neuem die Konfiskation zweier Nummern gemeldet wurde, der nunmehr das Verbot auf dem Fuße gefolgt ist. Herr Viereck ist augenblicklich im Gefängniß, so daß die geschäftliche Störung für seinen Verlag gerade jett um so empfindlicher sein dürfte.
ſo
Flunkerei. Der Rheinische Courier" schreibt:„ Sozial demokratische Redner rechnen es fich häufig als besonderes Verdienst ihrer Partei an, zu der sozialpolitischen Reformgeset gebung, wie fte in den Unfall- und Krankenversicherungsgefeßen vorliegt, den Anstoß gegeben zu haben. Das mag insofern richtig sein, als ohne die sozialistische Bewegung, welche die allgemeinste Aufmerksamkeit auf die Lage des Arbeiterstandes zu einer großen sozialreformatorischen Gesetzgebung nicht fo lenfte, vielleicht bei den maßgebenden Faktoren der Entschluß rasch gereift und zur Ausführung gebracht worden wäre. Bei dem Zustandebringen des Werkes, bei der Hinwegräumung der unendlichen Schwierigkeiten, bei der Auffindung der richtigen Mittel und Wege aber haben die sozialdemokratischen Abge ordneten nicht das Mindeste gethan, wie sie auch schließlich gegen die sozialpolitischen Geseze gestimmt haben. Dann haben die Agitatoren dieser Partei ihre Aufgabe darin erblickt, die Wirksamkeit der in Rede stehenden Gesetze möglichst zu durchkreuzen und zu erschweren, den Arbeitern einzureden, daß die Reform werthlos fei, um das Gefühl der Befriedigung bei denselben nicht aufkommen zu lassen. Wenn die Parteiführer dann doch von Zeit zu Zeit das Bedürfniß fühlen, sich ein ge wiffes Verdienst um das Zustandekommen dieser Gesetzgebung zuzuschreiben, so beweist das aufs Schlagendite, daß der Werth der Reform doch auch in Arbeiterkreisen mehr und mehr zur Anerkennung, fommt." Niemals hat ein Abgeordneter der Arbeiterpartet im Reichstage es als ein besonderes Verdienst feiner Partei bezeichnet, den Anstoß zu der sozialpolitischen Gesetzgebung, wie sie in den Krankenkassen- und Unfallversiche rungsgeseßen sich ausdrückt, gegeben zu haben. Bei solchen Aeußerungen handelt es sich immer nur darum, daß es ein Verdienst der Sozialdemokratie sei, überhaupt die fo ziale Frage vor das Forum der Gesetzgebung gezogen zu haben. Dadurch werden alle die übrigen an eine falsche Vorausseßung geschloffenen Deduktionen des Rheinischen Courier" hinfällig.
Aus den Reichslanden. Wegen Heraushängens von französischen Fahnen wurden in Meg am vorigen Dienstag zwei Arbeiter aus Ars mit Gefängniß bestraft. Als die Arfer Mufitgesellschaft Union" von einem landwirthschaftlichen Feft in Saarburg zurückkehrte, hielten die gedachten Arbeiter auf der Fahrt von Ars nach Metz zum Fenster des Eisenbahnwagens eine blau- weiße bayerische und eine weiß- rothe elfaß- lothringische Fahne derart heraus, daß beide Fahnen zusammengehalten die franzöfifche Trikolore blau- weiß- roth darstellten.
" Ja, Bauer, das ist ganz was anderes!" Unter diesem Stichwort bringt die nationalliberale Straßb. Post" einen Artikel über die großen Polizeivollmachten, welche die Gefeßgeber gewährten, und flagt insbesondere über die Polizeistunde auf dem platten Lande, Abends um 9 Uhr. Es geht nichts über eine gute Gesetzgebung! Namentlich wenn der Gesetzgeber im Rafino so lange figen tann, als es ihm seine Börse, sein Magen und seine Frau gestatten, ist es recht löblich, den Bauern draußen auf dem Lande um 9 Uhr Feierabend zu gebieten."
"
Verboten auf Grund des Sozialistengesetzes wurde 1. das in Form eines Flugblatts gedruckte, aus 5 Strophen bestehende Gedicht: Weihnachtslied des Berfolgten" mit der Schlußbemerkung: Der Ueberschuß ist als Weihnachtsfreude für die Familien der aus Berlin Ausgewiesenen bestimmt 20 Pf.", ohne Angabe des Verfaffers, des Druckers und Ver legers. 2. Die 80 Seiten umfaffende nichtperiodische Druckschrift: Druckschrift: Acht Jahre hinter Schloß und Riegel, Stizzen aus dem Leben Johann Most's . Von Anonymus Veritas. New- Yort, 1886."
Felix Schweighofer , dem es überhaupt zu danken sein wird, wenn sich das Stück längere Zeit hält. Er verstand es, den alten, zähen, jähzornigen Fabrikanten, dem jede Neuerung in seinem Geschäftsbetriebe ein Greuel ist, in durchaus charat teristischer Weise wiederzugeben. Gleiches Lob verdient Fräulein Bach, die überaus finnig und freundlich spielte und aussah. Bon den übrigen Künstlern feien noch die Herren Wander als Kellner Schani und Bank als Florian, der leider im legten Atte etwas zu start auftrug, erwähnt. Die Ausstattung war eine ganz prächtige.
Gewitterbeobachtungs- Stationen will das preußische meteorologische Institut demnächst in größerer Anzahl errichten. Es find dazu, wie aus Freienwalde a. D. berichtet wird, folgende Ortschaften bestimmt: Biesenthal , Strausberg , Wer neuchen, Wriezen , Trampe, Faltenberg, Köthen , Dannenberg , Brunow , Tiefensee, Steinbeck und Beerbaum. Desgleichen find im Kreise Königsberg i. d. N.-M. folgende Ortschaften bazu außersehen: Königsberg , Bärwalde , Fürstenfelde, Mohrin, Neudamm, Schönflies, Behden, Gabow, Neu- Tornow, AltCüstrinchen, Bäderick, Bellin, Alt- Wustrow, Bellinchen und Königlich Wartenberg außersehen. Für den Kreis Lübben find gewählt worden zu dem gleichen Swede die Ortschaften Schlepzig , Friedland, Gr.- Leuthen, Reicherstreuz und Lieberofe.
Werthvolle Funde. Aus Merito wird der Wes. Ztg." geschrieben: Nachrichten von Daraca besagen, in der Nähe dieser Stadt sei das Grabmal eines Bapoteca- Königs entdeckt worden. Die vorgefundenen Ueberreste des Königs, bestehend aus einem Schädel und anderen Knochen, laffen darauf schließen, daß der Verstorbene ein Mann von riesigen Körperdimensionen gewesen ist. In dem Grabgewölbe wurden ferner verschiedene aus Achat hergestellte Statuetten sowie ein fünfzig fund wiegendes Gößenbild aus reinem Golde gefunden. Auch von einem anderen, noch wichtigeren Bfunde ist hier viel die Rede: In der Nachbarschaft der Stadt Paffage in Ecuador sollen reichhaltige Lager von Gold und Silber enthaltendem Era entdeckt worden sein; in Guayaquil hat sich eine Gesell schaft zur Ausbeutung der Lager gebildet.
Ein Schreden im anatomischen Präparirsaale. Ein drastischer Vorgang, der sich im Jahre 1858 in dem Präparir faale der Anatomie in Erlangen zutrug und einem jest in Frankfurt a. M. thätigen, in seiner Vaterstadt wohl renommirten Arzte zugestoßen ist, wird in der Frankf. Stg." wie folgt geschildert: Die anatomischen Gebäude aus der damaligen Beit waren nicht von solcher Pracht und mit solchem Komfort ausgestattet, wie die heutigen Residenzpaläfte der Wissenschaft