Rukland.
Die Most. Wied." des Herrn Kattom widmete jüngst einen Leitartikel den Eisenbahnen in Polen und namentIch der im Fall eines Krieges mit Deutschland wichtigen Weichsel - und Warschau - Bromberger Bahn. Die wichs tigsten Stellen des Artikels lauten:" Auf ersterer wichtigeren Linie besteht das gesammte Dienstpersonal aus Polen und Deutschen , die sowohl untereinander, als auch im dienstlichen Verkehr sich nur einer dieser beiden Sprachen bedienen. Im Falle eines Krieges würde man teine geheimen Transporte machen können, da dieselben unter Kontrole von Leuten stehen, die gegen Rußland gewiß keine freundschaftlichen Gesinnungen hegen. Es müßte daher die wichtige Strecke von Warschau nach der Festung Nowogeorgiemst unter rein militärische Verwaltung und ein aus den Eisenbahnbataillonen gebildetes Dienstpersonal gestellt werden. Das allein würde jedoch noch nicht genügen. Auf der ganzen Strecke zwischen Mlama und Ciechanow wohnen eine Masse Ausländer, die viele der Fabrikindustie dienende Gebäude errichteten. Einige dieser Gebäude haben ganz das Aussehen von Redouten. Im Falle eines Krieges braucht man nur Erde aufzuschütten, die Dächer abzunehmen und ein Vertheidigungspunkt ist fertig! Es läge auch darin teine Gefahr, wenn nicht bekanntlich in den Fabriken preußische Landwehrsoldaten als Arbeiter beschäftigt wären, während die ihnen vorgesezten Techniker und Verwaltungsbeamten meistens preußische Reserve- oder LandwehrOffiziere find. Man brauche nur Schießwaffen zu ver theilen und die Festung mit der Besagung sei fertig! Es sei ja auch kein Geheimniß, daß längs der Grenze in Entfernungen von 50-90 Werst zahlreiche russische Kavallerie- Regimenter stehen, deren Bedeutung nicht unklar sein kann. Es dürfen daher an der Grenze derartige Sperr forts" nicht geduldet werden, die unsere Kavallerie beim Ueberschreiten der Grenze aufhalten könnten." Die Most. Wied." begleitet alle diese Warnungsrufe mit der Mittheilung, daß die maßgebenden Kreise auf diesen hochwichtigen Gegenstand bereits ihre Aufmerksamkeit richten und namentlich die Angelegenheit des deutsch - polnischen Dienstpersonals auf der Warschau - Brom berger und Weichselbahn in furzem im Schoße des Ministerraths zur Berathung tommen wird. Thatsächlich hat der Artikel des Katkow'scheu Organs bereits Früchte getragen und die Regierung zu einem Schritt veranlaßt, welcher dem jeßigen Bustande ein Ende bereiten wird. Das Finanzministerium hat nämlich einen größeren Posten Weichselbahnattien angekauft und ihre daraus entspringenden Rechte bei der jüngsten Generalversammlung der Bahn zur Geltung gebracht. Wie bereits gemeldet, erlangte die Regierung mit Hilfe des Finanziers Bloch und der russischen Bank für auswärtigen Handel die Majorität, so daß die Demission des jeßigen Präsidenten und des Bahndirektors beide find Polen unvermeidlich ist. Nunmehr wird der Posten des Verwaltungsraths- Präsidenten, sowie alle höheren Beamtenstellen durch geborene Russen besett werden, welche ihrerseits das ihnen untergebene Bahnpersonal reinigen sollen, um es nach und nach durch russische Elemente zu ersetzen.
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Der Generalrath der belgischen Arbeiterpartei hat für den 26. Dezember einen großen sozialistischen Kongreß nach Brüssel einberufen. Lepterer, welchem der Generalrath zunächst Bericht über die moralische und finanzielle Lage der Arbeiterpartei erstatten wird, soll sich demnächst mit dem Anschluffe der belgischen Arbeitervereine an die amerikanischen Ritter der Arbeit" sowie mit den praktischen Mitteln behufs Organisirung einer allgemeinen Arbeitseinstellung beschäftigen. Auch soll über die Art und Weise berathen werden, wie in der Armee sowie in der Miliz Propaganda gemacht werden fann. Da am Sonntag auch das neue sozialistische Lokal in Brüffel eröffnet werden soll, wird aus diesem Anlasse eine große Kundgebung angekündigt. Sämmtliche Arbeitergesell schaften der belgischen Hauptstadt werden, ebenso wie die Delegirten des Sozialistentongresses, an dieser Demonstration bei der Einweihung der Maison du Peuple"( des Hauses des Volkes") theilnehmen.
Die Pariser Arbeiter haben in einer großen Versamm lung gegen die blutigen Stiertämpfe protestirt, die man für die Wafferbeschädigten in Süd- Frankreich aufführen wollte. In der Einladung zu dem Besuch der Versammlung konnte man lefen:„ Das Blut wird, roth und dampfend, in der Arena fließen, um einen Haufen der Kokotten( Luftdirnen) und WeltDamen, der geckenhaften jungen Leute und der blafirten Bour geois zu ergößen. Den katholischen und monarchischen Spaniern will man die verruchten Spiele der römischen Dekadenz entlehnen. An Euch, Pariser Sozialisten, ist es, eine Leftion der Menschlichkeit denen zu ertheilen, welche sie vergessen." Schon war Dr. Caftelnau zum Präsidenten ernannt, als Felix Byat in den Saal trat und der Vorsitzende ihm ehrerbietig Plaß machte. Eigentlich sollte ich nicht annehmen, entgegnete Dieser, denn ich habe jede Präsidentschaft stets als einen alten Ueberreft des Königthums angesehen; aber ich kann mich Eurem
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Wunsche fügen, da meine Präsidentschaft nicht fieben Jahre, wie die des Herrn Grévy, währen und Euch nicht 1 600 000 Frts. jährlich foften wird. Schließlich nahm man einmüthig die von Felix Pyat beantragte Tagesordnung an:„ Die Sozialisten von Belleville fordern die Regierung auf, die Stierrennen zu verbieten." Der Pariser Gemeinderath hat schon eine ähnliche Aufforderung an den Polizeipräfekten ergehen laffen.
In Irland brodelt es wie in einem Herenteffel. Die englische Regierung will Nachrichten erhalten haben, daß irische Dynamitarden von Amerika nach England abgereist seien. So viel steht jedenfalls fest, daß unter den Extremen der FrischAmerikaner in der legten Zeit erhöhte Thätigkeit herrscht. Auf einer in Knockmonlea bei Yonghal abgehaltenen Bächterversammlung erklärte der Parlamentsabgeordnete Laue, die Regierung fönne nur alle irischen Mitglieder des Parlaments einsperren lassen. Die Priester würden dann an ihre Stelle treten und den Feldzugsplan" fiegreich durchführen.- Rachdem mehrere Gerichtsvollzieher in der King's Grafschaft Angriffe von den Pächtern zu erleiden hätten, streiften am Sonnabend in Tullamore sämmtliche Gerichtsvollzieher und haben somit ihren gefährlichen Beruf aufgegeben. Auch in Coachford, im Kreise Cort, wurde eine Volksversammlung abgehalten. Von den auftretenden Rednern prophezeite das Parlamentsmitglied Dr. Tanner, daß die Tory Regierung in drei Monaten gestürzt sein würde, während der Stadtrath Hooper, gleichfalls Mitglied des Parlaments, die Ansicht aussprach, daß es der Regierung nur darum zu thun sei, 20 oder 30 Stimmen im Parlament zu beseitigen.
Die Regierung wandelt einstweilen auf den Wegen ihrer brutalen Zwangspolitik ohne besondere Skrupel weiter. Ein am Sonnabend Abend erschienenes Extrablatt der Dubliner Amtszeitung" enthält nachstehende schon kurz erwähnte Proflamation: Da gewisse Personen seit einiger Zeit zur För derung eines sogenannten Feldzugsplanes fich vereinigt und verschworen haben, um die Unterthanen der Königin in der freien Ausübung ihrer geseglichen Rechte( der freien Pächterausbeutung nämlich! D. R. ) zu beeinträchtigen und insbe sondere die Beziehungen zwischen Grundbefizern und Bächtern zu kontroliren, und da die vorerwähnten Personen versucht haben, thren Zweck zu erreichen, indem sie die Pächter dazu aufwiegelten, die Zahlung des Pachtzinses, zu welchem die Gutsherren berechtigt find, zu verweigern und denselben an Fremde und Andere, die feinen Anspruch darauf besigen, abzuführen, warnen wir jest hierdurch alle Personen, daß die genannte Bewegung, unter welchem Namen dieselbe auch be kannt sein mag, oder durch welche Mittel fie auch ausgeführt werden mag, eine ungefeßliche und verbrecherische Verschwörung ist. Jedermann, der dieselbe fördert und sich daran betheiligt, wird sich der gerichtlichen Verfolgung ausseßen, und alle Gelder, Quittungen, Bücher und Dokumente, die für den Zweck der genannten Verschwörung verabfolgt oder empfangen werden, find der Beschlagnahme, und die Personen, die im Befit Derselben betroffen werden, der Verhaftung und Prozesfirung ausgesett. Gegeben in der Dubliner Burg, am 18. Dezember 1886. M. E. Hicks- Beach.
Lord Churchill, vielleicht das geistig bedeutendste Mitglied des Torykabinets, zugleich bekannt durch seine Inkognitoreise nach Berlin und Wien , hat sein Amt als Schazkanzler nieders gelegt! Als Grund des Rücktrittes wird angeführt, daß Churchill theils mit den vom Kriegsdepartement und der Admiralität für das Budget gemachten Voranschlägen, theils mit den für die innere Verwaltung einzubringenden Gesezent würfen nicht einverstanden sei. Die irische Frage dürfte auch ihren Antheil an dem Rücktritt haben.
Kongreffes im Teatro Rossini, sowie die anberaumte GedenkDie Polizei in Rom verbot die Abhaltung des sozialistischen feier anläklich des Todestages Oberdant's seitens des Arbeitervereins Gioventu Operosa."
Balkanländer.
Der„ Pester Lloyd" faßt die Lage der bulgarischen Regentschaft folgendermaßen zusammen: Die der russischen Be hauptung zu Grunde liegende Auffassung, daß das Recht der Ernennung des Fürsten prinzipiell den Großmächten zustehe, findet im Berliner Vertrage ihre Rechtfertigung nicht; fie steht vielmehr im direkten Widerspruche mit dem Berlinee Vertrage, welcher im Artikel II bezüglich der Defignirung des Fürsten von Bulgarien drei Erfordernisse aufstellt, und zwar in folgen der Rangordnung zuerst die freie Wahl durch die Bevölkerung, dann die Bestätigung der Pforte und in dritter Reihe die Bus ſtimmung der Mächte. Die Bemühungen der Bulgaren , einen ihnen genehmen Fürsten ausfindig zu machen, halten sich fonach ganz im Rahmen der Verträge und werden durch die Geringschäßung und den Spott der Petersburger Kreise nicht ernstlich getroffen. Allerdings ist es richtig, daß diese Be mühungen aussichtslos bleiben werden, so lange Rußland auf seinem Standpunkte der Negation verharrt. Wir sagen Standpunkt der Negation, weil es Jedermann einleuchtet, daß die
Kandidatur des Mingreliers nicht sowohl um ihrer selbst willen, als vielmehr deswegen mit solcher Bähigkeit behauptet wird, um jeder anderen Kandidatur von vornherein den Boden zu ent ziehen. So lange Rußland in dieser Position verharrt, dürfte auch keine andere Macht den Beruf fühlen, mit positiven Vor schlägen hervorzutreten, und die Wahrscheinlichkeit liegt nahe genug, daß die bulgarische Deputation ohne jedes faßbare Refultat von ihrer europäischen Rundreise heimfehren werde. Wenn dann die Bulgaren etwa, des langen Suchens und Harrens müde, dazu gelangen sollten, auf eigene Faust die ihnen von Europa verweigerte Lösung der Krise zu suchen, so wird man ein solches Vorgehen vom Standpunkte der Verträge gewiß nicht billigen können, vom Standpunkte des europäischen Friedensbedürfnisses sogar lebhaft bedauern müssen, man wird aber nicht umhin fönnen, mindestens eine Reihe wichtiger Ent schuldigungsgründe für ein solches Verhalten anzuerkennen und gelten zu laffen."
Eine großartige Wühlerei unter der mohamedanischen Bes völkerung sowohl in Bulgarien als in Ostrumelien soll gegenwärtig die Türkei betreiben, hauptsächlich zu dem zwecke, daß diefe der im Zuge befindlichen Rekrutirung Widerstand leiste. Von den jezt auszuhebenden 16 063 Refruten entfallen etwa 20 pCt. auf die mohamedanische Bevölkerung. Es soll nun die Losung ausgegeben worden sein, die Aushebung in den mohamedanischen Bezirken gewaltsam zu verhindern. Meistens aus diesem Grunde hat die bulgarische Regierung nach Rustschut und Siftowo Verstärkungen geschickt und namentlich die Artillerie vermehrt.
Die Times" berichten aus Philippopel : Die Türkei konzentrirt enorme Truppenmassen in Makedonien , am 13. De zember standen dort 113 Bataillone Infanterie, 5 Regimenter Kavallerie und 32 Batterien.
Gerichts- Zeitung.
Karlsruhe . Es ist ein trauriges Bild menschlicher Verirrung, das fich dieser Tage vor den Schranken des Schwur gerichts in Karlsruhe dem Publikum zeigte. Auf der einen Seite ein alter Mann in ergrautem Haar, der feit einer Reihe von Jahren an einer der obersten Staatsstellen einen Vers trauensposten ersten Ranges einnahm, auf der anderen Seite ein Weib, das sich nach einer Jugendverirrung an den Mann anheftete und ihn in die Arme des Verbrechens trieb, für das er fich jetzt verantworten mußte. Es war vor über zwanzig Jahren, als Weniger als Bahnverwalter nach Mühlacker verfest wurde. Dort lernte er die Elise Lang im Hause ihres Stief= vaters kennen. Aus welchen Gründen der Angeklagte die Lang nicht zum Altare führte, blieb unaufgeklärt; ste schenkte einem Knaben das Leben, der zur Zeit in Berlin auf der Universität fich befindet. Von jener Zeit an scheint sich der Angeklagte auf den Pfad des Verbrechens begeben zu haben, auf dem er erst zu einer Beit entdeckt wurde, als die veruntreuten Summen fich bereits auf mehr denn 200 000 M. beliefen. Der Angeklagte, der bereits 62 Jahre alt ist, ist seit 1871 Angestellter an der Hauptkaffe der Generaldirektion in Karlsruhe , wo er ein Gehalt von 4000 M. bezog. Weniger gesteht, daß er seit 1882 Gelder aus Der Kaffe entnommen habe; vom Jahre 1866 bis 1882 habe er all' sein Vermögen der Lang gegeben. Bei Jahresabschlüssen und Raffenstürzen hat Weniger fich mit Papiergeld, das er noch nicht gebucht, oder mit falschen Geldrollen geholfen, welche er ganz zu unterst legte. Und wurde einmal eine Rolle zur Prüfung herausgezogen, so wurde, wie der Angeklagte angiebt, doch nichts entdeckt, da ihm der Zufall immer günstig gewefen. Ueber den Verbleib der unterschlagenen Gelder befragt, erklärte Weniger, daß er dieselben und noch einen großen Theil seines Gehaltes der Lang gegeben habe, die auch gewußt, woher er das Geld habe. Diese Person trat in München als reiche Dame, Wittwe eines Fabrikanten auf, als welche sie große Summen verpraßte. Sie kaufte sich ein Haus in der Gartenstraße und gab sehr viel Geld aus für Kleider und Wagen. Im Winter gab fie Bälle und Gesellschaften und ließ auch die Schäffler tanzen. Nach dem Bade Teinach ließ fich die Lang innerhalb zweier Monate allein 4000 M. von Weniger schicken. Die Angeklagte giebt zu, von Weniger über 200 000 M, empfangen zu haben, auf die meisten an fie gestellten Fragen weiß fie feine Antwort zu geben. Nur giebt fie an, daß fie mit dem Gelde, das ihr nach Teinach geschickt wurde, ihre früheren Schulden bezahlt und daß sie in München ein Haus gekauft habe, um daselbst ein Penfionat(!) einzus richten. Für sich selbst hat Weniger, ein bedürfnißloser Jungs geselle, noch lange nicht seine Besoldung aufgebraucht, alles verschlang seine Geliebte. Bekanntlich hat diefe foloffale Unter schlagung noch die disziplinare Penfionirung zweier höherer Beamten wegen gewiffer, nicht strafbarer Mängel der rechnerischen Ueberwachung zur Folge gehabt, sowie außerdem die Einführung des sogenannten alljährlichen Zwangsurlaubs bei den Kaffirern bedeutender Kaffen. Gerade der damit verbundene Kaffensturz gilt und gewiß mit vollem Recht als das sicherste Mittel zur Aufdeckung aller künstlich verhüllten Eingriffe. Das Urtheil lautete für Weniger auf sieben Jahre Buchthaus, für die Lang auf fünf Jahre Gefängniß.
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an den deutſchen Univerſitäten. In Erlangen , woſelbſt der aufs Spiel zu setzen. Die Brobe entſprach allen Grwartungen, Soziales und Arbeiterbewegung.
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Universität im vorigen Jahrhundert von dem Markgrafen Friedrich von Bayreuth das mitten in der Stadt auf dem Marktplaße gelegene fürstliche Schloß zugewiesen war, diente als Anatomie ein großes altes, im Rotoflostyl gebautes Treibhaus, deffen Mittelbau, welchen man mittels eines einzigen eisernen Defchens zu beizen suchte, als Seziersaal diente. Noch bis Ende der sechsziger Jahre unseres Jahrhunderts waren die Studenten der Medizin gezwungen, bei eifiger Kälte auf den Steinplatten dieses schauerlichen Gewölbebaues stundenlang ihre Bräparirſtudien an menschlichen Leichen nach eingetretener nach eingetretener Dunkelheit oft bei Talglicht vorzunehmen. Die Bahl der Medizin Studirenden war daher auch eine äußerst geringe. Manchmal arbeitete ein einziger Jünger der Wissenschaft in jenen schrecklichen Hallen, auch des Abends wenn er nämlich vor dem Examen stand. Eines Tages wurde die Leiche eines baumlangen Sträflings aus einem benachbarten Buchthause vor dem leichenduftigen Laboratorium abgeladen und im Saale auf einen hohen Klapptisch gelegt, um alsbald zur geistigen Erleuchtung unseres Aeskulapjüngers zu dienen. Lepterer machte sich denn auch, bekleidet mit dicken Filzstiefeln und Belzhandschuhen, die Studentenmüße auf dem Haupte, in gewohntem Eifer alsbald daran, die inneren Geheimniffe des gemefenen Räubers zu erschließen. Zum Arbeiten lagerte er fich funstgerecht den Kadaver und schob deffen feuchtkalte Hände, die Arme ihm kreuzend, unters Todtenhaupt. Eifrig beugte er fich über die breite Brust des Todten und sentte sein Stalpell forschend in deffen magere Haut. Da rauschte etwas, es erhob fich der Todte und gab mit der flachen Hand dem erblaßten Doktoranden eine schallende Ohrfeige. Mit starrem Auge und erhobenem Oberkörper blieb die Leiche figen, während der Herr Studiofus erschreckt zurücktaumelte, das Skalpell fahren ließ, gleichzeitig das große thönerne neben ihm stehende Waschgefäß auf den Steinboden schleudernd. Bald war das Lebendig werden des Riesen aufgeklärt; der selbstthätige Klapptisch hatte durch Herunterfallen seiner vorderen Hälfte dem hierdurch emporschnellenden Todten mechanische Kraft und vermeintliches Leben auf einen Augenblick gespendet!"
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Neue Kuppelung für Eisenbahnwagen. Midlandeisenbahn wurde dieser Tage in Gegenwart einer Anzahl Sachverständiger die neue Sicherheitskuppeltette, eine Er findung Gedge's, erprobt, deren Bwed darin besteht, den Weichenstellern die Kuppelung und Entkuppelung der Wagen von der äußeren Schienenseite zu ermöglichen, ohne sie zu nöthigen, zwischen die Wagen zu freten und dadurch ihr Leben
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denn ein Zug von 20 Wagen ward von einem einzigen Weichensteller innerhalb 1 Min. 20 Set. entfuppelt und darauf in 1 Min. 16 Sel. wieder zusammengekuppelt, und dies ausschließ lich vermittelst eines 5 Fuß langen Stangenhakens, mit welchem er am Zuge vorbeigehend arbeitete.
Im Bremer Freihafengebiet hat man am Freitag Petroleum gefunden, und zwar auf einer Länge von ca. 50 Metern in der füdlichen Baugrube, gegenüber der Korff'schen Petroleumfüdlichen Baugrube, gegenüber der Korff'schen Petroleum raffinerie. Beim Nachgraben wurde konstatirt, daß der ganze Untergrund mit Petroleum durchtränkt ist. Die Bremer Blätter machen indeß die Hoffnung, daß man eine Petroleumquelle entdeckt habe, deren Ertrag die Anlagekosten des Freihafengebietes decken würde, vollständig zunichte. Petroleum, schreiben die selben, ist allerdings gefunden, aber daffelbe stammt von einem Brande bei Korff her, bei welchem vor einigen Jahren 500 bis 600 Barrels Petroleum ausgelaufen und in den Sand gefickert find. Nachdem nun im Freihafen der Wasserspiegel in der Ausschachtung auf-3,5 bis 3,8 gefenft, während in der Weser das Waffer bis auf+0,80 gestiegen war, ist durch den äußeren Wafferdruck von der Weser in der Richtung nach der Baugrube das spezifisch leichtere Petroleum auf dem nach letterer zu geneigten Grundwasserspiegel nach dieser hingedrängt worden und dort zu Tage getreten. Es find in der Baugrube sofort Vorsichtsmaßregeln getroffen worden, um eine Entzündung des Petroleums zu verhindern, welche die Rammen und den Pfahlreft gefährden würde. Das Petroleum wird jetzt in einem offenen Graben gesammelt und von Arbeitern der Korff'schen Fabrik ausgeschöpft.
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Eine feltsame Sitte, welche an die Urzeit europäischer Gefittung erinnert, haben, wie in den Straits Times" von Singapore mitgetheilt wird, die in der Nähe des BromoBulfans auf Java lebenden Eingeborenen. Diese bedienen fich feines Feuers, das nicht mittelbar oder unmittelbar von ihrem gewaltigen Nachbar, dem genannten feuerspeienden Berg, herrührte. Sie entzünden, sobald ein Ausbruch erfolgt, an der geschmolzenen Lava Späne, um damit ihr Herdfeuer anzumachen, und laffen daffelbe Jahre lang nicht ausgehen. Sollte dies doch einmal zufällig geschehen, so holen fie fich beim Nachbar Feuer, das einst auch in der beschriebenen Weise gewonnen worden. Das Herdfeuer, das jest dort brennt, stammt sämmtlich von dem Ausbruch des Bromo- Bukans im Jahre 1832.
Zur Unfallversicherung. Das Reichsversicherungsamt hat neuerdings Entscheidungen über die Versicherungspflicht der Angehörigen mehrerer Betriebszweige und die Butheilung der legteren zu Berufsgenossenschaften gefällt, welche für die Be theiligten von großer Bedeutung sind. Die Pflasterer sollen den Steinhauern bezw. Maurern zugerechnet, also den Baugewerts- Berufsgenossenschaften überwiesen werden, während bezüglich der Steintlopfer oder Steinschläger, welche für die Beschotterung der Chauffeen Steine zerkleinern, angenommen wird, daß dieselben, abgesehen von den übrigens wohl faum vorkommenden Fällen der Verwendung von Motoren oder der regelmäßigen Beschäftigung von mindestens zehn Arbeitern in einer Beriebsanlage", nicht versicherungspflichtig seien, weil es fich hier nicht um Steinhauereibetriebe, sondern nur um das Bertrümmern von Steinen bis auf gewisse Größen handelt." Die Versicherungspflicht der Pflasterer wird dagegen damit begründet, daß, auch wenn fertig zugerichtete Steine verwendet werden, das Pflastern, z. B. beim Anschluß an die Bordsteine der Straßendämme oder der Trottoirs, an Pferdes bahngeleise u. f. w., ohne ein Behauen einzelner Steine nicht zu bewerkstelligen ist, und daß solche Betriebe namentlich im Hinblick auf die Härte des zu bearbeitenden bezw. nachzuhauenden Materials alle Gefahren des Steinhauergewerbes mit fich bringen." Diese Ents scheidung ist zwar nach einer Berathung mit dem Vorfißenden der Baugewerks. Berufsgenossenschaften getroffen worden, der Unterschied, der zwischen Pflasterern und Steinklopfern gemacht wird, erscheint aber doch gar zu künstlich. Die Gefahr von Unfällen bei der Bearbeitung des Materials, welches sich durchaus nicht in dem angenommenen Maße durch die Härte von einander unterscheidet, ist bei beiden Berufsarten gleich groß oder, wenn man will, gleich gering. Wir nehmen übrigens an, daß bei der in Aussicht gestellten Ausdehnung der Unfallverficherung auf alle bei Bauten beschäftigten Personen, auch auf Erdarbeiter, die Steinklopfer nicht übergangen werden dürfen. Baggerbetriebe; welche ausschließlich auf die Gewinnung von Kies und Sand gerichtet sind, sollen der Steinbruchs Genossenschaft, solche, welche ausschließlich dem Zwecke der Vertiefung des Fahrwaffers und dergleichen dienen, den Binnenschifffahrts- Berufsgenossenschaften, und solche, welche nach beiden Richtungen betrieben werden, dem Hauptbetriebe entsprechend jener oder dieser zugewiesen werden. Kupfer schmiede Betriebe, in welchen die Arbeiten überwiegend
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