Die Operettensängerin Fräulein S., welche am verflossenen Sonntag, wie bereits berichtet, vor dem russischen Botschaftspalais Unter den Linden von Krämpfen befallen und dann in die Charitee geschafft wurde, ist daselbst, nachdem fie fich erholt hatte, gleich wieder entlassen worden. Gestern jedoch wurde die S. wieder in das genannte Krankenhaus vom 36. Polizeirevier aus eingeliefert behufs Observation ihres Geisteszustandes. Das Urtheil der Aerzte lautete nach eingehender Beobachtung auf Wahnsinn in der ausgeprägtesten Form. Die Unglückliche leidet an Verfolgungswahn, der in ben legten Tagen einen hohen Grad angenommen und sich so gemeingefährlich gestaltet hat, daß ihre Wirthsleute polizeiliche Hilfe in Anspruch zu nehmen sich genöthigt sahen. Die S., beiläufig bemerkt eine junge Dame von hervorragender Schönheit, zertrümmerte gestern die Fensterscheiben ihres Zimmers, jammerte, daß sie ihr Kind ermordet habe( obgleich sie ein folches gar nicht gehabt) und benahm sich überhaupt derartig, daß ihre Ueberführung in die Charitee zur unbedingten Noth wendigkeit wurde.
Nur um den Kindern den Weihnachtstisch zu decken, fieht man jetzt ärmere Leute nach den Leihhäusern wandern, um vielleicht die legten Werthsachen zu verpfänden. So voll, wie jetzt die Leihämter find, waren sie seit langer Zeit nicht. Vor dem Preußischen Leihhause in der Beuthstraße spielte sich gestern eine Szene ab, welche geradezu herzzerreißend war. Ein altes Mütterchen hatte einige Kleidungsstücke verpfändet und dafür wenige Marf erhalten. Es wollte mit dem Erlöse seinem ganz verwaiſten Enkellinde eine Freude bereiten. Doch kaum auf die Straße getreten, fiel fie in Folge des Schneefalles zu Boden, wobei ihr das Geld, welches sie noch in der Hand hatte, entfiel. Als man dasselbe trotz allen Suchens nicht fand, begann die Alte bitterlich an zu weinen. Der Berliner fann aber feine Thränen sehen die Paffanten hörten die Klagen der Unglücklichen und bald hatte eine freiwillige Kollekte den Verlust gedeckt. Wohl selten haben gute Menschen mit Ge ringem eine so große Weihnachtsfreude bereitet wie hier. Mit warmen Dankesworten aing die Alte von dannen, jedem ein fröhliches und gesundes Weihnachtsfest wünschend. Die Freude Der Alten beim Einkauf des Weihnachtsgeschenkes wird jezt eine doppelt große sein.
Einem alten Verbrecher wurde am 18. d. M. Morgens in der Linienstraße ein noch ziemlich guter schwarzer Mantel aus Regenrockstoff mit braunem Sammettragen abgenommen, den derselbe von einem Unbekannten erhalten haben will, und von dem angenommen werden muß, daß derselbe durch eine strafbare Handlung erlangt ist. Der etwaige Eigenthümer kann fich auf dem Kriminalfommissariat, Moltenmarkt 1, Zimmer 78 melden.
Die armen Hunde haben zur Zeit entseßlich zu leiden und besonders auf den Strecken, wo die Pferdebahn die Ges Teise mit dem scharfen Salz bestreut hat, sieht man die bes bauernswerthen Vierfüßler mit Widerstreben gehen, weil die wenig feste Hornhaut des Fußballens durchgefressen wird und Wie scharf das so dem Thiere große Schmerzen verursacht. geftreute Salz ist, beweisen die alten Klagen wegen Zerstörung des Leders an den Stiefeln. Auch die Hufe der Pferde leiden arg unter den schädigenden Einflüssen des Salzes, so daß die Pferde zur Heilung der Hufe Lehmumschläge erhalten müffen. Bei Hunden müßte eine sorgfältige Reinigung der Pfoten vorgenommen werden.
Polizeiliche Siftirung. Am Sonntag, den 19. Dezbr., Vormittags gegen 10 Uhr, wurde der Tischlergeselle Kasemir Schufalsti am Grünen Weg von mehreren Kriminalbeamten auf das 24. Polizeibureau in der Kleinen Andreasstraße fistirt. Auf der Polizeimache angelangt, mußte sich Sch. bis auf das Hemd entkleiden. Alles wurde genau durchsucht, sogar Stiefel, Strümpfe, Unterhosen, Hemde, Kragen und Shiips. Es wurde nach polnisch- sozialrevolutionären Schriften gesucht; allerdings ohne Erfolg. Hierauf wurde der Sistirte entlassen. Um dieTelbe Zeit wurde bei dem Tischlergesellen Adam Braciszewski, Grüner Weg 105, gehaussucht, hier freilich nicht ohne Erfolg. Es wurden mehrere polnische Druckschriften in Beschlag geSchulalsti wurde später noch einmal sistirt. Es wurde während des ganzen Sonntags gesucht, doch nichts gefunden. Am andern Tage bemerkte Schufalsti vor seiner Thür, Weberstr. 1-2, zwei ihn wahrscheinlich erwartende Beamte. Es gelang ihm jedoch zu entkommen. Den Beamten, die vor der Thür geblieben waren, dauerte das Warten jedenfalls zu lange, fie forschten schließlich in der Wohnung nach und erfuhren hier, daß der Gesuchte schon längst ausgegangen sei. Die Beamten begaben sich darauf nach der Werkstatt, wo Sch. beschäftigt war, und von hier aus wurde er nach dem Molken= markt fiftirt, von wo er erst nach mehreren Stunden entlaffen wurde.
nommen.
Die Zahl der in Berlin sich aufhaltenden Ausländer war nach der Stat. Korr." bei der Volkszählung viel erheb= licher, als bei früheren Zählungen. Es wurden nämlich unter der ortsanwesenden Bevölkerung am 1. Dezember v. J. gezählt 156 966 Reichsausländer gegen 98 958 im Jahre 1880, 120 993 im Jahre 1875, 87 304 im Jahre 1871 und 75 589 im Jahre 1867. Die Zunahme in den letzten 14 Jahren beträgt also 69 665 oder 79,8 pCt. Unter den Reichsausländern befanden fich im Jahre 1885 48 883( 1871 16 292) Desterreicher und Ungarn , 30 326( 13 520) Dänen, 25 146( 20043) Holländer, 21 217( 10 178) Ruffen, 6663( 5070) Briten , 5768( 5867) Schweden , 5687( 30 313) Schweizer , 4472( 3713) Belgier , 2732 ( 1034) Staliener, 1895( 2544) Franzosen, 1229( 712) Luremburger, 1518( 1162) andere Europäer, 5055( 3516) Angehörige der Vereinigten Staaten und 1178( 540) andere Nichteuropäer. Abgenommen hat also seit 1871 nur die Zahl der in Deutsch land anwesenden Franzosen( um 25,5 pet.) und Schweden ( um 1,7 pet,), wogegen am beträchtlichsten zugenommen hat die Zahl der Dänen( um 124,3 pet.), der Italiener ( um 164,2 pet.) und der Deſt erreicher und Ungarn ( um 169,4 pct.). Angehörige anderer Bundesstaaten waren in Preußen vorhanden im Jahre 1885 319 192, 1880 163 390,( die Bählung von 1880 erfcheint hier wie bei den Reichsausländern in Folae mangelhaften Bählformulars unvollständig, 1875 184 709, 1871 151 272 und 1867 109 657).
Polizeibericht. Am 22. d. M. Vormittags wurde an der Burgstraße die Leiche eines Mädchens aus der Spree ge= Als um dieselbe Zeit der Arbeiter Heinrich mit einem zogen. Bundefuhrwert aus der Papenstraße in die Rosenstraße einbiegen wollte, gerieth er zwischen zwei sich entgegenkommende Pferdebahnwagen und erlitt dabei derartige Quetschungen an der linken Hand und dem rechten Oberschenkel, daß er sich nach dem katholischen Krankenhause begeben mußte.
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Abends wurde in dem Hause Königgrägerstraße 140 ein etwa 50 Jahre alter Mann frant vorgefunden und sollte nach dem Elisabeth- Krantenhause gebracht werden, starb jedoch schon auf dem Wege dorthin. In Folge der durch den Schneefall entstandenen Glätte stürzten viele Personen auf der Straße, dabei erlitten, soweit bekannt, am 21. d. M. Abends ein 60 Jahre alter Mann in der Rüdersdorferstraße, ferner am 22. d. M. eine Frau in der Wilhelmsstraße und ein Mann in der Friedrichs straße leichte Verlegungen bezw. Gelenkverstauchungen. Außerdem wurde in der Potsdamerstraße ein Bäckerlehrling, welcher dicht vor einem Omnibus ausgeglitten und niedergefallen war, von demselben überfahren, wodurch er einen schweren Bruch des Oberschenkels erlitt. Am 22. d. M. fanden Brunnen firaße 80, Oranienstraße 66 und Kursiraße 39 unbedeutende Brände statt.
Gerichts- Zeitung.
fich besonders empfehle, hat bei der Beschäftigungseintheilung der Richter des hiesigen Landgerichts I und Amtsgerichts I für das Jahr 1887 feine Beachtung gefunden. Denn in der Besezung der sieben Straftammern und sechzehn Schöffengerichtsabtheilungen find nur Aenderungen ganz nebensächlicher Natur eingetreten. Die durch die Vermehrung der Kammern noth wendig gewordenen Richterstellen find durchweg mit Hilfsrichtern besetzt, welche aus der Zahl der Amtsrichter entnommen find, während deren Stellen mit unbesoldeten Gerichtsaffefforen besezt sind. Den Schöffenabtheilungen 94, 98 und 100 stehen Assessoren vor. Deren Verwendung als Hilfsrichter bei den Straffammern, in denen nur zwei als Stellvertreter beurlaubter Landrichter fungiren, bei der 5. und 6a. Strafkammer die Affefforen Simonsohn und Fuchs, ist ausgeschlossen. Vermuthlich wird der Etat der Richter bei den beiden genannten Gerichten mit dem am 1. Aprit t. J. beginnenden neuen Etats jahre um die manquirenden Stellen erhöht werden und von diesem Zeitpunkt ab den genannten drei Schöffenabtheilungen Richter zugetheilt werden.
† Den unangenehmsten Eindruck von allen Verhandlungen vor Gericht rufen die Privatbeleidigungsprozesse hervor, die vor den dazu bestimmten Abtheilungen des Schöffetgerichts ausgefochten werden. Man erschrickt, wenn man Tag für Tag mehrere Gerichtshöfe mit derartigen Klagen beschäftigt sieht und die langen Terminszettel betrachtet, in denen Partei neben Partei mit ihren Anwälten aufgeführt find. Allein die Rechtsanwaltgebühren, die in solchen Prozessen in unsinnigfter Weise verschleudert werden, mögen in einer Stadt wie Berlin jährlich zusammen eine recht bedeutende Summe ausmachen, die wahrlich zu besseren Zwecken zu verwenden wäre. Denn um was für Dinge handelt es sich bei solchen Privatbeleidigungsklagen? Die lächerlichsten Nichtigkeiten des Lebens, ein unterlassener Gruß, ein schiefer Blic, einige zufällig gefallene Bemerfungen entzünden Streitigkeiten, die mit einer Heftigkeit und Erbitterung ohne Gleichen ausgefochten werden. Und dabei giebt ein Prozeß stets Anlaß zu einem neuen; das Uebel pflanzt fich wie eine Seuche fort. Die eine Partei hat einen Privatbeleidigungsprozeß angestrengt, flugs wird ihr von der anderen Seite eine Gegentlage an den Hals gehängt; sofort sammelt fie neues Material, formulirt eine zweite Klage, die Gegen partei thut natürlich dasselbe, und so bilden fich wahre Ratten fönige von Prozessen, die selbst dem gut geschulten Richter es schwer machen, durchzukommen. So werden diese Verhandlungen zu einer der schlimmsten Belästigungen für das Gericht; andererseits bieten sie jedem, der die zeitgenössischen Sitten tennen lernen will, die beste Gelegenheit, sein Wissen zu ver vollkommnen und seine eingepflanzten Anschauungen zu berichtigen. Es ist soviel die Rede von den Fortschritten, welche die Zivilisation in diesem Jahrhundert gemacht haben soll; wer aber aufmerksam diese Beleidigungsprozesse verfolgt, erstaunt über die abgrundtiefe Bosheit des Menschen, die sie oft genug enthüllen. Kübel von Gemeinheiten" werden täglich in diesen Verhandlungen vor Gericht entleert. Und meistens sind es Angehörige der gebildeten Stände", die sich hier vor Gericht entgegenstehen. Nicht, daß wir meinen, im Volke" gebe es nicht auch Menschen mit nichtswürdiger Gefinnung, aber so abgefeimt, so raffinirt, so ausgeflügelt treten dort die Verleumdung, die Niedertracht und alle übrigen häßlichen Instinkte nicht auf, es geht naturwüchfiger zu, und wenn wir auch durchaus nicht der rohen Gewalt das Wort reden wollen, so müssen wir doch gestehen, daß eine Rauferei, die mit ehrlichen Faustschlägen zwischen zwei Gegnern ausgefochten wird, auf uns einen besseren Eindruck macht, als die in alle Formen der Sitte ges fleidete heimtüctische Hinterlist, welche Angehörige der vor nehmen" Klaffen gegen einander anwenden. Uebrigens ist das in alle Formen der Sitte gekleidete" nicht immer zu finden. Was soll man z. B. von der Bildung" und der Sitte" der Frau eines wohlhabenden Kaufmanns sagen, der durch eine Anzahl von Zeugen der Gegenpartei nachgewiesen wurde, daß fie stinkenden Unrath höchsteigenhändig der Nachbarfamilie, mit der fie verfeindet war, in das Entree geworfen, und daß fie ihre Kinder dazu abgerichtet, den Mitgliedern jener Familie von hinten auf die Kleider zu spucken? Die Dame" war in prachtvoller Toilette und mit Geschmeiden behängt erschienen. verdient jener der jener pensionirte Beamte, eben Oder falls gestern zu erscheinen hatte, größere Achtung, der, wie fich herausstellte, ohne jede Veranlassung sich überall gerühmt hatte, er habe eine verheirathete Frau zum Ehebruch verleitet? Der Herr trug Handschuhe und verfügte über ein würdiges Geficht und eine gewählte Ausdrucksweise. Wir wollen die Beispiele nicht häufen, um nicht monoton zu werden, wollen Die Schimpfworte nicht angeben, welche die Prozeßakten füllen, die bösen Nachreden, Verleumdungen, Ehrabschneidereien nicht erwähnen, die in solchen Verhandlungen festgestellt und bestraft werden. Das einzig Erfreuliche in solchen Prozessen ist, wenn es dem Richter gelingt, einen Ausgleich zwischen beiden Parteien zu Stande zu bringen; manche Menschen scheinen in der That erst vernünftig und versöhnlich zu werden, wenn sie vor dem grünen Tische stehen. Um so abscheulicher aber ist die Hartnäckigkeit und Unversöhnlichkeit gewiffer Prozeßführender, die ohne von eigener Schuld frei zu sein mit einer Ausdauer, die einer befferen Sache würdig wäre, auf die möglichst harte Bestrafung des Gegners dringen. Sie sind schlimmer als der jenige, dessen Verurtheilung fie schließlich herbeiführen, denn von ihnen gilt das Wort: In einen Fehler zu verfallen, ist nichts, aber in einem Fehler zu beharren, das ist Sünde!
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Ragnit , 21. Dezember. Ein kürzlich beim Reichsgericht beendeter Prozeß macht augenblicklich viel von fich reden. Vor zirka fünf Jahren wurde einem Knaben, der bei dem Wirth K. in R. diente, durch eine Dreschmaschine der Fuß derartig bes schädigt, daß derselbe hierselbst amputirt werden mußte. Nach geschehenem Unglüd verlangte der Vater des Verlegten von dem Arbeitgeber lebenslängliche Verpflegung des Knaben oder eine einmalige Entschädigung von 900 M. Da jener beides verweigerte, ging der Prozeß durch alle Instanzen, bis R., wie die R.. 8tg." meldet, endgiltig vom Reichsgericht zur Zahlung von einer einmaligen Unterstügung von 200 M. und einer lebenslänglichen von 6 M. monatlich sowie in die Kosten ver urtheilt wurde.
Das Verbrennen lästiger Leute scheint in Frankreich seit einiger Beit zur Gewohnheit werden zu wollen. So stand dieser Tage vor den Geschworenen des Eure et Loirdepartes ments ein gewiffer Julien Panais unter der Anklage, seine Frau mit einem Schlage betäubt, auf ein Lager von Reiswellen gelegt, mit Petroleum übergoffen und angezündet zu haben. Um die Nachbarn zu täuschen, schrie er mitten in der Nacht; Hilfe! Hilfe! Feuer! Feuer!", aber als man herbeieilte, war bas Haus noch unversehrt und vor dem Kamin der Kammer lag die todte Frau mit entseglichen Brandwunden und starkem Petroleumgeruch. Panais batte feiner Frau im Rausche oft gedroht, er würde sie mit seinem Hause verbrennen, und er ftand im Rufe, auch seine erste Gattin zu Tode mißhandelt zu haben. Der Staatsanwalt beantragte die Todesstrafe; allein da der Angeklagte hartnäckig darauf bestand, seine Frau wäre ins Raminfeuer gefallen, so ließen die Geschworenen mildernde Umstände zu und statt zum Tode wurde er zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurtheilt. In acht Tagen der zweite derartige Fall.
Vereine und Versammlungen.
Vereinigung deutscher Stellmacher. In der letten Versammlung, welche am Mittwoch Abend in Heise's Lotal, Lichtenbergerstr. 21, tagte, hielt der Vorsitzende Herr Menzel einen Vortrag über den Werth der gewerkschaftlichen Organis fation, wobei er das heutige Innungswesen scharf fritisirte und zum Anschluß an die Vereinigung deutscher Stellmacher aufabtheilungen für die Förderung einer guten Strafrechtspflegeforderte. An der Diskussion betheiligten sich mehrere Redner
Der vom preußischen Justizminister Dr. Friedberg gethane Ausspruch, daß ein Wechsel der Richter in den Straf
im Sinne des Referenten. Hierauf beschloß die Versammlung, am 5. Februar t. J. in demselben Lokale einen Ball abzuhalten. Die nächste Versammlung soll ebenfalls und zwar am 10. Januar in dem genannten Lokale abgehalten werden. Nach Erledigung einiger gestellter Fragen wurde die Versammlung gefchloffen.
Der Fachverein der Böttcher Berlins hielt am 19. d. M. in Heise's Lokal, Lichtenbergerstraße 21, eine Versammlung ab, in welcher der Borsigende mittheilte, daß alle Vereinsmitglieder von Neujahr ab das Blatt„ Der Gewerkschafter" gratis erhalten. Es wurde beschlossen, daß jedes Mitglied 10 Pf. zu zahlen hat, wofür jedem das Blatt ins Haus gebracht wird. Hierauf wurde den Mitgliedern der Arbeitsnachweis des Vereins warm empfohlen und auf die Mißstände, welche das" Umschauen" im Gefolge hat, hingewiesen. Zur befferen Kontrole ward alsdann eine aus 8 Personen bestehende Kontrolkommission gewählt. Ein Mitglied stellte den Antrag, von jedem Mitgliede wöchentlich 10 Pf. extra zu erheben zur Begründung eines Fonds, aus welchem arbeitslose Kollegen unterstützt werden sollen, wenn ihre Arbeitslofigkeit länger als eine Woche dauert. Die Versammlung bes schloß, über diesen Antrag in einer späteren Versammlung Be schluß zu faffen und bewilligte hierauf zwei hilfsbedürftigen Kollegen eine Unterstüßung von je 20 M. Schließlich wurde beschlossen, gegen Herrn Brandner, welcher seinen Verpflich tungen gegen den Verein nicht nachgekommen ist, energisch vorzugehen.
Der Fachverein der Tischler veranstaltet am ersten Weihnachtsfeiertage in der Berliner Ressouree", Komman dantenstraße 57, eine Festlichkeit, bestehend aus Konzert, Gesangs und deklamatorischen Vorträgen, Theatervorstellung und Ball. Anfang des Konzerts Nachmittags 4 Uhr, des Balles nach 12 Uhr. Billets find nur vorher zu haben bei den Mitgliedern Böhm, Johanniterstraße 10, Hof III; Gruenwaldt, Prinzenstraße 8, III, bei Konrad; Glocke, Laufißerplatz 2, Hof part.; Meinz , Manteuffelstr. 93, III links; Haase, Rheinsbergers straße 13, 1; Apelt, Belle- Alliancestr. 61, Hof rechts V; Thierbach, Neue Königstr. 72; Befold, Bergmannstr. 96; Fest, Hollmannstraße 1a, I; Balme , Andreasstr. 17, of Ii; Schulz, Brizers Straße 42; Witte, Möckernstr. 95; Jakob, Aderstr. 71 und Bielstein, Gartenstr. 3, IV( bei Biedermann). An der Kaffe des Lokals werden keine Billets ausgegeben. Der ZentralArbeitsnachweis des Vereins( Blumenstr. 56) ist am 24., 25., 26. und 31. Dezember, sowie am 1. Januar für Arbeitsuchende geschlossen; jedoch können schriftliche Gesuche der Arbeitgeber um Zuschickung von Gesellen auch an diesen Tagen in den am Eingang zum Arbeitsnachweis befindlichen Brieftasten gelegt werden. Die Zahlstellen des Vereins sind am 25. Des zember und 1. Januar ebenfalls geschloffen.
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Zentral- Kranken- und Sterbekasse der Tischler 2c. Den Mitgliedern obiger Kasse wird hierdurch bekannt gemacht, daß wegen des bevorstehenden Weihnachts- und Neujahrsfestes die Beiträge auf den Bahlstellen sämmtlicher Verwaltungsstellen Berlins am Freitag, den 24.( Heiligabend), und Freitag, den 31. Dezember( Sylvester), von 8 bis 10 Uhr durch die Beis tragsammler entgegengenommen werden. Durch wiederholte Bekanntmachung des Vorstandes in Hamburg wird darauf aufmerksam gemacht, daß sämmtliche in diesem Jahre fälligen Bei träge vor dem 1. Januar bezahlt sein müssen.
Fachverein der Metallschleifer und verwandten Berufsgenoffen. Am 27. Dezember, Vormittags 10 Uhr, findet in Krieger's Salon, Wafferthorstraße 68, eine Versammlung statt. T.- D.: 1. Vortrag des Herrn Dr. Stahn über das Wesen der Kometen und Sternschnuppen. 2. Diskussion. 3. Verschiedenes. 4. Fragetasten. Gäste willkommen.
Der Verein zur Wahrung der Interessen der Tischler arrangirt am ersten Weihnachtsfeiertag ein Vergnügen in Klein's Salon, Dranienstraße 180, bestehend in Konzert und komischen Vorträgen, sowie Auftreten des Bauberkünstlers Herrn Berndt. Anfang 6 Uhr. Billets find zu haben bei den Herren Lackur, Admiralstr. 26 I, Frant, Reichenbergerstr. 46, Lerche, Frucht straße 52, Stiegelmeier, Gitschinerstr. 93, Werschke, Adalbertstraße 16, Pschichholz, Straußbergerstr. 43.
Gesang-, Turn- und gesellige Vereine am Freitag. Gesangverein Nord- Jubal" Abends 9 Uhr Veteranenstr. 19. Liedertafel der Maler Berlins ". Abends 5 Uhr Gesangstunde in Neu- Tivoli, Oranienstraße 52.- Turnverein Hasenhaide " ( Männerabtheilung) Abends 8 Uhr Dieffenbachstraße 60 61. Bitherklub Alpenveilchen" Abends 8 Uhr im Anhaltiner", Tempelhofer Ufer, Ecke der Möckernstraße. Rauchklub ,, Westend" Abends 9 Uhr im Hohenzollerngarten, Stegligerstr. 27. ,, Steno - tachygraphische Gesellschaft Abends 8 Uhr im Restau rant Stein, Rosenthalerstr. 38.
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Kleine Mittheilungen.
Prenzlau , 20. Dezember. In der Tornower Feldmark wurden vor einiger Zeit beim Auskarren eines Pfuhls 30 steinerne Kanonenkugeln gefunden, die anscheinend aus der Zeit nach der Schlacht von Fehrbellin herrühren, um welche die Schweden auf ihrem Rückzüge durch jene Gegend marschirten.
Sprottau , 22. Dezember. Seit vorgestern herrscht hier starter Schneefall und heftiges Schneetreiben. Heute Nacht ist ein Eisenbahnzug bei Quariß und ein zweiter bei Gebirgsdorf im Schnee steden geblieben.
Hirschberg, 22. Dezember. Die Bahnlinien in der Richtung auf Rohlfurt und Görlig find von Lauban aus gesperrt; dagegen find die Bahnen in der Richtung auf Breslau und Schmiedeberg wieder frei; auf der ersteren haben die Züge aber noch bedeutende Verspätung.
Breslau , 22. Dezember. Der Eisenbahnverkehr auf den Strecken Liegniß- Rohlfurt und Liegniß- Sommerfeld- Sagan ist durch Schneeverwehungen gänzlich unterbrochen.
Dresden , 22. Dezember. Die in Folge der Schneeverwehungen eingetretenen Betriebsstörungen dauern heute fort. Alle Bahnlinien, auch über Tetschen hinaus und nach Breslau , find gesperrt. Mit Leipzig ist ein Postdienst auf Schlitten ein gerichtet. In Riesa werden die Poststücke ausgewechselt.
Chemnik, 22. Dezember. Seit gestern Abend ist kein Eisenbahnzug hier eingetroffen und von hier abgegangen. Auch im Innern der Stadt ist der Verkehr gehemmt. Der Pferdebahnbetrieb ist seit gestern gänzlich eingestellt. Der Droschken- und Schlittenverkehr ist bedeutend beschränkt, da die Behörde die Pferde zum Fortschaffen der Schneemaffen requirirt hat.
Graz, 20. Dezember. Ein Raubmord ist gestern in St. Veit ob Andriz an dem 61jährigen Kaufmanne Franz Kothgagner verübt worden. Als deffen Gattin aus der Kirche nach Hause kam, fand fie ihren Mann mit eingeschlagener Hirnschale hinter dem Verkaufstische liegen. Er lebte noch, gab aber nach wenigen Minuten den Geist auf. Der Mörder hatte die Briefs tasche des Ermordeten mit sich genommen und die Gelblade aufgefprengt und entleert. Die geraubte Summe dürfte aber im Ganzen nur 50 fl. betragen. Das Haus Kothgaßner's welcher auch Tabaktrafitant war, liegt in einer belebten Hauptftraße. Der Mord wurde zwischen 6 und 7 Uhr früh verübt. Der Mörder dürfte das Verbrechen mit einem mitgebrachten scharffantigen Werkzeuge verübt haben, welches jedoch nicht vorgefunden wurde. In Andris und den umliegenden Ge meinden werden von der Gendarmerie eifrige Nachforschungen nach dem Thäter gehalten, bis jept vergeblich. Im vorigen Winter wurde bei Kothgaßner wiederholt eingebrochen.
Budapest , 22. Dezember. ( Dreifache Hinrichtung.) Am Dienstag, 14. d., Vormittags um 11 Uhr, wurden die drei Raubmörder Jufan Maletics, Salih Citakovics und Jusuf Nupics, welche im April d. J. den Popen Gavrics fammt deffen Gemahlin in Valuf, Bezirk Brcka, ausgeraubt und dann ermordet hatten, durch den Sarajevoer Scharfrichter Seyfried hingerichtet. Die Hinrichtung fand nächst dem Orte Celics, dem