fangen und zu weiteren Konzeffionen bereit sein werden, wenn von der Regierung der Herrschsucht der Geistlichkeit noch weis tere Zugeständnisse gemacht sein werden". Am Sonntag vor acht Tagen Vormittags 11 Uhr wurde seitens des tgl. Bezirks amts Nürnberg das dort ausgegebene Flugblatt, welches Die Reichstagsrede Grillenbergers gegen die Militärvorlage enthält, provisorisch beschlagnahmt, nachdem ca. 24 000 Exemplare genannter Truckschrift während der frühen Morgenstunden in Sturm und Schneegestöber ver­breitet worden waren. Nach etwa zehn Tagen wurden nun durch ein Polizeiorgan vier tonfiszirt gewesene Exemplare nebst einer an das hiesige Bezirksamt gerichteten Verfügung der fgl. Regierung von Mittelfranken   mit folgendem Wortlaut dem Verleger übermittelt: Die Beilagen des Berichts vom 20. b. M. folgen anruhend mit dem Eröffnen zurück, daß die Voraussetzungen des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bes ftrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oftober 1878 nicht vollständig gegeben erscheinen, daß daher hiermit der Beschluß des tgl. Bezirksamts Nürnberg vom 19. d. außer Kraft gesezt und die Wiederaufhebung der Beschlagnahme ange ordnet wird. v. Hermann, tgl. Regierungspräsident."

Die Abneigung des Sultan von Sansibar gegen die Deutschen   ist groß. Er hat zwei deutsche Kapitäne entlassen, die als Führer zweier seiner Dampfschiffe in seinen Diensten standen. Sie sind durch Engländer ersetzt worden. Unsere Kolonisation in Afrika   macht somit rüstig den Krebsschritt.

-

Die Scheere ist ihm ausgerutscht! Wem? Dem Redakteur der Hallischen Zeitung"! Wir brachten unter der Bolitischen Uebersicht" der Nummer vom legten Dienstag eine Notiz: Eine konservative Stimme", in welcher nachgewiesen wurde, daß das oben genannte Blatt sich vollständig auf die Seite der Gegner des Sozialisten gesezes stelle. Dies war natürlich um so erfreulicher, weil man es mit einer seither sozialistenfeindlichen( nicht sozialistenfriedlichen, wie es in unserer Dienstagsnotiz in Folge eines Druckfehlers hieß) zu thun hatte. Jezt erklärt die Redaktion der Hallischen Beitung", daß ihr ein Versehen pasfirt sei und daß sie die Nothwendigkeit des Sozialistengesezes nicht bestreitet. Das Vaterland ist nun zwar wieder einmal gerettet. Aber wie ist das Versehen entstanden? Der Redakteur des Blattes nahm sein Hauptwerkzeug, die Scheere, in die Hand, nachdem der verführerische, reaftionäre Anfang der Notiz ihm gefallen und schnitt die für sein Blatt so ungemein passende Notiz aus. Dabei paffirte ihm das Malheur, daß das sonst in seiner Hand so bewährte Instrument ihm ausrutschte und mit der reationären Notiz auch die boshafte Schlußbemerkung, die einem oppositionellen Blatte entstammt, ausschnitt. Das wäre nun nicht so schlimm gewesen, wenn wie der Redakteur auch der Seßer gefinnungs­tüchtig" war.

-

Die Einnahmen der Reichspoft- und Telegraphen­Verwaltung für die Zeit vom Beginn des Etatsjahres bis zum Schluß des November d. J. haben betragen 116 457 984 M., 4 463 961 M. mehr als in demselben Beitraum des Etats­jahres 1885 86, die der Reichseisenbahn- Verwaltung 31 484 000 Mart( 240 200 M.).

Verboten auf Grund des Sozialistengefeßes wurden die vom 4. und 18. Dezember 1886 datirten Nummern 3 und 4 der in London   erscheinenden periodischen Druckschrift: Die Autonomie. Anarchistisch- kommunistisches Drgan". Gedruckt und herausgegeben von R. Gunderson, 96 Wardour Street, Soho Square, London   W.

Oesterreich- Ungarn.

Auf die Tschechen scheint der Austritt der Deutschen   aus dem böhmischen Landtage keine besänftigende Wirkung zu äußern. Dr. Gregr hielt bei dem Parteitage seiner Fraktion eine Rede gegen die deutsche Kultur und die alttschechischen Führer, namentlich gegen Rieger und dessen Rathschläge zur Erlernung der deutschen Sprache, die in maßlosen Ausfällen das Aeußerste leistete. Er sagte u. a., früher hätten ,, die Deutschen   unter dem Zeichen des Kreuzes gebrandschaßt und gemordet, später suchten sie unter dem Vorwande der Kulture verbreitung den Tschechen auch ihr heiligstes, die Muttersprache zu rauben. Die Tschechen hätten schon, als die Deutschen   noch auf ihren Bärenhäuten lagen und Eicheln fraßen, die Felder bebaut und Kolatschen gebacken." Die Tschechen," fuhr Gregr fort, versuchen sich selbst zu germanifiren.( Rufe: Schande!) Jeder Pflastertreter auf dem Graben spricht deutsch  , in den größten hiesigen Hotels, in allen Geschäften wird leider deutsch gesprochen, ohne daß bedacht wird, daß Böhmen   doch eher flawisch als germanisch ist. Prag   liegt wohl auf dem Wege von Berlin   nach Wien  . Dies spricht dafür, daß man deutsch  nicht lernen soll, denn in Berlin   hat man ohnehin Lust, ein­mal nach Wien   zu marschiren, und nur, wenn Böhmen die Scheidewand zwischen beiden Reichen bildet, wird dies ver­hütet werden. Hat einer der besten böhmischen Könige, Georg von Podiebrad  , ohne Kenntnis der deutschen Sprache regieren fönnen, warum sollte es nicht ein Jeder von uus im Stande sein, fich ohne Kenntniß der deutschen Sprache fortzuhelfen? ( Beifall.) Beruft man sich darauf, daß die tschechische Literatur noch aus anderen Quellen schöpfen muß, so nehme man zur französischen   und englischen Geistesarbeit seine Zuflucht und weiche nur immer den Deutschen   aus. Aus Deutschland   kann der Segen für die Tschechen nicht kommen, den darf man nur im Osten bei den slawischen Brüdern in Ruß­Iand suchen." Die Versammlung sparte nicht mit Beifalls äußerungen; dagegen erregt die Auslaffnng des jungtschechischen Führers, der mit feinen Zweifel laffender Offenheit die legten Tendenzen der Tschechen enthüllte, doch selbst bei den Offi­ziösen Kopfschütteln, zumal auch zwei andere tschechische Ab­geordnete, Herold und Tilscher, fich in ähnlicher Weise äußerten.

In dem Prozesse gegen drei Silberarbeiter wegen Her stellung von falschen Münzen zu anarchistischen(?) Zwecken wurden die Angeklagten zu 5 bezw. 3 Jahren Kerfer verurtheilt.

nililistischer Natur unter den Arbeitern in den Provinzen Petersburg  , Moskau   und Wladimir  , wo die größten russischen  Fabriken zu finden find, zu entdecken. Ernste Ruheſtörungen, welche vor einigen Tagen in drei Fabriken unweit Petersburg  stattfanden und das Einschreiten von Militär nothwendig machten, sollen auf die Thätigkeit jener Verbindung zurückzuführen fein. Bahlreiche Arbeiter seien verhaftet worden, aber keine Rädels­führer, von denen die bedeutendsten im Auslande zu wohnen scheinen. Auch unter den Studenten seien viele Verhaftungen vorgenommen worden.

Großbritannien  .

Nach einem Londoner   Telegramm vom Montag Abend beabsichtigt Lord Salisbury   gutem Vernehmen nach, falls die Verhandlungen mit Hartington wegen dessen Eintritt in das Kabinet scheitern sollten, der Königin die Auflösung des Parlaments anzurathen.

Balkan   länder.

Große Schwierigkeiten hat der bulgarischen Regierung ihre Geldnoth bereitet. Nach einer Mittheilung der Polit. Korr." hat sich aber die Finanzlage Bulgariens   in der legten Zeit günstiger gestaltet, da es der Regierung gelungen ist, die direk fen Steuern für das zweite Halbjahr 1886, fowie 1200 000 Frts., welche aus dem ersten Halbjahr rückständig geblieben waren, ohne Anwendung außerordentlicher Mittel einzutreiben.

Asien  .

Ueber die russisch  - chinesische Annäherung wird der Köln  . 3tg." aus Tientsin   vom 28. Oktober ge schrieben, abgesehen von der ernsten Aufforderung Chinas   an die Engländer, Bort Hamilton zu verlaffen, und der Verbind lichkeit Chinas Rußfand gegenüber, in Koreas Angelegenheiten ohne gegenseitige Bustimmung fich nicht zu mischen, sei noch als ein großer Erfolg für die Ruffen zu verzeichnen, daß der Einfluß der Engländer faft vernichtet und ein anscheinend so­gar sehr aufrichtiges Einvernehmen zwischen den beiden Roloffen erzielt worden sei. Sicherlich werde schon das kommende Fahr zeigen, von welch' großem Werthe dieses Einverständniß für beide Länder werden wird, da schon jett Eröffnung von Verkehrs straßen, Telegraphen se. über die bisher beiderseits sorglich ge= hütete Grenze geplant werden.

Gerichts- Zeitung.

+ Bier Leichenfledderer", Namens Jakobi, Echulz, Möller und Roblant, standen gestern vor der dritten Straf tammer des biefigen Landgerichts unter der Anklage des wies derholten Diebstahls. Die vier Personen bildeten nicht eine zu gemeinschaftlichen Thaten verbundene Gesellschaft, sondern übten Einen besonders glücklichen Griff hatte der erfte der Angeklagten Jakobi. Es gelang ihm eines Abends, einem betrunkenen Herrn, der auf einer Bank ,, Unter den Linden  " seinen Weinrausch verschlief, die schwere goldene Uhr und Kette unbemerkt abzunehmen. Raffinirter ging Roblant zu Werke: er erschien in der Sprechstunde, die ein menschenfreundlicherr Arzt für Unbemittelte ein gerichtet hatte, gab an schwer frank zu sein, ließ sich untersuchen und stahl beim Hinausgehen aus dem Korridor einen werthvollen Winterüberzieher. Nur diese beiden Fälle boten etwas Bemerkenswerthes; die übrigen waren unbedeutender Natur. Das Urtheil wurde gegen die Vier nach ihren Vorstrafen und der Anzahl der Diebstähle, deren fie entweder durch eigenes Geständniß oder durch die Beweisaufnahme überführt waren, bemessen und lautete gegen Schulz auf ein Jahr, gegen Roblant anf neun Monate, gegen Jakobi auf sechs Monate und gegen Möller auf vier Monate Gefängniß.

ihre Kunst auf eigene Faust aus. Derselbe hätte dann den Scheerenschnitt des Redakteurs bemerkt aber die böse Sozialdemokratie soll selbst bei den Segern der Provinzialpreffe Eingang gehalten haben. Der Korrektor aber ist nur eine Maschine, die Fehler aus­beffert und sie dachte in ihrer Bescheidenheit, daß das Auf­hören des Sozialistengesezes eigentlich doch kein Fehler fei. So hat das sonst so bewährte Redaktionswerkzeug, die Scheere, dem Redakteur der Hallischen Zeitung" einen aller dings üblen Streich gespielt. Er soll im ersten Eifer das Instrument weggeworfen und zur Feder gegriffen haben- doch am nächsten Tage war die Feder wieder mit der Scheere vertauscht, nur soll der Redakteur den heiligen Schwur gethan haben, bei einem gewerbsmäßigen Zuschneider noch einmal einen Uebungsfurfus durchzumachen.

Den Ruhm, das größte Entenneft zu sein, macht neuerdings das Deutsche   Tag." mit Erfolg dem Berl. Tag. ftreitig. Natürlich giebt es da viel Feindschaft unter den Rivalen und so lesen wir heute im Mosse  'schen Drgan:" Das " Deutsche Tageblatt" brachte am Tage der Abreise der bul­garischen Deputation von Berlin   einen sehr prätenziös gehaltenen Bericht über eine angebliche Unterredung mit Herrn Kaltscheff. Wir waren in der Lage, dieses Interview" am nämlichen Tage als grobe Erfindung zu brandmarken. Darauf erklärte das " Deutsche Tageblatt" im Brusttone der Entrüstung mit feier lichen Worten, der Bericht über das Interview sei authentisch, und verficherte pathetisch die Echtheit desselben. Jezt ist das Blatt gezwungen worden, folgende Erklärung Kaltscheffs zu veröffentlichen: In Nr. 406 Thres geschäßten Blattes vom 21. Dezember veröffentlichen Sie den Bericht eines Jhrer Korrespondenten über eine Unterhaltung, welche derselbe mit mir gehabt baben will. Ich kann nur annehmen, daß Sie mit diesem Berichte mystifizirt worden find. Ich habe während meines Aufenthaltes in Berlin   teinen Korrespondenten Ihres Blattes empfangen, und die mir in den Mund gelegten Aeußerungen, welche mit meiner Auffaffung der bulgarischen Verhältnisse und mit meiner Verehrung zu dem Fürsten Alexander im schärfsten Widerspruch stehen, habe ich niemals gethan. Ich darf 2c. 2c. Hochachtungsvoll C. Raltscheff," Wir find begierig- frägt Herr Moffe an ob das Deutsche Tageblatt" auch jezt noch die Kedheit befigen wird, zu behaupten, daß die erdichtete Unter rebung feines Gewährsmannes mit Kaltscheff trondem wirklich ftattgefunden habe." Wenn es das D. T." wie Herr Moffe in der Brillanttaubenaffäre macht: ja.

Viertes Rapitel.

,, Sie lehnen sich an einen alten Baumftamm", sagte Egremont, ungezwungen auf den Fremden zugehend, der ohne ein Zeichen der Ueberraschung zu ihm aufsah und dann erwiderte: Man sagt, es sei der Stamm, unter dessen 3weigen fich die Mönche zuerst niedergelassen, als sie tamen, um diesen Bau zu errichten. Er war so lange ihr Haus, bis sie aus dem Holz und den Steinen um sie herum durch ihre Arbeit und schöne Kunst die Abtei auf­bauten! Und dann wurden fie daraus vertrieben und es ift so geworden. Die armen Leute! Die armen Leute!"

Sie würden kaum ihren Ruheplatz verloren haben, hätten sie verdient, ihn zu behalten," sagte Egremont.

" 1

Sie waren reich. Ich dachte, die Armuth sei ein Verbrechen," erwiderte ruhig ber Fremde.

Aber sie hatten andere Verbrechen begangen." Es mag so sein, wir Menschen sind unvollkommen und schwach; aber die Geschichte dieser Mönche wurde von ihren Feinden geschrieben: Sie wurden, ohne gehört zu sein, verurtheilt; das Bolt hat sich oft zu ihren Gunsten er hoben; und ihr Eigenthum wurde unter Diejenigen ver­theilt, auf deren Berichte hin es verwirkt und weggenommen worden."

-

Unter allen Umständen war es eine Veränderung, die Leben in das Gemeinwesen brachte, das Land ist in dem Besitz thätiger Menschen und nicht in dem von Drohnen."

Wer nicht arbeitet, ist eine Drohne," sagte der Fremde, ,, ob er eine Rutte oder eine Abelskrone trägt, für mich ist das gleich! Irgend Jemandem, denke ich, muß das Land gehören, obgleich ich fagen hörte, dieser persönliche Besitz fei keine Nothwendigkeit. Wie das auch sein mag, ich bin Keiner, der den Grundherrn( Landlord) verwerfen würde, vorausgesetzt, daß er ein anständiger ist. Alle stimmen darin überein, daß die Klosterbrüder gute Landlords waren; der Pachtzins war gering und sie gewährten Pachtverträge auf lange Zeitdauer. Die Pächter konnten ihre Verträge erneuern, noch ehe die Beit abgelaufen war, sie waren also selbstständig und wohlhabend. Sie waren freie Männer; das Land war nicht in zwei Klassen gespalten: in Herren

Dänemark  .

Als Ausgleichsbedingungen im Verfassungston­flikt stellt die Regierungspartei, wie der Hauptwortführer derselben, Prof. Malzen, dieser Tage öffentlich erklärte, die Forderung, daß die zweite Kammer sämmtliche gegen die Preß­und Redefreiheit gerichteten provisorischen Strafbestimmungen annimmt, die verhaßte Gendarmerieinstitution sanktionirt und nachträglich die für Kriegsrüstungen ohne Bewilligung veraus­gabten Summen genehmigt und fich ferner zur Bewilligung aller für Heer, Flotte, und Befestigungen nach dem Plane der Regierung erforderlichen Mittel verpflichtet. So lange die Opposition fich nicht hierzu bereit erkläre, hatten alle Aner­bietungen von ihrer Seite feinen Werth, und die Rechte werde ihr die Schuld beimessen, wenn kein Budget zu Stande käme. Deutlicher fonnte die Rechte in der That ihren verfaffungs widrigen Standpunkt nicht fennzeichnen! Bisher behauptete fie immer, sie wolle in ihrem Kampfe nur die Prärogative des Königs schüßen und die Gleichberechtigung der ersten Kammer wahren. Nachdem die Erklärungen des redegewandten Grafen Holstein die absolute Sinfälligkeit solcher Kampfmotive nachge­wiesen, da niemand in der Opposition die im Grundgesete ge währten Rechte des Königs und des Herrenhauses beeinträchtigen wolle, hat die Rechte endlich Farbe bekennen und als Kampfziel die Vernichtung der verfaffungsmäßigen Befugnisse der Volks­vertretung proflamiren müssen. Wo die Absicht eines Ver­faffungsbruchs vorliegt, fann doch wohl jezt keinem mehr ver­borgen sein.

Schweiz  .

Wie man der Bür. Bon" mittheilt, ist die Abonnenten. zahl des Grütlianer", des schweizerischen A.beitergewerkschafts­Organs, auf 9800 angestiegen.

Rukland.

Aus Rußland   werden nihilistische Bewegungen ge= meldet. Man schreibt den Daily News" aus Petersburg  , es fei der Polizei gelungen, eine weitverzweigte Verbindung

und Sklaven. Es gab eine Mitte, einen Ruhepunkt zwischen Ueberfluß und Armuth. Behaglicher Komfort( Wohlbefinden, Bequemlichkeit) war damals noch eine englische Sitte, nicht bloß ein englisches Wort."

,, Und glauben Sie wirklich, daß sie bessere Herren waren, als die jetzigen?" fragte Egremont.

Die menschliche Natur würde uns das sagen, wenn die Geschichte es nicht berichtete. Die Mönche konnten kein Privateigenthum besigen, sie konnten kein Geld sparen, sie fonnten nichts vererben. Sie lebten für die Allgemeinheit, und für die Allgemeinheit nahmen sie ein und gaben sie aus. Das Kloster selbst gehörte einem Eigenthümer, der niemals starb und niemals verschwendete. Die Pächter hatten dadurch einen unsterblichen Gutsherrn, keinen harten Bormund, keinen quälenden, Mark aussaugenden Hypotheken­gläubiger, feinen bei Eigenthumsstreitigteiten endlos zaudern­den Kanzleihof). Alles war sicher und fest, der Inhaber hatte keinen Wechsel des Herrn zu fürchten und die Eichen brauchten nicht zu zittern vor der Art des üppigen Erben. Wie ftola find wir jetzt noch auf eine alte Familie, obgleich - der Himmel weiß es man jetzt felten eine fieht. Das Volk sagt gern, wir hatten die Pacht unter ihm, und unter seinem Vater und Großvater"; es weiß, daß so ein sicherer Landbesig ein Segen ist. Der Abt war stets derselbe. Die Mönche waren, um es kurz zu fagen, eine Zuflucht für alle, die Hilfe, Ráth und Schuh brauchten, eine Rörperschaft von Männern, die, weil sie feine Sorgen hatten, mit Weisheit den Unerfahrenen leiteten, mit ihrem Neichthum die Bedürftigen unterstützten und oft mit ihrer Macht den Gebrüdten beschützten."

,, Sie führen die Sache der Mönche mit warmem Herzen," sagte Egremont theilnahmsvoll.

+ Gegen den Bankier Richard Neif, Oranienstraße 55, ist wegen Veruntreuungen ihm übergebener oder anvertrauter Gelder und Werthpapiere die gerichtliche Untersuchung einge­leitet worden; er selbst ist verhaftet. Im Laufe der Vor­untersuchung sind bis jest 34 Fälle solcher Veruntreuungen er­mittelt worden; es find aber sicherlich noch mehr Geschädigte vorhanden. Alle Personen, die fich von Reiff geschädigt glauben, werden ersucht, sich bei dem Untersuchungsrichter Landgerichtsrath Hollmann, Justizgebäude in Moabit  , zweiter Stock, Zimmer 137, in der Beit von 11-12 Uhr Vormittags einzufinden.

Es darf Niemand seinem ordentlichen Richter ent­zogen werden. Unter dieser Spigmarke wurde vor zirka 14 Tagen in der Preffe ein Vorgang mitgetheilt und besprochen, der die allgemeinste Sensation hervorgerufen hat. In der Straffache gegen den Redakteur Lemme in Eberswalde   wegen Beleidigung des Gymnasialdirektors Klein und des Lehrer­follegiums war der vor zirka 6 Wochen anberaumt gewesene Termin auf die Anregung des ersten Staatsanwalts Meyer behufs Vernehmung von Beugen aufgehoben worden. Der neue Termin vor der Strafkammer zu Eberswalde   ist zum 5. Januar 1. J. anberaumt worden. Zu diesem bat der ge nannte Staatsanwalt ohne Angabe eines Beweisthemas- u. a. Personen zwei Mitglieder des Gerichtshofes, die Amts­Räßell und Schrötter, gerichtsräthe als Bengen ge

,, Anstatt der Pensionsliste, die sie heute versorgt," er= widerte sein Gefährte lächelnd aber nicht mit Bitterfeit. Gut, wenn wir eine Aristokratie haben müssen, dann wollte ich lieber, daß die jüngeren 3weige Mönche und Nonnen würden, statt Oberste ohne Regiment oder Verwalterinnen töniglicher Paläste, die nur dem Namen nach bestehen. Und außerdem, welcher Vortheil wäre es für einen Minister, wenn der besiglose Theil des Adels jetzt so versorgt wäre! Er brauchte nicht, wie ein heutiger Minister, die Führung öffentlicher Angelegenheiten Personen anzuvertrauen, die erwiesener Maßen unfähig find; er müßte nicht zu Befehls­habern von Expeditionen Generale ernennen, die niemals ein Schlachtfeld sahen, zu Beherrschern von Kolonien Leute, die niemals sich selbst beherrschen konnten, oder zu Gesandten bankerutte Stußer oder verkrachte Günftlinge. Es ist wahr, daß viele Nonnen und Mönche von vornehmer Geburt waren, warum hätten sie es nicht sein sollen? Der Adel hatte seinen nicht mehr. Wie alle anderen Klassen, hatte Antheil,

-

er Nutzen durch die Klöster, die Liste der Aebte zeigt aber, daß die große Mehrheit dem Volte entstammte." ( Fortsegung folgt.)

Aus Kunst und Leben.

Theaterbrand. Herzog's Opera House   in Washington  ift total abgebrannt, so daß nur die tahlen Mauern übrig ge blieben find. In der fünften Morgenstunde des 15. Dezembers brach der Baand unterhalb des Bühnenraumes aus und verzehrte in wenigen Stunden das ganze Gebäude. Mehrere in der Nähe belegene Fabriken wurden nur dadurch gerettet, daß die ganze Nacht hindurch ein heftiger Schneefall an dauerte und die Bemühungen der Löschmannschaften unterstügte. Berunglückte Balleteusen. Im Petersburger Marien­Theater stürzten vor einigen Tagen, wie der Peterb. List" bee richtet, die Tänzerinnen Michailowa und Löwenson am Schluffe des dritten Aftes im Ballet Die Tochter Pharao's  " infolge Reißens eines Seiles an der Hebemaschine aus einer Höhe von zwei Faden mit markdurchdringendem Schrei auf den Fußboden der Szene herab und trugen nicht unerhebliche Beschädigungen am Körper davon. Der Borhang mußte sofort beruntergelaffen *) Court of Chancery dieser Gerichtshof ist aus den werden. Dieser Unglücksfall wirkte geradezu betäubend auf das Romanen von Dickens   bekannt.

Es ist meine eigene Sache, fie waren Söhne des Volkes, wie ich selber."

Ich hätte eher geglaubt, diese Klöster seien der 3u fluchtsort für die jüngeren Söhne der Aristokratie gewesen," meinte Egremont.

anwesende Publikum.