schollen und schießen aus der Luft nach Beute auf die Ober­fläche des Waffers hinab. Das Schauspiel fesselt beständig zahlreiche Zuschauer.

Einen größeren Brand gab es gestern Morgen von 6 Uhr ab auf dem Grundstüc Stralauerstraße 41 zu be tämpfen; es stand hier in der Feldmann'schen Färberei, welche Das zweistöckige rechte Seitengebäude einnimmt, der sich über das oberste Stockwerk in seiner ganzen Frontausdehnung von 14 Fenstern erstreckende Trockenboden in lichten Flammen, auch war durch Zerstörung eines Theils der Decke das Feuer in das Dachgeschoß gelangt und hatte von hier, nach Jnbrandsetzung der daselbst lagernden Wollabfälle, seinen Weg in die Dach­fonstruktion genommen. Die im Trockenraum vorhandenen beträchtlichen Vorräthe an Wolle und die vielfachen Holzstellagen entfachten das Feuer zu versengender Gluth, und diese sowohl wie der sich entwickelnde Qualm machten den Löschmann­schaften schwer zu schaffen. Der Angriff wurde mit der Gas B und Dampfsprize unter Assistenz einer großen Handdruckspriße aufgenommen und durchgeführt. Die Vertreibung der Flammen vom Dache ging äußerst schnell von flatten, so daß dasselbe nur an wenigen Stellen wesentlich beschädigt worden ist, dagegen währte es fast amet Stunden, bis man des Feuers in seinem ursprünglichen Herde Herr werden konnte. Das Erdgeschoß, die eigentliche Färberei enthaltend, ist unversehrt geblieben, und so viel sich übersehen läßt, dürfte deshalb auch der Geschäftsbetrieb eine wesentliche Unterbrechung nicht erfahren. Die Entstehungs­ursache scheint durch die Selbstentzündung von Wolle hervor gerufen zu sein. Den Mobiliarschaden hat die Vaterländische Feuerversicherungs- Gesellschaft in Elberfeld zu tragen.- Abends vorher, zwischen 7 und 8 Uhr, wurde auf dem Hängeboden über einem Badezimmer im Hause Bärwaldstraße 62 ein größeres Quantum Wäsche durch einen Brand zerstört; dieselbe war unvorsichtiger Weise dicht unter das eiserne Rauchrohr des Badeofens gepackt, so daß ihre Inbrandseßung bei einer Be­nugung des legteren unausbleiblich erfolgen mußte.

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Ein in unseren Meeresgewässern äußerst seltener Raubfisch, der sogenannte Seeteufel ist in der Nacht zum 19. Dezember von den Fischern Köhler und Bremſter an der schleswig - Holsteinischen Küste bei Kiel gefangen und nach Berlin gebracht worden, nachdem das Thier von einem Zoologen mit Wickersheimer'scher Flüssigkeit präparirt worden war. Die Heimath des Seeteufels( Lophius piscatorius ) ist das Mittel­ meer , nur ganz vereinzelt ist er auch im westlichen Theile der Ostsee vorgekommen. Das sehenswerthe Exemplar, welches die Fischer in der Brüderstraße 20 ausgestellt haben, zeigte eine Reihe merkwürdiger Eigenthümlichkeiten. Das Sonderbarste Das Sonderbarste an diesem gefährlichen Fische ist, daß er neben seinen Floffen auch Füße hat, die ihm übrigens auch den Namen Pedicu­latorius" gegeben haben. Er hat mit den Floffen eine Breite von vier Fuß. Besonders auffallend ist die Gestaltung des mächtigen plattgedrückten Kopfes mit den großen grünlich leuchtenden Augen und dem von spizen Fang­zähnen starrenden Rachen, der zu einer Weite von 38 Bentimetern sich öffnet. Der Kopf bildet die Hälfte des ganzen breiten Körpers, der nur unten zu einer fischartigen schmaleren Form fich zuspißt. Seine Gefräßigkeit fennt feine Grenze; nach Angabe des Prof. Möbius- Kiel nimmt der Seeteufel täg­lich ca. 60 Pfund Nahrung zu sich. Dafür hat das Thier auch einige hunderte von Zähnen, die am Unterkiefer nach innen be­weglich find; selbst weiter unten im Schlunde sind eine Reihe von Zähnen vorhanden. Rachen, Kinnenhöhle und Magen bil­den einen einzigen ungeheuren Raum, welcher auch Fische von beträchtlicher Größe aufzunehmen vermag. Die Athmungs­organe des Thieres, das zur Zeit des Fanges nicht weniger als 137 Pfund wog, gehen vom Oberkiefer aus und enden an Den Seitenfloffen. Am Kopfe bis zum Rücken, der wie Nähte aussehende Beichnungen aufweist, befinden sich 5 lange Fühl­hörner und rings um den Leib ein Kranz von Saugern. Der Seeteufel, der übrigens im Aquarium nicht vorhanden ist, lebt dem Krokodil gleich im Schlamme, wo er seine Beute er­wartet.

Auf die Tagesordnung der heutigen Sihung der Stadtverordneten- Versammlung ist nachträglich noch die Beschlußfassung über die Miethung von Räumen für die Bureaus der 3. Abtheilung des königl. Polizeipräsidiums ge­setzt worden. Mit dem Abbruch der Häuser des Mühlen dammes 5-10 wird bereits im Januar begonnen. Aber auch die baldigste Räumung der Häuser 1-4 muß in Betracht ge­zogen werden, in denen sich die Räume der 3. Abtheilung des föniglichen Polizeipräsidiums befinden. Bis zur Vollendung des neuen Polizeigebäudes am Alexanderplaß muß daher für ein Unterkommen dieser Abtheilung gesorgt werden, und der Magistrat schlägt iu Uebereinstimmung mit dem Polizeipräsidium vor, zu diesem Zwecke vom 1. April 1887 bis 1. April 1890 die zweite Etage in dem auf dem Hofe des Grundstücks König­straße 7 befindlichen Neubau für den jährlichen Preis von 6500 Mart zu miethen.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ges fundheitsamts sind in der Zeit vom 12. bis 18. De zember cr. von je 1000 Einwohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 22,3, in Breslau 29,8, in Rönigsberg 23,7, in Köln 26,1, in Frankfurt a. M. 16,8, in Wiesbaden 17,8, in Hannover 19,4, in Raffel 16,2, in Magdeburg in Stettin 27,2, in Altona 31,8, in Straßburg 25,5, in Met 27,9, in München 24,8, in Nürnberg 30,3, in Augsburg 23,7, in Dresden 19,4, in Leipzig 16,8, in Stutts gart 15,5, in Karlsruhe 11,1, in Braunschweig 19,5, in Ham­ burg 37,7, in Wien 25,7, in Best 36,8, in Prag 27,2, in Triest 33,5, in Krafau 20,3, in Basel 14,7, in Amsterdam -, in Brüffel 24,7, in Paris 24,5, in London 18,8, in Glasgow 27,0, in Liverpool 27,6, in Dublin 29,6, in Edinburg 18,2, in Kopenhagen 21,4, in Stockholm 22,2, in Christiania 19,5, in St. Petersburg 24,0, in Warschau 27,6, in Odessa 29,0, in Rom 26,1, in Turin , in Venedig 22,5, in Alexandria 38,1. Ferner in der Zeit vom 22. bis 27, Dezember cr.: in New- York 26,1, in Philadelphia 22,2, in Baltimore 15,9, in Ralfutta 32,7, in Bomban 22,4, in Madras 34,0.

Die veränderliche naßkalte, in der Berichtswoche vorherr­schende Witterung übte auf die Gesundheits- und Sterblichkeits: verhältnisse der meisten Großstädte Europas feinen günstigen Einfluß aus, obwohl eine größere Bahl, besonders von deutschen Städten, wie Berlin , München , Dresden , Leipzig , Frankfurt a. M., Wiesbaden , Bremen , Stuttgart , Aachen , Braunschweig , Mainz , Raffel, Karlsruhe , Mannheim , von außerdeutschen Orten Basel , Kratau, London , Christiania , Edinburg , Venedig u. a. leinere Sterblichkeitszahlen mittheilten. Insbesondere traten fatarrhalische und akute Entzündungen der Athmungsorgane in faft noch gegen die Vorwoche gesteigerter Bahl zu Tage und riefen vielfach noch mehr Sterbefälle hervor als in der voran­gegangenen Woche. Dagegen wurden Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder seltener Todesursachen, auch war die Theilnahme des Säuglingsalters an der Gesammtsterblichkeit im Allgemeinen eine kleinere als in der Vorwoche. Von 10 000 Lebenden starben auf das Jahr berechnet: in Berlin 59, in München 87 Säuglinge. Von den Infet­tionskrankheiten zeigten Masern und Scharlach im allgemeinen ein etwas felteneres, Diphtherie, typböse Fieber, Keuchhusten und Pocken ein etwas häufigeres Vorkommen. So wurden Sterbefälle an Mafern aus Hamburg , Bremen , Paris , London , Liverpool, St. Petersburg in fleinerer, aus Berlin , Breslau und Prag in gleicher, aus Barmen, Mülhausen i. E. in größerer Bahl als in der Vorwoche gemeldet. In den genannten Städten waren aber auch, sowie in den Regierungsbezirken Aachen , Aurich , Düsseldorf , Königsberg , Marienwerder, Schles wig, Erkrankungen an Masern noch sehr zahlreich. Todes fälle an Scharlach wurden aus München , Hamburg , Köln ,

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Hannover , Chemnit, Wien , Best, Odessa in geringerer, aus Berlin , London , Liverpool, St. Petersburg, Warschau in ge­fteigerter Bahl mitgetheilt; auch in Edinburg und Christiania waren Erkrankungen an Scharlach nicht selten. Die Sterb lichkeit an Diphtherie und Kroup war in Berlin , Hamburg , Leipzig , Königsberg , Frankfurt a. M., Nürnberg , Altona , Wien , London , Kopenhagen , St. Petersburg , Warschau , Odessa eine gesteigerte, in Breslau , Stettin , Hannover die gleiche, in München , Dresden , Danzig , Stuttgart , Braunschweig , Prag , Paris , Kopenhagen , Chriftiania, St. Petersburg , Warschau eine verminderte. Typhose Fieber wurden besonders in Hamburg , Paris , St. Petersburg häufig Todesveranlassung, in Berlin und London zeigten sie sich in beschränkter Bahl. Neue Erkrankungen wurden aus Hamburg etwas weniger als in der Vorwoche ges meldet. Einzelne Todesfälle an Fledtyphus tamen aus Kratau, London , St. Petersburg und Odessa , aus St. Petersburg auch 2 Erkrankungen zur Mittheilung, ferner wurden aus Berlin 1, aus St. Petersburg 8 Erfrankungen an Rückfallsfieber gemeldet. Aus dem Regierungsbezirk Marienwerder wird 1 Erkrankung an epidemischer Genicstarre berichtet. Dem Kindbettfieber erlagen in London 9 Frauen. Rosenartige Entzündungen des Bellgewebes der Haut tamen im Ganzen seltener, in Berlin etwas häufiger zur Kenntniß.- Todesfälle an Bocken wurden aus London 1, aus Königsberg ( Stadt) und Venedig je 2, aus Paris 3, aus Warschau 6, aus St. Petersburg 8, aus Wien 9, aus Rom 14, aus Best 62 gemeldet; Erkrankungen an Bocken aus Berlin 1, aus Breslau 4, a is Hamburg und den Regie­rungsbezirken Königsberg und Schleswig je 5, aus St. Peters­burg 8, aus Wien 11, aus Best 164. In Pest ist die Cholera als erloschen anzusehen, dagegen tamen in verschiedenen Orten Ober- Ungarns in der ersten Dezemberwoche noch vielfach neue Erkrankungen vor. Aus Slavonien ( Effeg) werden von der Mitte Dezember noch mehrfache Cholerafälle mitgetheilt.

Polizei- Bericht. Am 28. d. M. früh wurde in der Ger­traudtenstraße ein etwa 60 Jahre alter Mann, anscheinend Ar­beiter, aus einer Kopfwunde blutend und anscheinend schwer frant, auf der Straße liegend vorgefunden und mittelst Krantenwagens nach der Charitee gebracht. Am Vormittag Am Vormittag verstarb plößlich im Flur des Hauses Steinstr. 11 eine unbe­kannte, etwa 40 Jahre alte Frauensperson, welche, über Un­wohlsein klagend, denselben furz vorher betreten hatte. Die Leiche wurde nach dem Leichenschauhause gebracht. Um die­selbe Zeit wurde in der Rüdersdorferstraße das einem Bäcker­meister gehörige, vor einen Schlitten gespannte Pferd scheu und ging durch, wobei der Eigenthümer desselben und drei in seiner Begleitung befindliche Knaben auf die Straße geschleudert, anscheinend jedoch nicht bedeutend verlegt wurden. Am 29. d. M. früh entstand in der Feldtmann'schen Färberei, Stra­lauerstr. 41, Feuer, welches den Trockenboden völlig vernichtete und die Thätigkeit der Feuerwehr mehrere Stunden hindurch in Anspruch nahm.

Gerichts- Zeitung.

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+ Der ehemalige Besizer des Café Viktoria in der Besselstraße, Langhans, hatte sich gestern vor der 92. Abtheilung des hiesigen Schöffengerichts gegen die Anklage des Betruges zu verantworten. Er hatte von seinem Vorgänger die Neu­filberwaaren übernommen, die jenem von der Firma Alex Kabsch gegen Miethsvertrag geliefert worden waren. Langhans leistete aber an die Firma Kabsch sowenig Abschlagszahlungen, als an die Firma Möhring, von der er die Beleuchtungs­einrichtung ebenfalls gegen Miethsvertrag erhalten hatte. Ja er that noch mehr: er verkaufte sein Geschäft und ließ sich die Neufilbergegenstände und die Beleuchtungseinrichtung des Ge schäfts bezahlen, als wenn sie nicht fremdes, sondern sein Eigenthum wären. Der Käufer, ein Herr Buffe, zahlte an ihn 2700 Mart, von denen die Firma Rabsch nicht einen Pfennig erhielt; fie versuchte zwar im Wege des Zivilprozesses ihre Forderung, zirta 150 Mt., zu erstreiten, allein die Bwange vollstreckung, die fie auf Grund des obfiegenden Erkenntniffes gegen Langhans vollstrecken ließ, fiel fruchtlos aus. Möhring war vorsichtiger gewesen: er hatte von dem beabsichtigten Verkaufe Wind bekommen und rettete aus dem Schiffbruch noch soviel, daß sein Verlust fich nur auf zirka 30 Mt. beläuft. Der Ange flagte suchte sein Manöver dadurch zu entschuldigen, daß er die Schuld auf die anderen Gläubiger schob, die ihm den Hals zugeschnürt und ihn so gedrängt hätten, daß er auf irgend eine Weise fte habe zu befriedigen suchen müssen. Außerdem sei das Cafe nicht gegangen, da das Polizeipräsidium ihm die Nachtkonzession verweigert und ihm nur den Ausschank von Wein und Bier nicht aber den von Liqueuren erlaubt habe. Erst seinem Nachfolger sei es gelungen, diese Hindernisse zu beseitigen und die volle Genehmigung zu erhalten. Das Ur­theil lautete auf vier Wochen Gefängniß gegen Langhans, der Staatsanwalt hatte drei Monate beantragt.

Wegen Uebertretung des bekannten ministeriellen Erlasses in Bezug auf die Anmeldepflicht hatten sich am Mittwoch vor der 2. Strafkammer des Landgerichts II die Vorstandsmitglieder des Ortsvereins der Fabrik- und Handar beiter zu Briz zu verantworten. In einer der regelmäßig stattfindenden Sigungen stand auf der Tagesordnung: Be­rathung über Statutenänderungen und Besprechungen über zu zahlende Krankenkassenbeiträge; der Verlauf dieser Sigung ließ an zuständiger Stelle den qu. Ortsverein als einen politischen erscheinen und demzufolge war das Strafverfahren gegen sechs zum derzeitigen Vorstand gehörende Personen eingeleitet wor den. Die Straffammer des Landgerichts hielt jedoch nach stattgehabter Beugenvernehmung den Beweis dafür nicht er­bracht, daß der Verein als ein politischer bezw. unter dem Banne jenes Erlaffes stehender anzusehen sei. Demgemäß er folgte Freisprechung sämmtlicher Angeflagten.

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In Wohlgefallen der Weihnachtsfeststimmung ent­sprechend löste fich eine am 4. Weihnachtsfeiertage vor der Straffammer des Landgerichts II verhandelte Anklagesache auf. Vor den Schranken des genannten Gerichtshofes erschien wegen Diebstahls und Hausfriedensbruches angeklagt der Gärtner Wilhelm Kiekebusch aus Tiefwerder bei Spandau ; der Vater deffelben, Gärtner Karl Kiekebusch, hatte gegen den leiblichen Sohn den Strafantrag wegen diefer Delikte gestellt und war demgemäß als Belastungszeuge zum Audienztermin vorgeladen. Eine heftige Bornesaufwallung hatte den bejahrten Mann zu dieser harten Maßregel getrieben; mit dem Angeklagten, welcher großjährig und ebenfalls verheirathet ist, traf Kielebusch f. 3. ein Abkommen dahin, daß beide gemeinschaftlich verschiedene von Kiekebusch senior gepachtete Garten Ländereien in der Niederung bei Tiefwerder in der Folge bewirth­schafteten, während die Frau des Angeklagten an Stelle der schwer erkrankten Echwiegermutter, Frau Kiefebusch senior, dem Haushalt vorstand. Zwischen Vater und Sohn entstanden jedoch Differenzen, denn der erstere beschuldigte seinen Sohn Wilhelm, daß er ihn durch widerrechtliche Beiseiteschaffung von Ernteerträgen und Wirthschaftsgegenständen übervortheilte. Die Folge hiervon waren unliebsame Auftritte zwischen Vater und Sohn; zulezt verbot der Vater diesem das Betreten der Pacht­ländereien, obwohl er ein Recht hierzn nicht besaß, denn der Sohn hatte seiner eingegangenen Verpflichtung gemäß die Bachtsumme, wie verabredet, stets entrichtet. Der Alte wollte aber dem Sohn gegenüber nichts nachgeben und so ging er hin und denunzirte denselben wegen Diebstahls und Hausfrie densbruches. Der Zufall wollte es, daß gerade am Tage nach dem Weihnachtsfeste der Hauptverhandlungstermin stattfand und die Erinnerungen an die fröhlichen Kinderjahre seines Sohnes verfehlten in der nachklingenden Feststimmung ihre Wirkung auf den sonst harten Alten nicht; derfelbe hatte vor­her schon in einer schriftlichen Eingabe an das Gericht seine Reue über den gegen sein eigen Fleisch und Blut unternommenen Schritt dargethan, dem innern Mahner nachgebend erklärte er

nun im Audienztermin, daß er seinen Strafantrag zurücknehmen wolle. In die Verhandlung der Sache war der Gerichtshof bereits eingetreten und der Staatsanwalt beantragte Einstellung des Verfahrens wegen des Diebstahls, bezw. Freisprechung nach Lage der Sache wegen Hausfriedensbruches. Der Gerichtshof erkannte demgemäß; glücklich ausgeföhnt und wieder vereint verließen Vater und Sohn das Kriminalgerichtsgebäude.

Am

Königsberg i. Pr. Im November machte in verschiedenen politischen Beitungen und auch Gewerkschaftsblättern eine Notiz, veranlaßt durch einen entstellten Bericht der Ostpreußischen Beitung", die Runde. Es hieß daselbst, daß der sozialdemo fratische Agitator Slomfe wegen Unterschlagung von 100 oder einigen hundert Mark Arbeitergroschen( Eigenthum der Königss berger Tischler) verhaftet und bereits geständlich sei sc. 13. Dezember stand nun in dieser Sache Termin zur Haupt­verhandlung an. Bevor wir jedoch auf die Sache selbst eins geben, diene folgendes zur befferen Information. In Königs­ berg bestand seit August 1885 nach Beendigung des Tischlers streits eine Kommission der Tischler Königsbergs", deren Vor­fitender Slomke und deren Kassirer Krebs war. Im Auguft 1886 wurde nun diese Kommission nebst der durch sie ge­schaffenen Verbindung der Werkstätten vom Regierungspräfte denten auf Grund des Ausnahmegeseges verboten und erhielten die Kriminalkommissarien Böttcher und Gabel den Auftrag, dies dem Vorfißenden mitzutheilen und das Vermögen der Kom misfion sowie sämmtliche auf diese selbst bezüg= lichen Sachen zu beschlagnahmen, was auch geschah. Der Kassirer Krebs jedoch verleugnete, um das Geld zu retten, ein Sparkaffenbuch im Betrage von 550 M. und mußten fich die Herren mit einem vorgefundenen Baarbestande von 101 M. 50 Pf. begnügen. Diese Beamten wurden auch bald darauf zu Liquidatoren der Kommission ernannt und setzten nun thre Forschungen nach dem Gelde fort, erließen auch eine Bekannts machung, ihnen das Geld freiwillig herauszugeben; durch eine unter den Papieren vorgefundene Abrechnung hatten sie über die Kaffe Aufschluß erhalten. Einige Revisoren und Koms missionsmitglieder ließen sich auch von den Herren die Köpfe verdrehen und gaben die Existenz des Buches zu. Sie gaben auch den Namen an, auf welchen das Buch lautete. Jest gingen die Liquidatoren am 15. November zum Kassirer Krebs, um ihn zu verhaften, wenn er nicht das Buch herausgebe; wohl oder übel mußte fich derselbe unter solchen Umständen dazu entschließen. Slomfe war während dieser Zeit gar nicht in Königsberg . Nach der polizeilichen Schlie Bung der Kommission, in der Bwischenzeit Don Ende August bis Oktober, waren nun mit Wissen der Kom­missionsmitglieder 150 M. vom Buche abgehoben und zu Zwecken der Tischler Königsbergs verwandt, wie Brozeßkosten, Unter­stüßungen u. f. w., und waren auch der Vorfizende und der Kafftrer im Stande, die entsprechenden Beläge vorzulegen und den Nachweis zu führen, daß der abgehobene Betrag nicht zu ihrem persönlichen Vortheil verwendet worden war. Trozdem wurde der Vorsitzende Slomke am 20. November verhaftet und gegen ihn sowie auch den Kassirer Krebs Strafantrag wegen Betrugs oder Unterschlagung gestellt. In der Hauptverhand­lung am 13. Dezember machten die Liquidatoren geltend, daß; nachdem die Kommission aufgelöst, der Vorsitzende und Kassirer verpflichtet waren, die Gelder herauszugeben, und da dies nicht geschehen, vielmehr noch nachträglich von dem Gelde Ausgaben gemacht worden sind, fie fich( Slomke und Krebs) der Unterschla gung schuldig gemacht haben, um so mehr, da dieselben das Geld für ihre eigenen persönlichen Zwecke verwendet hätten. Der Rechtsanwalt, Herr Neumann, der die Vertheidigung der An­geklagten übernommen hatte und sich seiner Aufgabe mit großem Geschick und Eifer entledigte, führte nun folgendes aus: Die abgehobenen 150 M. tonnten den Liquidatoren schon deshalb nicht unterschlagen werden, weil sie dieselben niemals in ihrem Besize hatten; ferner, daß die Angeklagten Miteigenthümer des Geldes waren und daß sie in ihrer Eigenschaft als Vorsitzender und Kassirer das Recht hatten, Geld auszugeben, wenn sie den anderen Kommissionsmitgliedern Rechnung legten und daß sie das Geld nicht zu ihrem persönlichen Vortheil ausgegeben haben. Die Beweisaufnahme habe das übrigens auch ergeben. Er bestritt ferner den Liquidatoren Recht, als sie von Krebs die 101 M. 50 Pf. baar erhalten hatten, noch weitere Nachforschungen über den Verbleib der Gelder anzustellen, und da der Kommission und der durch sie geschaffenen Vereinigung der Tischler jedes Statut fehle, es also ein Personenverein der nacktesten Form war, so treten die allgemeinen landrechtlichen Bestimmungen, und zwar die über das Genossenschaftswesen in Kraft. Hiernach kann das Geld resp. Vermögen nie in den Befit des Staats übergehen, es muß vielmehr Eigenthum der Tischler bleiben und zu deren Sweden verwendet werden, also auch das bereits beschlagnahmte Geld müßte herausgegeben werden. Der Gerichtshof trat in allen Punkten den Ausführungen des Rechtsanwalts bei und wurden die Angeklagten freigesprochen; der Staatsanwalt hatte für Slomte 3 Monate und für Krebs 2 Monate beantragt. Slomte wurde hierauf, nachdem er beinahe 4 Wochen in Untersuchungshaft zugebracht hatte, sofort aus derselben ent­

laffen.

das

Beuthen , 27. September. ( Todesurtheil.) Die Wittwe Weber in Domb und ihre 23 jährige Tochter hatten sich vor dem hiesigen Schwurgerichte wegen Kindesmordes und An­stiftung zum Morde zu verantworten. Wie die Verhandlungen ergaben, hat die Wittwe Weber ihre Tochter mit 16 Jahren der Schande preisgegeben, und zu drei verschiedenen Malen die von dieser geborenen Kinder getödtet und im Keller ihrer Woh­nung vergraben, wo die Stelette von dem Gendarmen aufge= funden find, das eine mit einem Nagel im Schädel. Die Mutter ist zum Tode, die Tochter, die für schuldig in einem Falle erklärt wurde, zu vier Jahren Gefängniß verurtheilt.

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Görlik, 27. Dezember. Die hiefige Straffammer hatte am Donnerstage über die Frage zu entscheiden, ob verbotene Schriften zu konfisziren find auch ohne das Vorhandensein einer strafbaren Handlung. Es handelte sich um die Einziehung einer Anzahl bei einem Görliger Gewerbetreibenden beschlag­nahmter sozialistischer Druckschriften, ferner um eine auf der Post beschlagnahmte, für ihn bestimmte Sendung von Erem plaren des Sozialdemokrat". Die Staatsanwaltschaft bean­fragte die Einziehung sämmtlicher beschlagnahmter Druckschriften, da eine wenn auch nicht strafbare Theilnahme bei einer strafbaren Verbreitung der Schriften auch bei demjenigen vor läge, an welchen die verbotene Schrift verbreitet wird. Der Vertheidiger des Betreffenden beantragte, da das Allein­Abonnement auf verbotene Schriften gestattet sei, auch die Aus­lieferung derselben. Das Gericht beschloß, die Einziehung der in der Wohnung des Gewerbetreibenden beschlagnahmten Schriften abzulehnen und nur die auf der Post beschlagnahmte Sendung, weil noch nicht in den Beftz des Betreffenden über­gegangen, einzuziehen.

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Mainz , 24. Dezember. ( Eine Freisprechung wegen zu großer Dummheit".) Die Wittwe Adam Höflich aus Caftel hatte auf den Namen ihres minderjährigen Stiefsohnes ein Saus für 27 500 Mart, bei 500 Mart Anzahlung, gekauft. 20 000 M. follten als erste Sypothet stehen bleiben und 7000 m. durch eine zweite Hypothet gedeckt werden. Zur Durchführung Dieser Operationen bedurfte fte der Einwilligung des Vormundes ihres minderjährigen Stiefsohnes, aber aus triftigen Gründen scheute fie den Gang nach Gundersheim , wo dieser Vormund, der Landwirth Georg Spohr, seinen Wohnsiz hatte. Sie sann daher auf einen andern Ausweg, und er war auch bald ge­funden. Eines schönen Morgens nahm fie ihren Hausburschen, ben 28jährigen Jakob Machemer, mit nach Mainz zum Notar Br., bei welchem sie ihn als den Vormund ihres Stiefsohnes. einführte. Mit gravitätischem Ernst unterzeichnete auch der Hausknecht den notariellen Aft, durch welchen dem Minder jährigen die nöthigen Vollmachten ertheilt wurden. Das Ende