Befizer des Terrains, Banquier Schwabacher, projektitten neuen Straßen 1, I und III unter folgenden Be dingungen zur Festsetung gelangen: 1. Der Unternehmer hat das zur Anlage der drei neuen Etraßen innerhalb seines Grundstücks bis an deffen Grenzen benöthigte Terrain unentgeltlich an die Stadtgemeinde abzutreten. 2. Die Straße I ist in gerader Linie von der Chauffeestraße aus der art anzulegen, daß sich die nördlichen Baufluchtlinien dieser Straße und der Hermsdorferstraße in der westlichen Baufluchtlinie der Gartenstraße schneiden. 3. Die Herstellung( Freilegung, Planirung, Regulirung, Pflasterung und Entwässerung) der genannten Straßenzüge, ingleichen die Unterhaltung der felben, hat Unternehmer nach den ortsstatutarischen Bestimmungen und nach Anweisung des Magistrats vollständig auf eigene Kosten zu bewirken. 4. Die in den genannten Straßen und deren Forte fegungen innerhalb der Grenzen des eigenen Grundstücks nothwendige Gasleitung und Straßenbeleuchtungs- Anlagen hat Unternehmer auf seine Kosten nach Anweisung des Magistrats berzustellen. 5. Das hinter dem städtischen Grundstück Chauffeestraße 44 und zwischen der Straße I belegene Schwabacher'sche Terrain ist in gleicher Breite wie das Grundstück Chauffeestraße Nr. 44 pfand und kostenfrei an die Stadtgemeinde unentgeltlich abzutreten, und dürfen derselben wegen dieses Trennstücks Teine der ad 3 und 4 genannten Kosten erwachsen.
Der Stadtv. Meyer i stellt folgenden Zufasantrag: Die in den genannten Straßen nothwendigen Gasleitungs- und Straßenbeleuchtungsanlagen hat der Unternehmer auf seine Kosten nach Anweisung des Magistrats herzustellen. Die zur eventuellen Weiterführung der drei Straßen bis zum Bahn förper der Stettiner Eisenbahn erforderlichen Terrainerforderlichen Terrainstreifen sind von der Bebauung auszuschließen und sofort unentgeltlich an die Stadtgemeinde Berlin abzutreten, sobald die Weiterführung der Straßen genehmigt ist. Im Falle der Weiterführung sind auch diese Straßentheile in gleicher Weise wie die projektirten Straßen 1, I und 1 von dem Unternehmer auf seine Kosten herzustellen. Zur Sicherung dieser Rechte ist ein entsprechender Vermerk in das Grundbuch einzutragen."
Stadtv. Friedemann empfiehlt dieses Amendement. Unter Ablehnung des Ausschußantrages stimmt die Ver fammlung dem Antrage Meyer zu.
Eine Reihe unwesentlicher Magistratsanträge wird debattelos genehmigt.
Einige Rechnungen gehen an den Ausschuß für Rechnungsfachen.
Den Ankauf des Rentier Pieper'schen Grundstückes an der Gubenerstraße zum Preise von 12 100 M. genehmigt die Versammlung.
Die Ablösung der Freihausberechtigung des Grundstücks Pariser Play durch Zahlung eines Entschädi gungsfapitals von 7862,40 M. an die Immediatkommission des von Rhodich'schen Legatenfonds wird beschloffen.
Die Verpachtung des an der Triftsee- und ver längerten Torfstraße belegenen Ackerstücks von 22 Heftar 83 Aar 93 qm. Flächeninhalt auf die Zeit Dom 1. Januar 1887 bis 1. Oftober 1892 an die Fuhrwerts befizer Wilhelm und Eduard Geduld und Eduard Geduld zu Reinickendorf für einen jährlichen Vachtzins von 450 M. wird nach kurzer Disfuffion mit der Maßgabe genehmigt, daß das verpachtete Grundstück zur Ablagerung von Müll und Unrath nicht benutt werden darf.
Den freihändigen Verkauf der von dem Grundstücke Landsbergerstr. 40 und Landwehrstr. 33 33a nach Durchlegung der Liesmannstraße übrig bleibenden Bauparzelle von 1024,4 qm mit Einschluß auch der auf dem städtischen Reſtgrundstücke stehenden Baulichkeiten für einen Preis von 236 M. pro Quadratmeter, zusammen für 241 758,40 M. zur Uebergabe am 1. April 1887 genehmigt die Versammlung unter der Bedingung, daß der Käufer die Abfindung des noch bis 1. Oktober 1887 berechtigten Miethers Lewinsohn zu übernehmen, die Baulichkeiten bis 1. Juli 1887 abzubrechen, spätestens an diesem Tage das Straßenterrain völlig freigelegt an die städ tische Bauverwaltung zu übergeben, aber Rosten der ersten Einrichtung, Pflasterung und Entwässerung der neuen Straße nicht zu tragen hat.
Bur Unterbringung von Bureaus des Königlichen Polizeipräsidiums soll die zweite Etage des Neubaues auf dem Grundstücke Königstraße 7 gemiethet werden. Die Versammlung stimmt diesem Antrage zu.
Damit ist die Tagesordnung erledigt. Schluß 7 Uhr.
Es folgt eine nicht öffentliche Sißung.
Lokales.
Der Neujahrstag bringt zwei ganz besondere Artikel in den Handel: die mit Blumen und Bändern verzierten BigarrenSpigen und die Neujahrskarten. Die ersteren sind dazu be stimmt, von den Kellnern und Hausdienern als Angebinde den Stammgästen und Besuchern der Restaurants und Destillationen
ebensoviel Großmächtigkeit aufzuweisen. Die ganze Teufe Die ganze Teufe desselben beträgt ungefähr 2500 Meter mit zirka 130 Flößen. Die Kohlenlager von Aachen , Bayern , Niederschlesien, Saar brücken und in Sachsen halten noch zirka 100 000 Millionen Tonnen Steinkohlen.
Die unterirdischen Schäße von Stein- und Braunkohlen in Desterreich befinden sich hauptsächlich in Böhmen , wo namentlich die Braunkohle massenhaft vertreten ist; jedoch werden diese Felder, gleich denen der böhmischen Steinkohle, in absehbarer Zeit ausgebeutet sein. Als eine Fortseßung der oberschlesischen Kohlenfelder sind die mährischen Steintohlenflöße anzusehen.
Der russische Steinkohlenreichthum ist fast noch nirgends zur Genüge erschlossen, doch, werden in späteren Zeiten die russischen Kohlenlager den europäischen Bedarf auf sehr lange Zeit decken helfen.
Frankreichs Kohlenförderung steht auf sehr mäßiger Stufe. Im Jahre 1884 förderte man daselbst an Steinkohlen und Anthrazit 21 Mill. Tonnen und an Braunkohlen zirka Million Tonnen.
In Belgien durchzieht das Steinkohlenbecken das ganze Land von Osten nach Westen. Der Kohlenbau wurde hier schon im 11. Jahrhundert und gegenwärtig in 260 Gruben von 166 000 Arbeitern betrieben.
Unbedeutend endlich ist die Steinkohlenförderung von Italien , Spanien , Dänemark , Schweden und Norwegen , welche Länder durchschnittlich je zwei Millionen Tonnen Kohlen von England beziehen.
Speziell' die sächsische Kohlenförderung anlangend, wurden in den drei Kohlenbecken Zwickau , Lugau- Delsnit und Dresden i. 3. 1885 4 129 501, t= 82 590 20 3entner dem Erdreiche entnommen, welche einen Gesammtwerth von zirfa 20 Millionen Mark repräsentirten. Die Zahl der beim sächsischen Steinkohlenbergbau beschäftigten Personen stellte fich im vorerwähnten Jahre auf 591 Beamte und 17 984 Arbeiter. Dieselben bezogen an Gehalt 1 195,725 M. und an Löhnen 14 952 225 M. Außer diesen menschlichen Kräften dienten noch 517 Dampfmaschinen mit 18.527 Pferdestärken dem Steinkohlenbergbau, und zwar theils zur Förderung der Kohlen und der Tiefe, theils zur Ventilation und Wasserhaltung. Egon W.
auf weißen Tellern präsentirt zu werden und bringen für die Spender, thren verborgenen Bwed erfüllend, meistentheils ein paar bei der allgemeinen ausgedehnten Anforderung an Jeder manns Kaffe mißmuthig gewährte Groschen ein. Die illustrirten, mit allerhand Poefien und Reimereien versehenen Karten und Wünsche sollen Spaß machen, zumeist aber verborgenen Haß und Groll ausdrücken, ungestraft einem armen Opfer, dem man gern etwas am Zeuge flicken möchte, Injurien anhängen; fie erfüllen für den Absender den Zweck am besten, wenn sich der mit ihnen Beschenkte weidlich darüber ärgert, ohne dagegen etwas thun zu können. Die sogenannten fomischen Karten werden hier in Berlin in großen Fabriken angefertigt, viele Kräfte find während des Jahres damit beschäftigt, das Material für diesen einen Tag zu schaffen. Da arbeiten Beichner und erfinden bezügliche Situationen, Dichter" schmieden die oft haarsträubenden Knittelverse zusammen, da wird geklebt, gepreßt, gedruckt, illustrirt, gefalzt, tausende Hände regen sich. Der kleinere Theil der Karten bleibt im Lande, die meisten wandern über das Meer und werden nach Amerika exportirt, wo sie sich großer Beliebtheit und reger Kauflust erfreuen. Besondere Dri ginalität, wirklicher Wit und Humor ist in diesem Jahre den Erzeugnissen für den einen Tag nicht gerade nachzu rühmen; wir haben kein Ereigniß gehabt, welches geeignet rühmen; wir haben kein Ereigniß gehabt, welches geeignet wäre, dem Zwecke angepaßt zu werden, das Kamerunwigfieber, welches zu Zeiten beunruhigende Dimensionen angenommen, muß noch immer herhalten und tritt in den Vordergrund. Die unglücklichen Schwiegermütter, die gar nicht in Ruhe gelaffen werden können, müffen wieder wie voriges Jahr nach Kamerun wandern, um dort verspeist zu werden. Der Rotemann, welcher voriges Jahr florirte, ist fast verschwunden, er ist nur noch in vereinzelten Exemplaren aufzutreiben. Eine gewiffe Originalität verrathen allein die mit anmuthigen Vignetten illustrirten und mitunter mit ganz leidlichen Strophen versehenen Postkarten. Auf der einen findet man einen Pantoffel von mächtiger Größe: ,, Gratulire, lieber Alter, Dir zu diesem Geradehalter!" Auf einer andern einen tyroler Eitherspieler: bin a Tyroler, a luft'ger Gesell' Und bring Dir vom Schapin a Gruß mit zur Stell A Gruß und a Bufferl, a Wunsch und a Lied A Händedruck und daß Gott Dich behüt'. Holdrio!! Auf einer dritten ein weibliches Wesen mit„ Ich Ich tenn' ein Blümchen eig'ner Art Es blüht nur an Plägen fein und zart, Wird eifrig gepflegt vom schönen Geschlecht, Gar oft betrachtet und das auch mit Recht; Kennst Du dieses Blümchen nicht? Du sagst lächelnd: Ja Vergiß meinnicht. Nein, Freundchen, Tu haft fehlgeschoffen, Das Blümchen, das ich meine: Das heißt Sommersprossen!"- Leider find auch die zweideutigen Neujahrswünsche und die widerwärtigen obszönen nicht wenig vertreten. Es läßt sich gegen diese Beleidigungen des guten Geschmacks kaum anders als durch immer erneute Proteste etwas thun.
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Der Ausbau der Unfallversicherung, wie er fich in den endgiltigen Entscheidungen der obersten Zentralbehörde, dem Reichsversicherungsamte, darstellt, hat bereits eine ganze Reihe gemeingiltiger Grundfäße zur Folge gehabt, die für weitere gemeingiltiger Grundfäße zur Folge gehabt, die für weitere Kreise der Beachtung werth find. Eine solche Entscheidung von größerer Tragweite wurde fürzlich über die Erstattung der Beerdigungskosten gefällt, welche für einen infolge eines Betriebsunfalles Getödteten verauslagt worden. Das Unfallverficherungsgesch bestimmt im Absay 1 seines§ 6, daß im Falle der Tödtung eines Verficherten durch Unfall der Ersatz der Beerdigungskosten stattzufinden hat, und zwar in Höhe des 3wanzigfachen des Betrages, welchen der Getödtete als durchschnittlichen Tagesverdienst bezog, jedoch mindestens dreißig Mart. Diese Ersatzpflicht so hat das Reichsversicherungss amt entschieden ist den Berufsgenossenschaften ohne nähere Bezeichnung eines Empfangsberechtigten auferlegt worden. Wenn also die Beerdigung weder durch die Hinterbliebenen des Getödteten, noch durch die gesetzlich dazu verpflichteten Kassen, Armenverbände, oder durch den Betriebsunternehmer besorgt worden ist, so ist jedem Dritten( Nachbar, Freund, Verein) welcher die Beerdigung bewirkte und nachweist, daß er dadurch Kosten hatte, ein selbstständiger Anspruch auf Erstattung dieser Kosten in den Grenzen des vorerwähnten, gefeßlich firirten Betrages gewährt und nur ein etwa verbleibender Ueberschuß wird in folchen Fällen den Hinterbliebenen zu gewähren sein. Die Feststellung der von Dritten erhobenen Ansprüche erfolgt im gefeßlich vorgeschriebenen Verfahren, und gegen die so erfolgte Feststellung steht den Intereffenten die Berufung auf schiedsrichterliche Entscheidung zu. Was die Auszahlung betrifft, so hat fich das Reichsversicherungsamt, wenn von verschiedenen Seiten Ansprüche erhoben werden, dahin ausgesprochen, daß die einander ausschließenden Ansprüche mehrerer Kaffen entweder im Wege des Uebereinkommens oder im ordentlichen Rechtswege zu regeln und bis dahin die streitigen Beträge eventuell gerichtlich zu hinterlegen find.
Zum Kapitel vom Schriftstellerelend. Ein begabter Journalist, der auf eine langjährige erprobte Redakteurthätigkeit zurückblickt, aber in der Metropole nicht das erhoffte Glück fand, ist dieser Tage, dem Hunger- und Erfrierungstode nahe, in schrecklichem Zustande bei Schildhorn an der Pontonbrücke auf gefunden worden. Nachdem er im Kaisergarten" zum Bewußts fein zurückgerufen und, über seine Verhältnisse befragt, auch mit Waffer erquickt worden war Bouillon hatte er wieder von sich gegeben wurde der Unglückliche nach dem Stadtkrankenhause in Charlottenburg gebracht, wo er schwerkrank darnieder liegt. Ueber sein Vorleben find wir in der Lage, verbürgte Mittheilungen machen zu können. Mitte Oftober v. J. wurde Karl Jander, ein Mann hoch in den dreißiger Jahren, an der Grenze von Westpreußen und Posen gebürtig, von Aachen , wo er, nachdem er vorher in der Redaktion der Deutschen Allgemeinen Zeitung" in Leipzig ( eingegangen) gewirkt, fieben Jahre lang die Aachener Zeitung" geleitet hatte, an die Freifinnige Beitung" berufen, da er als ehemaliger Sekretär des Abg. Parifius persönliche Beziehungen zu diesem und Eugen Richter hatte. Er verblieb jedoch nicht lange in dieser Stellung und schied bereits am 1. Dezember v. J. aus der Redaktion aus. Sodann verließ er Berlin und hielt sich bis zum Februar d. J. im Westen auf. Von da ab schlug er seinen Wohnfiz wieder hier auf und versuchte sein Heil auf der Journalistentribüne des Reichstags und Landtags als Korrespondent für auswärtige Blätter. Seitdem hatte er mit des Geschickes Mächten schwer zu kämpfen und wurde in Folge eines ungünstigen Prozesses um sein letztes Hab und Gut ge bracht. Am 30. November dieses Jahres war er aus seiner Wohnung Große Friedrichstraße 106, wo er bei seiner Wirthin, Frau Sternheim, oft freundliche Unterstügung gefunden hatte, fortgegangen, die Nacht fortgeblieben, am nächsten Tage jedoch erschöpft zurückgekommen. Er wurde von der Wirthin erquidt und mit einem Markstück, da er in Geldverlegenheit war ein Dreimarkstück hatte er abgelehnt ausgestattet. Er erklärte, nach Spandau im Auftrage eines dortigen Hausbefizers reisen zu müssen und verließ an demselben Tage wieder seine Wobnung. Am 3. d. M. erschien er im Kaisergarten bei Schild horn und verzehrte für 25 Pf. ein Butterbrot. Von da ab fehlte jede Spur; die Wirthin glaubte, daß er gänzlich abgereist sei und meldete ihn bei der Polizei ab; sendete auch zwei angefommene Briefe zurück. Wie der arme Mensch, als er am 23. im Kaifergarten das Bewußtsein wieder erlangt hatte, gestand, hat er fich obdachslos in der Gegend von Schildhorn und Bichelswerder umherbewegt und nur faltes Waffer genoffen. Schnelle Hilfe thut noth, um das Opfer verworrener sozialer Verhältnisse zu retten.
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Zur allgemeinen Beachtung, insbesondere für Haus eigenthümer und Miether, theilen wir folgenden ebenso wichtigen als intereffanten Vorgang mit: Eine hiefige Gesellschaft, Befizerin zahlreicher Grundstücke, hatte an ihr Heer von Miethern fürzlich ein Rundschreiben nachstehenden Inhalts ergehen lassen: " In Verfolg einer bei uns vorgenommenen Stempelrevision
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verlangt der königl. Stempel- Fiskal den Nachweis, ob Sie die stillschweigenden Prolongationen Ihres unterm.... mit uns abgeschloffenen Miethskontraktes haben verstempeln lassen. Sollte dies nicht geschehen sein, so haben Sie, ausweislich der in unserem Bureau zu Ihrer Einsicht ausliegenden Defettene tabelle für die Kontraktszeit bis zum 1. April 1887 vorläufig an Stempel M.... nachzuzahlen. Wir ersuchen Sie nun, binnen drei Tagen uns entweder den richtig verstempelten Miethskontrakt zur Vorlegung beim Stempel Fistal zu über senden, oder, falls Sie dies nicht können, den oben go nannten Stempelbetrag in Gemäßheit des mit Ihnen abgeschloffenen Kontraktes an unferer Kaffe einzuzahlen Wir machen Sie noch darauf aufmerksam, ba Der Kontrakt jest zur nachträglichen Stempelung dem Stempeldistributeur nicht mehr vorgelegt werden darf, und das der Stempelfistal fich die Einleitung des Strafverfahrens wegen etwaiger Stempelfontravention vorbehalten hat." Wie wir noch im Anschluß hieran erfahren, sind jezt diejenigen Miether, welche den Stempelbetrag nicht erlegt haben, verklagt bezw. vom der Gesellschaft per 1. April 1887 gefündigt worden. Wie macht es nun die Gesellschaft mit denjenigen Miethern, welche ebenfalls ihre Kontrakte stillschweigend ohne die gehörige Stempelung prolongirt haben, inzwischen aber aus den Grunds stücken der Gesellschaft ausgezogen find? Eine zweite Frage ist: sollte die Gesellschaft nicht ebenfalls einen Theil der Schuld an der Stempelfontravention tragen, so daß es ungerechtfertigt erscheint, wenn sie jest die Miether die Konsequenzen allein tragen läßt? Mindestens dürfte man ein weniger rigoroses Vorgehen ihrerseits erwartet haben.
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Berlin als Statrefidenz. Eine Millionenstadt weit nach den verschiedensten Richtungen hin Eigenthümlichkeiten auf, und es wäre einseitig, wollte man an unseren lebense Iuftigen, gemüthlichen Berlinern den friegerischen Charakter in erster Linie betonen. Nein, lieber noch freibt man hier harm lose Künste des Friedens, zu denen vor Allem das Statspiel nach Zeugniß des Adreßbuches zu rechnen ist. Wenn hier freie lich nur von 2 Singvögeln, 6 Spielern, einem Spielberger und einem Statskowsky die Rede ist, so darf man sich durch diese geringe Bahl, unter der natürlich nut die Muster spieler zu verstehen sind, nicht beirren laffen. Es wird offenbar zu Vieren gespielt; denn nach dem Adrese buch find 4,, Geber" vorhanden, ebenso die entsprechende Bahl der Rei( t) zer". Da fünfmal Paß" gesagt wird, so finden sich in Berlin auch 2 Passauer", 1, Baffenheim" und 1, Baffier" Bedenklich stark ist die Klaffe der Maurer" vertreten, zu der nicht weniger als 26 gehören. Da bei dem Spiel auffallender Weise fein Solo, wohl aber 6, Grands" vorkommen, so ist die Aufforderung Mische", die uns 40 Mal entgegenschallt, ficher lich berechtigt. 3wei Spieler haben ganz leidliche Karten, so daß ihnen der Rath gegeben wird:" Tournier'!" Dabei treffen fte 6 Mal auf „ Eichel", dazu 4 Mal auf, Kreuz", 2 Mal auf, Treff", 25 Mal auf Pid", 58 Mal auf, erz"( franzöfifche Ausdrücke wie ,, Coeur braucht der Berliner nicht!) und 48 Mal auf Roth ", so daß also hier das Sprüchwort: In den meisten Fällen tournirt man Schellen", wieder einmal trügerisch gewesen ist. Die Streitfrage, ob man nach oben oder unten faffen soll, wirb verschieden gelöst; denn bei Dreien heißt es Oben", bei Vieren Unten". Daß es übrigens um ein reguläres Statspiel fich handelt, fieht man aus dem Umstande, daß 4 Buben vorhanden find. Wenn freilich an einer anderen Stelle von 40 Jungen" die Rede ist, so werden für dieselben gewiß auch 10 Spiele eristiren. Natürlich wird mit allen Chifanen gespielt, wenngleich wie bisher nur einen Schifomomsty" gefunden hoben. Biersfat scheint besonders beliebt zu sein, denn wir fehen elf Mal Bier", eine Reihe von Schoppen", 3 Bier freunde", einen Bierhals", 1 Bierleben", 34 Biermänner" und selbstverständlich auch einen Bierschent"." Es wird im Ganzen recht ehrlich gespielt, nur einmal hört man vom Mogel!" Da wir 15 Mal Bech" und 19 Mal Glüd" wahr nehmen, so erklärt es sich, daß nicht weniger als 687,, Schneider und 279 Schwarz" werden. Im Ganzen muß aber wohl nicht viel herauskommen, denn nur bei einem heißt es:" Verloren"; ebenso findet sich auch bloß 1, Gewinner". Es giebt in Berlin ja auch nur einen" Schweinburg". Man sieht, in Berlin wird nur solide gespielt.
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Betreffs der Jubiläums- Kunstausstellungs- Lotterie ist nunmehr, wie das Deutsche Tageblatt" meldet, folgendes be stimmt worden: Die nochmalige Ziehung derselben beginnt, nachdem die Genehmigung des Ministeriums des Innern ein getroffen ist, unter Mitwirkung der königlichen Lotteriedirektion, fowie unter Buziehung von Beugen und Notar am Montag, den 3. Januar f. J., Vormittags 9 Uhr, im sogenannten langem Saale ( nicht im Uhrfaale, wie das erste Mal) des kgl. Akademie gebäudes, Unter den Linden 38, und wird ca. 14 Tage in Anspruch nehmen. Nach Schluß der Lotterie erscheint die amb liche, allein maßgebende Lotterieliste, deren Publikation durch den Reichs- und Staatsanzeiger" erfolgt und welche außerdem fäuflich im Bureau der königl. Akademie, Universitätsstr. 6, sowie bei Herrn Heinze, Unter den Linden 3, zu haben sein wird. Hinsichtlich der Verausgabung der Gewinne ergeben nach Schluß der Ziehung noch weitere ausführliche Bestim
mungen.
Sylvester. Wenn man scherzweise zu sagen pflegt, Osterm und Pfingsten fallen auf einen Tag, um damit einen Zustand außergewöhnlicher Fidelitas zu bezeichnen, so fann man mit einer gewiffen Berechtigung behaupten, Weihnachten und Neue jahr fallen auf einen Tag, denn um diese Zeit fommt der ges wöhnliche Durchschnittsmensch aus den Feiertagen schier gor nicht mehr heraus. Die lezte Woche des Jahres ist eine wahre Festwoche, denn die meisten Tage, welche zwischen Weihnachten und Neujahr liegen und gleichsam das erstere in das letztere hinüberleiten, find sogenannte Bummeltage", teiner ernften Arbeit und Beschäftigung gewidmet, es sei denn, daß die Pflicht gebieterisch dies verlange. Ende gut, Alles gut! bo hauptet etwas optimistisch ein bekanntes Sprichwort und fo find auch Weihnachten und Sylvester die beiden Feste, welche dem enteilenden Jahre ein gutes, fröhliches Ende bereiten; zwei Feste, mit einander innig verwebt und doch von gänzlich verschiedener Eigenart. Ist Weihnachten das Fest der Kleinen, so ist Sylvester das Fest der Großen. Ist Weihnachten ein poefieumfloffenes, religiöses Fest, so ist Sylvester das gerade Gegentheil, ein weltliches Fest von sehr realer Natur; ge= meinsam haben beide nur das Mystische, das ihnen mehr bei gefellt ist, als den beiden anderen Festen, Ostern und Pfingsten. Weihnachten ist vorüber gezogen mit aller Pracht und Herrlich keit, mit allem Kummer, Leid und Sorgen; der Sylvefteve morgen ist angebrochen, deffen Abend alljährlich Zeuge fröhe licher Ausgelassenheit ist. Weniger, als Weihnachten, ist Sylvester ein Familienfest, am Sylvesterabend sucht jeder fröhliche Gesellschaft, wo er fie findet, und find deshalb auch die Sylvesterbälle so sehr im Schwange. Wer Familie hat, wird felbstverständlich vorzugsweise im Familienkreise bei Punsch und Pfannkuchen Sylvester feiern, denn ebenso, wie der Christbaum das nothwendige Attribut des Weihnachts festes ist, so find Punsch und Pfannkuchen die nothwendigen Attribute des Sylvesterabends, ohne welche beide Feste nicht eigentlich gedacht werden fönnen. Die Verschmelzung beiber Feste wird veranschanlicht durch den Weihnachtsbaum, welcher am Sylvesterabend im vollsten Kerzenglanze erstrahlt, durch die seltsame Mischung von Tannenduft und Bunschodeur, welcher die Wohnung durchfluthet. Gleichwie der Sylvesterabend den Abschluß bildet für ein ganzes langes und doch so furzes Jahr und hinüberführt in eine neue hoffnungsreiche Beit, so bildet er auch den Abschluß für die Weihnachtszeit, er führt hinüber in die fröhliche, ausgelassene, tolle Karnevalszeit, welche mit ihm durch die vorerwähnten Sylvefter- Mastenbälle offiziell ere öffnet wird. Doch auch im engsten Familienkreise treibt der Faschingskobold am Sylvesterabend sein geheimnißvolles Wesen