wieder das Pferd beim Schwanze aufzäumt. Wie unklar man sich über die richtigen Mittel zur Behebung des Uebels ist, zeigt schon die offiziöse Andeutung, daß zu allererst an den Erlaß eines strafgesetzlichen Verbots der bei Immobiliarverkäufen viel­fach üblichen, unentgeltlichen Verabreichung geistiger Getränke gedacht wird. Es braucht keines Wortes darüber, daß solch ein Verbot kaum die Außenfläche der franken Stelle trifft. Aber auch direkte Maßnahmen gegen die Bewucherung des fleinen und mittleren Landmannes werden stets den eigentlichen Grund des Uebels unberührt laffen: die steigende Unrentabilität der fleineren Wirth­schaft, die genau wie auf gewerblichem Gebiete aus der zunehmenden Konkurrenz der landwirthschaftlichen Großbetriebe herrührt. Die letteren kann und will man auch nicht be­schränken; unsere ganze agrarische Geseggebnng läuft bekanntlich im Gegentheil darauf hinaus, die Großen auf Kosten der Kleinen zu begünstigen. So geht der Prozeß der Vernichtung der Kleinbetriebe durch die Großwirthschaften auch in der Land­wirthschaft seinen, bei uns sogar beschleunigten Gang und reitet den Bauer immer tiefer in den Verfall und die Verschuldung hinein. Dagegen ist kein Kraut, am allerwenigsten ein heuch­lerisches Wuchergeses gewachsen, welches die Sachlage zu ver­dunkeln und den eigentlichen Grund des Bauernruins zu ver­tuschen sucht.

Internationaler Kongreß gegen Weinfälschung. Nach Berichten aus Madrid   soll die spanische Regierung die Absicht haben, die Einberufung eines internationalen Kongresses zur Ausarbeitung gleichmäßiger Gesetzesbestimmungen gegen die Verfälschung des Weines anzuregen.

Rußlands   finanzielle Bustände werden durch folgende Notiz der Kreuzzeitung" charakterisirt: Von einem Antwer pener Bankhause ist in Berlin   eine Nachricht eingetroffen, der zufolge die mit dem in allen größeren Zeitungen bereits er­wähnten belgisch  - holländisch- französischen Konsortium versuchte und sehr geheim betriebene russische Anleihe im Betrage von nominal 700 Millionen als ebenfalls gescheitert betrachtet werden tann." Rußland   ist eben politisch und wirthschaftlich nicht mehr lebensfähig. Dies erklärt auch das Säbelgeraffel in der russischen Hauptstadt.

Welcher Aberglaube in jenen Kreisen herrscht, die sich felbft die vornehmen" und gebildeten" nennen, zeigt wieder einmal eine Annonze, die wir in der frommen ,, Kreuzztg." finden: Die Leser des bekannten anziehenden Buches Jugend­Erinnerungen eines alten Mannes" werden sich aus den darin enthaltenen Mittheilungen über den Pastor S. D. Roller in Lausa bei Dresden   erinnern, daß derselbe aus verbrannten Elstern ein sehr wirksames Pulver gegen Epilepsie bereitete, und daß zahllose an dieser Krankheit leidende Menschen seine stets unentgeltlich gewährte Hilfe dieserhalb in Anspruch nahmen. Nach seinem vor 35 Jahren erfolgten Tode ist die Bereitung und Vertreibung des Pulvers auf die Diakonissen- Anstalt in Dresden   übergegangen und wird dieselbe fortdauernd um das Pulver gebeten, fann aber nicht allen Ansprüchen nachkommen, weil sie sich nicht die erforderliche Anzahl von Elſtern vers schaffen kann. Lettere sollen, um aus ihnen das Pulver mög­lich wirksam herzustellen, in den zwölf Tagen nach Weihnachten, oder wenn dies zu schwer fällt, in der Zeit von Weihnachten bis Mitte Februar geschoffen werden. Die genannte Anstalt würde Menschenfreunden, welche ihr durch Sendung von Elstern die Bereitung des Pulvers ermöglichen wollen, besonders dank­bar sein. Auch ist sie bereit, auf Verlangen ein Schußgeld zu gewähren." Es ist ein alter Aberglaube, der besonders in Norddeutschland lebendig ist, daß den zwölf Tagen nach Weih­nachten bis zum Drei- Königs- Tage eine besondere Wichtigkeit beiliege, daß man in diesen Tagen gewiffe Verrichtungen nicht vornehmen, andere dagegen besonders lebhaft vornehmen müsse. Nun sollen sogar in diesen Tagen geschoffene Elstern, wenn sie verbrannt werden, gegen Epilepfie helfen! O sancta sim­plicitas!

Ein unglaublicher Vorfall ans Darmstadt   wird in den Oberhessischen Nachrichten" mitgetheilt. Danach ist dort ein gräfliches Mitglied der ersten Kammer im Schloffe nicht zur Eidesleistung zugelassen worden, weil sich die standesherrlichen Mitglieder der ersten Kammer geweigert hätten, mit dem Grafen zu tagen, da er f. 3. die verlangte Genugthuung im Duell ver­weigert habe. Seitens der Standesherren ist ein Ausschuß ge­wählt worden, welcher den bereits seit elf Jahren spielenden Fall des Näheren untersuchen und über den Befund Bericht erstatten soll. Also unwürdig soll derjenige sein, an der Gesetz­gebung theilzunehmen, welcher sich geweigert hat, an einem Ver­gehen gegen das Strafgesetzbuch theilzunehmen.

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Sie muß es ja wissen. Die Konserv. Korresp." be­merkt in einer Polemit mit dem Deutschen Tgbl.", es sei von demselben etwas auffällig unbesonnen, wenn dasselbe anderen Organen den Vorwurf mache, daß sie subventio nirt seien.

Bezüglich der Nachwahl in Nürnberg   wird jetzt authentisch berichtet, daß das Ministerium des Innern von dem Vorgehen der Sozialdemokraten dem Präsidium der Kam­mer der Abgeordneten Mittheilung gemacht mit dem Bemerken, daß es dem Präsidium anheimgestellt bleibe, ob die Wahlakten

wieder eingefordert und der Protest gegen die Urwahl in der Kammer zur Erledigung gebracht werden soll. Das Präsidium hat das Ministerium gebeten, vom Wahlkommissär die Wahl­aften wieder einzuholen und der Kammer in Vorlage zu brin­gen, damit dieselbe über die Giltigkeit der angefochtenen Ur­wahlen in Nürnberg   entscheiden kann. Es wird demnach von der Anberaumung eines neuen Wahltermines vorerst abgesehen, bis die Kammer diese Vorfrage entschieden hat."

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Aus Ludwigshafen  , 27. Dezember, wird geschrieben: Gestern wurde hier der Tapezier Franz Ehrhart verhaftet und in das Kantonsgefängniß nach Frankenthal   abgeführt. Ehrhart war vor einiger Zeit wegen Verbreitung des bekannten Flugblattes An das deutsche Volt", nachdem dasselbe schon verboten war, zu einer Gefängnißstrafe von zwei Monaten ver­urtheilt worden, die er schon vorige Woche antreten sollte. Da es derselbe aber vorgezogen, die Feiertage noch im Kreise seiner Familie statt im Gefängniß zuzubringen, hat man ihn am zweiten Feiertag per Gendarm holen lassen. Er hat dadurch wenigstens das Fahrgeld gespart.

Haussuchung nach verbotenen Schriften fand in der Frühe des zweiten Feiertags bei einem Schneidermeister in Stuttgart   in der Wagnerstraße statt. Die Haussuchung wurde unter Leitung des Herrn Fahndungsinspektors Kern unter Assistenz von 8 Fahndern vorgenommen und verlief resultatlos.

Polen  - Ausweisung. Dieser Tage hat der in Cichy im Kreise Pleß   in Oberschleften wohnende Arbeiter Matthäus Kreise Pleß in Oberschlesien   wohnende Arbeiter Matthäus Komras mit seiner Ehefrau und seinem 12 jährigen Sohne den Befehl erhalten, unverzüglich das preußische Landesgebiet zu verlassen. In Russisch- Polen gebürtig, ist S. als Knabe vor 14 Jahren nach Oberschlesien   gekommen, wo er sich bisher fümmerlich und ehrlich genährt hat. Den Ausweisungsbefehl hat derselbe ganz unvermuthet, auf Grund der Denunziation eines bei demselben Unternehmer beschäftigten Arbeiters( Pfui!), erhalten. Die Ortsbehörde hat sich aus eigener Initiative für K. bei dem Landrathsamte in Pleß verwendet und beantragt, demselben möge aus humanitärer Rücksicht der Aufenthalt im bisherigen Wohnorte wenigstens noch bis zum nächsten Früh­jahre gestattet werden. Ein Bescheid auf dieses Gesuch steht noch aus.

Oesterreich- Ungarn.

Ein böhmisch- slavischer Arbeiterkongres tagte am 25. und 26. v. M. in Brünn   und war durch Deputirte aus ganz Desterreich beschickt. Auf dem Programme standen sechs Punkte, zu welchen zahlreiche Redner sprachen. Zuerst wurde über die Stellung der Arbeiterschaft und die Mittel, wie dieselbe verbessert werden könnte, verhandelt und eine Resolution angenommen, in welcher auf die geringe Entlohnung der Ar­beiter hingewiesen und die Beseitigung der privaten Produktion und die Einführung der genossenschaftlichen verlangt wird. So lange dieses nicht erreicht sei, solle der achtstündige Arbeitstag und die Einführung von durch die Arbeiter gewählten Fabrit inspektoren angestrebt werden. Zweiter Verhandlungsgegenstand war: 3weck und Nußen der Arbeitervereine, und an dritter Stelle wurde von der öffentlichen Presse gesprochen. Bezüglich der letteren wurde seitens des Kongresses erklärt, die Arbeiter­schaft solle nur solche Zeitungen unterstützen, welche die Grund­fäße und die Tattit des Kongresses zu den ihrigen machen und die Vereinigung der gesammten Arbeiterschaft von Desterreich in dem sozialdemokratischen Prinzipe unterſtügen. Ueber den Standpunkt der böhmisch- slavischen Arbeiterschaft zu der Natio­nalitätenfrage nahm der Kongreß folgende Resolution an: " Das ganze Menschengeschlecht auf dem Erdballe ist gleich be­rechtigt und hat die gleichen Intereffen. Jeder Voltsstamm fann dem ganzen Menschengeschlechte besondere Vortheile zubringen, wie wir denn und jeder Volksstamm von den älteren, entweder bereits untergegangenen oder noch bestehenden Stämmen Manches lernen und nur so das werden konnten, was wir heute sind. Kein Stamm ist das, was er ist, durch sich selbst geworden; zugleich darf er, wenn er in der Zukunft die höchste Stufe der Kultur erklimmen will, sich von den anderen Stämmen nicht entfernen, sondern es ist der gegenseitige Verkehr aller Stämme eine Unausweichlichkeit. So oft es sich um die Nationalitäten­frage in objektiver Form handelt, find wir für die Gleichberech tigung und Freiheit aller Sprachen; wenn es sich aber um die moderne Form der Nationalitätenfrage handelt, so erklären wir, daß die sozialdemokratische Arbeiterschaft nur der tschechoslavischen Sprache die Gleichberechtigung unter den anderen Sprachen ver­schaffen kann; der sprachlichen Gleichberechtigung muß aber die Soziale Gleichberechtigung vorangehen, es muß dem Volke das Selbstbestimmungsrecht gegeben werden, dann schwindet jede ent und umnationalifirende Tendenz von selbst, jede Sprache wird dann vollkommen frei und mit allen übrigen gleichberechtigt sein. Die sozialpolitische Gleichheit wird aber von keiner einzigen modernen nationalen Partei angestrebt, sondern einzig und allein von der bekannten sozialistischen   Partei aller Völker und Länder, und wenn daher irgend jemand der tschechoslavischen Sprache zur Gleichberechtigung verhilft, so ist es nur die soziale Demo­fratie, bis sie sich von der wirthschaftlichen und politischen Ab­hängigkeit frei macht; niemals aber werden dies die sogenannten nationalen Parteien erzielen, welche in erster Linie persönliche

licher Energie erkämpft hat. Verzeihe ihr und Alles soll Beschützen der Vorfahren und Ahnen gekrönter Häupter vor vergessen sein."

Karl P. umarmte sein Weib. ,, Du bist ein edles, hochherziges Wesen, was magst Du Alles meinetwegen in diesem Jahre erduldet haben! Schreibe Röschen, daß sie morgen mit ihrem Bräutigam zu uns fomme."

Als sie später beim Abendessen in besserer Stimmung beisammen saßen, um das heranrückende neue Jahr mit einem Glase Punsch zu begrüßen, da erinnerte sich Karl feines Traumes, den er vor Jahren als Bräutigam seiner lieben Braut erzählt, und darauf zurückfommend sagte er: ,, Nun, Du hast Dir wahrlich die Anwartschaft auf jenen Thron errungen, der für die Stiefmutter bestimmt ist, die das fremde Kind wie das eigene behandelt." Und sie er­widerte darauf voll Innigkeit und Bärtlichkeit:

,, Nun, da wollen wir noch eine Weile warten, bis ich diesen Thron besteige; wir wollen noch ruhig und friedlich viele Jahre miteinander leben, in vollster ehelicher Bufrie­denheit. Stoßen wir darauf an.

Die Kaminuhr verkündete die Mitternachtsstunde. Prosit Neujahr!"

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Der

Aus Kunst und Leben. Theaterzensur in Shakespeares Zeiten. In einem Vortrage: Ueber das englische Theaterwesen zu Shakespeares Beiten" berichtet Delius über die damaligen Leiden: fönigliche Meister der Luftbarkeiten" sah die Stücke durch und verbot mancherlei, z. B. in Richard II." die Absegungsszene vor dem Parlamente. Die Absetzung eines Königs durch das Barlament durfte als böses Beispiel nicht aufgeführt werden. Im Hamlet  " wurde die Anspielung auf das schwindelköpfige Bechen der Dänen gestrichen. Der anwesende König von Däne­mart war ein so großer Trinker, daß er die auf ihn gemünzte Anspielung übel hätte aufnehmen tönnen. Im Kaufmann von Venedig  " durfte Porzia in der Liste ihrer Freier sich nicht mehr über den schottischen Herrn" luftig machen, feit mit Safob ein schottischer König auf den englischen Thron gestiegen war. Die Bensur schrieb in den Text:" Den andern Herrn". Im übrigen aber hielt man doch Maß und von einem

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der Darstellung ihrer Verbrechen oder Untugenden auf der Bühne war keine Rede. Nur das wurde beseitigt, was einen allzu naheliegenden Anstoß bot.

Eine Dynamitbombe im Theater. Aus Reggio Emilia   wird geschrieben: Die mißglückten Bombenattentate, welche gegen den Baron Franchetti und den Kapellmeister Bavagnoli gerichtet gewesen, haben die Attentäter nicht zufrie­dengestellt. Sie versuchten daher gestern, das Kommunaltheater, welches Baron Franchetti gepachtet hat, mittelst Dynamit in die Luft zu sprengen. Glücklicherweise wurde die Dynamitbombe bemerkt, ehe fie erploidiren fonnte. Sieben Orchestermitglieder wurden, als der That verdächtig, verhaftet."

Frauenstudium in Zürich  . Die Züricher   Hochschule, welche sich einer stetig wachsenden Frequenz erfreut, zählt unter 508 immatrikulirten Studirenden( 34 Theologen, 56 Juristen, 264 Mediziner und 154 Philosophen) 66 studirende Damen, darunter eine größere Anzahl Schweizerinnen. Wie sehr das Hochschulstudium der Frauen in den letzten Dezennien an Ver­breitung zugenommen hat, beweist u. a. die Thatsache, daß vor 23 Jahren nur eine einzige Dame studirte und daß die Theil­nahme des weiblichen Geschlechts am Studium seitdem bis zur heutigen Höhe stetig gewachsen ist. Die Zahl der Studentinnen, deren stärkstes Kontingent anfänglich Rußland   stellte, betrug schon über 100, schmolz dann aber beträchtlich zusammen, als Fürst Gortschatom den bekannten Ukas gegen das Studium russischer Frauen in Zürich   erließ; jezt werden sich die legteren natürlich wieder massenhaft einstellen. Im allgemeinen begegnet das Frauenstudium keinen Hindernissen; die Studenten­schaft, von einem höchst anständigen Geiste beseelt, beträgt sich durchaus würdig, und haben die Studentinnen in feinerlei Weise über die Studenten Klage zu führen. Das Gleiche gilt von den Professoren, die sich längst mit dem Frauenstudium befreundet. Die Studentinnen selbst benehmen sich sehr taktvoll und wissen ihre Würde unter Umständen sehr energisch zu wahren. So hatte sich ein sonst sehr tüchtiger Profeffor er laubt, in einer das Bartgefühl der Damen verlegenden Weise zu lesen. Die Folge war ein Streit der Studentinnen, welche aus der Vorlesung einfach wegblieben und die Sache in die Preffe brachten. Die freifinnigen Blätter nahmen entschieden für die Studentinnen Partei und vertraten die Anschauung, daß die Vorlesungen, nachdem der Staat sie den Frauen erschlossen, auch so gehalten werden müßten, daß die Frauen sie besuchen fönnten. Die Folge war, daß der betreffende Professor seine Vorlesungen um einige Töne tiefer stimmen, d. h. seinen weib­

und Parteivortheile verfolgen und die Nationalität nur als Maske und Mittel zum Zweck benüßen." Zuletzt wurde über die Aufstellung eines Programms für die tschechoslavische Arbeiter­partei in Desterreich verhandelt.

Schweiz  .

Der Bundesrath befchloß nach Kenntnißnahme der Aften, den Fall Ehrenberg vor die eidgenössischen Assisen zu überweisen behufs Aburtheilung des Flüchtlings in contu­

maciam.

Schweden   und Norwegen  .

Nachdem die Schweiz   beschloffen hat, offiziell an der Pariser   Ausstellung im Jahre 1888 Theil zu nehmen, beginnt auch das radikale Linkenblatt Verdens Gang" lebhaft die Betheiligung Norwegens   zu befürworten; es sagt u. A.: Europas   reaktionäre Regierungen haben sich dahin ge einigt, sich zurückzuhalten. Sie können fein Ereigniß feiern, welches Europas   Völkern so reiche Segnungen gebracht hat. Selbst unser Königshaus, welches der Revolution alles schuldet, ist gegen die Betheiligung. Aber Norwegen   wäre ohne die franzöfifche Revolution nicht frei geworden. Unsere Verfassung ist die direkte Gabe der Revolution, bisher ist nichts von Seite unferer Regierung gethan; fie darf nichts thun mit Rücksicht auf die persönliche Meinung des Königs, Sverdrup's nor wegische Regierung. Aber das Storthing? Noch ist es Zeit, wir haben es früher gesagt und wir wiederholen es, es würde einen garstigen Flecken auf unsern Namen bringen, wenn wir uns zurückhielten. Wir wiederholen auch, daß sich hier für Nor­ wegen   eine Gelegenheit bietet, die vielleicht niemals wieder fehrt, um in einer Art, die bemerkt werden wird, vor dem freisinnigen Europa   als ein freies und selbstständiges Reich hin­zutreten."

Großbritannien  .

Auch eine konservative, aus Agrariern zusammengesetzte Re­gierung fann auf die Dauer nicht der öffentlichen Meinung Widerst and leisten. Gewissermaßen als Ant­wort auf die übertriebenen Forderungen, welche auf dem jüngst in Dublin   abgehaltenen Konvent irischer Agrarier aufgestellt worden, hat worden, hat die Regierung die dreigliedrige Land­fommission angeregt, die sämmtlichen gerichtlichen Bacht­zinse( judical rents) in ganz Irland   nach Maßgabe der Preise der landwirthschaftlichen Erzeugnisse zu reduziren.( Wir haben darüber bereits berichtet. Red.) Dieser Erlaß hat in den Kreisen der Landlords, die nie glauben wollten, daß Lord Salisbury's   Kabinet die Bestimmungen der letzten Landafte in Anwendung zu bringen wagen werde, eine an Verzweiflung grenzende Bestürzung hervorgerufen. Ihr Organ, der Daily Expreß  ", nennt es einen Staatsstreich. Auf der anderen Seite ist aus der nationalistischen Presse zu ersehen, daß auch die Bächter und ihre Freunde von dieser Reduktion nicht befriedigt find, trotzdem sie in Klarster Weise den agrarischen Feldzugsplan rechtfertigt. Der Grund dieser Unzufriedenheit ist ein doppelter: Die Reduktion wird als ungenügend angesehen, und in der That entspricht sie nicht den freiwillig von mehreren Landlords in der legten Zeit gemachten Abschlägen. Dann befriedigt auch nicht die Art der Berechnung.

Patrick Corcoran, der Werkführer des Segerpersonals der in Cork   erscheinenden Zeitung Eraminer", wurde ver­haftet, weil er im Examiner" Berichte über Versammlungen unterdrückter Zweige der Nationalliga veröffentlicht hatte. Die Verhaftung erregt Aufsehen, da der Examiner" das einflußreichste und gemäßigste liberale Homerule- Organ in Jr­land ist.

Der Stadtrath von Dublin   beschloß, den Parla­mentsabgeordneten Thomas Serton, welcher Lordmayor der irischen Hauptstadt im nächsten Jahre sein wird, zum Ehren­bürger zu ernennen.

Frankreich  .

Die kleine monarchische Gruppe, die unter dem Spignamen, Blancs d'Espagne"( Spanisch- Weißen) bekannt ist und den Grafen von Paris   nicht für den rechtmäßigen Erben des Thrones von Frankreich   erklärt, hat( wie schon der Draht furz gemeldet hat) eine Abordnung an Don Carlos, den spanischen Thronprätendenten, nach Venedig   gesandt und, wie es scheint, von demselben von neuem verlangt, daß er seine Ansprüche auf Spanien   und Frankreich   zur Geltung bringe. Don Carlos scheint aber flug genug zu sein, seine vermeint lichen Ansprüche auf die Nachfolge des Grafen von Chambord für völlig aussichtslos zu halten, für aussichtsloser zum minde ften als seine Ansprüche auf den spanischen Thron. In der Antwort, die er der Abordnung ertheilte, heißt es wörtlich: ,, Unbestreitbar regelt das salische Gesez die Nachfolge in sehr bestimmter Weise. Ich bin der älteste der Bourbonen  , der älteste der Nachkommen Ludwig XIV  . Ein Vertrag, dessen Ar­titel fast sämmtlich verlegt worden sind, verbietet die Vereini­gung der beiden Kronen von Frankreich   und Spanien   auf einem Haupte. Ich habe gesagt, daß ich Spanien   niemals aufgeben werde; ich wiederhole es heute. Spanien   hat mich mit seinem Geschick durch Ströme edlen Blutes verknüpft, das es vor meinen Augen vergoffen hat; ich schwöre, ich werde es nie ver laffen. Aber, da ich durch den Tod meines geliebten Vaters

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lichen Hörern diejenige Achtung zollen mußte, auf die sie An spruch erhoben. Der darob arg verstimmte Professor sandte einer englischen Dame, die unter ihm ihre Differtation machte, ihre Arbeit zurück, den Damen dadurch bedeutend, daß er mit ihnen überhaupt nichts mehr zu thun haben wolle. Dies fleine Vorkommniß war in der friedlichen Geschichte des Züricher  Frauenstudiums ein Ereigniß von einiger Bedeutung. Daffelbe zeigt, daß die einst nur geduldeten und vielverspotteten Stu dentinnen sich ein so geachtetes Ansehen zu verschaffen gewußt haben, daß die Dozenten auf sie Rücksicht nehmen müssen.

Im Schnee vergraben. Wie hoch der Schnee an manchen Stellen in der Umgegend Moskaus   liegt, davon kann man fich aus folgendem einen Begriff machen. Der Forstschuß wächter des Neldowschen Kronswaldes hatte am letzten Sonntag seine Wohnung verlassen, um auf die Streife zu gehen; als er Abends zurückkehrte, war es ihm unmöglich, bis zu seiner Hütte zu gelangen, da nicht nur ringsum Alles verschneit, sondern auch die Hütte selbst fast ganz im Schnee vergraben war. Bei­nahe drei Tage und drei Nächte waren seine Kinder lebendig begraben, bis es endlich den Anstrengungen der Bauern von Oferezkoje gelang, einen Weg zu der Hütte zu bahnen und zu den Kindern zu gelangen.

Die Feuerbestattung läßt die Herren der Sakristei nicht mehr ruhig schlafen. Das Konfistorium für Schleswig- Holstein  hat fich neuerdings in einem Erlaß an die Geistlichen der Provinz ausgesprochen, wie folgt: Da die Leichenverbrennung. mit der christlichen Sitte in Widerspruch steht und diese Be stattungsart mit Allem, was aus derselben folgt, geeignet ist, christlichen Gemüthern Anstoß zu geben, auch dem bestimmungs mäßigen Zweck firchlicher Begräbnißpläße nicht entspricht, so müffen wir die Gewährung eines Grabes zur Aufnahme der Reste eines bereits durch Feuer bestatteten Leichnams auf dem Kirchhofe einer evangelisch- lutherischen Kirchengemeinde für un statthaft erklären. Auch die Aufstellung der Aschenurnen und solcher Monumente, welche auf die Leichenverbrennung Bezug nehmen, ist auf unseren Kirchhöfen nicht zu gestatten. Jede­firchliche Feier, welche fich an die der kirchlichen Sitte wider­sprechende Bestattung von Aschenurnen anschließt, hat zu unter­bleiben." Daß die geistliche Unduldfamkeit nicht einmal am Rande des Grabes Halt macht, selbst auf die Kirchhöfe hinüber­greift und den Anhänger einer anderen Ueberzeugung selbst noch nach seinem Tode mit irdischen Strafen zu züchtigen ver sucht, ist freilich in unseren Tagen nichts Neues mehr.