Gefängniß verurtheilt, nachdem er seit dem 23. Januar 1885 in Untersuchungshaft gefeffen. Alle Betheuerungen seiner Un­schuld halfen ihm nichts; der Denunziant und einzige Be­Laftungszeuge, Kürschner David Wolff, hatte die Schuld des Angeklagten beschworen, und auf dieses eidliche Zeugniß hin er­folgte Diemte's Verurtheilung. Es handelte fich nämlich um vier Wechsel, von denen Wolff behauptete, dieselben seien ge= fälscht, während Diemke die Sache folgendermaßen darstellte: Er hatte für Wolff gearbeitet, von diesem aber nicht immer gleich Bezahlung erhalten, so daß im Jahre 1882 eine Summe von 75 M. reftirte. Am 30. April 1882 fam Diemke, welcher foeben 300 M. einkassirt hatte, an dem Geschäfte Wolff's, welches dieser auf einem Hausflur betrieb, vorüber und sprach mit bei ihm vor. Wolff flagte sehr über ein schlechtes Geschäft und er­zählte, daß er Sachen habe versetzen müssen, welche am nächsten Tage verfallen würden, da er sie nicht wieder einlösen könne. Das erregte Diemke's Mitleiden und schließlich gab dieser Wolff die eben einkaffirten 300 M., damit Wolff die Sachen einlösen könne; ja, er war so großmüthig, das Geld ohne Schuldschein hinzugeben, da Wolff er= flärte, daß er es nur auf ein paar Tage gebrauche. Diese paar Tage" wurden aber zu vielen Tagen, ja zu zwei vollen Jahren, und da Diemke unterdeß auch erfahren hatte, daß Wolff gar keine Sachen versezt gehabt, kam ihm die ganze Geschichte verdächtig vor und er drang energisch darauf, daß Wolf ihm über die Schuld, welche mittlerweile auf 401 M. angewachsen war, wenigstens Wechsel ausstelle. Man einigte sich schließlich auch dahin, daß Diemke vier Wechsel ausstellen solle; Wolff gab ihm zu diesem Behuf vier Formulare mit, welche Diemfe von seiner Frau ausfüllen ließ, und zwar über 170, zweimal 78 und 75, zusammen 401 M. Diese Wechsel akzeptirte Wolff sodann. Als aber die Wechsel fällig waren, bezahlte Wolff nicht, selbst nicht, nachdem er beim Amtsgericht aus denselben zur Zahlung verurtheilt worden war. Statt dessen trat Wolff plöglich in einer Denunziation an die Staatsanwalt­schaft mit der Behauptung hervor, daß die von Diemfe einge reichten Wechsel gefälscht seien. Er, Wolff, habe nur drei Wechsel in Blanco akzeptirt, und zwar über 200, 60 und 50 M., also nur 310 M., den vierten Wechsel habe er Diemke nur aus Versehen" mitgegeben. Wolff bestritt bestritt also gar nicht, Geld an Diemke zu schulden, sondern bezweckte mit seiner Behauptung offenbar nur, Zeit zu gewinnen. Troßdem ging die Staatsanwaltschaft auf diese Denunziation ein, Diemfe wurde am 23. Januar 1885 verhaftet und am 5. Mai 1885, nachdem Wolff seine obige Behauptung beschworen, zu 4 Jahren Gefängniß 2c. verurtheilt. Aber Diemke beruhigte sich nicht, obwohl ihm nichts übrig blieb, als seine Strafe anzutreten. Zu­nächst beantragte er Wiederaufnahme des Verfahrens, wurde aber mit diesem Antrage abgewiesen; dann denunzirte er aber Wolff wegen Meineides, aber auch diese Denunziation wurde zurückgewiesen. Endlich beschwerte er sich beim Oberstaatsan­walt, welcher lettere die Eröffnung der Untersuchung gegen Wolff wegen Meineides verfügte, und diese führte zur Erhebung der Anklage gegen David Wolff wegen fahrlässigen Meineides. Am 16. v. M. stand vor der 3. Straffammer in dieser Ange­legenheit Termin an; da aber der Gerichtshof die Ueberzeugung gewann, daß Wolff die Wechsel afzeptirt habe, mithin nicht ein fahrlässiger, sondern ein wissentlicher Meineid vorliege, so ver­mies er die Sache vor das Schwurgericht. Diemke wurde so­fort auf freien Fuß gesetzt. Diemte ist also, wie gesagt, frei; aber er ist völlig ruinirt.

Um einem ,, tiefgefühlten Bedürfnißfe" zu genügen, sollen, wie eine hiesige Lotal- Korrespondenz zu melden weiß, im ersten Quartal des neuen Jahres nicht weniger als sechzehn neue große Ausschanklokale eröffnet werden. Der größere Theil derselben wird in den besseren Vierteln der Friedrichstadt  etablirt.

Ein seltsames Schauspiel lockte an den letzten Abenden zahlreiche Baffanten an der Ecke der Burg- und Neuen Friedrich­straße an. Quer über den Straßendamm zog sich eine Reihe brennender Scheiterhaufen, welche gespenstisch in die Dunkelheit hineinleuchteten; daneben war das Straßenpflaster aufgerissen und Arbeiter mit dem Ausschachten einer Grube beschäftigt. Ein dichter Kreis von Zuschauern schloß die Szenerie. Ueber das, was da geschaffen wurde, namentlich über den Zweck der brennenden Holzstöße wurden in der stetig wachsenden Zu­schauermenge die abenteuerlichsten Gerüchte folportirt. Die Rohrpost sei eingefroren", lautete eine Version; eine andere: die Gasröhren sollen aufgethaut werden. Allein den wahren Sachverhalt traf Niemand. Ein Rohrbruch der Wasserleitung war zu repariren; um dies bewerkstelligen zu fönnen, mußte, wie die Nat.- 8tg." schreibt, das Straßenpflaster aufgeriffen werden. Da dasselbe aber hart gefroren und das Aufreißen in­folge der Kälte sehr mühsam und zeitraubend ist, so wurde zu dem Aushilfsmittel gegriffen, den Erdboden durch brennende Holzstöße zu erwärmen.

Eine Erbin gesucht. Mitte Oktober v. J. erschoß sich in New York   ein Mann, Namens John Lorens oder Lawrence, ein früherer Deutscher, der vordem Lorenz geheißen haben soll, nachdem er einen seiner Arbeiter Tags vorher im Streite er= schoffen hatte. Der Selbstmörder hinterließ einen Brief, in welchem er mittheilte, daß er früher in New- Orleans   wohnte, dort Befizer eines Fire proof- Salons gewesen und daselbst eine Tochter zurückgelassen habe, um die er sich später, als er in den Diamantfeldern Afrikas   arbeitete, nicht weiter bekümmert habe.

holte dieser seine Frage und der Pole antwortete Deutsch  : " Ich verstehe Sie nicht."

Jett rief Castanos einen seiner Adjutanten zur Fort­setzung des Verhörs; Ladinsky   antwortete bald russisch, bald deutsch, und hütete sich streng, auch nur einen fran­ zösischen   Anklang hören zu lassen. Das Verhörslokal, der Raum des alten Wallfahrtskirchleins, hatte sich inzwischen immer mehr mit wilden Gesichtern von wuthblitzendem Ausdrucke gefüllt, die den Spion bereits für entlarot hielten. Mehr und mehr stieg deren Aufregung, da sich immer noch fein Beweis ergeben wollte. Plößlich mitten im Verhör trat ein Adjutant ein, einen Bauer am Arm führend, den er vor Lackinsky hinstellte und sagte:

,, Schau diesen Mann genau an und sag' uns, ob es ein Russe oder ein Deutscher ist; wir halten ihn für einen französischen   Spion, einen verfluchten."

Er schickte dem Gefangenen einen haßerfüllten Blick zu

und wartete.

Der Bauer blickte Lackinsky einige Augenblicke ins Gesicht, dann spie er aus und rief heftig: ,, Ein Franzose ist er, ein verkleideter Franzose. Vor wenigen Wochen mußte ich gezwungen Heu für die Fran­zosen nach dem unglücklichen Madrid   bringen und dieser Mann war der Offizier, der mir die Bescheinigung dafür ausstellte. Der Bauer sprach so überzeugend, daß Castanos feinen Moment zweifelte, daß ein unglücklicher Zufall vor­liege, der den Feind jetzt verrieth; er wußte auch, welches Schicksal den jungen Mann traf, wenn er nicht für ihn eintrat, und Castanos war ein hochherziger Gegner.

Leute, dadurch ist nichts bewiesen, der Bauer kann sich irren, denn schwerlich hat er mitten im feindlichen Lager sich ein einzelnes Gesicht in französischer Kleidung genau merken können; der Gefangene trägt russische Uniform und seine Papiere find richtig, es wird rathsam sein, ihn ziehen zu lassen."

Nein, nein," riefen jetzt hundert Stimmen zugleich,

In der Bank von England   habe er ein Depot von 38 300 Pfd. gleich 766 000 Mark hinterlegt, die seine Tochter erben solle. Die angestellten Nachforschungen haben ergeben, daß in der That am 2. November 1877 in der deutschen Lutherischen Kirche Elisabeth Katharine Lorenz, Tochter von John Lorens oder Lorenz mit seiner Frau Friederike Bögele getauft wurde. Ueber das Verbleiben des jett 20 jährigen Mädchens fonnte bis jetzt nichts ermittelt werden. Dieselbe soll angeblich vor 5 Jahren nach Deutschland   gereist sein und in Berlin   fich kurze Zeit auf­gehalten haben. Es wäre zu wünschen, daß Frl. Lorenz ge funden, oder andere nächste Angehörige fich melden würden, denn ein Vermögen, wie das oben bezeichnete, fällt nicht so leicht jemandem ohne weiteres in den Schoß.

Zu den wenigen Straßen, welche noch altberliner, d. h. fleinstädtischen Charakter tragen, gehört die Petristraße, im alten Berliner   Stadtbuche Lappstraße geheißen. Schmal und abseits vom Verkehr gelegen, ist sie von den Grundstücksspekulanten unberührt geblieben. Eine Menge schmaler Häuschen deuten darauf hin, daß sie sich auf ursprünglich städtischem Grund und Boden erheben, wie es die Nähe der Köllnischen Stadtmauer mit sich brachte. Solche Parzellen that der Rath in Pacht aus, und die darauf errichteten Baulichkeiten nannte man Buden, im Gegensatz zu den Erbhäusern der Bürger. Nr. 13 war die Eins spunderei des Rathes. Im Stadtbuch werden 22 Budengrund­stücke aufgeführt. Andere Gebäude bilden nur die Hinterhäuser zu Häusern der Roß- und Gertraudtenstraße, unter denen sich eins als Speicher eines alten Kaufhauses präsentirt. Auf einem hübschen Relief fieht man dort Kindergestalten emfig beschäftigt, Ballen und Fäffer in den Speicher zu rollen. Nach der früheren Stadtmauer an der Spree zu erweitert sich die Straße zu einem kleinen Plaße, in welchem man wohl die Rummelei des Stadtbuches zu suchen hat. Wie vor Jahrhunderten, lebt man noch heute in den bescheidenen Häuschen der Petristraße.

Ein menschenfreffender Künstler. Ein überaus spaß­hafter Vorfall trug sich an einem der legten Abende der vorigen Woche in einem Lokale der Landsbergerstraße zu. Dort pro­duzirte sich ein Repräsentant des fahrenden Künstlerthums. Diesmal hatte der betreffende Künstler einen ganz absonderlichen Schlußeffekt vor, und nachdem seine von den Gästen des über­füllten Lokals lebhaft beklatschten Kunststücke zu Ende waren, verkündete er mit dröhnender Stimme und in einem unnach­ahmlichen Redestyl, er werde nun etwas noch nie Dagewesenes produziren und einen lebendigen Menschen verspeisen." Und nun forderte er mit ernſteſter Miene und grimmem Blick einen der anwesenden Herren auf, fich zu dieser Verspeisung herzu­geben. Einen Moment lang herrschte Staunen und Verblüffung in dem überraschten Publikum, dann aber sprangen in der That nicht weniger als drei junge Leute auf und stellten sich zur Verfügung. Nun war die Reihe des Verblüfftseins an dem Künstler, und mit forcirtem Lächeln meinte er nach kurzem Be­finnen, er habe in seiner Ankündigung ja nichts davon gesagt, daß er einen Menschen sammt seinen Kleidern verspeisen wolle, sondern er habe einen nackten dabei im Sinne gehabt. Lachend traten nun zwei der jungen Leute zurück, der dritte aber begann unter unauslöschlichem Gelächter des Publikums und steigender Verlegenheit des Künstlers, sofort sich auszukleiden, Rock  , Weste 2c. flogen herunter, und schon hatte unter allgemeinem Beifallklatschen der junge Mann ein beinahe adamitisches Kostüm erreicht, als der verblüffte, Künstler" sich schnell faßte und vor­tretend sagte: er habe zwar einen Menschen, aber keinen unge­fochten, gemeint." Nun brach ein Höllenlärm in dem Lokale aus, und ehe sich der fühne Menschenfresser versah, war er über Hals und Kopf an die Luft gesetzt. Hinterher stellte sich heraus, daß derselbe Künstler vor längerer Zeit dasselbe Kunststück pro­duzirt hatte, aber infofern mit befferem Erfolge als diesmal, als sich damels kein beherzter Jüngling zum Verspeisen meldete und der Künstler darauf unter Extravergütung seinen selbst zitirten" Menschen mit Haut und Haaren aufaß nämlich einen präpa rirten Gummimann" von beträchtlicher Größe. Nachdem ihm diesmal durch den kühnen jungen Menschen, einem hiesigen Barbiergehilfen W., der schöne Schlußeffekt verdorben und er selbst vorzeitig und überschnell, sich entfernen" mußte, fand man in dem Winkel, der ihm als Zaubersalon diente, jenen ,, Helfershelfer" vor, den der Wirth einstweilen lachend in Ver­wahrung nahm.

Die mannigfachsten Unfälle durch Ausgleiten anf Bürgersteigen lassen gerade in diesen Tagen den Wunsch be­rechtigt erscheinen, daß einer zweckmäßigen Instandsetzung der Bürgersteige eine größere Sorgfalt zugewendet werde. Die Bürgersteige stimmen zunächst feineswegs in dem Material überein, aus welchem sie hergestellt sind; es wechseln vielmehr gewöhnliche gute raube Blatten mit Strecken aus Kleinschlag­steinen, mit bunten Fliesen, mit großen Flächen aus Granit, die entweder parallel zu den kürzeren Seiten oder aber übereck durch Erhöhungen und Vertiefungen uneben gestaltet sind. Wieder anders ist der Stoff, aus dem die Strecken vor den Durchfahrten, bezw. den Hauseingängen gepflastert werden, wo­bei mehr auf das wirksame Einseßen der Pferde als den sicheren Gang der Menschen Rücksicht genommen wird. Die verschieden artige Gestaltung des Materials und seine Behandlung an der Oberfläche thun schon dar, wie verschieden die Anschauungen darüber sein mögen, welches Pflaster für den Bürgersteig das vortheilhafteste sei. Zweifellos sind alle diejenigen Beläge be­denklich, die bei durchaus glatter Oberfläche in der Breite des Bürgersteiges der Entwässerung wegen ein Gefälle zeigen, das

erbost darüber. daß ihnen ihr Opfer entgehen solle; er darf nicht weiter, er muß bleiben."

,, Aber, Leute," fuhr Castanos fort ,,, wollen wir es riskiren, daß sich auch Rußland   zum Feinde geselle, wenn wir seinen Boten beleidigen? Es fann uns schon gefähr= wir seinen Boten beleidigen? Es fann uns schon gefähr­lich werden, wenn es nur die Engländer an unserm Bei­stand hindert."

,, Nein, wir wollen den 3ar nicht beleidigen, aber der Gefangene soll erst beweisen, daß er ein Russe ist und kein verfluchter Franzose," rief die Guerilleros durchein

ander.

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Ladinsky wurde abgeführt und in ein Gewölbe unter der Kapelle geschafft. Seit 20 Stunden hatte er feinen Bissen gegessen, war nicht vom Pferde gekommen, bis vorhin, und nun in innerlicher Aufregung beim Verhör auf Tod und Leben. Stroh nieder und schlief binnen wenigen Minuten ein. Fast athemlos sank er auf einen Haufen Zwei Stunden mochte er so geschlafen haben, da öffnete sich leise die Thür und Schritte nahten. Einen leisen Schlag fühlte er auf der Schulter und eine zarte, lieblich klingende Frauenstimme flüsterte dem Schlaftrunkenen zu: voalez­vous soupers, Monsieur?" Es war ein furchtbarer Mo­ment; fast hätte er auf die in seinem Kasino zu Madrid  alltäglich gewohnte Frage geantwortet; tödtlich erschrocken aber raffte er sich wieder zusammen, hatte schnell seine Was Geistes gegenwart zurück und entgegnete Deutsch  : haben Sie gesagt?"

"

Ohne ein Wort weiter zu sagen, verschwand die Dame, aber Lackinsty empfand feinen Schlaf mehr; seinem guten Stern dankte er es, daß Finsterniß geherrscht es, daß Finsterniß geherrscht und die Besucherin seine Gesichtszüge nicht hatte sehen können, die ihn unzweifelhaft verrathen hätten.

,, Seht, ich hatte Recht, er ist kein Franzose," rief Castanos, innerlich vergnügt und voll Bewunderung, als er das Resultat der furchtbaren Probe erfuhr; wenn er ein

oftmals stärker, als durchaus nöthig, genommen wird. An allen solchen Stellen, ob sie nun aus Granitplatten oder Fliesen be­stehen, wird es fich empfehlen, den Schnee nicht immer sofort völlig zu beseitigen, sondern eine dünne Schicht als Schußdecke zu lassen, weil man darauf weit sicherer und fester auftreten fann, als auf dem völlig glatt gesäuberten naffen Pflaster. Namentlich die Rücksicht auf alte Leute sollte dahin wirken, daß das Reinigen des Bürgersteiges nicht gar zu radikal betrieben wird. Zugleich dürfte zu erwägen sein, ob das Verlegen von glatten Fliesen in belebten Straßen sich ferner empfehlen möchte.

Warnung für Tischler. Am 7. v. M., so schreibt uns ein Leser, las ich eine Annonze in Ihrem Blatte, wonach drei Tischler nach Stolp   verlangt wurden. Die Arbeitsgelegenheit sei zu erfragen bei Herrn Klinkmüller, Neanderstr. 28. Da ich beschäftigungslos war, begab ich mich zu Herrn Klinkmüller. Dort wurde mir bedeutet, daß ich mich an die Tochter des Herrn Tischlermeisters Beegel aus Stolp   zu wenden hätte, welche sich dort, um Gesellen zu engagiren, aufhielt. Das Fräulein erzählte mir nun folgendes: Mein Vater zeichnet nur. Er wünscht daher nur solche Gesellen, welche nach Zeichnung arbeiten fönnen; es würden hauptsächlich Vertikows und ähn liche Möbel dort gemacht. Der wöchentliche Verdienst ist nicht unter 18 Mart bei freier Fahrt hin, eventuell wieder zurück. Ich und zwei andere Kollegen, welche ebenfalls auf diese Art engagirt waren, fuhren nun nach Stolp   i. P. in der Hoffnung, dort noch etwas zu Weihnachten rausschlagen zu können. Dort angekommen, fragten wir Herrn Tischlermeister Beegel, ob sich alles so verhalte, wie seine Tochter in Berlin   gesagt habe. Da sagte uns der gute Mann, er könne uns das nicht gleich sagen, wir müßten erst vierzehn Tage arbeiten, dann wolle er mit uns rechnen. Fahrgeld zahlt er aber nicht unter einem halben Jahre, da könne sonst jeder auf seine Kosten reisen. Wenn wir übrigens auf diese Bedingungen nicht eingehen wollten, so könnten wir ruhig wieder nach Berlin   zurückfahren. Da wir aber nur mit Mühe und Noth so viel auftreiben konnten, um die Hinfahrt zu bezahlen, so waren wir gezwungen, zu arbeiten und das wußte der noble Herr Tischlermeister. Kurz, wir mußten arbeiten, weil wir nicht anders konnten. Nun waren wir neugierig, die antiken Möbel zu sehen, die dort gemacht werden sollten. Darin war wenigstens nicht gelogen; es wurden sogenannte Bauern tische gemacht und die Konstruktion derselben datirt, wenn ich nicht irre, schon aus dem vorigen Jahrhundert. Doch das Schönste und Hauptsächlichste ist folgendes: Als wir bis Sonn abend gearbeitet hatten, fagten wir, daß wir unter allen Um­ständen wissen wollten, was wir verdienen. Da wurde uns denn eröffnet, daß wir für ein Dußend solcher Tische 9 Mart bekommen, ein tüchtiger Geselle, das heißt ein solcher, der auf solche antike Möbel eingearbeitet ist, macht zwei Dußend die Woche, verdient also 18 Mark. Davon werden abgezogen pre Tag 1,50 Mark für Kost, wobei in hochherziger Weise für den Sonntag nichts gerechnet wurde. Eb blieb mir also nichts an­deres übrig, ich mußte mir von meinen Eltern das Reisegeld schicken lassen, damit ich wieder nach Berlin   fahren konnte. Da war das Ende vom Liede!

Die Witterung des Monats Dezember v. J. war vorwiegend trübe, zu Niederschlägen geneigt und, mit Aus­nahme der setzten 10 Tage, mild. Zuerst herrschte außerordent­lich warmes Wetter, insbesondere hatte der 2. eine so hohe Temperatur, wie ein Oktobertag. Vom 4. an wurde es fühler, doch hielt sich die Temperatur bis zum 7. noch über der normalen. Dann klärte sich der Himmel auf, und der 8. war ein heller Wintertag. Doch schon am 9. trat bei rapid fallendem Barometer stürmisches Schnee-, dann Regenwetter ein, und die Temperatur hob sich wieder bedeutend. Nachdem dann am 13. der Winter nochmals einen furzen Versuch gemacht hatte, die Oberherrschaft zu gewinnen, folate eine neuntägige Periode trüben Regen und schneereichen Wetters; erst am 22. trat gelinderte, fich allmälig steigender Frost ein, der, ohne intensiv zu werden, bis zum Ende des Monats derartig andauert, daß das Thermometer nicht mehr über 0 Gr. stieg. An den meisten Tagen viel etwas Schnee und die Schnee decke erreichte bereits am 28. die Höhe von 13 3entimetern. Das rechnerische Resultat der in dieser Zeitung veröffentlichten Beobachtungen der föniglichen meteorologischen Station im SW. war das folgende: Der mittlere Barometerstand betrug 752,0 Millimeter und war damit um fast 6 Millimeter zu niedrig. Sein Marimum erreichte er mit 766,4 Millimeter am 2., sein Minimum mit 738,8 am 9. Die Schwankungen waren nur felten, so am 8., 9. und 27., bedeutend. Das Thermometer zeigte im Monatsmittel um 7 Uhr 0,4 Gr.( normal find-0,1 Gr.), um 2 Uhr 2,0 Gr.( normal 1,6 Gr.) und um 9 Uhr 0,5 Gr. ( normal 0,6 Gr.); es ergiebt sich hieraus ein Monats mittel von 0,9 Gr., welches die aus langjährigen Beob achtungen gewonnene Mitteltemperatur des Dezember um 0,2 Gr. übertrifft. Auffallend ist, daß die Morgen und Mittagtemperatur um 0,5 bezw. 0,4 Gr. zu warm, die Abend temperatur dagegen um 0,1 Gr. zu falt war. Im Ganzen waren 13 Tage zu falt und 18 zu warm. Der wärmste Tag war der 2. mit 7,9 Gr., der fälteste der 28. mit-6,6 Gr. Mitteltemperatur; das absolute Marimum fiel mit 8,5 Gr. auf den 2., das Minimum mit-8,5 Gr. wurde gleichmäßig am 27., 28. und 29. beobachtet. Frosttage, an denen das Thermo­meter unter 0 Gr. ging, gab es 16, Eistage, an denen es nicht über 0 Gr. stieg, 9. Aus den Vergleichungen mit früheren

Franzose wäre, so hätte er sich diesmal und einer Dame gegenüber gewiß verrathen; bringt ihm zu essen und sein Pferd und laßt ihn seine Reise fortsetzen."

3um Unglück besaß der General keine unumschränkte Gewalt über die freiheitslustigen Banden; man gehorchte nur halb; der Gefangene erhielt ein Abendessen, blieb aber im Kerfer.

Am folgenden Morgen wurde er wieder zum General geführt, der in wohlmeinender Absicht ihn, in dem Glauben, auf Französisch   ermunterte, in den Proben, vor denen er daß der junge Mann wohl nicht Spanisch verstehen werde, ihn nicht schüßen könne, standhaft zu bleiben und sich nicht überrumpeln zu lassen; jedenfalls werde man ihn heute ent­die gute Meinung und das Wohlwollen, Castanos drückte laffen können. Ladinsky sah wohl am Auge des Generals ihm auch, da sie allein waren, lächelnd die Hand und ver sicherte ihm, daß er seine Energie bewundere und ihm gc= wiß keine Gefahr bereiten wolle, gegen ihn brauche er des­halb die Maske nicht gerade beizubehalten u. s. w., indessen wußte sich der Pole dennoch mit Gewalt beherrschen und tein Bug verrieth, daß er auch nur eine Silbe verstanden habe. Bald nachher führte man ihn auf einen Platz in der Nähe, wo kurz vorher zehn Franzosen grausam umgebracht worden waren, und dort mußte er bis zum Abend bleiben, immer auf seine Befreiung hoffend und ohne zu ahnen, daß die allergefährlichste Probe ihm noch bevorstehe. 3u der furchtbaren Aufregung ob der beständigen Todesgefahr ge umherliegenden Kameraden und er war ordentlich froh, fellte sich das Entseyen über die blutigen Reste seiner mit Einbruch der Dunkelheit in seinen Kerker zurüd gebracht zu werden, wo seines Vorsatzes, nicht zu ruhen, überwältigte. ihn die Ermüdung tro Bald umfing ihn tiefer ruhiger Schlaf der Jugend. Wieder wie gestern, nach einigen Stunden, öffnete sich die Thür, eine Franengestalt schlich herein, berührte ihn leise und flüsterte im zärtlichen Zone französisch: Kommen Sie schnell,