Jahren bemerken wir, daß der kälteste seit 1848 im Dezember vorgekommene Tag der 24. Dezember 1876 mit-15,8 Gr., der wärmste der 8. Dezember 1848 mit 11,7 Grad. war. Die vorherrschende Windrichtung war wiederum Südwest, dann kommen Nordwest, West und Süd; diese drei Windrichtungen nehmen zusammen 85 von den 93 Beobachtungen des Monats in Anspruch. Nebenbei wurden vier Mal Ost- oder Südostwinde beobachtet, Nord- und Nordostwinde kamen gar nicht vor; Wind­stille wurde 4 mal festgestellt. Die Stärke des Windes betrug nach der 12theiligen Stala in Mittel 2,5; Stärke 6 wurde 2 mal, Stärke 7 1 mal beobachtet; höhere Nummern kamen nicht vor. Abnorm groß war die Himmelsbedeckung. Wenn 0 ganz heiter und 10 ganz trübe bedeutet, betrug das Monatsmittel 8,3. Nur einen heiteren Tag zählte man im ganzen Monat, dagegen 21 trübe( Bewölfung über 8); 7 Tage hinter einander( der 17. bis 23.) hatten durchweg die Bewölfung 10. Auch die relative Feuchtigkeit war mit 87,8 pCt. sehr beträchtlich, fie ging nur einmal unter 70 pCt.( am 10. Mittags 52 pCt.); hielt sich da­gegen meist um 90 pCt. mit 96 als Maximum. Die Nieder­schläge vertheilen sich über viele Tage, blieben dagegen in ihrer Gesammthöhe hinter der normalen, die 50 Mm. beträgt, mit 40,7 mm. zurück. An 10 Tagen wurde Regen, an 15 Schnee gemessen; Nebel wurde 4mal, Reif 3mal beobachtet.

Unter den Namen der Einwohner Berlins   können natürlich die Müller und Schulze das Vorrecht der relativen Mehrheit für fich beanspruchen. Das neue Adreßbuch, welches nur die Inhaber eigener Wohnungen enthält, weist nicht weniger als 39 Spalten mit dem Gattungsnamen Müller auf und gar 52 Spalten von solchen, die eine Spielart des Namens Schulze führen; die Meyerei" ist durch 24 Spalten vertreten. ,, Müller" enthält das Adreßbuch genau 2137, und sehr viele giebt es darunter, die noch dazu den gleichen Vornamen führen. Diese große Familie Müller hat selbstverständlich alle möglichen Be­rufsarten in ihrer Mitte: je 300 find Kaufleute und Beamte, 47 davon gehören zur Post, 84 find Schneider, 83 Tischler, 71 Schloffer, 68 Schuhmacher, 40 Lehrer und ebensoviel Maler, je 39 Rentiers und Handelsleute, 27 Schankwirthe, 19 Schuß­leute, 16 Buchhalter, je 15 Bäcker, Destillateure und Klempner, je 14 Barbiere und Buchbinder, 12 Bildhauer, 9 Buchdrucker, ebensoviel Aerzte, Architekten und Buchhändler, je 8 Kolonial­waarenhändler und Kürschner, 5 Konditoren, je 3 Apotheker und Schauspieler, 2 Staatsanwälte und 1 Opernsänger.

Eine hiesige Lokalkorrespondenz berichtet: In einem unlängst gegen Sozialdemokraten wegen Geheimbündelei ge­führten Prozesse konnte der Kriminalbeamte Schöne als Zeuge befunden, daß es der Polizei neuerdings gelungen sei, sogar Vertrauensmänner der hiesigen Arbeiterpartei für sich zu ge= winnen. Wie man jetzt erfährt, handelt es sich hier besonders um einen Herrn Nickel in der Wrangelstraße, welcher in die Geheimnisse der Parteiorganisation tief eingeweiht war. Inter­essant ist es, mit welcher Energie man von Seiten der Arbeiter den Mann zu überführen verstanden hat. Nachdem in einer Be­sprechung vor dem längst beargwohnten N. eine fingirte Partei­fache von größter Wichtigkeit besprochen worden war, wurde er von sechs intelligenten Arbeitern ununterbrochen Schritt für Schritt, Tag und Nacht überwacht. Auf diese Art gelang es, festzustellen, daß N. in einer Nacht bald nach jener Komitee­fizung mittelst Haus- und Korridorschlüssels, welche er bei sich führte, die Wohnung eines den Sozialdemokraten bekannten Geheimpolizisten betrat. Als fich N. beim Verlassen jenes Hauses ertappt sah, soll er einen Schreckensruf ausgestoßen haben. Man begnügte sich jedoch, ihn mit einigen Worten der Verachtung seine Straße ziehen zu lassen.

neuen

Der Studentenschwindler Sellmann, welcher vor furzem einem hiesigen Studenten M. auf so üble Weise mit­gespielt, hat sich, wie die von der Kriminialbehörde vorgenom­menen Nachforschungen ergeben haben, nach Neustrelitz   begeben und dortselbst, wie richtig vermuthet worden, die dem stud. M. entwendeten Visitenkarten und Legitimationen Schwindeleien gemißbraucht. Die Recherchen haben erwiesen, daß der Schwindler Sellmann identisch ist mit dem von der Staatsanwaltschaft zu Rostock   steckbrieflich verfolgten, schon mehrmals wegen Diebstahls und Betrugs vorbestraften Privat­schreiber Kohlmann aus Stolzenberg. Bei seinen dortigen Be­trügereien hat derselbe Visitenkarten auf ,, Carl von Falkenberg­Profchlig" benugt; hierbei sei bemerkt, daß es solch einen Namen gar nicht giebt. Kohlmann alias Sellmann ist noch am 31. Dezember v. J. in Neustrelitz   gewesen und hat, wie die dortige Staatsanwaltschaft die hiesige Kriminalpolizei ver ständigt, dortselbst unter Benutzung der Legitimationspapiere des stud. M. drei goldene Damen- Remontoiruhren erschwindelt. Der dortige Staatsanwalt giebt als besondere Merkmale an: Auffallend blaffe Gefichtsfarbe, Tragen eines Kneifers und den schon hier erwähnten großen Schlüssel statt der Uhr an der Uhrkette.

Ein wohnungsuchender Leser theilt uns mit, daß er bei seinen Frrfahrten nach einem neuen Heim auch schließlich nach dem Neubau des Fuhrherrn Aug. Meier in der Hussiten­straße tam. Hier fand er eine Wohnung, die ihm gefiel und die er gern gemiethet hätte. Ueber den Preis und andere Sachen wurde er einig, als er jedoch am nächsten Tage wiederkam, um den Kontrakt abzuschließen, wurde ihm mitgetheilt, daß die Wohnung bereits vermiethet sei, daß ihm in dem Hause eine andere Wohnung aber auch nicht vermiethet werden könnte,

ich rette Sie, Ihr Pferd ist gefattelt, folgen Sie mir, aber leise, leise."

Ladinsky antwortete, diesmal gefaßter, in deutscher Sprache, sich sofort aus seiner Schlaftrunkenheit empor­raffend und der gestrigen Begebenheit eingedenk:

Was sagen Sie? Ich verstehe Sie nicht." Wieder verlangte Castanos darauf die Freilassung des Fremden, indessen wirkte bei den Offizieren die Aussage des Bauern noch immer nach; sie konnten sich von der russischen Eigenschaft des Gefangenen nicht überzeugen und die Folge ihrer Einwendungen war, daß der Pole noch eine Nacht im Kerker bleiben mußte. Am folgenden Morgen kamen fünf Guerilleros zu ihm und erklärten ihm unter wüthendem Schimpfen und mit den niedrigsten Bezeichnungen für die Franzosen und deren Kaiser, daß er ihnen vor das Kriegs­gericht folgen müsse. Ohne eine Miene zu verziehen, ließ sich Ladinsky   hinauszerren, denn er durfte ja nichts ver­standen haben, weil selbst seine Kenntniß des Spanischen  ihn als Franzosen verdächtig machen mußte.- Die Offi ziere des Generals Castanos bildeten das Kriegsgericht; auf den Stufen des fleinen Altars hatten sie Platz genommen. Ladinsky verlangte in deutscher Sprache einen Dolmetscher und dieser wurde geholt, nachdem einer der Herren, der etwas Deutsch   verstand, das Begehren vorgetragen hatte.

Das Verhör begann. Man fragte, was der Zweck der Reise von Madrid   nach Lissabon   sei, und der Pole ant­wortete, indem er sich auf die Depeschen Stroganoff's an Sintarin berief, daß er kaiserlich russischer Kourier und ein Gardeoffizier des Kaisers Alerander sei.

Fragt ihn, ob er ein Freund der Spanter sei," sagte der Vorsitzende zum Dolmetscher.

,, Das bin ich," entgegnete Lackinsky, nachdem ihm leß­terer" bie Worte übersetzt hatte; ich ehre und achte Spanien  und seine hochherzigen Bewohner und wünsche nur, daß sie mit meinem russischen Vaterlande vereinigt im Bündnisse stehen möchten.

"

|

weil er wie es schließlich herauskam ,, drei bis vier Kinder haben sollte". Entrüstet fragte der Miether, ob er seinen Kindern vielleicht die Hälse abschneiden oder fie in die Spree werfen solle. Der humane Hauswirth blieb ihm die Antwort schuldig.

Eine traurige Sylvesternacht hat die Familie eines hiesigen Tischlers durchgemacht. Der Tischler hatte in letter Beit sich oft schwermüthig gezeigt; doch am Sylvesterabend war er guter Dinge und hatte seine Familie und Angehörigen zu einer Bunschbowle um sich versammelt. Gegen 11 Uhr wurde der Unglückliche einfilbig und traurig und ging ins Nebenzimmer. Seine Familie glaubte, er habe sich hingelegt, um auszuruhen. Als die Glockenschläge den Anfang des neuen Jahres verkündeten, ergriffen alle das Glas und begaben sich ins Nebenzimmer, um dem Familienoberhaupt Glück und Segen zu wünschen. Doch das Zimmer war leer; nach langem Suchen fand man den Un­glücklichen auf dem Boden erhängt.

Von einem Besucher des Boologischen Gartens wird uns geschrieben, daß, als er am Sonntag, den 1. d. M., den Zoologischen Garten besuchen wollte, ihm, trotzdem an den Säulen der Eintrittspreis mit 25 Pf. festgesetzt war, doch für die Person 50 Pf. abverlangt wurden. Es wäre das ein un­verantwortliches Vorgehen von Seiten der Direktion.

16

Bewegung der Bevölkerung Berlins   nach den Ver­öffentlichungen des statistischen Amts der Stadt. Die fortge­schriebene Bevölkerungszahl betrug am 11. Dezember einschließlich der nachträglichen An- und Abmeldungen 1 413 930, hat sich demnach gegen die Woche vorher um 688 Seelen ver mehrt. In der Woche vom 11. bis 17. Dezember wurden poli­zeilich gemeldet 1875 zugezogene, 1803 fortgezogene Personen; standesamtlich wurden 196 Chen geschlossen. Geboren wurden 921 Kinder, und zwar lebend: 459 männliche, 437 weib­liche, zusammen 896( darunter 87 außereheliche), todt männliche, 9 weibliche, zusammen 25( darunter 3 außereheliche) Kinder. Die Lebendgeborenen, aufs Jahr be­rechnet, bilden 33,0, die Todtgeborenen 0,9 pro Mille der Be­völkerung, die außerehelich Geborenen 9,8 pCt. aller in der Woche Geborenen, davon die bei den Lebendgeborenen 9,5, die bei den Todtgeborenen 0,3 pCt. In der Charitee und Entbindungsanstalt wurden 35 Kinder geboren. Gestorben ( ohne Todtgeborene) sind 478, nämlich 249 männliche, 229 weibliche Personen. Von diesen waren unter 1 Jahr alt 130 ( infl. 27 außereheliche), 1 bis 5 Jahre 85( inkl. 9 außereheliche), 5 bis 10 Jahre 9, 10 bis 15 Jahre 7, 15 bis 20 Jahre 4, 20 bis 30 Jahre 37, 30 bis 40 Jahre 46, 40 bis 60 Jahre 87, 60 bis 80 Jahre 64, über 80 Jahre 9. Die Sterbefälle beim Alter von 0 bis 5 Jahren machen 42,7 pt. sämmt­licher in der Woche Gestorbenen aus. Von den im Alter unter 1 Jahr gestorbenen Kindern starben 36 im ersten, 21 im zweiten, 14 im dritten, 13 im vierten, 11 im fünften, 13 im sechsten, 22 im siebenten bis zwölften Lebensmonate; von den selben waren ernährt 23 mit Muttermilch, O mit Ammenmilch, 75 mit Thiermilch, 3 mit Milchsurrogaten, 12 mit gemischter Nahrung, von 17 war es unbekannt. Todesursache war bei den in dieser Woche Gestorbenen namentlich: Lungenschwind­sucht( 76), Lungenentzündung( 45), Bronchialfatarrh( 19), Kehl­fopfentzündung( 14), Krämpfe( 34), Gehirnschlag( 15), Gehirn­und Gehirnhautentzündung( 10), Krebs( 22), Altersschwäche( 12), Lebensschwäche( 19), Abzehrung( 14), Masern( 6), Scharlach,( 5), Diphtherie( 24), Typhus  ( 3), Diarrhöe( 6), Brechdurchfall( 9), an anderen Krankheiten starben 145 und durch Selbstmord 10, davon durch Vergiftung 0, durch Erschießen 1, durch Erhängen 7, durch Ertrinken 2, durch Sturz aus dem Fenster 1. Die Sterb lichkeit der Woche, auf das Jahr berechnet, kommen durchschnitt­lich auf 1000 Bewohner in Berlin   27,9, in Breslau   31,3, in Bremen   20,9, in Frankfurt   a. M. 19,8, in Köln   27,4, in Dresden   25,1, in München   24,3, in Stuttgart   21,5, in Wien  27,5, in Paris   22,1, in London   20,1, in Liverpool 20,6. In der Woche wurden dem Polizeipräsidium gemeldet als erkrankt an Typhus   12, an Masern 102, an Scharlach 58, an Diphtherie  78, an Bocken 1. In den 9 größeren Krankenhäusern wurden in der Berichtswoche 759 Krante aufgenommen, davon litten an Masern 5, an Scharlach 12, an Diphtherie   33, an Typhus 9, an Rose 9. Es starben 101 Personen oder 20,8 pCt. aller in der Woche Gestorbenen; als Bestand verblieben in den Kranken­häusern 3608 Kranke.

Polizeibericht. Am 31. v. M. wurde ein unbekannter Mann vor dem Hause Kronenstraße 52 von Krämpfen befallen urd, da er sich nicht wieder erholte, nach der Charitee gebracht. -Um Mitternacht erhängte sich in einem Anfall von Schwer­muth ein Tischler auf dem Bodenraum seiner in der Friedrichs­straße belegenen Wohnung. Die Leiche wurde nach dem Leichenschauhause gebracht. Mehrere unbedeutende Brände erforderten furze Zeit die Thätigkeit der Feuerwehr.  - Am 1. d. M. Vormittags wurde im Friedrichshain   ein Mann von außerhalb erschoffen vorgefunden. Es liegt zweifellos Selbst­mord vor. Gegen Abend wurde in der Invalidenstraße ein unbekannter Mann bewußtlos auf der Erde liegend vorgefunden und nach der Charitee gebracht. Abends wurde an der Ecke

-

-

-

der Friedrichs- und Johannisstraße ein Mann durch eine Droschke überfahren und am linken Knie anscheinend schwer verlegt. Er wurde nach der Charitee gebracht. Um dieselbe Zeit fiel ein Dienstmädchen an der Fischerbrücke beim Wasser­schöpfen in die Spree, wurde aber durch einen Schußmann als­bald wieder herausgezogen. An demselben Tage brannte

-

Oberst," sagte jeßt der Dolmetscher in französischer Sprache zum Präsidenten, der Gefangene sagt, er sei ein Russe, und sein Monarch stehe mit Napoleon   in Freund­schaft, schon deshalb hasse er die Spanier, er verachte sie aber auch persönlich, weil sie wie Räuber Krieg führten und verdienten, mit einem Schlage vernichtet zu werden."

Während der Dolmetscher sprach, erhoben sich alle An­wesenden mit gut geheuchelter Entrüstung, hielten aber die Augen scharf auf den Gefangenen gerichtet. Jetzt mußte es sich sicher zeigen, ob er Französisch verstand; als Franzose mußte er sich jedenfalls verrathen und versuchen, die schein­bare Schlechtigkeit des Dolmetschers, die ihn verderben wollte, zu widerlegen. Lackinsky aber stand ruhig und still, wie zuvor, verwundert die Aufregung der Herren betrachtend und einen fragenden Blick auf den Dolmetscher heftend. Nicht die geringste Veränderung zeigte sich auf seinen Zügen, und doch war er sicher dem Tode nie näher gewesen, als in diesem Augenblicke..

,, Meine Herren," sagte jegt General Castanos, der zur Seite stehend, seine Offiziere mit leisem, ironischem Lächeln betrachtet hatte und den jungen Polen   mit Erstaunen firirte, werden wir jetzt den russischen Kourier seine Reise fort­setzen lassen?"

Es wagte keiner mehr Einspruch zu thun; man holte das Pferd, die Waffen und die Papiere des Gefangenen und eine Stunde später befand er sich auf der Weiterreise nach Lissabon  , wo er, nicht weiter behelligt, ankam und sein Abenteuer erzählte. In allen Kreisen sah er sich deshalb gefeiert; er war der Held des Tages und sah seine Kühn­heit durch die Marschallin Junot, die Verfasserin der Me moiren der Herzogin von Abrantes  , der Nachwelt überliefert. Die Herzogin selbst empfing ihn in ihrem Kreise, und von General Castanos bewahrte er als Andenken eine goldene Uhr mit dem Bildnisse des Generals, die dieser jedenfalls selbst in die Satteltasche geschoben und welche er am fol­genden Rafttage dort vorfand.

Schmidstraße 7 der Fußboden unter einem Kochherd, Stroms straße 22 Betten und Kleider in einer Kellerwohnung, Naunyn straße 68 ein Gemüllkorb auf dem Boden und in der Nacht zum 2. d. M. Prinzenstraße 76 Kleidungsstücke auf einem Hängeboden.

Gerichts- Zeitung.

Bedenkliche Uebergriffe zweier Kriminalschußleute wurs den gestern durch eine Verhandlung gegen den Schankwirth Karl Schröter und dessen Ehefrau vor der ersten Straffammer am Landgericht I   enthüllt. In der Nacht zum 27. Mai sahen zwei Beamte in dem Lokale der Angeklagten nach Schluß der Polizeistunde noch Licht, sie wollten aus dem Grunde feststellen, ob sich noch Gäste in dem Lokale befinden. Der eine Schutz­mann ließ sich vom Nachtwächter die Hausthür aufschließen, um so zu dem zweiten Ausgang des Lokales, der nach dem Hofe führte, zu gelangen, während der andere Beamte von der Straße aus in das Lokal eindringen sollte. Der Angeklagte bekam aber Wind von dieser Ueberrumpelung und begab sich auf die Straße. Da er dort Niemanden fand, ging er in den Hof und traf dort auch mit dem Beamten und Nachtwächter zusammen. Während nun der Wirth im Hofe verhandelte, betrat auch die Frau die Straße, und diese traf nun mit dem zweiten Beamten zusammen. Der Schußmann begehrte, als ihm bedeutet wurde, daß jetzt nichts mehr verabfolgt werden könne, mit barschen Worten den Einlaß, indem er hinzufügte, er sei Kriminalbeamter. Die Frau fannte den Beamten, der sich in Zivil befand, nicht, glaubte vielmehr einen Gast vor sich zu haben, doch der Beamte ergriff sie am Arm und trat in das Lokal ein. Als er zurückkam, gerieth er nochmals mit der Frau in Differenzen, die in ein allgemeines Handges menge übergingen, als der Wirth vom Hofe zurückkam und den Beamten mit seiner Frau in Streit fand. Der Wirth mußte nun mit zur Wache folgen. Inzwischen war der andere Schuß­mann vom Hofe aus in das Lokal eingetreten, und dabei soll ihm Frau Schröter vorgeworfen haben, daß er früher, als er sich noch in ihrem Lokale vollgegeffen und getrunken habe, nicht solche Geschichten gemacht hätte. In dem Lokale wurde noch ein Gast gefunden und wegen dieser Ueberschreitung wurde auch der Wirth in eine Polizeistrafe genommen. Gleichzeitig aber wurden die Eheleute noch wegen Widerstandes und die Frau auch noch wegen Beleidigung unter Anklage gestellt und vom Schöffengericht zu 75 M. event. 100 M. Geldbuße verurtheilt. Gegen dieses Erkenntniß legten sie Berufung ein, und die heutige Verhandlung, welche mit der Freisprechung beider An­geklagten endete, hatte für die Beamten einen ungünstigen Verlauf. Der Staatsanwalt erklärte selbst, daß es ein sehr be dauerlicher Fall sei, daß zu diesem Widerstande die Beamten die Provokation gegeben hätten, und daß deren Vorgehen theils ein vollständig unberechtigtes und anderntheils mindestens ein sehr ungeschicktes gewesen sei.

Ein äußerst gefährlicher Einbrecher, der Arbeiter" Friedrich Wilhelm Leopold Nürnberg, hatte sich wegen ver­schiedener Bodendiebstähle vor der dritten Strafkammer am Landgericht zu verantworten. Der Angeklagte ist schon wegen Diebstahls vorbestraft, nach seiner Entlassung machte er die Bodendiebstähle zu seiner Spezialität. Als er in einem Hause wieder einen Besuch abstattete und eben in voller Arbeit war, ließen Hausbewohner gerade eine Sendung Holz nach dem Boden bringen. Bei dieser Gelegenheit wurde er entdeckt und festgenommen. Eine Haussuchung bei ihm lieferte mehrere Gegenstände, die aus früheren derartigen Diebstählen herrührten, ans Tageslicht. Es wurden 6 Fälle angenommen und durch ein offenes Geständniß erwarb er sich noch einmal Milderungs gründe. Das Urtheil lautete auf 3 Jahre Gefängniß und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von fünf Jahren.

Mainz  , 30. Dezember. In der heutigen Sigung der Straffammer des Landgerichts wurde ein Hilfsschußmann, welcher einen betrunienen Arrestanten mit einem Stock in ganz jämmers licher Weise geprügelt hatte, zu einer Geldbuße von 50 M. ver urtheilt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Gefängnißstrafe von 4 Wochen beantragt.

Bürich, 28. Dezember. Das cidgenössische Bundesgericht hat dieser Tage die Regierung des Kantons Freiburg   verur theilt, einem jungen Bauernknecht 100 Franken Entschädigung zu zahlen dafür, daß derselbe auf Befehl des Präfekten von Romont   in Chatelard angesichts der ganzen Gemeinde beim Verlassen der Kirche feſtgenommen, ins Gefängniß geschleppt und erst am nächsten Morgen ohne weitere Erklärung wieder auf freien Fuß gesezt worden war. Der Ortspfarrer, mit dent der Bursche einen kleinen Wortwechsel gehabt, hatte diesen Will füraft angestiftet und der Präfekt war dem ,, würdigen" Herrn zu Willen gewesen. In der Schweiz   übt man aber noch Ge rechtigkeit auch gegen Präfekten   und Pfarrherren.

Vereine und Versammlungen.

Freie Kranken- und Begräbnißkaffe der Schuh­macher und Berufsgenossen Berlins  . Die ordentliche General­versammlung findet am Montag, den 9. Januar 1888, Abends 8 Uhr, im Lokale des Herrn Feuerstein, Alte Jakobstraße 75, im oberen Saale statt. Tagesordnung: 1. Vierteljährlicher und jährlicher Raffenbericht. 2. Innere Angelegenheiten. 3. Wahl des Vorstandes und Ausschusses. 4. Verschiedenes. Quittungs buch legitimirt. Der Wiener   Maskenball findet am 13. Fe­bruar statt.

Verband deutscher   Bimmerleute, Lokalverband, Berlin Nord". Generalversammlung am Mittwoch, den 4. Januar Abends 8 Uhr, in Zimmermann's Gesellschaftshaus, Kösliner straße 17. Tsgesordnung: 1. Gewerkschaftlicher Vortrag. 2. Abrechnung. 3. Verschiedenes. 4. Fragefasten.

Verein zur Wahrung der Interessen der Klavier­arbeiter. Die nächste Mitgliederversammlung findet am Sonnabend, den 7. Januar, Abends 8% Ur, in Gratweil's Bierhallen, Beuthstr. 18, Aufgang Treppe E, statt. Die fom binirte Vorstandssitung wird heute, Dienstag, Abends 8 Uhr, im Restaurant Winzer, Naunynstr. 78, abgehalten.

Kranken- und Begräbnißkaffe der Bau- und Fabrik­arbeiter Berlins  ( eingeschriebene Hilfskaffe Nr. 13). General­versammlung der Mitglieder am Sonntag, den 8. Januar, Vormittags 10 Uhr, im Lokale des Herrn Saeger Grüner Weg Nr. 29. Tagesordnung: Kaffenbericht. Innere Kaffen angelegenheiten. Verschiedenes. Das Quittungsbuch legitimirt. Der Verein der Damenmäntel- Schneidergesellen ( Bügler, Stepper und Zuschneider) hält seine Versammlung am 3. Januar, Abends 8 Uhr, bei Prawit, Michaelkirchstraße 39, ab. Wahl des neuen Vorstandes.

Gauverein Berliner   Bildhauer, Annenstraße 16. Heute, Dienstag, gemüthlicher Abend.

Verband deutscher   Zimmerlente, Lokalverband Berlin Süd". Versammlung in den Industriehallen, Mariannenstr. 37, am Donnerstag, den 5. Januar, Abends 8 Uhr. Tagesordnung: 1. Vortrag über Treppenkonstruktion. 2. Verschiedenes und Fragekasten. Neue Mitglieder werden aufgenommen. Gäſte haben Butritt.

Bentral- Kranken- und Sterbekasse des Deutschen Senefelder- Bundes( E. H.), Verwaltungsstelle Berlin  . Heute, Dienstag, Abends 8 Uhr, im Restaurant Weid, Alexander­straße 31, Mitglieder und Verwaltungsversammlung.

Gesang-, Turn- und gesellige Vereine am Dienstag Gesangverein Gutenberg" Abends 8', Uhr im Restaurant Quandt  , Stralauerstraße 43. Abends 9 Uhr im Reſtaurant Hildebrandt, Brinzenstraße 97. Gesangverein Alpenglühen" Schäfer'scher Gesangverein der Elfer". Abends 9 Uhr bei Wolf und Krüger, Stalizerſtraße 126, Gesang. Männer gefangverein Gartenlaube Abends 9 Uhr im Restaurant Firt,