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Beilage zum Berliner Volksblatt.
Nr. 5.
Kommunales.
Stadtverordneten- Versammlung.
Sigung vom Donnerstag, den 5. Januar. Der Stadtverordneten- Vorsteher Dr. Stryd eröffnet die Sigung um 5 Uhr. Es erfolgt die Einführung der neu- resp. wiedergewählten Stadtverordneten und ihre Vereidigung durch Handschlag seitens des Oberbürgermeisters Dr. v. Forcken= bed. Der Oberbürgermeister spricht hierbei unter Hinweis auf Die ausgedehnte Verwaltung Berlins und auf seinen Etat, der den der meisten deutschen Bundesstaaten übertreffe, die sichere Erwartung aus, daß die Neugewählten im einträchtigen Bufammenwirken und unter Beachtung der verfassungsmäßigen Rechte der einzelnen Körperschaften ihre Aufgabe zu lösen ver suchen würden. Im Namen der Versammlung heißt der Stadtverordneten- Vorsteher die Neugewählten als gute Kameraden" willkommen und sagt gleichzeitig den ausgeschiedenen Mitgliedern für ihre Thätigkeit im Dienste der Stadt Dant. Hierbei gedenkt er auch der 10 000 unbesoldeten Kommunalbeamten, die in uneigennüßiger Weise sich der Kommune zur Verfügung stellen. Damit ist die Feierlichkeit beendet, die ein großes Publikum auf die Tribüne gelockt hatte. Die neugewählten Stadtverordneten, sämmtlich in Frack und weißen Handschuhen, nehmen auf den ihnen zugewiesenen Sißen Platz.
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Es wird hierauf in die eigentliche Tagesordnung eingetreten. Den Vorsitz übernimmt der Stellvertreter, Stadtv. Dr. Langerhans. Es handelt sich um die Wahl des Vorstehers und seines Stellvertreters. Abgegeben werden 111 Stimmzettel, von denen 92 auf den Namen des bisherigen Vorstehers, Stadtv. Dr. Stryd lauten, 12 auf Herrn Spinola und 2 auf Herrn Dr. Langerhans, während 5 unbeschrieben find. Dr. Stryd ist gewählt und nimmt die Wahl dankend an.
Bum Stellvertreter wird Dr. Langerhans mit 80 Stimmen wiedergewählt; auf Herrn Spinola fallen 14, auf Herrn Schwalbe 2, auf die Herren Scheiding und Wieď je 1.
Das Bureau, bestehend aus den Herren Siebmann, Seifert, Schmidt, Salge, Beelis und Solon , wird durch Afflamation wiedergewählt.
Hierauf wird die Verloosung der Mitglieder in die fünf Abtheilungen vorgenommen.
Die Sigungen der Stadtverordneten finden wie bisher Donnerstags um fünf Uhr statt. Eine Aenderung wird nicht
beliebt.
Die Neuwahl verschiedener Ausschüsse wird der Vorbereitung durch eine Wahlfomission von 15 Mitgliedern überlassen.
6 Ausschüsse, die im vergangenen Jahre gewählt wurden und ihre Arbeiten noch nicht vollendet haben, sezen auf Beschluß der Versammlung ihre Thätigkeit fort.
Die Versammlung beschließt, gewiffe Arten von Anträgen ( z. B. über Gehaltszulagen) immer an das Ende der Tagesordnung zu seßen, d. h. in nicht öffentlicher Sißung zu er ledigen.
Einige unwesentliche Magistratsanträge werden debattelos erledigt; zwei unwesentliche Anträge über Menderung des Bauplanes und Verkauf von Vorgartenterrain gehen an zwei Ausschüsse.
Einige Rechnungen werden dem Rechnungsausschuß überwiesen. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Schluß der Sigung 7 Uhr.
Lokales.
Man lefe und Staune! Wir lesen im ,, Anz. f. d. Havell.": In Nr. 298 unseres Blattes vom Mittwoch, den 21. Dezember v. J., brachten wir im lokalen Theil folgende Notiz: Während auf der Gewehrfabrik an der Fabrikation des neuerdings in die Armee eingeführten Repetirgewehrs angestrengt gearbeitet wird, finden hier unausgesezt Schießversuche statt, welche darauf abzielen, ein geeignetes fleinkalibriges Repetirgewehr ausfindig zu machen. Diesen Versuchen wohnt seit einiger Zeit auch der frühere Direktor der Gewehrfabrik, Major Kühn, bei!"- Am Donnerstag, den 29. Dezember, also 8 Tage später, überrascht das Berliner Tageblatt" seine Leser mit folgender Neuigkeit aus" Budapest ":" In Spandau werden gegenwärtig, nach einer
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( Nachdruck verboten.)
Aus den Memoiren einer Zeitungs- Elster.
Von Karl Pröll
War das heute ein Waldgekicher! Besonders ein junger Specht that sich hervor. Während seine fleißige Bimmermannsfamilie darauf loshämmerte, um Löcher in den dicken Buchenstamm zu bohren, kletterte er die glatte, schönberingte Rinde hinan, hinab und pfiff vor Vergnügen. Ich war neugierig, was dem jungen Fant solche Lustbarkeit erregt und lub ihn mit den Worten zum Schwaßen ein: Was giebt es? Kann ich vielleicht dein Histörchen, fein gefäubert und gut stilisirt, im Immergrün" unterbringen?" Er guckte mich mit fidelen Augen an, drehte mir sein Schwänzchen zu und pfiff weiter. Ungebildeter Vogel!" rief ich ärgerlich ,,, Aelteren Federleuten steht man Rede und Antwort."
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Da flatterte er auf, wendete seinen Kopf etwas zurück und kadenzte in der höchsten Tonleiter:" Ich habe das Liebesglück gefunden!"
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" Dumme Brut," warf ich ihm zu, du hast ja noch Thau hinter den Ohren. Warte nur, bis die kleinen Sorgen dich verfolgen und die große Sorge dich erwischt." Alte Fabeltante," gurgelte der Waldbengel, borge mir Deine Weisheit!" und darauf fingen alle Vögel in der Runde zu jubeln, zu pfeifen, zu gurgeln an. Ich aber stimmte ein, um mich nicht übertrumpfen zu lassen.
Als es endlich stiller geworden, nahm ich ein Buchenblatt und frißelte mit feinen Krallen darauf:„ Unverbürgten Nachrichten zufolge soll im fiskalischen NiederthalForst das Liebesglück gesehen worden sein. Bestätigung bleibt abzuwarten. Wir erinnern daran, daß die Nachricht von dieser seltenen Blüthe, dem das gemeine Vogelvolt besondere Wunderkräfte zuschreibt, schon öfters aufgetaucht ist, ohne daß es bisher den findigsten Botanikern geglückt ist, ihrer habhaft zu werden. Vielleicht war auch diesmal nur
Freitag, den 6. Januar 1888.
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uns telegraphisch übermittelten Meldung des P. Lloyd" mit dem fleinkalibrigen Gewehr Schießversuche angestellt, nach deren Ausfall eine endgiltige Entscheidung der Kaliberfrage erwartet wird!" Diese Meldung veröffentlichte das Berl. Tagebl." in Nr. 660, in der Abendausgabe vom 29. Dezember im politischen Theil unter Deutschland , und zwar an erster Stelle mit gesperrten Lettern Leßten Sonnabend sandten wir nun der Redaktion des Berl. Tagebl." die betreffende Nummer 298 unserer Zeitung. Wir hatten unsere Notiz mit einem Farbstift angemerkt und neben den bezüglichen Ausschnitt aus dem Berl. Tagebl." ge flebt. Tags darauf in seiner ersten Jahresnummer erlaubt fich nun das Berl. Tagebl." gleichfalls im politischen Theil unter Deutschland - allerdings diesmal erst an vierter Stelle
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folgenden Scherz: Unsere frühere Meldung, daß jetzt in Spandau mit dem fleinkalibrigen Gewehr Schießversuche angestellt werden, nach deren Ausfall eine endgiltige Entscheidung der Kaliberfrage erwartet wird, finden wir jetzt im„ Anz. f. d. Havelland" bestätigt, welcher berichtet: Während in der Gewehrfabrik" 2c. 2c.!( Hier wird nun unser Bericht wörtlich wiedergegeben.)" Wenn nächstens in Rirdorf etwas passirt, wird es dem Berl. Tagebl." wahrscheinlich aus Honolulu telegraphirt werden.
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Auch im neuen Jahre muß der Börsenreferent des Leipz. Tagebl." den Pegaſus tummeln. Sein letztes hochSein letztes hoch pathetisches Machwerk beginnt folgendermaßen:„ Es weht Frühlingsluft. Der falte Luftstrom hat milder Witterung Plaz gemacht, verschwunden sind die Gebilde von Eis und Schnee, der Fluß hat seine Fesseln gesprengt, die eingefroren geweſenen Quellen plätschern lustig in ihrem Bette, die Bäume haben ihre Schneelasten abgeschüttelt und strecken ihre Arme aus wie sehnsüchtig, um den grünen Schmuck, der ihnen bescheert, zu empfangen. Es könnte jeden Augenblick zu grünen und zu blühen beginnen, und wahrlich, der Börse, welche so lange von Mißwachs heimgesucht wurde, den Kapitalisten, welche sich durch die Alarmnachrichten verleiten ließen, ihre Effekten mit Verlust auf den Markt zu werfen, wäre zu gönnen, daß sie sich jetzt ungestört der Sonne des Glücks erfreuen könnten, daß die Ruhe in die Gemüther zurückkehrte und daß die empfangene Lehre wenigstens nicht ganz vergeffen bleiben möge. Denn eine Lösung Dalldorf ! u. s. w.'
öffnung der Eisbahnen und überhaupt des Verkehrs auf Mit dem Zufrieren der Gewässer und der Erdenselben sind auch die Rettungsstationen auf der Oberspree Nüglichkeit dieser Einrichtungen wäre es zu wünschen, daß die und der Havel wieder in Thätigkeit gefegt worden. Bei der zuständigen Behörden recht bald mit der Einrichtung weiterer Rettungsstationen vorgingen.
Berühmte Berliner . Im Gegensatz zu den ungezählten Mengen Schulze's und Müller's, welche die deutsche Reichshauptstadt bevölkern, verräth uns das neue Adreßbuch für das Jahr 1888 auch die Berliner mit berühmten Namen. Da finden wir 5 Spreeathener, die den klaffischen Namen Göthe führen, während es im vorigen Jahre nur 3 waren; Schiller ist in der Residenz nicht weniger wie 89 mal vertreten. Die Namensgenoffen des berühmten Dichters haben sich im legten Jahre um 2 verringert. Fast sämmtliche große Namen der Glanzzeit unserer Dichtkunst aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts finden wir auch bei uns, in der Stadt der Intelligenz vertreten wir zählen Berliner mit dem Namen Leffing 29, Klopstock 3, Herder 9 und Wieland 44, während der geistige Lehrer aller dieser Männer, Kant, 4 mal am grünen Strand der Spree vorkommt. Den Namen Luther führen 45 Berliner , während der, gegen den er auftrat, und die 97 Thefen an der Schloßkirche zu Wittenberg anschlug, Tezel, noch in 2 Exem plaren vorhanden ist. Von Staatsmännern finden wir Namen Bismarc mannigfach vertreten; außer dem Reichskanzler und seinem Sohne, dem Grafen Herbert, giebt es noch zwölf Personen, die den Namen von Bismarck führen, während 5 schlechtweg Bismarck heißen. An der Spiße der Feldherren steht der Name Moltke , den nur noch 2 seiner Verwandten führen: sein Adjutant und Neffe und ein Major im großen Generalstabe, während der Name Blücher's häufiger vorkommt; es giebt in Berlin einen Grafen Blücher v. Wahlstadt, 5 des Namens v. Blücher und 5 Blücher. Wrangel ist einmal im Berliner Adreßbuch vertreten. Von berühmten Malern finden wir 3 Rubens, 9 Raphael, 4 Holbein; von großen Architekten und Bildhauern 58 Schlüter, 27 Schadow, 5 Schinkel und 31 Rauch. Rubinstein und Gluck repräsentiren mit 2 resp. 1 Namen die edle Tonkunst, während die Politik
der Wunsch der Vater dieser Kunde." So, jezt hätte ich den Einfall des geflügelten Laffen genug breit geschlagen und meine kritische Wichtigkeit durch die Schlußphrase völlig gerettet. Nur Alles benutzen. Macht eilf Druckzeilen zu fieben Pfennig, also fiebenundsiebenzig Pfennige. Damit kann ein sparsamer Hausvater seinen Tagesimbiß bestreiten. Fort in die Druckerei!
Der kleine Specht hatte aber doch Recht! Er entdeckte, was seine hämmernden Berufsgenossen bei ihrer emfigen Arbeit uicht beachteten. Vor den Lohn haben die Götter Sinn. Ja, durch den Wald von Niederthal war die Liebe den Schweiß gesetzt, vor das Glück aber den unbekümmerten
gegangen.
Sie trug sich höchst einfach. Ein Kattunkleid mit braunen Tupfen auf gelblichem Grunde, ein hohes Strohhütchen mit einer verwogenen rothen Masche, Stiefelchen, rother Sonnenschirm, der bald in der kleinen Hand herumberen Spigen neugierig nach vorwärts eilten und ein blutrother Sonnenschirm, der bald in der kleinen Hand herumtanzte, bald die durchschlüpfenden Sonnenstrahlen zum Fleisch, welches Versteckensspiel einlud. Das bischen rosige und weiße in dem Kattunkleid steckte, galt die Handschuhnäherin Emma Frisch in der Alten Thor- Straße. Dort sah man an Wochentagen die dazu gehörigen Finger die Nadel dirigiren, während die schelmischen Augen manchmal durch das Ladenfenster die Vorübergehenden musterte. Heute war aber Sonntag und die Kleine spazierte als Waldfee nach einem Orte, wo Familien Raffee tochen und junge Mädchen in einer offenen Halle tanzen.
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Sie lachte nur vor sich hin, wenn die Bäume am Wege höflich nickten. Sang ihr jedoch ein Vogel etwas Artiges vor, so wollte sie ihm zeigen, daß sie sich auf gute Lebensart verstünde und zwitscherte mit. gute Lebensart verstünde und zwitscherte mit. Es entspann sich ein wohlflingender Wettstreit, ein neckisches Improvisiren, das selbst den aufgestapelten Holzklößen zu gefallen schien. Plößlich brach sie mit der Kehlenprobe ab, um einem butterfarbigen Schmetterling nachzujagen, der erschreckt aus dem Kelch einer Waldblume heraustaumelte. War das ein Spaß, wie er ängstlich weiterschwebte und doch nicht ihr
5. Jahrg.
durch Lassalle vertreten ist, welcher Name in einer Berliner Firma vorkommt. Der in der Geschichte unserer Stadt bes deutungsvolle Name Kohlhase findet sich im Jahre 1888 noch 6 mal. Bum Schluß sei hier erwähnt, daß es in der deutschen Reichshauptstadt auch eine in lezter Beit vielgenannte PseudoBerühmtheit giebt, wir meinen den Namensvetter des Generals Boulanger, der als ehrsamer Tischler in der Chauffeestraße wohnt.
Die große männliche Kegelrobbe, welche im April v. J. bei Pillau in der Ostsee gefangen und länger als ein halbes Jahr in zahlreichen Städten Deutschlands zur Schau ge gestellt worden ist, gehört seit November v. J. dem hiesigen Aquarium. Dieses Thier erscheint insofern sehr merkwürdig, als es die erste erwachsene Kegelrobbe ist, welche sich der Gefangenschaft gefügt hat; bisher war es, so weit die Wissenschaft unter richtet ist, tros vielfacher Versuche noch niemals gelungen, eine erwachsene Kegelrobbe an die Gefangenschaft zu gewöhnen. Der hiefige Zoologische Garten hat vor kurzem zuerst den Beweis ge= liefert, daß man junge Regelrobben unter günstigen Umständen eingewöhnen kann; das Exemplar des Aquariums beweist aber, daß diese als unzähmbar geltende Robbenart sogar im erwach senen Zustande sich bei richtiger Behandlung der Gefangenschaft fügt und einen gewissen Grad von Zähmung annimmt. Die Kegelrobbe des Aquariums ist in der Seehunds - Grotte neben einem gemeinen Seehunde( Pho a vitulina) untergebracht und es ist für Boologen und Naturfreunde sehr lehrreich, beide Arten unmittelbar mit einander vergleichen zu können. Die Kopfform bietet auffallende Verschiedenheiten dar; bei der Kegelrobbe ( Halichoerus) ist die Schnauze langgestreckt und kegelförmig, bei der Phoca kurz und rundlich. Man darf behaupten, daß eine derartige Vereinigung von einer erwachsenen, männlichen Segelrobbe mit einem erwachsenen Männchen von Phoca vitulina in einem Bassin noch niemals dagewesen ist. Uebrigens haben anfangs heftige Kämpfe zwischen beiden Thieren stattgefunden; die Phoca als die ältere alleinige Inhaberin des Baffins fiel zunächst mit Wuth über den neu angefommenen Halichoerus her. Jest behauptet aber dieser als der Größere und Stärkere die Oberhand; derselbe hat eine Länge von 7 Fuß und wiegt über 3 Bentner, während die Phoca etwa 5 Fuß lang und 1-1 Zentner schwer ist.
Mit unbegreiflicher Langmuth, so schreibt das„ Kl. Journ.", watet der geduldige Reichshauptstädtler täglich durch die widerwärtige Jauche, welche Winter für Winter unsere Straßendämme überzieht, und welcher selbst der strengste Frost nichts anhaben kann. Wenn der Schnee allenthalben unter den Füßen knirscht und pfeift, wenn weit und breit alles von funkelndem Eise starrt, wenn an ein Flüffighalten irgend welcher Feuchtigkeit im Freien gar nicht zu denken ist auf den Straßendämmen fluthet der braune Schlamm ungestört, schlüpfrig, zähe, die Füße der Passanten durchkältend und das Schuhwerk zerstörend. Die Urheber dieser Schlammsümpfe find die Pferdebahngesellschaften, welche von Beginn der Winterszeit an die Geleise mit Salz bestreuen lassen, um die Schienen eisfrei zu erhalten. Wir wollen zugeben, daß das Streuen des See oder Steinsalzes zur Aufrechterhaltung des Pferdebahnverkehrs unerläßlich ist, allein, dadurch wird es uns feineswegs flar warum man den Gesellschaften nicht das Fortfegen und Be seitigen der Salzjauche befiehlt, nachdem Schnee und Eis fich vollkommen gelöst haben. Den Hauswirthen war, unferes Wissens, früher doch derartiges zur Pflicht gemacht, als man ihnen noch das Bestreuen des Trottoirs mit Salz ge stattete.
Der Feld und Flur bedeckende Schnee giebt leider den Vogelfängern eine treffliche Gelegenheit zur Ausübung ihres Gewerbes, und wie reich ihre Beute ist, kann man daraus entnehmen, daß fürzlich bei Tegel einem Vogelfänger ein Sack abgenommen wurde, in dem fich 163 fleine Vögel, besonders Stieglige, Meisen und Goldammern befanden. Als der Miffe thäter sich ertappt sah, warf er mit Leibeskräften den Sack auf den gefrorenen Erdboden, so daß fast sämmtliche Vögel todt waren. Aber die Dreistigkeit mancher Vogelfänger ist so groß, daß fie in der nächsten Umgebung der Stadt anzutreffen find; so steht man fie tagtäglich in der Nähe der Nordbahn zwischen Bankow und Schönholz, wie sie ihre Leimruthen stellen, durch Kletterfamen die armen hungernden Vögel anlocken und, wenn sie sich entdeckt wähnen, unter dem Uebergange der Nordbahn über die Stettiner Bahn verschwinden. Wer mit der Nordbahn von hier nach Pankow fährt, hat täglich Gelegenheit, das Treiben der Vogelfänger zu beobachten.
aus den Augen kommen wollte. Endlich hielt sie inne, als ihr der Athem zu kurz wurde, einige Schweißtröpfchen her vorquollen und der Sonnenschirm auf dem Boden lag.
Schnurrige Puppe," rief sie dem Tagfalter nach.„ Was fürchtest du dich. Ich spieße nicht dein Herz mit meiner Nadel auf. Ich würde höchstens untersuchen, wie deine Flügel fächeln, wenn ich dich zwischen den Lippen leicht festhalte oder auf die Nase seze oder dich einen Moment als Monocle einklemme. Fahre hin! Die Schmetterlinge sind im 19. Jahrhundert nicht mehr galant. Wohl liest man in alten Gedichten, daß ihr ein Blauäugelein mit einem Veilchen verwechselt habt. Doch ihr Egoisten geht jetzt nur darauf aus, wirkliche Blumen zu plündern. Pah!" blies sie hinaus in die glanzzitternde Luft und der Butterfarbige war verschwunden.
Und wo sie ihn zuletzt gesehen, da erschien, wie aus der Erde emporgewachsen, ein lebendiges Mannsbild im jägergrauen Anzuge mit grünen Ligen am Kragen. Das versteckte sich aber nicht hinter dem goldgelben Ginster, wie der blöde Schmetterling, sondern kam dreist näher. Nun lüftete der schlanke, blondkraufige Sonntagswilderer ohne Gewehr seine Müße, sah das Mädchen erstaunt, doch nicht verlegen an und ließ unter dem krausen Schnurrbart die Worte hervorspringen: Sonntagsgruß, Waldfräulein! Wohin spazieren Sie. Brauchen Sie einen flotten Tänzer?"
Eine Naturpause hindurch schien die kleine Handschuhnäherin verblüfft, besonders weil die Augen des jungen Mannes so treuherzig ihr in die Seele schauten und der warme Hauch seines Mundes ihr die Wangen streifte, welche dunkelroth aufloderten. Dann kam das Figürchen wieder in's Gleichgewicht und schüttelte sich in unbändigen Lachen aus, das nicht unharmonisch klang. Hier kann man sich also die Tänzer von den Bäumen abschneiden," sprudelte es muthwillig über die Lippen. O! das ist eine famofe Einrichtung. Da bleibt doch im Niederthal fein Mädchen sigen. Allein ich kenne nur Stadtfitte, nicht Waldfitte, und ohne gegenseitige Vorstellung ist der Mensch für mich nicht geboren." Und die Falten des Kleides auseinander