statten, daß ich Ihnen ganz kurz die Geschichte erzähle. Es war an einem Bußtage, es sollte eine freifinnige Versammlung stattfinden, die aber wegen des Bußtages nicht stattfinden fonnte. Ich als vielbeschäftigter Arzt fam später in dasselbe Lokal und fand noch einige meiner früheren Gesinnungsgenossen vor. Meine schwache Seite ist, manchmal ein Glas Bier zu trinken( schallendes Gelächter); wir famen also in ein Gespräch, da wollten mich die Herren ein bischen titeln( erneutes Geläch­ter) und hielten mir halb vorwurfs, halb scherzweise vor, daß ich nicht mehr mit ihnen marschire. Ich habe ihnen geant­wortet, daß ich mich, seit ich nicht mehr eine oppofitionelle Ges finnung bethätige, viel wohler befinde. Das hat Herr Kieger, später durchgefallener Kandidat der Deutschfrei­fiunigen, in einer Versammlung vorgebracht in dem Sinne, als ob ich für meinen Gesinnungswechsel bezahlt worden fei. Ich wollte mir dummer Weise( Seiterkeit) ich klage nie wieder Jemanden an( erneute Heiterkeit) die Sache nicht ge­fallen lassen und klagte. Da sagten drei Zeugen aus, daß ich so gesprochen hätte, als hätte es sich um die Verbefferung meines materiellen Wohlbefindens infolge meines Gesinnungswechsels gehandelt. Meine Klage gegen Krieger wurde abgewiesen( Ruf lints: Aha!), und das ist die ganze Geschichte.( Stürmische Heiterkeit.) Ich bin damals hereingefallen( Gelächter), aber ich bin heute noch voll treuen nationalen Sinnes, wie vor 45 Jahren.

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Präsident v. Wedell bemerkt, daß er in den bezüglichen Worten Bebels einen Vorwurf gegen den Abg. Göß nicht habe finden können.

Abg. Singer: Ich bestreite dem Abg. von Kardorff das Recht zu einer Kritik meiner Parteistellung, und ich meine, Ausführungen in dieser Weise sind unter Ehrenmännern- und Ehrenmänner sind wir ja alle nicht üblich.

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Präsident v. Wedell ruft den Abgeordneten Singer wegen des in dieser Aeußerung enthaltenen schweren Vorwurfs zur Ordnung.

Die Vorlage geht hierauf an eine Kommission von 28 Mitgliedern.

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Färbereibefizer C. Appel verhaftet sei. Derselbe war des Brieftaubenvereins in Straßburg i. E., alle in Befiz befindlichen Brieftauben sollen beschlagnahmt worden An demselben Abend wurde auch, der Straßb. Post" zu von der Polizei eine Haussuchung bei dem Buchhalter Feuerversicherungsgesellschaft in Straßburg , E. Geisen, nommen. Eine weitere Verhaftung ist, nach der„ C. T. in Schirmed erfolgt. Dort ist der Apotheker Girard ver

Schröder, der nicht ausgewiesen werden konnte, weil er das schweizer | Bürgerrecht erworben und fich in der Gemeinde Neftenbach einge fauft hat. Schröder soll regelmäßig monatlich 250 Frks. von der Berliner Polizei bezogen haben und lebt in Bürich sehr behäbig. Er hat großen Einfluß und hat unter anderem auch den lett­jährigen Schreinerstreit in Bern eingeleitet und durch einen Sendling organisiren laffen. Da das mangelhafte Bundesstraf­recht von 1853 feine rechte Handhabe bietet für die strafrecht­liche Verfolgung, so dürfte Schröder wohl den Gerichten des Kantons Bürich überwiesen werden, um nach den Bestimmungen des fantonalen Rechts abgeurtheilt zu werden. Die Umtriebe dieser beiden Spigel sind offenkundige Thatsachen. Cb nun Polizeihauptmann Fischer sich einer Tattlosigkeit schul­dig gemacht, wenn er den Herren Bebel und Singer authen­tische Mittheilungen machte, fönnen wir heute um so weniger beurtheilen, als wir Inhalt und Form jener Mittheilungen noch nicht genauer fennen. In jedem Fall ist das nebensächlich gegenüber dem Umstand, daß eben alles wahr ist, daß die deutsche Polzei Spizel in der Schweiz hat und besoldet, die als Agents provocateurs Ruhe und Ordnung gefährden, das Land kompromittiren, fünstliche Anarchisten heranbilden und, wie z. B. Schröder es gethan, mit Dynamit hantiren. Herr von Buttkamer hat selbst zugeben müssen, daß die Berliner Polizei solche Agenten halte und daß sie nicht immer Gent­lemen seien. Wenn sich also Jemand beschweren kann, so sind es wir, die wir unter dieser Institution viel zu leiden haben."

Es folgt die Berathung der Darlegungen über die Ausführung des Sozialistengesetes( Verhängung des fleinen Belagerungszustandes über Berlin , Frankfurt a. M., Leipzig und Hamburg ).

Eine Anzahl Verhaftungen wegen Verdachts des Landesverraths sind wieder in Elsaß erfolgt. In der Sonntagsausgabe hatten wir telegraphisch gemeldet, daß der

Abg. Frohme verweist darauf, daß die Gewaltthätigkeiten, welche Veranlassung gegeben haben, den kleinen Belagerungszu stand über Frankfurt a. M. zu verhängen, nicht von Sozial­demokraten, sondern von der Polizei ausgegangen seien; die Frankfurter Friedhofsaffäre habe zur Verurtheilung der Polizisten geführt, die nachher begnadigt worden find. Darüber war man in Frankfurt geradezu empört. Ein geradezu räuberischer Ueber­fall seitens der Polizei hat den Anlaß zu der Friedhofsaffäre gegeben.( Präsident von Wedell bittet den Redner, sich zu mäßigen.) Redner entschuldigt sich damit, daß er selbst gesehen habe, wie die Schußleute mit wahrer Wollust auf die wehr­losen, fliehenden Frauen und Kinder eingehauen haben. Es tommt der Regierung nur darauf an, jede selbstständige Ar­beiterbewegung unmöglich zu machen, deshalb werden alle Vereine der Arbeiter unterdrückt. Der Reichskanzler sagte vor zehn Jahren, daß es nicht darauf ankomme, alle Bestrebungen der Sozialdemokratie zu unterdrücken; die berechtigten Be­strebungen sollten gefördert werden. Dazu gehörten die Ge werkschaften vornehmlich. Man hat sie und andere Vereine zur Bielscheibe polizeilicher Maßregeln genommen, weil bekannte Sozialdemokraten in ihnen saßen; man beschuldigt diese Ver­einigungungen, daß sie lediglich der sozialdemokratischen Propa­ganda dienten. Man spricht freilich jetzt von sozial revolutionärer Propaganda, obgleich die Sozialdemokratie früher ebenso revolutionär war, wie jest; sie hat ihre Taktik nicht ge­ändert. Nur das Sozialistengesetz hat den Anarchismus zu Stande gebracht und wird immer Nährvater desselben bleiben. ( Lachen rechts.) Die Ausnahmemaßregeln haben nur den Zweck, der Regierung das Vorgehen gegen die Arbeitervereini­gungen zu erleichtern. Des weiteren will ich auf die Denk­schriften nicht eingehen. Hoffen wir, daß die Regierung bald nicht mehr in der Lage sein wird, solche Denkschriften zu er­laffen, daß man auch vom Sozialistengesetz sagen wird: es ist gewesen!

Der Präfident konstatirt, daß durch die Vorlegung der Denkschriften den Vorschriften des Gesezes entsprochen ist.

Schluß 4 Uhr. Nächste Sigung Dienstag 1 Uhr. ( Wahl eines Schriftführers an Stelle des Abg. Grafen Schön­born; 2. Berathung des Gesetzentwurfes, betr. Unterstüßung der zum Dienst eingezogenen Mannschaften; Etat.)

gefeßt.

Abgeordnetenhaus.

9. Ziehung der 4. Klasse 177. Königl. Preuß. Lotterie.

Biebung vom 30. Januar 1888, Vormittags. Rur bie Gewinne über 210 Mart find den betreffenden Nummern in Barenthese beigefügt. ( Ohne Gewähr.)

17 85 264 348 497 574 746 49 900 6 24

worden.

1445 726[ 500] 850 975 94

Telegraphische Depeschen.

( Wolff's Telegraphen- Bureau.)

. 26.

Die Beob

Posen, Montag, 30. Januar. In dem Prozeffe gegen Sozialisten Slawinski und Genossen wegen Theilnahme an Sonnabeni gerichts auf Grund der Artifes 128, 129 und 73 des ondes trat zu gesetzbuchs erkannt: gegen Elawinsti auf 2 Jabr 9 Mooch meist scho gegen Witkowski und Konopinsti auf je 2 Jabr 6 Momethin ließ gegen Merkowski auf 1 Jahr 9 Monate, gegen Janiszewski Morawski auf je 1 Jahr 6 Monate Gefängniß. Boninsternißr übrigen 11 Angeklagten wurden 7 zu 9 bis 4 Monaten fängniß verurtheilt, 5 Angeklagte wurden freigesprochen.

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New- York, Montag, 30. Januar. Deute früh bra dem Brodway ein bedeutendes Feuer aus, durch welche

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Hauserkarée zwischen der Princeftreet und Springstreet Ronde aus g Schaden wird auf 2 Millionen veranschlagt. Einige Feuerhungert

wurde. Das Feuer dehnte sich bis zur Mercerstreet aus. leute erlitten Verlegungen.

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9. Sigung vom 30. Januar, 11 Uhr. Vor leeren Bänken wurde die Berathung des Etats, fort­Bei dem Etat der Domänen entspann sich eine lebhafte Debatte über die Ertäge der Domänen und die Frage, ob und wie aus denselben ein Rückschluß auf die Lage der Landwirth­schaft zu ziehen sei. An der Diskussion betheiligten fich die Abgeordneten Rickert, v. Rauchhaupt, Graf Limburg- Stirum , Frhr. v. Erffa und Paristus, sowie der Minister für Landwirth­schaft, Dr. Lucius. Bei den folgenden Punkten der Tages­ordnung( Forsten, Rente des Kronfideikommißfonds, Zuschuß zur Rente des Kronfideikommißfonds, Erlös aus Ablösungen von Domänengefällen und aus dem Verkaufe von Domänen­und Forstgrundstücken), fand eine erhebliche Debatte nicht statt. Alle Bofitionen wurden nach den Forderungen der Regierung unverändert bewilligt. Beim Etat der landwirthschaftlichen Verwaltung fommt Abg. Schulz- Lupit( ft.) nochmals auf die Lage der Landwirthschaft zu sprechen. Die fich daran an schließende Debatte war ohne größere Bedeutung.

Neueste Nachrichten.

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In dem Berliner Sozialistenprozek wider Ferkel und Genossen haben die Angeklagten, wie seiner Zeit berichtet wor­den ist, die Echtheit und Nichtigkeit der bei den Aften befind­lichen Protokolle der verschiedenen Sozialistenkongreffe bestritten. Der Gerichtshof hatte deshalb beschlossen, die Verhandlung der Sache zu vertagen und der königl. Staatsanwaltschaft aufzu­geben, Beweise für die bestrittene Echtheit zu erbringen. Nach dem diese Behörde hierfür das Beugniß der Reichstags­abgeordneten Bebel und Dieß angeboten, hat das Gericht den neuen Termin zum 21. Februar anberaumt und zu dem­felben die genannten Personen als Zeugen geladen.

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9. Ziehung der 4. Klasse 177. Königl. Preuß. Lotterie.

465

Biehung vom 30. Januar 1888, Nachmittags.

Nur die Gewinne über 210 Mart find den betreffenden Nummern in Parenthese beigefügt.

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( Ohne Gewähr.)

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Zu den Auseinandersehungen zwischen der deutschen und der schweizerischen Regierung, welche Herr v. Puttkamer in der Freitagsfißung des Deutschen Reichstages anfündigte, äußert sich der Bund", Organ der schweizer Bundesregierung, wie folgt:„ Wir haben gegen die Ausführungen des Herrn v. Puttkamer in erster Linie zu bemerken, daß keine schweize rischen Behörden, das heißt keine Organe des Bundes, in Frage stehen. Der Zürcherische Polizeihauptmann Fischer ist ein fan­tonaler Beamter, und wenn er über die Untersuchung Schröder und Haupt Mittheilungen gemacht, so geschah dies ohne Wissen der Bundesbehörden. Die amtliche Untersuchung hat allerdings unzweifelhaft festgestellt, daß Schröder und Haupt deutsche Polizeispigel waren und von Berlin aus, und zwar recht gut befoldet wurden. Infolge dessen hat der Bürcherische Beamte die Aften dem Bundesrath überwiesen, der in seiner Sigung vom legten Freitag Christian Haupt, Alfred Ehrenberg, Peter Emil Schopen und Ignaz Mezler aus dem Gebiete der Eidgenoffen­schaft ausgewiesen hat und zwar auf Grund von Artikel 70 der Bundesverfassung. Ehrenberg und Schopen, welche flüchtig ge­worden, stehen in starkem Verdacht, als Spigel gedient zu haben; bezüglich des Haupt ist dies erwiesen und ebenso bezüglich des

929

587

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Verantwortlicher Redakteur: B. Cronheim in Berlin . Druck und Verlag von Mar Bading in Berlin SW., Beuthstraße 2