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Beilage zum Berliner Volksblatt.

Nr. 67.

Die Arbeiterinnen der Malchefabrikation und der Konfektionsbranche.

Von Dr. Bruno Schoenlant.

( Neue Zeit.")

I. Allgemeines.

Das beste Stück aus der Hinterlassenschaft des vorlegten Reichstags ist ein Enquête- Bericht. Als im Frühjahr 1885 das deutsche Parlament sich mit einem Gesezentwurf betr. die Ab­Bettſtellen änderung des Zolltarifgeseges vom 15. Juli 1879 beschäftigte, lig, femme lem auch die traurige Lage der in der Wäschefabrikation und 1. Polfier der Konfektionsbranche angewendeten Frauen zur Sprache. Auf geftatt einen Reichstagsbeschluß vom 14. Mai 1885 wurden von den Bundesregierungen Erhebungen über die in den genannten In­bustriezweigen herrschenden Zustände angestellt. Der neue Reichstag, der im Februar 1887 gewählt ward, erhielt in einem nicht fehr umfangreichen Attenstück) die vom Reichsamt des Janern zusammengestellten Ergebnisse der Enqête übermittelt.

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Der Fragebogen, welcher den Ermittelungen zu Grunde gelegen hat, zeigt am besten, daß dieselben keineswegs um­faffend waren, sondern sich nur auf einige der wichtigen Gesichts­punkte beschränkten. Sie erstreckten fich blos auf die Feststellung der Dauer der üblichen Arbeitszeit, der Lohnhöhe im Marimum, Rinimum und Durchschnitt und auf Ermittelung der Methoden des Handels der Arbeitgeber" mit Arbeitsmaterialien für ihre Angestellten.

" Dem Zwecke der Ermittelungen entsprechend, find die­felben auf diejenigen Orte beschränkt worden, an welchen das Wäsche- und Konfektionsgeschäft in einem erheblicheren Umfang und in den Formen des Großbetriebes vorkommt und wo sich Demgemäß bestimmte, für die Lohnverhältnisse maßgebende Ge uger schäftsgebräuche herausgebildet haben." Geringere Ansprüche bei Behandlung einer sozialstatistischen Aufgabe fönnen nicht ge­macht werden. Nur in Preußen find die Behörden ausdrücklich angewiesen worden, auch über die allgemeine wirthschaftliche und oziale Lage der Arbeiterinnen Daten zu liefern und zwar haupt­fachlich in Rücksicht auf folgende Punkte:

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1) Welchen Volksflaffen gehören die Arbeiterinnen haupt­fachlich an? Kommt die Beschäftigung auch als Nebenbeschäfti gung der weiblichen Angehörigen von Familien vor, welche nicht zum Arbeiterstande zählen?

2) Wohnen die Arbeiterinnen in ihren eigenen oder in anderen Familien? Wie sind die Wohnungsverhältnisse ber nicht in einer Familie Untergebrachten? Preise der Woh­nungen?

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3) Art und Kosten der Ernährung?

4) Welche besondere örtliche Verhältnisse wirken vortheil oder nachtheilig auf die Lage der Arbeiterinnen ein?

5) Sind die Arbeiterinnen in bemerkbarem Umfange der bies auf die Geringfügigkeit des Arbeitsverdienstes oder auf andere in der Art der Beschäftigung liegende Umstände zurück­führen?"

So dürftig auch das material ist, das auf diese Weise zu­mengetragen worden ist, so inhaltsleer auch die fargen tiachen find, die manche Staaten geliefert, dennoch genügt Borhandene, um einen Einblick in die Situation einer

Das

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großen Schicht des weiblichen Proletariats im Deutschen Reich gewähren. Vierzehn Staaten, Preußen, Bayern , Sachsen ,

Württemberg, Baden, Hessen , die beiden Mecklenburg , Braunschweig , Sachsen- Koburg und Gotha , Anhalt, Schwarz­ burg- Sondershausen , Lübeck und Hamburg werden in dem teichsamtlichen Report aufgeführt.

Wäschefabrikation und Konfektionsbranche find, was die Betriebsart betrifft, eine wahre Musterkarte der verschieden­artigsten Produktionsweisen; sie stellen sich dar als ein Neben­einander der Wirthschaftsformen, die im Gange der ökonomi­schen Gesammtentwickelung eine die andere abgelöst haben. bausindustrie, Handwerk, Kaufmannskapital, der als Afterunter­nehmer figurirende Meister, Verleger und Fabrikant, Mittel­betrieb und Großunternehmer, Exporthäuser, die für den Welt­markt produziren, Firmen, welche den provinziellen und lokalen Bedarf decken, Zwerggeschäfte, die auf Bestellung arbeiten, Hand­arbeit im Keller und in der Dachfammer, fie finden sich auf diesem um­fangreichen Exploitationsfeld weiblicher Arbeitskraft. So vereinigt Dieser Erwerbszeig die Mühen und Leiden, die Tüden und Rüden aller Arten kapitalistischer Aneignung in sich, und ſo gestaltet fich die Darstellung der Lage der in diesem speziellen Bweig beschäftigten Arbeiterinnen zu einer summarischen Mar­tyrologie der deutschen Induſtriearbeiterinnen überhaupt. Was die Frauenarbeit unter den Auspizien des Kapitalismus bedeutet, welchen Einfluß dieselbe auf die heutigen Sozialzustände übt, darüber ist mancherlei aus dem amtlichen Dokumeut zu lernen, das der Stellvertreter des Reichskanzler, Herr v. Bötticher, unter­

leichnet hat.

Die Gewerbeftatistik nach der Berufszählung vom 5. Juni 1882 ergab allein in der Gruppe Xll a 3 der Gewerbeſtatiſtik: Berfertigung von fertigen Kleidern und Wäsche in Deutsch­ land 9014 Hauptbetriebe mit 37 926 in denselben beschäftigten Bersonen, und darunter 24 170 weibliche.

Hausindustriell

Sonntag, den 18. März 1888.

im Jahre Tonnen zu 1000 Kg.

1885. 1886

5749 6519

Der Exporthandel ist in stetem Aufschwung, und ein Blick in einen der amtlichen Moniteurs unserer deutschen Textil­barone, z. B. in das Zentralblatt für die Textilindustrie", be­lehrt uns darüber, daß Deutschland auf dem Gebiete der Ronfektionsbranche und der Wäscheproduktion mit Erfolg den Weltmarkt beeinflußt. Worauf die Konkurrenzfähigkeit und die triumphirend berichteten Erfolge unserer deutschen Unternehmer beruhen, darüber wird das nun Folgende am besten Aufschluß zu geben vermögen. Welche Mißstände aber auch durch den reichsamtlichen Bericht enthüllt werden, die Kapitalisten müssen die feine Diskretion der Regierung anerkennen, die mit eiserner Konsequenz darauf verzichtet hat, Namen zu nennen. Während in amtlichen Rapporten, z. B. in den Berichten der deutschen Fabrikinspektoren, sorgfältig die Namen solcher Fabrikanten gebucht werden, die durch Fabrikschulen, Arbeiterspeisehallen, Suppenanstalten, Mädchenanstalten, Kinderkrippen und ähn liche erhabene Wohlfahrtseinrichtungen ihr edles Herz der staunenden Welt offenbaren, heißt es in der uns beschäftigen­den Publikation: Von einer Wiedergabe der in dem Original enthaltenen Bezeichnungen nach Namen und Firmen ist abge­sehen worden." Dergleichen goldene Rücksichtslosigkeiten wird christlich- germanische Staatsweisheit gern dem schnöden Krämer­volk der Briten überlassen, deren Kommissionen zur Unter suchung der Lage des Proletariats mit einem geradezu empören Den Bynismus das fabrikantliche Kind beim rechten Namen

nennen.

( Forsetzung folgt.)

Parlamentsberichte.

Abgeordnetenhaus.

37. Sigung vom 17. März.

Das Abgeordnetenhaus nahm gestern seine Berathungen wieder auf. Der Präfident machte die Mittheilung, daß das Präsidium bisher vom König noch nicht empfangen worden, daß eine Allerhöchste Entschließung darüber noch vorbehalten sei, und daß am Montag Uhr eine vereinigte Sigung beider Häuser des Landtages behufs Entgegennahme einer Allerhöchsten Bot­schaft stattfinden werde.

Die Berathung des Kultusetats wird bei Rap. 121 Tit. 23( Schulauffichtskosten) fortgesetzt.

Abg. Dr. Windthorft erklärt, daß er davon Abstand nehme, wie in früheren Jahren, in längeren Ausführungen die Reformen darzulegen, welche er für nothwendig erachte. Mit Rücksicht auf die allgemeine Lage und die Geschäftslage des Hauses werde er alles vermeiden, was den Gang der Geschäfte aufhalten könnte.

Abg. Knörcke( dfr.) wünscht eine gesetzliche Regelung der Alterszulagen der Lehrer.

Kultusminister v. Goßler giebt die Erklärung ab, daß ein bezüglicher Gefeßentwurf in Vorbereitung sei.

Abg. Seyffahrt- Crefeld( natl.) regt wieder die Frage der Gleichberechtigung der Realgymnaften mit den Gymnasien an. Eine solche Maßregel würde nicht, wie die Regierung fürchte, einen vermehrten Andrang zum Studium hervorrufen, sondern nur einen heilsamen Ausgleich im Verhältniß der klassisch und der realistisch gebildeten Studirten herbeiführen. Gefährlich sei gerade der Budrang der Gymnaſtaſten, welche weniger aus Wissensdrang einen akademischen Beruf wählen, als aus einer ihnen anerzogenen Nichtachtung anderer als banaufisch geltender Berufe.

Bu Kap. 124, Tit. 5( zur Verbesserung der äußeren Lage der Geistlichen aller Bekennt nisse) waren, wie seiner Zeit detaillirt mitgetheilt, 6 Anträge eingebracht, und zwar von den Abgg. Mithoff Enneccerus , Dr. Brüel, v. Strombeck, Freiherr v. Hammerstein, Freiherr v. Huene und Achenbach Freiherr v. Bedlig. Die Budgetkom mission, welche die Anträge vorzuberathen hatte, beantragt: 1. alle diese Anträge abzulehnen, 2. die Staatsregierung zu er suchen, für die Verwendung des Fonds in Kap. 124 Tit. 5 des Staatshaushaltsetats Alterszulagen zu feste Grundsäße Grundsäße aufzustellen und solche im nächſtjährigen Staatshaushaltsetat zum Ausdruck zu bringen. Es findet eine längere Debatte statt, an welcher sich die Abgg. v. Strombed, v. Benda, Veters( natl.), Frhr. v. 3 edlis, v. Rauchhaupt und Dr. Windthorst betheiligen. Da fich vielfacher Wider­spruch gegen die Kommissions beschlüsse erhebt, wird über die Anträge einzeln abgestimmt. Unter Ablehnung aller anderen Anträge wird der Antrag Mitthoff Enneccerus

angenommen.

Auf eine Anfrage hin fündigt Kultusminister v. Go ßler an, daß Preußen die nöthigen Schritte thun werde, um eine reichsgesetzliche Regelung der Geheim mittelfrage herbei

zuführen.

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Sämmtliche Pofitionen des Kultusetats werden genommen. Die zweite Berathung des Staatshaushaltsetats ist hiermit zu Ende geführt. Das Etatsgesetz wird ange

nommen.

Nächste Sigung Montag 2 Uhr: Relittengesetz; rheinische

waren in dieser Erwerbsgruppe in Preußen 6082, in Sachsen Justizgesetze. Schluß der Sizung 3% Uhr. 5574 Personen, vorzugsweise Weiber und Kinder.

Lokales.

Die Herren Stadtverordneten Mitan und Herold haben gestern ihre Mandate als Stadtverordnete niedergelegt. -Nach unserer Meinung war hierzu für die Herren keine Ver

Darunter 79 226 weibliche. In der Busmacherei, Verfertigung Erwerbsthätige gab es ferner in der Schneiderei 328 698, Don fünstlichen Blumen und Federschmuck fanden fich 36 416 Erwerbsthätige, darunter 33 890 weibliche, bei der Verfertigung Don Hosenträgern, Kravatten, Handschuhen, Korsets und Krino linen 20 046 Erwerbsthätige, darunter 11 122 weibliche, Nähes tinnen gab es 307 123. In der Posamentierfabrikation begegnet anlaffung, um so weniger, als die Sanssouci - Versammlung, wie man 32 213 Erwerbsthätigen, darunter 16 049 weibliche, in der bäfelei, Striderei, Epigenmacherei als Hausbetrieb 26 252, Darunter 24 262 weibliche, als Fabrikbetrieb 6954, darunter 3315 weibliche. Es betrug die Ausfuhr von Kleidern, fertiger lehnung der Betheiligung an den Gemeindewahlen wird, wie Leibwäsche und Bußwaaren aus Deutschland

im Jahre Tonnen zu 1000 Kg.

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1882.

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Hellten Ermittelungen über die Lohnverhältnisse der Arbeiterinnen Die Ergebnisse der von den Bundesregierungen ange­in der Wäschefabrikation und der Konfektionsbranche, sowie über

aus der Einladung deutlich hervorgeht, nur für den 13. Rom munal Wahlbezirk beschließen konnte. Eine prinzipielle Ab­

B

wir glauben, ebenso wenig den Ansichten der Berliner Arbeiter entsprechen, wie auch der Parteitag in St. Gallen diese Auf­faffung nicht getheilt hat.

Eine chemische Untersuchung, welche man als wiffen­schaftliche Heldenthat bezeichnen muß, ist soeben von dem Privat­Dozenten Dr. Gattermann in Göttingen beendet worden. Der felbe hat das Wagestück unternommen und mit Erfolg durchge­führt, die chemische Zusammensetzung des Chlorstickstoffs festzu­stellen, des furchtbarsten Explosivförpers, welchen die Chemie fennt. Dieser Stoff wurde schon im Jahre 1812 von Dulong eines Auges und zweier Finger büßen mußte. Nur wenige Forscher haben sich seither daran gewagt, die chemische Formel

den Verkauf oder die Lieferung von Arbeitsmaterial( Näh- aufgefunden, welcher aber seine Entdeckung mit dem Verluste faden 2c.) seitens der Arbeitgeber an die Arbeiterinnen und über die Höhe der dabei berechneten Preife." Stenographische Be

Beriode.

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richte über die Verhandlungen des Reichstags. 7. Legislatur- dieses Körpers zu ermitteln, aber ihre Bemühungen scheiterten

I.

band. Nr. 1-87 der amtlichen Drucksachen des Reichstags ent baltend. Berlin 1887. Aftenstück Nr. 83. S. 698-749.

Seffion 1887. Dritter Band. Erster Anlage­

theils durch erlittene Unfälle, theils durch die fast unüber­windlichen Schwierigkeiten, welche die Aufgabe bot. Was man bis jetzt über die Zusammensetzung des Chlorstick­

5. Jahrg.

stoffs wußte, beschränkte sich daher auf die Schlußs folgerung , daß er jedenfalls Chlor- und Stickstoff, vielleicht auch noch Wafferstoff enthalte, welche fich daraus ergiebt, daß er aus Chlor und Salmiat erhalten wird, legterer aber aus Stickstoff, Wafferstoff und Chlor besteht. In welchem Verhält niffe diese Elemente im Chlorstickstoff verbunden sind, darüber war Sicheres bisher nicht festgestellt. Herrn Dr. Gattermann ist es gelungen, die bestehenden Schwierigkeiten zu überwinden. Während der ganzen Arbeit wurde die Vorsicht angewandt, die Hände durch starke Handschuhe, die Augen durch eine Brille zu schüßen und außerdem fortdauernd durch eine oder zwei starke Glasscheiben von dem Chlorstickstoff getrennt zu bleiben. So geschüßt, fonnte er sich überzeugen, daß es möglich ist, den Chlorstickstoff einer systematischen chemischen Reinigung zu unters werfen die erste Vorbedingung, um eine brauchbare Analyse

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zu erzielen. Es gelang, den Körper, welcher ein schweres gelbes, in Waffer niederfinkendes Del bildete, durch fyfte matisches Waschen mit Wasser, Trennung von diesem mittelst des Scheidetrichters und endliches Trocknen mit Chlor falzium zu reinigen. Da es sich bei den nun vorge nommenen quantitativen Analysen zeigte, daß der erhaltene Körper wechselnde Mengen Wasserstoff enthielt, so wurde er einer erneuten Behandlung mit Chlor unterworfen und nach dieser abermals gewaschen, getrocknet und nun völlig rein ge= wonnen. Die Analyse ergab jezt das einfache Resultat, daß der Körper aus einem Atom Stickstoff und drei Atomen Chlor be= steht, daß er also die Formel NCl, befizt, analog dem Ammo­niat, welches, aus einem Atom Stickstoff und drei Atomen Wasserstoff bestehend, die Formel NII, befist. Er ist also ein Ammoniat, in welchem der gesammte Wasserstoff durch Chlor erfest ist. Im Laufe dieser Untersuchung hat Dr. Gatter­mann die Beobachtung gemacht, daß Chlorſtickstoff welcher bei Berührung mit organischen Substanzen augenblicklich mit größter Heftigkeit explodirt auch durch die Einwirkung des Sonnen- oder Magnesiumlichtes zur Explosion gebracht wird, während er im Dunkeln oder im zerstreuten Tageslicht niemals von selbst explodirt. Hierdurch erklären fich die zuweilen beob achteten, scheinbar ganz spontanen Explosionen von Chlorstick stoff. Dieselben sind durch zufällig eindringendes Sonnenlicht.. deffen Wirkung man nicht beobachtet hatte, veranlaßt.

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Es wird weiter geklingelt. In dem Kampfe der Berliner Gastwirthe gegen den Molkereisiger Bolle in Moabit haben erstere eine Niederlage erlitten. Der Verein der Berliner Restaurateure hatte sich nämlich mit dem Ersuchen an das Polizeipräsidium gewandt, Herrn Molkereibefizer Bolle das bes fannte Austlingeln" auf den Straßen zu verbieten. Der Vor­stand des Vereins hat daraufhin vom Polizeipräsidium folgens des Antwortschreiben erhalten:

Auf die Beschwerde vom 2. d. M. gereicht dem Vorstande des Vereins der Berliner Restaurateure hier durch ergerenst zum Bescheide, daß nach Lage der Ge seggebung zur Zeit das Ausklingeln von Milch auf den Straßen und Plägen nur dann inhibirt werden kann, wenn dasselbe in allzu lauter Weise geschieht und so weit es in Unfug ausartet. Die Aufsichtsbeamten find in dieser Beziehung mit genauester Instruktion versehen und angewiesen, sobald sie derartige Uebertretungen bemerken, solche unter Angabe ausreichender Beweismittel zur An zeige zu bringen. Der Polizei- Präsident. gez. v. Richte hofen.

Der Verein der Berliner Restaurateure hatte es fernerhin seinen Mitgliedern zur Pflicht gemacht, bei ihren resp. aug Hauss wirthen dahin zu wirken, daß den Bolle'schen Klingeljungen" das Ausklingeln" auf den Höfen der Häuser verboten werde. Ob nach dieser Richtung hin ein befferer Erfolg erzielt worden ist, wurde in der letzten Sizung des Vereins leider nicht bes fannt gegeben.

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Eine etwas bedenkliche Reklame hat der Befiter eines hiesigen Zweimark Bazars für das William Lasson'sche Haarelirir auszuführen versucht. In den letzten Tagen erschien in den meisten auswärtigen Beitungen ein auffallendes Inserat, das die Ueberschrift ,, Adoption" trug. Das Inserat besagte, daß reiche Leute im vergangenen Jahre zwei Kinder im Alter von 10 resp. 14 Jahren verloren haben, deren Verlust die be trübten Eltern nicht verschmerzen fonnten. Die Kinder, zwei Mädchen, seien von tadellosem Wuchs gewesen mit reizenden Gefichtszügen und hätten prachtvolles, außerordentlich schönes Haar besessen, das in üppigen Wellen bis zu den Füßen ge= reicht hätte. Für diese Kinder suchten die trostlosen Eltern geeigneten Ersatz und wünschen zwei junge Mädchen in ähnlichem" Alter und die von der Natur mit gleichen Vorzügen ausgestattet wären, zu adoptiren. Den an Haasenstein u. Vogler in Dresden zurichtenden Offerten sei eine Photographie der betreffenden Kinder beizulegen. Die auswärtigen Polizeibehörden kamen angesichts dieser merkwürdigen Annonze auf den Verdacht, daß es sich vielleicht um ein Sittlichkeitsverbrechen handele und leiteten dieselben Recherchen ein, deren Ergebniß war, daß der 8weimark- Bazar- Kaufmann, der hiesige unverheirathete Hauss eigenthümer R. ist. R. erklärte, daß er die Mädchen gesucht, um dieselben ihres langen Haares wegen in seinem Geschäft als Reklame für das William Laffon'sche Haarelirir zu verwenden; er hätte denselben, wenn er solche gefunden, sehr hohes" Salär entrichtet. Wie eine Nachricht aus Dresden besagt, soll auf die Annonze eine große Anzahl von Offerten eingelaufen sein. Wenn Eltern ihre Kinder zu diesem Zweck photographiren ließen, so bat sich Herr St. des Betruges schuldig gemacht und es mögen fich solche Eltern bei der Kriminalbehörde melden, damit dieser grobe Vertrauensbruch seine verdiente Ahndung findet.

Eine rothe Fahne flatterte gestern Vormittag auf dem Gipfel der sog. Kaiserpappel" an der Tempelhofer Chauffee. Milchhändler aus Tempelhof , welche gegen 6 Uhr nach Berlin fuhren, bemerkten die Fahne und benachrichtigten die Polizei. Nach geraumer Beit erschienen denn auch zwei Schuyleute, einer in Uniform, der andere in Zivil, welche eine Leiter mit sich führten. Einer der Schußleute erkletterte den Baum und ents fernte mit vieler Mühe die verpönte rothe Flagge. Von an berer Seite wird uns berichtet, daß Militär, Gendarmerie und Feuerwehrleute längere Zeit sich vergeblich abmühten, bevor sie die Fahne entfernen fonnten.

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Neber eine Anzahl von Unglücksfällen, die sich bei den Beisetzungsfeierlichkeiten ereignet haben, wird uns berichtet. Bei dem Aufmarsch der militärischen Leichenparade hatte der Adjutant des Generalmajors von Holleben unmittelbar vor dem Eingange zum Schloß das Unglück, mit dem Pferde zu stürzen. Der Offizier fam unter das Pferd zu liegen und zog sich ers hebliche Verletzungen zu. Als ihn Soldaten unter dem Pferde hervorgezogen hatten, mußte er in den Schloßhof geschafft und von dort nach seinem Quartier gefahren werden. Der zweite Unfall trug sich bei der Rückkehr der den Leichenkondukt estortirenden Truppen zu. Oberst von Lundblad, Kommandeur des in Stettin garnisonirenden Grenadier - Regimentes, stürzte Unter den Linden mit dem Pferde und mußte nach seinem Hotel gefahren werden. Ein Arzt konstatirte einen Armbruch.- Ein dritter Unglücksfall ereignete fich furz vor Vollendung der Dekorationen